Protokoll der Sitzung vom 09.03.2010

Nein, das ist keine Qualität, Herr Laschet. Das ist Ihre Politik eines Paradigmenwechsels, und der hat sozusagen etwas mit Ihrer Ausrichtung zu tun.

(Britta Altenkamp [SPD]: Mit Qualität hat das wohl nichts zu tun, das stimmt!)

Das Zweite, Herr Laschet, ist, dass auch profane Diskussionen im Landtag geführt werden können. Wir können hier eigentlich alles diskutieren. Wenn Sie für eineinhalb Jahre einen Mitarbeiter wieder hierher holen, den Sie in einem Entwicklungsland brauchen würden, und gleichzeitig mit Mpumalanga die Vermittlung von Experten und Institutionen zur Unterstützung von beruflicher Bildung vereinbart haben, wie in der Große Anfrage steht …

(Minister Armin Laschet: Die eineinhalb Jahre stimmen nicht! Sie reden falsch! Sie reden hier über Personalien, das sollten Sie las- sen!)

Dann diskutieren wir das entre nous; aber ich würde es schon gerne diskutieren.

(Minister Armin Laschet: Belästigen Sie damit doch nicht den Landtag!)

Herr Laschet, wen ich damit belästige, ist doch meine Sache.

Zum Thema Koordinatoren lassen Sie mich auch noch eine Aussage machen. Die Koordinatoren stehen in der Tat für das ganze Land zur Verfügung. Sie sagen mir aber, dass ihnen das Geld fehlt, um sich im ganzen Land zu bewegen. Und das ist auch keine ausreichende Rahmenbedingung.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hendricks. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir sind am Schluss der Beratung.

Ich stelle fest, dass die Große Anfrage 36 der Fraktion der SPD erledigt ist.

Bevor ich den Tagesordnungspunkt 7 aufrufe, habe ich die traurige Pflicht, eine Rüge auszusprechen. Sie betrifft den Abgeordneten Sagel, der heute in der parlamentarischen Debatte gegen 15:40 Uhr eine unparlamentarische Äußerung getätigt hat,

(Ralf Witzel [FDP]: Welche?)

die in aller Ausdrücklichkeit zu rügen ist.

(Ralf Witzel [FDP]: Welche? – Weitere Zuru- fe)

Ich möchte an dieser Stelle darauf verzichten, meinerseits eine unparlamentarische Äußerung vorzunehmen. Da ich sicher bin, meine Damen und Herren, dass Sie alle der Debatte gefolgt sind, wissen Sie wohl, um welche Äußerung es sich handelt.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf:

7 Jugendliche in Nordrhein-Westfalen: Perspektiven durch Teilhabe, Geschlechter- und Generationengerechtigkeit

Große Anfrage 41 der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/9938

Antwort der Landesregierung Drucksache 14/10675

Ich eröffne die Beratung und erteile für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordneten Asch das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jugend – der Abschnitt zwischen Kindheit und Erwachsensein – ist sicherlich eine der spannendsten, aber auch eine der schwierigsten Phasen im Leben eines Menschen. Denn jeder Einzelne ist in dieser Phase gefragt, seine Identität zu finden; und in dieser Phase werden die wesentlichen Weichenstellungen für den zukünftigen Platz in unserer Gesellschaft vorgenommen. Vom Gelingen dieser schwierigen Phase hängt nicht nur die Lebensqualität eines jeden Individuums ab, sondern auch die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Wir haben also allen Grund, uns als Politik sehr intensiv mit dieser Lebensphase und mit den Rahmenbedingungen für die Jugendlichen in unserem Land zu beschäftigen.

Vor einigen Tagen hat die Katholische Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz in der März-Ausgabe ihrer Zeitschrift „THEMA JUGEND“ eingefordert, die Jugendpolitik in NordrheinWestfalen wiederzubeleben. Dieser Artikel ist quasi ein Plädoyer dafür, die Jugendpolitik in NordrheinWestfalen endlich wieder als einen eigenständigen Politikbereich wahrzunehmen. An dem Beispiel unseres Bundeslandes wird kritisiert, dass der Name „Jugendministerium“ verschwunden ist und sich jetzt hinter der Bezeichnung „Generationen“ versteckt. Noch stärker wird kritisiert, dass die politische Fokussierung auf die Kindheitsphase zu einer Verdrängung der Jugendpolitik geführt hat.

