Protokoll der Sitzung vom 25.03.2010

Allerdings bestimmt die Rechtsprechung nicht die Inhalte der Landesplanung. Diese Entscheidung obliegt dem Landtag und der Landesregierung. Wenn nun die Rechtsprechung dem Landtag und der Landesregierung Planungsaussagen unterstellt, die diese nicht getan haben, müssen Landtag und Landesregierung die Möglichkeit haben, sich zu korrigieren.

Respekt vor der Rechtsprechung, verehrte Kolleginnen und Kollegen, bedeutet, mit dem Urteil zu akzeptieren, dass der LEP nicht klar genug formuliert war. Respekt vor dem OVG bedeutet aber nicht, dass der Landtag seine Rolle als entscheidender Souverän an die Gerichte abtritt.

Bevor Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, die nach Ansicht des OVG schlechte Formulierung des LEP bemängeln, sei rein vorsichtshalber noch einmal daran erinnert, dass dieser Text von der letzten Regierung stammt. Er stammt nicht von dieser Landesregierung, sondern er stammt

von der letzten Regierung. In aller Bescheidenheit darf ich daran noch einmal erinnern.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, auch der Triumph der Opposition, hier habe das Gericht das Planungsrecht endlich wörtlich genommen, ist nur mit selektiver Wahrnehmung erklärbar. Das Urteil verweist mit dem bisherigen Planungsrecht auch auf den Vorrang heimischer Energieträger. Folgt man hier dem OVG, dann könnten in Nordrhein-Westfalen nur noch Braunkohlekraftwerke errichtet werden. Es wäre interessant, zu erfahren, ob dies die neue Energiepolitik der Grünen ist.

Verantwortliches Regierungshandeln kann sich eine solche argumentative Rosinenpickerei nicht leisten, meine Damen und Herren. Wir müssen reagieren. Dies hat der Landtag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen getan. Die Regierung tut dies mit der Vorlage eines Entwurfs für ein neues Kapitel „Energie“ des LEP. Dies tun wir nicht für E.ON, sondern wir tun dies für die Umsetzung der Energiepolitik des Landtages und der Landesregierung.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass es unser gemeinsames Ziel ist, Herr Abgeordneter Priggen, den Anteil der erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren deutlich zu erhöhen. Sie sagen, in Nordrhein-Westfalen habe es in diesem Bereich in den vergangenen Jahren Rückschritte gegeben. Das stimmt nicht. Wir sind das einzige Land, das zum Beispiel einen Biomasseaktionsplan hat. Wir haben uns in den vergangenen Jahren immer wieder über den Bau von Biogasanlagen unterhalten. Hier hat es zahlenmäßig eine deutliche Zunahme gegeben. Es hat eine deutliche Steigerung des Ausbaus der erneuerbaren Energien in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen fünf Jahren, in dieser Legislaturperiode, gegeben.

Aber auch wenn man der Auffassung ist, dass der Anteil der erneuerbaren Energien ausgebaut werden soll – dieser Auffassung ist die Landesregierung, sind die Koalitionsfraktionen –, dann geht es doch noch immer um die restlichen 70 % innerhalb des Industrielandes Nordrhein-Westfalen.

(Ministerin Christa Thoben: Ja!)

Da sage auch ich als Umweltminister: Wir können uns hier aus der Industriegesellschaft nicht verabschieden. Wir müssen diese 70 % umweltfreundlich gestalten. Wir müssen die CO2-Reduktion von 81 Millionen t, die die Landesregierung als Ziel auf den Weg gebracht hat, umsetzen, und zwar dadurch, dass wir neue Kohlekraftwerke in Nordrhein-Westfalen ans Netz bekommen. Dazu gehört auch, dass wir uns schneller von den alten Kohlekraftwerken verabschieden, als das im Moment noch abzusehen ist.

Es ist ganz wichtig, dass beide Felder zusammengefasst werden. Wir dürfen das Augenmerk nicht nur auf diese 30 % legen; die anderen 70 % sind entscheidend. Wir müssen das Ganze in Verbindung mit unserem Industriestandort NordrheinWestfalen sehen. Wir werden es erreichen, den CO2-Ausstoß um diese 81 Millionen t zu reduzieren.

Meine Damen und Herren, ich habe mir den Redebeitrag des Abgeordneten Sagel in Ruhe angehört. Das war der Beitrag der Linken in NordrheinWestfalen zur Energiepolitik. Es war – und deshalb möchte ich gut 40 Tage vor der Landtagswahl an die Sozialdemokraten appellieren – ein bemerkenswerter Auftritt, der eben hier stattgefunden hat. Was der Herr Sagel hier geäußert hat, ist die Mehrheitsmeinung bei den Linken. Er ist ja nicht der einzige Linke, der so auftritt. Vielmehr gibt es von diesen Politikern, die so sind, wie er sich dargestellt hat, bei den Linken eine große Anzahl, die unser Land ins Abseits führen.

Was mir nach dieser Debatte und nach dem Auftritt des Abgeordneten Sagel von den Linken fehlt, ist eine klare Absage der Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen an eine Koalition mit der Linkspartei.

(Beifall von der CDU)

Nach dem Auftritt, meine Damen und Herren, der hier heute stattgefunden hat, nach dem die Präsidentin den einzigen Abgeordneten, den die Linken hier haben, des Plenarsaals verweisen muss, nach den inhaltlichen Aussagen, die die Linken hier und an anderer Stelle kundtun,

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie werten ihn auf, das ist das Problem!)

ist der eigentliche Skandal, dass hier gut 40 Tage vor der Landtagswahl von der Sozialdemokratischen Partei nicht erklärt wird, dass sie mit dieser Partei nicht zusammenarbeiten will.

