Protokoll der Sitzung vom 24.03.2010

Uns trauen die Menschen, wenn es um Haushalt und Finanzen geht, Ihnen nicht. Das werden Sie am 9. Mai erleben. – Schönen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Weisbrich. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Frau Kollegin Freimuth.

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Das kann nur besser werden, Frau Freimuth!)

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Walsken, zunächst einmal: Die Mutter Natur hat für die meisten Tiere vier funktionsfähige Beine vorgesehen, weil das so vorteilhaft ist. Dem Menschen Gisela Walsken wünsche ich zwei gesunde. Und im Übrigen war die Haushaltskonsolidierung der Koalition aus CDU und FDP und der Landesregierung erfolgreich.

(Zustimmung von Christian Möbius [CDU])

Meine Damen und Herren, der Antrag der Kolleginnen und Kollegen der SPD wäre sicherlich leicht als Wahlkampfbeitrag zu verbuchen,

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Niemals!)

wenn er nicht an jeder Stelle mit zahlreichen Verdrehungen arbeiten würde, Zahlenspiele und Behauptungen beinhalten würde, die in keiner Weise der Wahrheit entsprechen.

Meine Damen und Herren, bildungs- und kulturpolitisch, wirtschaftspolitisch, aber auch beschäftigungspolitisch sowie haushalts- und finanzpolitisch beschreibt die Bilanz der ablaufenden Legislaturperiode eine Erfolgsgeschichte der Koalition aus FDP und CDU.

(Beifall von der CDU)

Im Jahr 2005 hat tatsächlich ein Umdenken im Land Nordrhein-Westfalen und auch im Landtag Nordrhein-Westfalen stattgefunden. Zum ersten Mal hat die Konsolidierung des völlig aus dem Ruder gelaufenen Landeshaushaltes den Status eines eigenständigen politischen Ziels einer Regierung erhalten. Das, meine Damen und Herren, ist eine qualitative Veränderung. Das möchte ich gerne an einigen Details erläutern.

Bis zum Jahr 2005 ging es bei den vereinzelt vorkommenden Sparmaßnahmen – Kürzungen – vor allem darum, die schlimmsten Auswüchse zu verhindern. Dagegen hat sich die neue von CDU und FDP getragene Regierung direkt nach der Übernahme der Geschäfte einen Plan gesetzt, wie eine strukturelle Rückführung der Nettoneuverschuldung und ein anschließender Schuldenabbau organisiert werden kann.

In den Ressorts der Landesregierung hat ein Bewusstsein für einen sparsamen Umgang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln Einzug erhalten. Bei den Änderungsvorschlägen der Fraktionen von CDU und FDP während der gesamten Haushaltsberatungen hat stets der Grundsatz gegolten, dass Mehrausgabenwünsche durch eine Deckung mög

lichst aus dem gleichen Einzelplan gegenzufinanzieren sind. Dieses Vorgehen hat zu einer enormen Haushaltsdisziplin geführt, die früher undenkbar war, wenn man an die Haushaltsanträge und beratungen der früheren Jahre zurückdenkt.

Meine Damen und Herren, der Vorwurf, die Regierung habe nicht gespart – besser spricht man hier von Ausgabenreduzierung; denn Sparen bedeutet, man hat etwas übrig und legt es für schlechte Zeiten auf die hohe Kante –, ist an Absurdität kaum noch zu übertreffen. Von 2005 bis 2008 haben wir 92 % der disponiblen Steuermehreinnahmen in den Abbau der Nettoneuverschuldung gesteckt.

(Zustimmung von der CDU)

Die Nettoneuverschuldung konnte von 2005 bis 2008 um rund 83 % gesenkt werden. Wenn Sie behaupten, wir hätten die Nettoneuverschuldung in Zeiten steigender Steuereinnahmen reduziert, so ist das in der Tat richtig. Wir sind dankbar dafür, dass wir in Nordrhein-Westfalen durch 250.000 zusätzliche sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze einen Beitrag dazu leisten konnten, wieder wirtschaftliches Wachstum und mehr Steuereinnahmen zu haben.

Ich würde es sehr begrüßen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie so ehrlich sein und zugeben würden, dass Sie das nicht hinbekommen haben. In den Jahren von 1995 bis 2000 – nur um einen Zeitraum aus der jüngeren Vergangenheit zu wählen – konnte sich die damalige rot-grüne Landesregierung auch über steigende Steuereinnahmen freuen. Die Neuverschuldung wurde im gleichen Zeitraum aber nicht gesenkt, sondern erhöht.