Es gibt, denke ich, niemanden hier im Haus, der diesen Eindruck nicht bestätigen würde. Wir alle kennen die einmütige Kritik der Jugendverbände, dass Jugendpolitik hier im Parlament und auch bei der Landesregierung nicht genügend Berücksichtigung findet.

(Beifall von den GRÜNEN)

Deshalb war es für uns als grüne Fraktion sehr wichtig und ein besonderes Anliegen, mit unserer Großen Anfrage „Jugendliche in NordrheinWestfalen: Perspektiven durch Teilhabe, Geschlechter- und Generationengerechtigkeit“ die Jugendpolitik hier im Parlament wieder stärker in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken. Das ist kein Selbstzweck. Vielmehr müssen wir feststellen, dass sich die Lebenswelt von Jugendlichen in keinem anderen Zeitalter so rasant und fortwährend verändert wie heute.

Allen voran spielen die Medien hierbei eine dominante Rolle. Die Lebenswelt von Jugendlichen wird heute zu einem sehr großen Teil von den Medien geprägt. Wir Erwachsene haben oft gar keine Vorstellung, wie tief Jugendliche in virtuellen Realitäten leben und wie exzessiv – so kann man es schon

sagen – sie die Medien nutzen. Jugendforscher sagen uns, dass sich die Realität von Jugendlichen zu keiner Zeit so stark von der der Erwachsenen unterscheidet wie heute.

Nicht zuletzt gibt es einen weiteren Tatbestand, dem wir uns stellen müssen. Denn in NordrheinWestfalen leben 1,5 Millionen Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund, mit Zuwanderungsgeschichte. Noch nie hat es bei Jugendlichen einen solch hohen Migrantenanteil – 26 % – gegeben.

Das sind insgesamt neue Situationen und neue Phänomene, die neue Fragen aufwerfen, die von uns als Politik neue Antworten verlangen. Uns sind gleich 304 Fragen eingefallen. Die entsprechenden Antworten umfassen rund 250 Seiten.

Ich muss sagen: Wir hätten etwas mehr Zeit für eine vertiefte Auswertung gebraucht, um heute eine umfassende Debatte führen zu können. Weil dem nicht so war, muss ich mich auf einige wenige Themenbereiche beschränken.

Zentrales Element in der Jugendpolitik des Landes ist die Kinder- und Jugendförderung durch den Kinder- und Jugendförderplan. Dieses Kapitel ist kein gutes Kapitel dieser Legislatur. Der Landtag hat sich – wir erinnern uns – 2004 gemeinsam auf ein Fördervolumen für diesen Kinder- und Jugendplan von 96 Millionen € verständigt. Eine der ersten Handlungen des neuen Jugendministers Laschet war 2006, dass für den Kinder- und Jugendförderplan lediglich 75 Millionen € zur Verfügung standen. Später wurde nach massiven Protesten auf 80 Millionen € nachgebessert.

Aber was bleibt ist dieser Wahlbetrug. Es war ein schriftliches Versprechen der CDU, von Herrn Rüttgers, gegenüber den Jugendverbänden. Dieser Wahlbetrug hat lange Schatten geworfen. Wer sich heute die Wahlprüfsteine der Jugendverbände ansieht, die wir auf den Tisch bekommen, der weiß, dass dieser Punkt im Wahlkampf eine wichtige Rolle spielen wird.

Ansonsten besagen die Antworten zum Bereich Kinder- und Jugendförderung, dass die Landesregierung alles richtig gemacht hat. Das war nicht anders zu erwarten. Aber es gibt natürlich eine andere Wahrheit jenseits dieser Schönrederei.

Es gibt die Realität, dass Bewilligungen lange auf sich warten lassen. Es gibt Beispiele ohne Ende, es gibt Klagen ohne Ende, dass die Jugendverbände das Geld, das sie beantragen, erst in der zweiten Jahreshälfte ausgezahlt bekommen. Wir wissen, dass das so nicht bleiben darf. Da muss sich in der kommenden Wahlperiode dringend etwas ändern.

