Protokoll der Sitzung vom 24.03.2010

Zum Thema falsche Zahlen: Der Herr Finanzminister hat eben auch noch mal eine Riesenbilanz aufgemacht, wie toll diese Regierung war. Meine Kollegin Ute Schäfer hat mir gerade in aller Eile – und das ist hochinteressant – eine Ausgabe der Zeitung „SchulVerwaltung NRW“ von 10/2010 gegeben. Dort ist zu lesen, meine Damen und Herren: In der noch laufenden Legislaturperiode belegt NordrheinWestfalen sowohl bei den Ausgaben für das gesamte Bildungswesen – hören Sie zu, das ist interessant für Sie, Herr Kollege Hegemann! – als auch im Schulbereich nur den drittletzten Platz vor BadenWürttemberg und dem Saarland.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das sind Fakten! Lesen Sie das selbst in dieser Zeitung nach!

Zum Thema Fakten möchte ich mich noch einmal gerne mit der Rede des Finanzministers auseinandersetzen. Ja, Sie hatten in Ihrer Legislaturperiode das Glück, fette Jahre zu erleben. Zusätzliche Steuereinnahmen in den Jahren 2005, 2006, 2007 – übrigens auch noch im beginnenden Krisenjahr 2008. Fette Jahre! Steuermehreinnahmen von 7,5 Milliarden €!

In dieser Zeit, Herr Finanzminister, haben Sie große Sprüche gesprochen – man könnte das auch anders formulieren. Sie haben sich hier hingestellt, im Glauben, die Steuerquellen sprudeln bis zum 9. Mai kräftig weiter, und haben gesagt: Wir reduzieren die Nettoneuverschuldung, wir betreiben eine strikte Haushaltskonsolidierung und werden dafür sorgen, dass der ungebremste Ausgabenanstieg aufhört. – Dies haben Sie hier propagiert.

Jetzt schauen Sie sich an, was daraus geworden ist. Sie haben im Oktober 2005 hier gesagt: Wir übernehmen 106,8 Milliarden € Schulden von RotGrün. – Dazu stehen wir, das hat Kollege Groth gesagt. Jetzt schlagen Sie bitte Ihren eigenen Haushalt auf: Da steht für Ende des Jahres die Zahl von 130 Milliarden €. Wenn Sie behaupten, dass das Konsolidierung ist, dann lügen Sie hier! Das kann kein redlicher Umgang mit Zahlen sein!

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Horst Be- cker [GRÜNE]: Die Kommunen haben Sie noch zusätzlich beklaut! – Zuruf von der CDU)

Herr Kollege Möbius, ich trage keine falschen Zahlen vor. Diese Zahlen können Sie im Plenarprotokoll nachlesen. Unterstellen Sie nicht den Stenografen, dass sie falsch protokollieren. Ihr Finanzminister hat von diesem Pult aus gesagt: Das ist der Schuldenstand, den man von Rot-Grün übernimmt. – Authentischer können Sie es nicht haben. Schauen Sie im Plenarprotokoll vom Oktober 2005 nach. Da sind die Fakten aufgeführt.

Der zweite Punkt, meine Damen und Herren, betrifft die Ausgaben: Ausgaben werden strikt gebremst. – Sie haben 51 Milliarden € ausgegeben in 2005. Das war Ihr erster Haushalt. Jetzt wollen Sie 53,1 Milliarden € ausgeben. Das kann doch nicht Bremsen des Ausgabenanstiegs sein. An dieser Stelle müssen Sie doch redlich bleiben, meine Damen und Herren!

Ich bin der Auffassung, dass diese Reden hier heute – und deshalb war dieser Antrag hier von uns goldrichtig platziert – Ausdruck einer Situation sind, in der Sie das Scheitern eigentlich eingestehen müssten,

(Zuruf von der CDU: Blödsinn! Völliger Un- sinn!)

dass in ihnen aber aufgrund eines strikten Kurses der Selbstverleumdung zu falschen Zahlen gegriffen wird.

