Protokoll der Sitzung vom 24.03.2010

der Fraktionen, an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landtags, an die Damen und Herren des Stenografischen Dienstes und insbesondere an die Mitarbeiterinnen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses II, Frau Dr. Carola Graf, Frau Silvia Winands und Frau Christine Henkel.

(Allgemeiner Beifall)

Ferner möchte ich zuvor noch auf die Neutralitätsverpflichtung hinweisen, die mich als Vorsitzenden des Ausschusses trifft. Diese Pflicht gebietet mir eine gewisse Zurückhaltung während der Sitzungen und auch heute hier. Aus diesem Grunde werde ich Ihnen nur die Ergebnisse der Arbeit des Ausschusses darstellen. Eine weitergehende Würdigung überlasse ich anschließend den Fraktionen.

Nun komme ich zu unseren Ergebnissen. Die Kündigung von Dr. Friedrich ist auf den Vorwurf der Missachtung des Vergaberechts und die Verletzung weiterer Dienstpflichten gestützt worden. Dieser arbeitsrechtliche Schritt wurde von Staatssekretär Dr. Schink in den Blick genommen, nachdem er im April 2006 von folgendem Sachverhalt erfahren hatte:

Im November 2005 ging beim Landesrechnungshof eine anonyme Mail ein, in der Missstände bei der Vergabe des Projektes MAPRO im Umweltministerium angezeigt wurden. Bei dem Projekt MAPRO handelt es sich um die – jetzt muss ich genau ablesen – „Wissenschaftliche und fachliche Begleitung der iterativen Entwicklung der integrierten Maßnahmeprogramme zum Schutz und Verbesserung der Gewässergüte in den NRW-Anteilen der Flussgebietseinheiten Rhein, Weser, Ems und Maas“. – Hieran sehen Sie, mit welch schwierigen Materien wir uns auch beschäftigen mussten.

Einer Bitte des Landesrechnungshofes um Stellungnahme zur anonymen Eingabe kam Dr. Friedrich mit Schreiben vom 7. April 2006 nach – jedoch ohne, wie dies seine Pflicht gewesen wäre, zuvor den Beauftragten für den Haushalt in seinem Ministerium zu beteiligen. Auch die Ministeriumsspitze wurde nicht informiert.

Der Untersuchungsausschuss hat allerdings nicht feststellen können, dass die Kündigung von Dr. Friedrich durch andere als die genannten Gründe veranlasst worden ist. Es gibt insbesondere keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Entlassung von Dr. Friedrich von langer Hand geplant wurde, um einen politisch missliebigen Abteilungsleiter aus dem Ministerium zu entfernen. Auch ist nicht erkennbar, dass die Hausspitze Mitarbeiter veranlasst hat, von ihm begangene Verfehlungen zu sammeln. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Entlassung von Dr. Friedrich durch außenstehende Dritte motiviert worden ist oder dass diese zu seiner Kündigung beigetragen haben.

Gleichwohl hat der Parlamentarische Untersuchungsausschuss einige Auffälligkeiten konstatieren

müssen, und zwar sowohl in den Abläufen im Umweltministerium als auch bei dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, bei der durchgeführten Telekommunikationsüberwachung und bei der Information des Landtags durch die Landesregierung.

So ist in einer Mail im Umweltministerium in Bezug auf Dr. Friedrich und sein Verhalten von Sammeln die Rede.

Der Justiziar des Umweltministeriums zeichnete sich bereits vor April 2006 durch besonderen Eifer aus und wurde ohne entsprechende Anweisung seiner Vorgesetzten auch in Bereichen tätig, die nicht in seine Zuständigkeit fielen.

Die strafrechtlichen Ermittlungen wurden durch das LKA eingeleitet. Greifbare Anhaltspunkte, dass diese Ermittlungen vom Umweltministerium angeschoben wurden, bestehen nicht. Das LKA wurde vielmehr durch die Presse auf den Sachverhalt aufmerksam.

Allerdings zeichnete sich in diesem Rahmen wiederum der Justitiar des Umweltministeriums durch besonderen Eifer aus. So übermittelte er dem LKA zu Beginn der Ermittlungen eine Vielzahl von Unterlagen, die vom LKA gar nicht angefordert waren. Insoweit drängt sich der Eindruck für den Ausschuss auf, dass er den ermittelnden Beamten seine persönliche negative Einschätzung über Dr. Friedrich nahezubringen versucht hat.

Der Justitiar hat das LKA ferner unaufgefordert und unzuständigerweise über die Existenz von Hinweisen auf korruptive Sachverhalte informiert. Soweit diesbezüglich überhaupt eine Verpflichtung zur Anzeige bestand, hätte diese Pflicht nach den Regelungen des Korruptionsbekämpfungsgesetzes ausschließlich den Minister betroffen. Allerdings hatten der Minister und sein Staatssekretär von den Aktivitäten ihres Justitiars keine Kenntnis. Der Vorwurf einer Befeuerung des Verfahrens kann ihnen daher nicht gemacht werden.