(Zustimmung von Christian Möbius [CDU])

Meine Damen und Herren, heute, wo wir noch an den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu leiden haben, die seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland beispiellos ist, sind wir zwar leider gezwungen, mehr Schulden zu machen. Aber die Verschuldung bleibt, trotz dieser historischen Wirtschaftskrise, immer noch unter der von RotGrün vorgelegten Höchstmarke von 6,7 Milliarden € im Jahr 2004. Das muss Sie doch einmal nachdenklich stimmen.

Es gibt noch einen weiteren Unterschied zwischen rot-grüner Haushaltspolitik vor 2005 und der schwarz-gelben Haushaltspolitik seit 2005: Früher waren ständig Nachtragshaushalte notwendig, die dazu führten, dass die Verschuldung nach oben korrigiert wurde, wenn sich abzeichnete, dass die Entwicklung der Steuereinnahmen wohl hinter den Erwartungen zurückblieb.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Markenzeichen der Landesregierung und auch der Koalitionsfraktionen aus CDU und FDP in den letzten Jahren ist gewesen, dass sie die Steuereinnahmen vorsichtig, aber doch realistisch geschätzt haben.

Dadurch konnte – gepaart mit Haushaltsdisziplin und einer verantwortungsvollen Politik, die die Grundlagen für Wachstum legt – erreicht werden, dass wir beim Haushaltsabschluss tatsächlich weniger Schulden aufnehmen mussten, als der Landtag an Kreditermächtigung erteilt hat.

(Beifall von der CDU – Ewald Groth [GRÜ- NE]: Das ist überhaupt keine Leistung!)

Allein im Jahr 2009 musste das Land NordrheinWestfalen insgesamt 338 Millionen € weniger Schulden aufnehmen, als das vom Landeshaushaltsgesetzgeber geplant war. Ich will ausdrücklich unterstreichen, dass gleichzeitig eine Vorsorge für die Beamtenpensionen – eine Verbindlichkeit, die jeden Haushaltsgesetzgeber betrifft –, eine Risikovorsorge in Höhe von insgesamt 600 Millionen € getroffen werden konnten. Das ist eben der große Unterschied, das ist verantwortungsvolle Haushalts- und Finanzpolitik – und eine generationengerechte noch dazu.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, im Gegensatz zu damals ist das Haushaltswesen heute ein Musterbeispiel an Transparenz. Wir haben die Schattenhaushalte, in denen Sie eine immense weitere Verschuldung versteckt hatten, aufgelöst und in den Landeshaushalt zurückgeführt und damit offiziell in der Verschuldung des Landes Nordrhein-Westfalen abgebildet. Daher rechnen wir den zweiten Nachtragshaushalt 2005 komplett Ihrer damaligen Regierungs- und Parlamentsmehrheit zu; denn das sind und waren die von Ihnen zu verantwortenden Schulden, die Sie seinerzeit ausgelagert hatten.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! CDU und FDP machen erstmals seit Jahren eine vernünftige Haushalts- und Finanzpolitik. Durch diesen Antrag lassen wir uns nicht irritieren. Die Bürgerinnen und Bürger haben eine bessere Haushaltspolitik verdient, als Sie sie über viele Jahre und Jahrzehnte in diesem Land betrieben haben. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die Grünen-Fraktion spricht nun Herr Kollege Groth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Weisbrich, ich nehme zur Kenntnis, dass Sie auch am Ende der Legislaturperiode immer noch nicht in der Verantwortung angekommen sind.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie glauben immer noch, Sie könnten alles auf eine Zeit davor schieben. Sie tragen aber die Verantwortung für die letzten fünf Jahre. Dazu müssen Sie hier und heute auch stehen.

Frau Freimuth, ich kann es ja verstehen: In Wahlkampfzeiten versucht man immer, nur das Positive herausstellen. Man weiß aber für sich selber, Frau Freimuth und Herr Weisbrich, dass man besser das verschweigen sollte, was nicht so gut zu Buche steht. Dafür sind wir als Opposition da. Dafür gibt es diese Bilanz, die von der SPD sehr sauber aufgeschrieben worden ist.