Herr Finanzminister, Sie sind der Rekordschuldenminister dieses Landes. Und diesen Titel werden Sie nicht mehr los. Wenn Sie damals geglaubt haben, Sie stellen sich hier als Eiserner Helmut hin – so haben Sie sich ja feiern lassen: als den Eisernen Helmut, der in Zeiten sprudelnder Steuerquellen in der Lage ist, den Haushalt zu sanieren –, dann kann man nur sagen: Dieser Eiserne Helmut, meine Damen und Herren, ist schlicht verrostet. Das ist die Bilanz am Ende der Legislaturperiode.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Walsken. – Mir liegen jetzt keine Wortmeldungen mehr vor. Das ist auch gut so, da wir in der Zeit schon weit fortgeschritten sind. – Der Herr Finanzminister hat sich noch einmal gemeldet. Bitte

schön, Herr Dr. Linssen, dann haben Sie auch noch mal kurz das Wort.

Damit Sie mir nachher nicht vorwerfen, ich hätte auf die Fragen von Herrn Groth nicht geantwortet, Herr Moron, ganz einfach!

Am Freitag steht im Bundesrat im Grunde ein Gesetz aus dem Forschungsbereich zur Abstimmung. Da ist seinerzeit bei der Unternehmensteuerreform von der früheren Regierung ein Volumen von 1,7 Milliarden € errechnet worden, die angeblich bei der Begrenzung des Transfers von immateriellen Wirtschaftsgütern – das ist etwas kompliziert – in ausländische Produktionen eingespart würden.

Diese Zahl hat damals keiner geglaubt. Ich glaube sie auch heute nicht. Damals ging es darum, dass, wie Sie wissen, die SPD-Bundestagsfraktion ein Volumen von 5 Milliarden Maximum für die Unternehmenssteuerreform festgeschrieben hatte. Deshalb wurden Gegenfinanzierungspotenziale errechnet. Ich möchte mich nicht zu der Methodik äußern, aber diese 1,7 Milliarden waren aus der Luft gegriffen.

Die jetzige Bundesregierung hat eine Veränderung vorgenommen. Sie hat gleichzeitig errechnet, dass durch andere Wertstellungen bei den zu übertragenden Assets – da wird jetzt nicht mehr der Niedrigstwert angesetzt, sondern ein mittlerer Wert; das können Sie alles in der Gesetzesmaterie nachlesen – auch Gegenfinanzierung gegeben ist. Sie kommt in ihrer Vorlage des Gesetzes zu der Feststellung: Dieses Gesetz hat keine finanziellen Auswirkungen. – Deshalb wird diese Landesregierung diesem Gesetz selbstverständlich zustimmen. Damit Sie das klar gehört haben!

Ich wollte die Gelegenheit nutzen, Frau Walsken, sehr ruhig vorzutragen. Ich weiß nicht, aus welchem Blatt Sie zitiert haben. Ich nehme an, was die Bildungsausgaben angeht, handelt es sich um die Schulausgaben. Vielleicht handelt es sich aber auch um die Ausgaben pro Kopf.

Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir in dieser Legislaturperiode alleine im Schuletat gegenüber Ihrem damaligen Volumen 2 Milliarden zugelegt haben:

(Beifall von CDU und FDP)

von 12 Milliarden auf praktisch 14 Milliarden. Das ist nach der Steigerung im KiBiz 2007

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Mumpitz!)

in Höhe von 820 Millionen und 2010 in Höhe von 1,26 Milliarden die höchste Steigerung,

(Beifall von der CDU)

die jemals in diesen Landeshaushalten gerade für Bildungsausgaben stattgefunden hat.

(Beifall von CDU und FDP)

Wenn Sie so zitiert haben – ich weiß nicht, was und wie genau Sie zitiert haben –, dann kann es aufgrund dieser Zahlen, die ich Ihnen gerade vorgetragen habe, nur heißen: 2005 waren wir nun die Allerletzten, und wir haben uns von diesem letzten Platz wieder nach vorne gearbeitet.