Sowohl Minister Uhlenberg als auch Staatssekretär Dr. Schink können sich aber insoweit nicht von jeder Verantwortung freizeichnen. Für das Handeln ihrer Mitarbeiter tragen letztlich sie die Verantwortung. Insbesondere wäre es wünschenswert gewesen, wenn der zuständige Abteilungsleiter im Umweltministerium gegenüber seinem Mitarbeiter mehr Führungsverantwortung gezeigt hätte.

In Bezug auf das strafrechtliche Ermittlungsverfahren lässt sich hieraus allerdings kein gravierender Vorwurf gegenüber dem Minister oder dem Staatssekretär herleiten. Denn es ist nicht erkennbar, dass das Verhalten des Justitiars ursächlich für die Verhaftung von Dr. Friedrich und die weiteren strafprozessualen Maßnahmen im Mai 2008 war. Auch wenn diese Maßnahmen bei rückwirkender Betrachtung unverhältnismäßig erscheinen, ist ausdrücklich festzuhalten, dass sie auf Beschlüssen unabhängiger Gerichte beruhen. Es bestehen

keinerlei Anhaltspunkte, dass diese bei ihren Entscheidungen einer Einflussnahme von dritter Seite ausgesetzt waren. Gleiches gilt für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren.

Allerdings sind auch hier Auffälligkeiten zutage getreten. Den Ermittlungsbehörden wurde vom Umweltministerium nur unvollständiges und einseitiges Aktenmaterial des arbeitsgerichtlichen Verfahrens übermittelt. Beanstandet hat dies die zuständige Staatsanwaltschaft Wuppertal jedoch nicht.

Weiter wurden zur Beurteilung juristischer Fragen von der Staatsanwaltschaft Nichtjuristen herangezogen. Bei einer dieser Personen handelt es sich zudem um eine Mitarbeiterin des Umweltministeriums, die sich auch im Rahmen des Kündigungsverfahrens schon aktiv und intensiv gegen Dr. Friedrich eingesetzt hat.

Auch wurde die Sachbehandlung durch die Staatsanwaltschaft Wuppertal in mehreren Punkten von der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf beanstandet. Der Generalstaatsanwalt wäre nach eigenem Bekunden nicht unglücklich gewesen, wenn der sachleitende Dezernent der Staatsanwaltschaft Wuppertal das Verfahren mitunter etwas enger, mit einer kritischeren Distanz und vielleicht auch gelegentlich mit etwas mehr Fingerspitzengefühl begleitet hätte.

In Bezug auf die Telekommunikationsüberwachung ist für den Ausschuss zunächst nicht nachvollziehbar, dass der sachleitende Dezernent der Staatsanwaltschaft Wuppertal über acht Wochen bis Mitte August 2008 benötigte, um die im Rahmen dieser Maßnahmen erfassten Gespräche abzuhören und auszuwerten. Dies gilt umso mehr, als er spätestens Mitte Juni 2008 davon erfahren hatte, dass auch ein Landtagskollege von uns von der Telekommunikationsüberwachung betroffen war und ihm die politische Brisanz der Abhörmaßnahme klar sein musste.

Daneben ruft Erstaunen hervor, dass die Ermittlungsbehörde bei der Löschung der dabei gewonnenen Daten erhebliche Schwierigkeiten hatte. Diese dokumentieren sich nicht zuletzt darin, dass sich angeblich gelöschte Daten in den dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss II übermittelten Akten finden.

Meine Damen und Herren, die Telekommunikationsüberwachung stellt einen gravierenden Grundrechtseingriff für die Betroffenen dar, bei dem es zudem um den Umgang mit hoch sensiblen Daten geht. Deshalb erscheint es für die Zukunft unabdingbar, die hier zutage getretenen Probleme unverzüglich und vollständig zu beseitigen.

(Beifall von der SPD)

Der Ausschuss hatte ferner die Aufgabe, die Information des Landtages in der Angelegenheit

Dr. Friedrich durch die Landesregierung zu überprüfen.

Hierzu ist zum einen festzuhalten, dass Staatssekretär Dr. Schink in der Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle am 3. Juni 2008 jedenfalls objektiv die Unwahrheit gesagt hat. Dort hat er erklärt, es entziehe sich seiner Kenntnis, ob der Lehrauftrag von Dr. Friedrich an der RWTH Aachen bezahlt worden sei oder nicht. Eine Anzeige hierüber sei an das Ministerium nicht erfolgt.

Tatsächlich hatte Dr. Friedrich aber im Februar 2006 die unentgeltliche Wahrnehmung eines Lehrauftrages an der RWTH Aachen im Ministerium schriftlich angezeigt. Diesem Schreiben war beigefügt ein Vordruck der Universität Aachen, in dem angekreuzt ist, dass der Lehrbeauftragte auf eine Vergütung verzichtete. Dieses Schreiben trägt die Paraphe von Staatssekretär Dr. Schink.

