Protokoll der Sitzung vom 11.03.2010

Sitzen wir dann aber im Bundesrat zusammen und wird dort über einen europäischen Vertrag wie etwa

den Lissabon-Vertrag abgestimmt, muss sich dieses Land plötzlich enthalten. Es ist eine Schande, dass wir keinen europapolitischen Konsens mehr haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Frau Kraft, ich möchte nicht, dass Sie sich als von der Linken gewählte Ministerpräsidentin im Bundesrat demnächst bei allen europapolitischen Abstimmungen enthalten müssen. Nordrhein-Westfalen muss an der Spitze stehen, wenn es um Europa und die NATO gehen, statt sich zu enthalten.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Wie ist das Verhältnis der Aache- ner Kommunalpolitik gegenüber der Linken?)

Insofern ist die Antwort ganz entscheidend: Sagen Sie vor der Wahl klar, ob diese Partei für eine Regierungsbildung für Sie in Betracht kommt oder nicht. Sagen Sie: Ich lasse mich notfalls auch mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen.

(Gisela Walsken [SPD]: Das geht Sie gar nichts an!)

Eine Tolerierung haben Sie schon ausgeschlossen. Also geht das nur, wenn Sie quasi die Linke mit in die Regierung nehmen. Wenn Sie das wirklich nicht wollen – ich nähme Ihnen das persönlich vielleicht noch ab –, dann sagen Sie das klipp und klar vor der Wahl. Nehmen Sie nicht Formeln wie „Die Welt ändert sich schneller, als man glaubt!“.

(Gisela Walsken [SPD]: Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten!)

Schaffen Sie Klarheit. Das hätte übrigens auch Johannes Rau gemacht. Der hätte diese Klarheit geschaffen. Seitdem Sie wieder von „Unserem Johannes“ sprechen, könnten Sie ihm in dem Beispiel ausnahmsweise einmal folgen.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Das Niveau von Johannes Rau werden Sie und Herr Rüttgers nie erreichen!)

Herr Kollege Becker, man kann die Linke auch dadurch verharmlosen, dass man bestimmte Themen miteinander vergleicht. In unseren normalen parlamentarischen Debatten beispielsweise über den § 107 der Gemeindeordnung oder darüber, ob die Hotelbesteuerung so oder so stattfindet, kann man wirklich unterschiedlicher Meinung sein. Herr Becker, dabei streiten wir ganz normal unter Demokraten, wie man Steuergesetze macht. Darüber streiten Demokraten.

Aber es macht doch einen qualitativen Unterschied aus, ob eine Partei demgegenüber antritt, die den Verfassungsschutz abschaffen und die Großindustrie verstaatlichen will, die den Religionsunterricht abschaffen will. Da müssen doch Demokraten einmal sagen: „Das wollen wir alle nicht! Wir stehen

zusammen!“, statt hier so wie Herr Becker kleine Parteipolitik zu machen.

(Beifall von CDU und FDP – Sören Link [SPD]: Darüber hat Herr Kollege Moron breit geredet! Waren Sie da Kaffeetrinken? – Rü- diger Sagel [fraktionslos]: Das ist alles nur Propaganda!)

Ich zitiere zum Ende noch einmal das, was der Verfassungsschutzbericht des Landes, auf den wir uns alle verständigen, der weder christdemokratisch noch liberal, sozialdemokratisch oder grün ist, sondern der von einer Landesinstitution für uns alle zu unserer Arbeit erarbeitet wird, sagt: In den Eckpunkten dieser Partei werden weiterhin wesentliche Elemente der marxistischen Geschichts- und Gesellschaftstheorie fortgeführt. Sie wollen das kapitalistische System überwinden. Sie instrumentalisieren die freiheitlich-demokratische Grundordnung.

Insofern bestehen weiterhin Anhaltspunkte für den Verdacht extremistischer Bestrebungen in der Partei Die Linke. Das ist die Warnung an uns Demokraten, dafür zu sorgen, dass nicht diese Leute demnächst die Kontrolle über den Verfassungsschutz unseres Landes, über staatliche Institutionen bekommen. Dazu sollten Sie heute eine klare Aussage machen. Dafür wären wir Ihnen sehr dankbar.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, das war Minister Laschet. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der Sozialdemokraten deren Vorsitzende Hannelore Kraft das Wort. Bitte schön, Frau Kraft.

(Helmut Stahl [CDU]: Jetzt kommt die Klar- heit!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie durcheinander die Regierungsfraktionen sind, erkennt man daran, dass Herr Stahl das Ollenhauer-Haus sucht, Herr Laschet den Kollegen Ott schon im Landtag sucht. Keine Bange, der kommt nach dem 9. Mai, Herr Kollege Laschet. Er macht mich gedanklich schon zur Ministerpräsidentin im Bundesrat. Ich glaube, mehr muss man zu dieser Debatte eigentlich gar nicht sagen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Dann machen Sie sich auch noch Sorgen um unsere SPD-Wähler. Das können Sie getrost uns überlassen. Sorgen Sie sich lieber einmal um Ihre Wähler. Die gehen Ihnen nämlich gerade flöten. Das ist doch das, was gerade im Land passiert.

