zu überwinden. Die Chance ist verspielt. Ich bedaure das sehr. Ich kann nur hoffen, dass wir in der neuen Legislatur zu mehr Gemeinsamkeit zurückfinden und uns in einem Prozess verständigen, das Ehrenamt in diesem Land gemeinsam, fraktionsübergreifend besser auszustatten und besser zu unterstützen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Asch. – Herr Minister Laschet, Sie haben für die Landesregierung das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist nicht zu übersehen: Das Thema „Bürgerschaftliches Engagement“ findet in der Politik, in den Medien und auch in der öffentlichen Diskussion wachsende Aufmerksamkeit. Das ist kein Zufall. Es trifft den Nerv unserer Gesellschaft, weil es eng mit den ganz großen gesellschaftlichen Fragen verbunden ist:
Was hält die Gesellschaft zusammen? Wie begegnen wir dem demografischen Wandel? Wie begegnen wir der Veränderung von Familienstrukturen? Wie finden wir Wege für ein gutes Miteinander von Menschen unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft? Wie können und sollen sich Bürgerinnen und Bürger zivilgesellschaftlich engagieren? Was können Wirtschaftsunternehmen ihrerseits dazu beitragen? Und schließlich – Staat und Kommunen, Wirtschaft, Bürgerinnen und Bürger –: Wer muss, wer sollte was in der Gesellschaft leisten?
Das, meine Damen und Herren, ist nicht „Privat vor Staat“. Denn es wird Aufgaben geben, die der Staat weiter zu erfüllen hat. Wir können nicht morgen die Schulen mit der These „Privat vor Staat“ ehrenamtlich organisieren. Wir können nicht morgen das Polizeiwesen mit der These „Privat vor Staat“ ehrenamtlich führen.
(Sigrid Beer [GRÜNE]: Die Adressaten sind die da, Herr Laschet! – Holger Ellerbrock [FDP] macht auf sich aufmerksam.)
Es geht 23 Millionen Menschen in Deutschland, die sich ehrenamtlich engagieren, und rund 6 Millionen Menschen, die bürgerschaftlich aktiv sind, darum, einen Mehrwert für die Gesellschaft zu erzeugen. Das ist ein Mehrwert, der das Leben in einem Ort
lebenswert hält, der durch die persönliche Betreuung von Sterbenden, von vielen Kranken einen Wert in der Gesellschaft schafft, der die Gesellschaft angenehmer macht.
Diese Menschen sind engagiert in Verbänden, Kirchen, Vereinen und Stiftungen, Initiativen und Projekten. Sie engagieren sich in höchst unterschiedlichen Handlungsfeldern für soziale Belange, für Sport und Gesundheit, für Freizeit, Kultur und Bildung, für Umweltschutz und Naturschutz, in der Jugend- und Seniorenarbeit, in der Politik oder im Bereich der Kirchen, aber auch bei der Feuerwehr, bei Rettungsdiensten, beim Katastrophenschutz und bei der Freiwilligen Feuerwehr, Herr Kollege Schulte.
Auch viele Unternehmen im Land engagieren sich für die Gesellschaft durch Geld- und Sachspenden, durch eine Unterstützung von entsprechenden Projekten, und zunehmend setzt sich auch das Corporate Volunteering, wie das in schönem Deutsch heißt, durch, dass nämlich das Potenzial der Beschäftigten ganz bewusst für ehrenamtliche Tätigkeiten freigestellt wird.
Warnfried Dettling, einer der profiliertesten Vertreter der Idee einer Bürgergesellschaft, hat es auf den Punkt gebracht – Zitat –: Keines der großen Themen, mit denen sich Politik derzeit herumschlägt, kann mit Aussicht auf Erfolg angegangen werden, wenn es nicht gelingt, das soziale Kapital der Gesellschaft zu mobilisieren.
Ganz so sieht es auch die von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers berufene Zukunftskommission des Landes. In ihrem Abschlussbericht hat der mittlerweile leider verstorbene Lord Dahrendorf ausdrücklich die Bedeutung einer lebendigen Bürgergesellschaft betont, die sowohl gesellschaftliche Weiterentwicklung und Erneuerung als auch gleichermaßen gesellschaftliche Solidarität unterstütze und vorantreibe. Bürgerschaftliches Engagement, so Lord Dahrendorf, sei eine zentrale Ressource für die Entwicklung des Landes und letztlich ebenso wichtig wie technische Innovation, wirtschaftliches Wachstum und eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur.