Es kann allerdings nicht mehr festgestellt werden, ob sich der Staatssekretär bei seinen Ausführungen im Haushaltskontrollausschuss dieses Schreibens noch bewusst war. Zwar hat er im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss hierzu erklärt, dass ihm Detailkenntnisse insoweit nicht mehr präsent gewesen seien, er habe sich die Unterlagen vor der Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle nicht mehr angesehen. Es ist aber auch für den Ausschuss nicht erkennbar, ob es sich hierbei um eine zutreffende Angabe des Staatssekretärs oder aber um eine bloße Schutzbehauptung des Staatssekretärs handelt.

Zum anderen ist zur Information des Landtages über die hier in Rede stehende Angelegenheit anzumerken, dass die Justizministerin in der Sitzung des Rechtsausschusses am 14. Januar 2009 zwar erkennbar eine kurze Zusammenfassung des Berichts der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf vom 9. Januar 2009 vorgetragen hat; eine detaillierte Darstellung erfolgte aber nicht. In dieser Sitzung hat Frau Müller-Piepenkötter insbesondere nicht erwähnt, dass eine Einstellung des Verfahrens auch wegen der im Raume stehenden korruptiven Sachverhalte erfolgen sollte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn sich keine Beweise für eine politisch motivierte Entlassung von Dr. Friedrich oder für eine politische Einflussnahme auf die gegen ihn gerichteten strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen finden ließen, rechtfertigen die festgestellten Auffälligkeiten und Ungereimtheiten jedoch den Schluss, dass die Einsetzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses II auch bei rückwirkender Betrachtung nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig war.

Abschließend bedanke ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen des Untersuchungsausschusses für die konstruktive und kollegiale Zusammenarbeit bei der Bewältigung eines nicht immer einfachen Verfahrens,

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

das zwar unter erheblichem Zeitdruck stand, von uns jedoch sorgfältig und gewissenhaft geführt wurde. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Allgemeiner Beifall)

Vielen Dank, Herr Kollege Kutschaty. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich eröffne die Beratung und erteile für die Fraktion der CDU dem Abgeordneten Kollegen Schmitz das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Untersuchungsausschuss hat in konzentrierter Arbeit wichtige Erkenntnisse gewinnen können, die vor allem eins zeigen – da weicht meine Beurteilung etwas von dem ab, was der Vorsitzende hier gerade vorgetragen hat –: Die ehemalige Ministerin Höhn hat zehn Jahre lang Vergabemissstände im Umweltministerium gebilligt, die schlimmste MobbingStrukturen begünstigten und zu Verstößen gegen das Datenschutzrecht führten.

(Lothar Hegemann [CDU]: So war sie!)

Darüber hinaus hat die Beweisaufnahme des Untersuchungsausschusses in dankenswerter Deutlichkeit aufgezeigt: Die Ermittlungsbehörden und Gerichte in Nordrhein-Westfalen unterliegen keinem politischen Einfluss, und es ist erst gar nicht versucht worden, Einfluss auszuüben.

(Beifall von der CDU)

Das Ansinnen, in erster Linie von Bündnis 90/Die Grünen, die Arbeit der jetzigen Landesregierung zu diskreditieren, ist damit nicht nur gescheitert. Der Untersuchungsausschuss hat sich vielmehr gegen Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, gewandt, weil eins klar zutage getreten ist: Es ist dringend geboten, die hervorragende Arbeit unserer Regierung noch viele Jahre fortzuführen.

Lassen Sie mich das in drei Schritten begründen.

(Beifall von CDU und FDP – Lachen von SPD und GRÜNEN – Zurufe von Bodo Wißen und Edgar Moron [SPD])

Sie waren doch gar nicht dabei, Herr Moron und Herr Wißen. Was wollen Sie denn außer ihren Namen wissen?

(Edgar Moron [SPD]: Thema verfehlt, Herr Kollege!)

Erstens. Die Abteilung IV des Umweltministeriums verfügte in den zehn Jahren unter der Leitung des Ministeriums durch Frau Höhn über Fördermittel im

Umfang von knapp 300 Millionen €. Diese Mittel konnte die Abteilung IV, die von Dr. Friedrich geleitet wurde, ohne weitere Kontrolle vergeben, wenn abteilungsintern alle zuständigen Referatsleiter mit dem Abteilungsleiter übereinstimmten.

Letztendlich konnte also Abteilungsleiter Dr. Friedrich die Mittel so vergeben, wie er es für richtig hielt, wenn er seine Referatsleiter und die weiteren Mitarbeiter seiner Abteilung im Griff hatte. Davon hat Herr Dr. Friedrich Gebrauch gemacht, indem er ein „System des Schreckens“ errichtete.

(Lothar Hegemann [CDU]: So ist das!)

Wer nicht entsprechend seinem Willen funktionierte, wurde fertiggemacht.

(Lothar Hegemann [CDU]: So ist das!)