(Widerspruch von der CDU)

Meine Damen und Herren, die Debatte ist hier sehr aufgeheizt, die – wie Kollege Moron schon dargestellt hat – jeglicher Grundlage entbehrt.

(Lachen von der CDU)

Wir haben seit 2005 in keiner Phase Zweifel an unserer Position entstehen lassen. Wir wollen und werden die stärkste Fraktion in diesem Haus werden.

(Beifall von der SPD)

Wir suchen die Auseinandersetzung und nicht die Zusammenarbeit mit der Linkspartei. Unser Ziel ist es – auch das haben wir immer wieder deutlich gesagt –, die Linkspartei unter 5 % zu halten, weil wir davon überzeugt sind: NRW braucht keine Linkspartei im Landtag. Klipp und klar! Ganz eindeutig!

(Beifall von der SPD)

Den Beweis tritt die Linkspartei regelmäßig selbst an. Ihre personellen und ihre inhaltlichen Entscheidungen – Herr Moron hat dazu Stellung bezogen – bestätigen unsere Position: Sie ist zurzeit weder regierungs- noch koalitionsfähig.

(Minister Armin Laschet: Zurzeit!)

Ich füge hinzu: Ein so großes Land und einen so wichtigen Wirtschaftsstandort wie NordrheinWestfalen kann man nicht mit Tolerierung regieren. Seien Sie versichert: Wir werden dieses Land nach dem 9. Mai verantwortungsvoll regieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD)

Klar ist: Nordrhein-Westfalen braucht stabile und klare Verhältnisse. Das wollen auch die Menschen in diesem Land. Sie spüren: Schwarz-Gelb hat keine gemeinsame Vision. Schwarz-Gelb arbeitet mehr gegeneinander als gemeinsam für dieses Land. Darum findet auch eine Zusammenarbeit von Rot und Grün mit Abstand die größte Zustimmung bei den Menschen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie wollen ganz klare Verhältnisse, und sie wählen die Perspektive für eine gute Zukunft, die sie mit Rot-Grün verbinden.

Herr Papke, Sie fragen, wohin wir NRW führen wollen. Ich sage es Ihnen. Unsere Antwort ist ganz klar: Nordrhein-Westfalen wird wieder das soziale Gewissen Deutschlands werden.

(Beifall von der SPD)

Unsere Antwort ist klar: Nordrhein-Westfalen bekommt eine mutige Bildungs- und Familienpolitik. Wir lassen kein Kind zurück. Wir geben NRW eine gute Zukunft.

(Beifall von der SPD)

Und, Herr Kollege Papke, unsere Antwort ist klar: Nordrhein-Westfalen wird den Umbau zu einer ökologischen Industriegesellschaft gestalten.

Alle diese Ziele werden wir voranbringen. Das geht am besten mit Rot-Grün. Deshalb werden wir auch so regieren. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kraft. – Als nächster Redner spricht für die Landesregierung Herr Ministerpräsident Dr. Rüttgers. Bitte sehr, Herr Ministerpräsident.

(Unruhe von der SPD)

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte ist von zwei Fraktionen, von der CDU und der FDP, beantragt worden, weil es auch Aufgabe des Landtags ist, dazu beizutragen, dass in einem Wahlkampf, der in wenigen Wochen als heißer Wahlkampf auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, wo jetzt schon Positionen beschrieben werden, wo sich die Parteien rüsten und auf den Wahlkampf vorbereiten, das notwendige Maß an Klarheit herrscht, damit die Wählerinnen und Wähler in unserem Land die Fragen klar sehen und erkennen können, die am 9. Mai zur Abstimmung stehen.

(Ralf Jäger [SPD]: Erklären Sie, was Sie mit der Linkspartei wollen!)

Natürlich versucht jede Partei, ihre eigene Programmatik in einem solchen Wahlkampf darzustellen, von ihren Erfolgen zu reden, wie es die Koalitionsfraktionen tun werden, nachdem fünf Jahre lang hier erfolgreich regiert worden ist.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD])

Natürlich werden sich die Koalitionsfraktionen, die Mitglieder von CDU und FDP, in diesem Wahlkampf von dem Versuch der SPD und der Grünen distanzieren, eine Fälschung von Tatsachen vorzulegen. Wir haben es in diesem Landtag häufig erlebt, dass die Oppositionsvorsitzende hier angetreten ist und versucht hat, mit falschen Zahlen Stimmung zu machen, statt die Wirklichkeit darzustellen.