Ich halte das für eine sehr bemerkenswerte Analyse, auf die wir immer wieder zurückgreifen sollten. Bürgerschaftliches Engagement schafft Lebensqualität vor Ort und vermittelt nicht zuletzt wichtige Fähigkeiten und Kompetenzen für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Das gilt für junge Menschen – das hat der Kollege Tenhumberg in seiner Rede in den Mittelpunkt gestellt –, aber auch für ältere Menschen, die nach der beruflichen Phase heute eine Lebenserwartung von 20 bis 25 Jahren haben und ihr Wissen, ihre Erfahrungen in die Gesellschaft einbringen wollen. Sie selbst merken:
Noch nicht optimal gelungen ist uns das bei Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Der Anteil ist niedriger. Unsere ehrenamtlichen Dienste müssen sich so öffnen, dass auch sie sich noch stärker für die Gemeinschaft engagieren können, auch wenn es bereits gute Formen der Bereitschaft dazu gibt.
Kollege Tenhumberg hat die Ehrenamtskarte erwähnt, die wir 2008 gestartet haben. Ich habe selbst an vielen der Akte teilgenommen, bei denen die Ehrenamtskarte übergeben wird. Man merkt dann: Die Menschen, die engagiert sind, die öffentlich durch den Bürgermeister ausgezeichnet werden, sind wahrscheinlich die letzten, die diese Karte nutzen.
Es sind Menschen, die gern noch den Eintritt im Tierpark zahlen, weil sie sagen: Der Tierpark hat auch etwas davon, wenn ich meinen Eintritt zahle. Sie erfahren aber eine öffentliche Würdigung, und es wird wahrgenommen, was sie leisten.
Inzwischen beteiligen sich 74 von 396 Kommunen in Nordrhein-Westfalen aktiv an dem Projekt. Wir haben die Idee aus Hessen übernommen. Dort machen alle Landkreise bei der Ehrenamts-Card mit. Mit 4 Millionen Einwohnern hat Hessen allerdings ungefähr die Größe eines größeren Landkreises von Nordrhein-Westfalen. Ehe wir das ganze Land erreicht haben, wird es also noch einige Zeit dauern. 74 Kommunen sind aber schon ganz aktiv dabei.
Engagement Älterer: Wir haben eine Qualifizierungsoffensive für Ältere – „Aktiv im Alter NRW“ –, die das Ganze umsetzen soll.
Menschen mit Zuwanderungsgeschichte: Wir sind mit den Migrantenselbstorganisationen im Gespräch, auch hier zu einer Öffnung zu kommen.
Generationenübergreifendes Engagement: Die Beteiligung am Bundesprogramm „Freiwilligendienste aller Generationen“ ist ein Aspekt, den wir einbeziehen.
Bürgerschaftliches Engagement braucht unterstützende Rahmenbedingungen; das haben alle Redner hier deutlich gemacht. Das Land hat beispielsweise eine Versicherung für die im Ehrenamt Tätigen. Wer sich ehrenamtlich engagiert und dann einen Schaden erleidet, soll nicht auch noch dafür bezahlen müssen. Das ist durch das Land abgesichert. In diesen Positionen gibt es sicherlich keine
Der Antrag der SPD bilanziert in großer Ausführlichkeit die Entwicklung der Engagementpolitik seit dem Abschlussbericht der Enquetekommission 2002 und das, was auf der Bundesebene passiert. Bemerkenswert ist allerdings, dass in diesem Antrag die aktuellen, sehr ambitionierten engagementpolitischen Vorhaben der jetzigen Bundesregierung nicht einmal erwähnt werden. Ich will daher betonen: Die Landesregierung unterstützt nachdrücklich das auch im Koalitionsvertrag verankerte Ziel der jetzigen Bundesregierung, unter Einbeziehung von Ländern und kommunalen Spitzenverbänden eine nationale Engagementstrategie zu entwickeln. Sie begrüßt die Einrichtung des nationalen Forums für Engagement und Partizipation als Plattform für die Beratung und Begleitung dieses Vorhabens.
Erstens. Weil Engagement eine so wichtige Ressource für das kommunale Gemeinwesen ist, müssen wir an das Projekt der landesweiten Ehrenamtskarte anknüpfen, unsere Kooperation mit den Kommunen intensivieren und sie in der strategischen Weiterentwicklung ihrer Engagementförderung unterstützen und begleiten.
Wir müssen zweitens das gesellschaftliche Engagement der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte besser anerkennen und fördern und für einen selbstverständlichen Zugang sorgen.
Drittens müssen wir stärker als bisher gerade kleinere und mittlere Unternehmen auf praxisorientierte Weise in ihrem Engagement unterstützen, um zu einer Vernetzung mit den Kommunen beizutragen.
Das Ehrenamt ist so vielfältig, dass dort jeder etwas für sich findet. Ich vermute, Frau Kollegin Asch, das Engagement in einem sozialen Verband oder in einem Umwelt- bzw. Naturschutzverband fordert Ihnen ein besonderes Maß an Anerkennung ab. Wir machen es aber nicht besser, indem wir in anderen Bereichen ein bisschen despektierlicher darüber reden. Deshalb: Sie sollten anerkennen, dass auch Schützen einen wichtigen Beitrag ehrenamtlichen Engagements leisten. Ich weiß, dass Sie sich an den Kopf fassen, aber zur Ehrenamtskultur gehört, die Menschen, die als Schützen in einem Dorf für Tradition und Kultur sorgen, gleichermaßen anzuerkennen wie diejenigen, die sich im Naturschutz engagieren.
Wenn man das hinbekommt und nicht despektierlich über die Anerkennung von Schützen redet, dann ist das Engagement ansonsten viel stärker, und die Menschen nehmen Ihnen das viel mehr ab,
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Zweierlei voranschicken, lieber Herr Kollege Tenhumberg, lieber Bernhard. Ob das ein „unfreundlicher Akt“ war, darüber kann man sehr lange streiten. Ich bin sehr froh, dies ebenso wie einige andere Dinge klarstellen zu können, die in der Rede unseres Ministers zur Sprache gekommen sind.
Es gab diese Arbeitsgruppe. Ja, richtig. Ich frage einmal schlicht und ergreifend: Warum ist dabei nichts herausgekommen? Warum haben denn nicht beispielsweise die Regierungsfraktionen die Initiative für einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen ergriffen? Sind die Themen, die jetzt sowohl in unserem Antrag als auch in Ihrem Entschließungsantrag stehen, denn so kompliziert, dass das in die zweite Legislaturperiode hätte hineingehen müssen? Das scheint es offenkundig nicht zu sein.
Zur Abfolge! Ich weiß es nicht, liebe Andrea Asch, wie du es gemeint hast, unterstelle aber einmal, dass du es nicht so gemeint hast, wie es Minister Laschet unterstellt. Es war der erste Antrag, der außerhalb dieser Reihe von CDU und FDP vorgelegt wurde und sich ausschließlich auf die Schützen und deren gute Arbeit für Tradition und Brauchtum bezog, womit ihr – ich formuliere es einmal so salopp; es sei mir verziehen – aus der Reihe tanzt und gar nicht erst die Möglichkeit in Erwägung gezogen habt, das zusammen zu machen. Das wäre für sämtliche Bereiche, über die wir im Zusammenhang mit dem Ehrenamt hier sprechen, ein viel, viel stärkeres Signal dieses Hauses in das Land hinaus gewesen.
Als Nächstes gab es – ich sage das auch einmal in Anführungsstrichen – den „Karnevalsantrag“. Dort war es in Person von Liesel Koschorreck unser Bemühen, dass daraus ein gemeinsamer Antrag entstehen konnte, der bei den Karnevalsvereinen große Resonanz und Freude über deren Wertschätzung hervorrief. – So weit die Abfolge, die ich deutlich klarstellen möchte.
Frau Kollegin, darf ich Sie ganz kurz unterbrechen. Ihr Kollege Tenhumberg würde gerne eine Zwischenfrage stellen. Ja?
Liebe Kollegin Frau Hack, ist Ihnen das Protokoll der Arbeitsgruppe vom 15.09.2009 bekannt, in dem es – ich zitiere – heißt: Der abgestimmte Antragsentwurf wird dann den Veranstaltern zur Kenntnis gegeben. – Weiter ist davon die Rede, dass es abgestimmt werden soll.
Lieber Kollege Tenhumberg, dieses Verfahren ist mir bekannt. Trotzdem frage ich nach: Warum ist es nicht abgestimmt worden? Warum dauert das von September bis jetzt so lange? Welche Bemühungen hat Ihre Fraktion ergriffen, um das auf den Weg zu bringen, wenn es jetzt so dringlich ist, hierzu einen Entschließungsantrag zu formulieren. Nach meinem Dafürhalten habe ich die Frage beantwortet.