Ich möchte dazu einiges sagen, will Sie aber nicht mit vielen Zahlen verwirren. Man muss schon eine Expertin oder ein Experte sein, um da noch durchzublicken. Ich glaube, dieses Ziel verfolgen Sie auch. Deshalb will ich dem eindeutig nicht nachgeben. Ich will Sie nicht mit Zahlen verwirren, sondern ganz klare Fakten nennen.

Herr Weisbrich, Sie haben gerade PEM so hoch gelobt. Dabei verschweigen Sie, dass 1.000 Finanzbeamte weniger im Dienst und Steuerprüfer weg sind. Das sind hochqualifizierte Persönlichkeiten, die lange ausgebildet wurden und dafür sorgen würden, dass anständige Steuereinnahmen in den Staatssäckel fließen. Die fehlen uns. Sie sind teilweise mit einem goldenen Handschlag frühpensioniert worden und arbeiten jetzt in Steuerkanzleien. Das ist die Bilanz Ihrer Regierungszeit zu PEM. Ein Faktum, das Sie gerne verschweigen!

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ein weiteres Faktum! Es ging ja gerade um Hochschul- und Fachhochschulplätze. Ja, natürlich sind neue Fachhochschulen gegründet worden. Aber diese arbeiten zum Teil noch gar nicht. Das sind zum Teil kleine Standorte mit 20 Studienplätzen ohne Mensa, ohne Bibliothek und ohne Labore. Sie verschweigen, Frau Freimuth, dass noch in diesem Jahr 20.000 Studienplätze geschaffen werden müssten – was unmöglich ist –, um den Verpflichtungen nachzukommen, die wir als NordrheinWestfalen gegenüber dem Bund eingegangen sind. Das können Sie nicht mehr schaffen. Auch das müssen Sie der Öffentlichkeit sagen. Sie haben auch in diesem Bereich keine gute Bilanz.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, das macht deutlich, dass es nicht 5:0 für Sie steht und Sie nicht mit drei Punkten positiv abschneiden, Herr Weisbrich,

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Der Schiedsrichter war bestochen!)

sondern dass Sie aufgrund der Fakten, die ich hier nenne und die auch aufgeschrieben sind, gegen den Abstieg kämpfen.

(Horst Becker [GRÜNE]: Um den Abstieg!)

Sie kämpfen eindeutig gegen den Abstieg in die Zweitklassigkeit. Da gehören Sie finanzpolitisch auch hin.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Finanzpolitisch ist die Bilanz desaströs, und zwar nicht nur im Hinblick auf Ihre Ankündigungen, sondern auch in absoluten Zahlen.

Ich möchte jetzt noch zwei Themen ansprechen, da der Finanzminister und auch Sie, Herr Weisbrich, immer gerne Geschichtsklitterung betreiben. In der rot-grünen Regierungszeit, Herr Finanzminister – hören Sie gut zu, damit Sie dies gleich in Ihrer Rede bestätigen können –,hatten wir von 2002 bis 2004 insgesamt Steuereinnahmen in Höhe von 174,6 Milliarden €. In Ihrer Regierungszeit von 2005 bis 2009 betrugen die Steuereinnahmen 192,7 Milliarden €. Das sind etwa 18 Milliarden € mehr. Das haben Sie nicht verdient, sondern ist Ihnen wegen guter Konjunktur, im Übrigen wegen guter rot-grüner Politik im Bund zugeflossen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist eine Erblast von Rot-Grün im Bund. Hätten Sie in dieser Zeit die Kommunen anständig beteiligt – Sie sagen ja immer, es fließt den Kommunen viel mehr Geld zu als zu rot-grüner Zeit –, hätten Sie ihnen 23 % davon gegönnt, dann hätten Sie ihnen 4 Milliarden € mehr zahlen müssen als zur rot-grünen Zeit. Betrachtet man aber die Einnahmen aus dem GFG aus den Jahren 2000 bis 2004 und auch 2005 bis 2009, so stellt man fest, dass Sie exakt die gleiche Summe, nämlich 34,4 Milliarden €, an die Kommunen ausgezahlt haben, genau wie Rot-Grün.

Das heißt: Faktisch haben Sie in Ihrer Regierungszeit bei Steuermehreinnahmen von 18 Milliarden € die Kommunen um 4 Milliarden € betrogen. Das macht jedes Jahr 1 Milliarde € im GFG aus, die anderen Dinge noch gar nicht mitgezählt.

(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von der CDU)