Ein anderer Punkt ist die inhaltliche und strukturelle Schwerpunktsetzung des Kinder- und Jugendförderplans. Wir wissen, es ist gut und vielleicht auch schön, dass jetzt Reisen in die Türkei oder nach Ghana bezahlt werden. Wir wissen aber auch, dass

das Geld für diese Reisen nicht abgerufen wird, und wir wissen auch, dass es an anderen Stellen, nämlich bei den sozial benachteiligten Jugendlichen, sehr viel stärker gebraucht wird.

Sie schreiben uns, dass die Armutsquote von Kindern und Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte bei 40 % liegt. Dann erstaunt es uns als grüne Fraktion, dass Sie daraus nicht die entsprechenden Schlüsse ziehen, sondern die entsprechende Position im Kinder- und Jugendförderplan sogar kürzen. Bei Rot-Grün haben dafür noch 5,6 Millionen € im Haushalt gestanden. Jetzt umfasst dieser Haushalt keine 2 Millionen €.

Meine Damen und Herren, das sind falsche Schwerpunktsetzungen, das ist falsche Politik. Wir können die Kinder und Jugendlichen in NordrheinWestfalen, die von Armut bedroht werden, nicht in der Form alleinlassen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich möchte darauf hinweisen, dass wir in dieser Wahlperiode eine große Debatte hatten, in der es um Kinder- und Jugendgewalt ging, in der die Union sehr lautstark die Möglichkeit der schnellen Abschiebung ausländischer jugendlicher Gewalttäter und in der Herr Laschet Jugendcamps gefordert hat. Wir sind froh, dass die Landesregierung von all diesen Forderungen nun abgerückt ist. Jedenfalls hat Minister Laschet zu unserer Frage nach einer Verschärfung der Ausweisungsvorschriften geschrieben, dass sich diese Frage derzeit nicht stellt. Vielleicht können Sie das in Ihrer Partei noch weiter kommunizieren; denn da hören wir gerade im Wahlkampf wieder ganz andere Töne.

Meine Damen und Herren, wir wissen: Die große Aufgabe, die wir in der Kinder- und Jugendförderung haben, ist die Prävention. Das ist ein Schwerpunkt, den wir Grünen setzen. Dafür wollen wir uns in der nächsten Wahlperiode weiter einsetzen.

Ich möchte mich zum Schluss noch herzlich bei allen bedanken, die an der Beantwortung dieser sehr umfangreichen Großen Anfrage mitgewirkt haben. Ich versichere allen, die daran mitgewirkt haben, dass wir das, was Sie uns damit an Fundus geliefert haben, wieder aufgreifen werden und dass das in die politische Arbeit in der nächsten Legislaturperiode einfließen wird. – Vielen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Asch. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Kern das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal bin ich der Landesregierung dank

bar für die gründliche, umfangreiche Beantwortung der Großen Anfrage 41 „Jugendliche in NordrheinWestfalen: Perspektiven durch Teilhabe, Geschlechter- und Generationengerechtigkeit“. Ich sehe es nicht so, wie Frau Asch es gerade gesagt hat, die die Antwort einfach nicht zur Kenntnis nimmt und nach dem Motto argumentiert: Das mag zwar alles stimmen, aber ich sehe das anders.

Nach der Lektüre des Berichtes „Kinder und Jugendliche in Nordrhein-Westfalen“, der Lektüre des 9. Kinder- und Jugendhilfeberichtes NRW, der Lektüre der Empfehlungen und des Arbeitsberichts der Enquetekommission II „Chancen für Kinder“ in dieser Legislaturperiode sowie nach der sehr aufmerksamen Lektüre der Berichte der Zukunftskommission können wir heute im Parlament festhalten, dass sich die Arbeit der bürgerlichen Koalition zum Wohle der Kinder, Jugendlichen und Familien in den letzten fünf Jahren sehen lassen kann.

(Beifall von CDU und FDP)

Es ist eine gute Zwischenbilanz. In der Kinder-, Jugend- und Familienpolitik sind wir runter vom Abstellgleis. Der Zug hat Fahrt aufgenommen. Nordrhein-Westfalen ist auf dem Weg, das kinder-, jugend- und familienfreundlichste Bundesland zu werden.

Ich danke der Landesregierung und dem Ministerium für diesen Bericht, der sehr detailliert aufzeigt, welche Aufgabenfelder angegangen wurden, und der auch aufzeigt, welche Handlungsfelder weiterentwickelt werden müssen.