(Widerspruch von der SPD)

Das ist der Skandal, dass Sie nicht den Mut haben, einen klaren Trennungsstrich zu Kommunisten und zu Linksradikalen zu ziehen, meine Damen und Herren. Ich fordere Sie nachdrücklich auf, diese 40 Tage zu nutzen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie machen die doch mit Ihren Äußerungen hoffähig!)

Nach dem Auftritt von Herrn Sagel, wie wir ihn heute erlebt haben, fordere ich die Sozialdemokraten auf – bei den Grünen geht das von Tag zu Tag hin und her; sie sind auch bereit, mit den Linken zusammenzugehen –, endlich einen klaren Trennungsstrich zu ziehen. Tun Sie es

(Widerspruch von der SPD)

auch im Interesse der Demokratie in dem schönsten, größten und wichtigsten Bundesland, was wir haben.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von der SPD: Sie reden die doch in den Landtag hin- ein!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, beruhigen wir uns wieder ein bisschen. Der Wahlkampf naht. Das ist spürbar.

Herr Minister, ich korrigiere ungern, aber im Landtag von Nordrhein-Westfalen gibt es keine Abgeordneten der Linken.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Kollege Sagel ist fraktionslos; das ist bisher so, und dabei bleibt es auch. Das muss man deutlich herausstellen. Alles andere, glaube ich, stimmt so nicht und sollten wir auch nicht öffentlich erzählen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ich hoffe, das bleibt auch so!)

Ich darf darum bitten, dass als Nächste die Rednerin der Landesregierung, Frau Ministerin Thoben, spricht.

(Zuruf von Ministerin Christa Thoben)

Entschuldigung, Frau Thoben. Rede – Gegenrede. Herr Römer hatte sich für die SPD gemeldet. Wir wollen es auch dabei belassen. Zunächst Herr Römer von der SPD und dann Frau Ministerin Thoben. Weitere Meldungen liegen noch nicht vor. – Bitte schön, Herr Kollege Römer.

Vielen Dank. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Ich will noch einmal festhalten, dass diese Aktuelle Stunde von CDU und FDP beantragt worden ist, obwohl sie bei Ihnen offensichtlich nur mäßiges Interesse findet.

(Widerspruch von der CDU)

Dass Sie sich hier in eine Verteidigungsposition gebracht haben, aus der Sie augenscheinlich wohl nicht mehr herauskommen, ist vor allen Dingen dem Auftritt des Kollegen Wittke geschuldet. Das war ihm ja im Nachhinein wohl auch sehr peinlich, was er da mit Blick auf die Entscheidung im Dattelner Rat gesagt hat. Deswegen, Herr Kollege Wittke, blasen Sie sich nicht so auf, hat keinen Sinn.

(Oliver Wittke [CDU]: Wer bläst sich auf?)

Mit Bekenntnissen kriegen wir das nicht hin. Werben Sie in Ihrer eigenen Partei, vor allen Dingen vor Ort in Datteln dafür, dass ein neues Bebauungsplanverfahren eingeleitet werden kann. Dann haben Sie genug zu tun. Bisher waren Sie da erfolglos.

(Beifall von der SPD)

Dann will ich noch ein Zweites sagen, Herr Minister Uhlenberg: Mir geht es überhaupt nicht darum, dieser Landesregierung zu schaden. Wie sollte ich?

(Zurufe von der CDU: Ooch!)

Herr Minister Uhlenberg, Sie schaden sich als Landesregierung mit dem, was Sie an Murks veranstalten, selbst so viel, dass ich dazu überhaupt keinen Beitrag mehr zu leisten brauche.

(Beifall von der SPD – Minister Eckhard Uh- lenberg: Das ist doch hohl, was Sie da sa- gen!)

Das wäre ja nicht weiter schlimm, weil am 9. Mai für Sie Feierabend ist. Aber mit Ihrem Regierungsmurks schaden Sie unserem Land, schaden Sie den Menschen im Land, schaden Sie dem Industriestandort in einer Weise,

(Beifall von der SPD)

dass wir Monate brauchen werden, um das wieder zu reparieren. Das ist der entscheidende Punkt, auch im Zusammenhang mit dieser Aktuellen Stunde. Denn was Sie als Landesregierung auch hinsichtlich des Bebauungsplans in Datteln an Murks veranstaltet, was Sie als Landesregierung zu verantworten haben, wie Sie mit Ihrer Arroganz, mit Ihrer arroganten Haltung die Mitglieder des Rates der Stadt Datteln in eine solche Situation gebracht haben, ist nicht mehr zu übertreffen.

Frau Thoben, ich würde an Ihrer Stelle nicht lachen,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Die lacht immer!)

weil Sie das mit zu verantworten haben. Sie sind für diesen ganzen Regierungsmurks verantwortlich. Sie sind die Planungsministerin, Sie sind die Wirtschaftsministerin.

Weil ich zu denjenigen gehöre – das ist nicht Aufgabe der Opposition, ich mache es aber –, die sich auch vor Ort den widerstreitenden Interessen in persönlichen Gesprächen stellen – in Krefeld, in Datteln, in Lünen, auch entlang der CO-Pipeline –, sage ich, dass ich in solch wichtigen Auseinandersetzungen gerne den Umweltminister und die Wirtschaftsministerin gesehen und gehört hätte, wie Sie mit den Menschen vor Ort dann auch darüber reden, warum denn diese Landesregierung an diesen wichtigen großen industriellen Projekten festhält. Fehlanzeige! Sie machen das nicht, Sie stellen sich nicht der Verantwortung, Sie flüchten, Sie gehen in die Furche, Sie ducken sich weg. Und die Menschen suchen Sie vergeblich. So kann man nicht verantwortlich Regierungsarbeit machen. Deshalb ist es gut, wenn Ihre Regierungszeit zu Ende geht.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)