Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion der SPD hat direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen deshalb zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 14/10851. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Herr Sagel. Wer ist dagegen? – Das sind CDU und FDP. Dann ist dieser Antrag abgelehnt.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da wir den Gesetzentwurf erst morgen in 3. Lesung ausführlich behandeln, will ich mich heute kurz fassen.
Worum geht es? – Es geht darum, dass wir in Ergänzung zum Grundgesetz auch in unserer Landesverfassung eine sogenannte Schuldenbremse verankern, wie das die Koalitionsfraktionen mit ihrem Antrag vom 19. Mai 2009 von der Landesregierung gefordert haben. Im Grundgesetz steht die
„Schuldenbremse“ seit dem 1. August 2009, von der Großen Koalition vereinbart. Ab 2020 bindet sie auch die Bundesländer unmittelbar.
Man könnte deshalb fragen: Warum sollten wir doppelt nähen? Und man könnte fragen: Warum sollen wir uns heute schon binden?
Meine Damen und Herren, das sind die typischen Ausreden der notorischen Schuldenmacher in diesem Hause,
Koalitionsfraktionen und Landesregierung wollen mit der Verfassungsänderung den Bürgern ein deutliches Signal geben, dass der Staat nach dieser außerordentlichen Krise mit disziplinierenden Regeln wieder zur Konsolidierung der Staatskasse zurückkehren wird. Das gebietet schon die Verantwortung für kommende Generationen.
Wir brauchen die eigene Schuldenbremse aber auch, um von den Flexibilisierungsmöglichkeiten in Notzeiten, die das Grundgesetz für den Bund vorsieht, Gebrauch machen zu können. Ohne eigene Regelung gilt: Länder dürfen ab 2020 überhaupt keine Schulden mehr machen. In Krisenzeiten wie solchen, wie wir sie jetzt erleben, ist das geradezu verantwortungslos.
Verantwortungslos, meine Damen und Herren, ist aber insbesondere der Umgang der SPD mit diesem Thema. Im Bund stimmen die Sozialdemokraten der Aufnahme in das Grundgesetz zu. In Schleswig-Holstein klagt die SPD gegen die Grundgesetzänderung und fordert stattdessen eine Aufnahme in die Landesverfassung. Hier bei uns tönt uns von den Genossen derzeit ein entschiedenes „Jein“ entgegen.
Mit „Derzeit-Politik“ stehlen Sie sich immer dann aus der Verantwortung, wenn eigentlich „klare Kante“ angesagt wäre. Sie lehnen die Änderung der Landesverfassung mit dem fadenscheinigen Argument ab, die Forderung der Kommunen nach einer garantierten Mindestfinanzausstattung sei nicht berücksichtigt.
Den Gemeinden steht nach Art. 106 des Grundgesetzes ein Anteil an den Gemeinschaftssteuern zu, und das Land ist durch Art. 79 der Landesverfassung verpflichtet, im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit einen übergemeindlichen Finanzausgleich zu gewährleisten, aber eben nur im Rahmen der eigenen Leistungsfähigkeit.
Die Wissenschaft hat ausdrücklich davor gewarnt, den Kommunen eine Mindestausstattung ohne Bezug auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Landes zu gewähren. Als Kronzeugen für Ihre ziemlich unsinnige Forderung können Sie einzig den Multiexperten Schneider vom DGB anführen. Der fand eine Selbstverstümmelung des Landes ebenfalls toll.
Nein, meine Damen und Herren, für den rotgrünen Schuldenberg zahlen wir täglich 13 Millionen € Zinsen. Je eher wir davon herunterkommen, desto eher gewinnen wir Handlungsspielräume zurück – auch zugunsten der Kommunen. Ganz umgekehrt, wie Sie das sehen, wird also ein Schuh daraus. Deshalb kann ich an die vereinigte Linke nur appellieren: Geben Sie Ihre verquere Denkweise auf! Stimmen Sie dem guten Gesetz der Landesregierung mit uns gemeinsam zu, und zwar jetzt, nicht in zehn Jahren! – Schönen Dank.
Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in zweiter Lesung das Gesetz zur Änderung der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen, hier Art. 83 – Schuldengrenze – in die Landesverfassung aufnehmen.
Wenn man eine Verfassungsänderung durchführen will, muss man erstens einen ordentlich und sorgfältig erarbeiteten Gesetzentwurf vorlegen. – Den haben wir nicht.
Zweitens braucht man eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. – Ich stelle fest: Die haben Sie auch nicht.
Drittens muss man verhandlungsbereit sein, wenn man schon keine Zweidrittelmehrheit hat. Man muss vielmehr auch verhandlungswillig sein. – Das sind Sie auch nicht. Es hat zu keiner Zeit weder Gespräche mit der Landesregierung noch ernsthafte Gesprächsangebote der Landesregierung gegeben. Das ist schon sehr merkwürdig, wenn man auf uns zugehen und unsere Zustimmung haben will.
Viertens sollte man in den parlamentarischen Beratungen in den Ausschüssen die Ergebnisse von Anhörungen ernst nehmen. – Herr Weisbrich, bei aller Liebe, wenn Sie bei der Anhörung wirklich zugehört hätten, dann wüssten Sie, dass nicht nur Herr Schneider vor dieser Schuldenbremse und vor diesem Gesetzentwurf gewarnt hat.
Fünftens. Um zu wissen, wie eine Verfassungsänderung wirkt oder wirken kann, braucht man zu den Beratungen und Verhandlungen die entsprechenden Begleitgesetze. All das haben Sie nicht vorgelegt. Und dann erwarten Sie, dass wir mit Ihnen ernsthaft darüber diskutieren, ob wir dem heute zustimmen?
Könnte es vielleicht sein, dass Sie gar keine Verfassungsänderung wollen und all dies nur politisches Tamtam war? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, Herr Minister.
Nein, wir werden Ihrem Gesetzentwurf zur Verfassungsänderung nicht zustimmen. Es gibt gute Gründe hierfür. Einige grundsätzlicher Art habe ich eben schon genannt. Ein ernsthafter Umgang mit diesem Thema und der ehrliche Wunsch zur Zusammenarbeit wären eigentlich geboten. Aber es stellen sich mehrere Fragen, die vonseiten der Landesregierung weiterhin unbeantwortet bleiben. Vielleicht wollten Sie die auch gar nicht beantworten – abgesehen davon, dass Sie es vielleicht auch nicht können.
Die erste Frage in diesem Zusammenhang lautet: Was bedeutet die Schuldengrenze für den Landeshaushalt? Sie haben keine nachhaltige mittelfristige Finanzplanung, die die Einhaltung der Schuldengrenze berücksichtigt, Herr Minister. 6,6 Milliarden € Neuverschuldung in 2010 sprechen da eine deutliche Sprache. Am Ende des Jahres wird die Verschwendungsregierung Rüttgers einen Schuldenstand von 130 Milliarden € aufweisen.