(Beifall von CDU und FDP)

Dies bestätigen auch die nationalen Vergleiche, die bei den Haushalten angestellt worden sind und die zu der ganz klaren Feststellung gekommen sind: Mit über 40 % am Landeshaushalt hat Nordrhein-Westfalen den höchsten und besten Platz bei den Bildungsausgaben erreicht. Darauf sind wir sehr, sehr stolz.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Linssen. – Für die grüne Fraktion hat sich noch einmal Herr Kollege Groth gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten noch einmal Herrn Ministerpräsidenten Rüttgers zitieren. Gestern sagte er im „Deutschlandfunk“ auf Nachfrage:

Das heißt, dass man das Geld haben muss, wenn man Steuern senken will, und dass man die Finanzlage der Kommunen im Auge behalten muss. Das geht nicht so, wie das der eine oder andere sich denken mag, das wird beschlossen und die Kommunen müssen selber schauen, wie sie sind.

Auf diesem Hintergrund, Herr Finanzminister, stelle ich fest, dass Sie, wenn Sie am Freitag im Bundesrat zustimmen, die Aussagen des Ministerpräsidenten sozusagen konterkarieren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Die zweite Feststellung, meine Damen und Herren, betrifft die 1,7 Milliarden. Sie behaupten doch immer, Herr Finanzminister, Sie hätten ein offenes Ohr für die kommunalen Spitzenverbände. Zu diesen 1,7 Milliarden haben die Ihnen verschiedentlich das Richtige ins Ohr geflüstert, nämlich dass das für die kommunalen Haushalte und auch für die Landeshaushalte belastend sein wird. Dazu, wie Sie das ausgleichen wollen, sagen Sie uns hier nichts.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Sie haben nicht zugehört! – Gegenruf von Barbara Steffens [GRÜNE])

Sie tun einfach wieder so, als sei das überhaupt kein Problem.

(Unruhe – Glocke)

Sie tun praktisch auch so, als ob das Wachstumsbeschleunigungsgesetz für Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr überhaupt keine Auswirkungen hätte. Sie diskutieren das unter den Teppich. Am Ende stehen wir da mit den Auswirkungen und müssen damit umgehen.

Wir verlangen Transparenz. Wir verlangen auch, dass den Worten Taten folgen. Das, was Sie hier machen, ist aber ungefähr so eine Ankündigung wie die: Wir übertragen die Tarifregelungen von ver.di und anderen auch auf die Beamten. – So haben Sie das im letzten Jahr versprochen: 1:1-Übertragung.

Jetzt versprechen Sie wieder: Wir wollen die Kommunen nicht weiter belasten. – Am Freitag ist die nächste Möglichkeit, wo Sie das beweisen können. Wenn Sie zustimmen, belasten Sie die Kommunen genauso wie den Landeshaushalt ein weiteres Mal, meine Damen und Herren. Das müssen die Wählerinnen und Wähler im Lande wissen, wenn sie am 9. Mai ihr Kreuz machen. – Vielen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Groth. – Ich habe jetzt noch zwei weitere Wortmeldungen vorliegen: einmal von Herrn Kollegen Sagel, fraktionslos, der aufgrund der Überziehung der Landesregierung auch noch eine Minute Redezeit bekommt, und zum anderen von Herrn Kollegen Trampe-Brinkmann von der SPD-Fraktion. Dann würde ich gern zum Schluss dieser Debatte kommen; denn wir sind bereits ein ganzes Stück über die Zeit.

Herr Kollege Sagel, Sie haben für anderthalb Minuten das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Groth, ich kann mich Ihren Ausführungen nur anschließen. Diese Politik gegen die Kommunen und gegen die Länder soll sogar noch weiter fortgesetzt werden.

(Unruhe – Glocke)

Heute lesen wir in der „Frankfurter Rundschau“ – ich zitiere aus dem Pressespiegel des Landtages –: