Protokoll der Sitzung vom 15.12.2005

Darüber, meine Damen und Herren, werden wir im Fachausschuss noch eine Menge zu diskutieren haben. Darauf freue ich mich schon.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Deppe. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht noch einmal Herr Becker. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Ich wundere mich ein Stück weit, worauf die Beiträge der Redner von CDU und FDP eigentlich abzielen. Zunächst einmal betonen jedenfalls einige Redner, dass sie die Konkurrenz begrüßen, die gegenüber den Oligopolen im Strommarkt durch die Stadtwerke

möglich gemacht wird. Wenn das stimmt, ist das etwas, was wir ausdrücklich auch begrüßen.

Auch Sie stellen aber einen Zusammenhang zu § 107 der Gemeindeordnung her, wie das die Ministerin und auch Herr Deppe gerade getan haben. Sie haben die Ministerin aus der Sendung „Westpol“ zitiert. Wir haben hier schon einmal über § 107 diskutiert. Deshalb habe ich auch das passende Zitat Ihres Koalitionspartners parat. Sie haben Frau Thoben völlig korrekt zitiert. Genau an dieser Sollbruchstelle entlang verläuft diese Debatte. Dann kam Herr Papke und sagte:

Wir werden das dann auch politisch bewerten müssen. Privat vor Staat lautet unsere Devise, und wir werden gucken müssen, wenn solche Investitionen der öffentlichen Hand auf Risiko des Steuerzahlers zunehmen, ob wir dann nicht gegensteuern müssen als neue Landesregierung.

Meine Damen und Herren, es geht also nicht um die Frage, ob der Großteil derjenigen, die in Ihren Parteien in der Kommunalpolitik arbeiten, der Vernunft zuneigt und Stadtwerke unterstützten will. Das ist Ihnen durch den Städtetag und durch den Städte- und Gemeindebund mit Mehrheit quittiert worden, dass der Koalitionsvertrag an dieser Stelle falsch ist. Bis auf die Vertreter der FDP haben das unisono alle getan. Deshalb sind Sie aufgefordert worden, von der Verschärfung des § 107 abzulassen.

Ihr Koalitionspartner bleibt aber aus ideologischen Gründen dabei. Er will keine öffentlichen Investitionen. Darum geht es. Es ist die Pflicht und nicht nur das Recht der Opposition, darauf hinzuweisen und sie an der Stelle zu stellen.

Ich frage Sie: Was haben Sie für ein Problem mit den Plänen in Neuss? Was haben Sie für ein Problem mit dem Antrag der Kollegen der SPD, die nichts anderes wollen, als dass der Landtag die Landesregierung auffordert, bei der Verwirklichung dieser beiden Planungen für Kraftwerksneubauten alles zu tun, damit das unterstützt und die Wettbewerbsfähigkeit solcher kommunaler Unternehmen gestützt wird? Dagegen können Sie doch ernsthaft nichts haben – es sei denn, dahinter steckt nichts anderes als Ihr Problem mit der FDP, die Ihnen das aus ideologischen Gründen in den Koalitionsvertrag geschrieben hat.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich denke, wir sollten diese Debatte versachlichen. Wenn Sie dieses Problem nicht haben wollen, dann gehen Sie mit uns zusammen den Weg einer Anhörung, in der

Sie die kommunalen Spitzenverbände zu Ihren eigenen Plänen zu § 107 GO anhören, in der Sie Ihre eigenen schwarzen Oberbürgermeister landauf, landab zu Ihren eigenen Planungen anhören. Ich glaube, das wäre spannend und lehrreich für Sie. – Schönen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Becker. – Jetzt spricht noch einmal für die Landesregierung Frau Ministerin Thoben.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie können es noch so lange vor sich hertreiben: Eine Novelle des § 107 GO debattiert man dann, wenn sie auf dem Tisch liegt – und nicht dann, wenn Sie es wollen.

(Beifall von der CDU)

Das ist das normale Verfahren. Da werden Sie Ihre und wir unsere Leute einladen,

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Frau Thoben, was haben Sie für ein Demokratieverständ- nis?)

und die SPD lädt ihre ein. Das wird alles stattfinden.

Ich habe mich nur deshalb noch einmal gemeldet, Herr Körfges, weil Sie mit abfälligen und abschätzigen Bemerkungen über die Kartellaufsicht und das Bundeskartellamt redeten.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Nein, hat er nicht!)

Das hat er getan. Sie haben mir unterstellt, es sei ziemlich schief und neben der Rolle, dass ich die als Erstes heranziehe. Sie wissen nicht, dass es kurzfristig die einzige Möglichkeit ist, Verbrauchern zu mehr Rechten zu verhelfen, als wenn wir diese Kontrolle nicht hätten.

(Beifall von CDU und FDP)

Die lasse ich mir auch nicht nehmen. Ich finde es sehr, sehr schief, wie Sie argumentiert haben. Ich habe ausdrücklich gesagt: Kurzfristig helfen nur Preisaufsicht und Kartellaufsicht, Missbrauchsaufsicht. Mittelfristig hilft der Bau zusätzlicher Kraftwerke.

Meine Damen und Herren, wir bleiben dabei. Wir haben uns hier völlig einstimmig eingelassen. Ich könnte es Ihnen noch einmal vorlesen, was wir zu der Frage gesagt haben, bei der Sie meinen, dass Herr Papke sich anders als ich äußerte.

Ich habe hier vorgetragen: Weder für private noch für kommunale Investoren gibt es auch langfristig eine Garantie, diesen Strom zu kostendeckenden Preisen absetzen zu können. Es gibt also keinen Marktschutz für ein kommunales langfristiges hohes Investment. – Herr Papke hat nur darauf hingewiesen, dass man vor dem Hintergrund solche Investments vielleicht etwas anders prüfen muss, abschätzen muss, als man das früher in einem völlig geschützten Markt tun konnte, wo man die Kunden hat und keiner einem weglaufen kann.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Dr. Axel Horstmann [SPD] – Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Ich habe keine weiteren Wortmeldungen. – Doch! Na gut, eine Minute. Bitte schön, Herr Dr. Horstmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich deutlich sagen: Kollege Körfges hat keineswegs die Kartellaufsicht kritisiert, überhaupt nicht. Wir wünschen ihr ein sehr erfolgreiches Wirken auf diesem wirklich schwierigen Markt, auf dem die Preise zurzeit unaufhörlich – so scheint es jedenfalls – steigen.

Es ist doch eigentümlich, dass eine Koalition, die sich politisch so zusammensetzt wie Ihre, zunächst nach dem Staat, sprich nach der Kartellbehörde, ruft und dann über Wettbewerb reden möchte.

(Zuruf von Ministerin Christa Thoben)

Frau Kollegin Thoben, was Ihnen nicht passt, weil es nicht in Ihr Weltbild passt, ist, dass die einzige Möglichkeit, Wettbewerb in der Stromerzeugung zu haben, zurzeit bei den kommunalen Stadtwerken liegt. Damit haben Sie ein Problem.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Darin liegt doch der Grund, dass Sie bisher die Novelle des § 107 GO hier nicht vorgelegt haben, und das ist der Punkt, dass Sie sich darüber zurzeit überhaupt nicht einig werden.

Frau Kollegin Thoben, was wollen Sie uns damit sagen, dass es keine Absatzgarantie für Strom gibt, dass gründlich geprüft werden muss? Was wollen Sie uns damit sagen? Wollen Sie Bedenken äußern, dass diese Investitionen womöglich nicht in Ordnung sind? Wollen Sie die 20 oder 27 Stadtwerke, die in Nordrhein-Westfalen investieren wollen, dazu anhalten, ihre eigenen Pläne noch einmal zu überprüfen? Wollen Sie vielleicht

in Zukunft prüfen, ob das Engagement auch wirtschaftlich ist? Das müssten Sie ja dann, wenn Sie den § 107 GO verschärfen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das riecht gewaltig nach Investitionsbehinderung.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Genau das ist es!)

Frau Kollegin Thoben, wenn Sie von der „Krake“ sprechen – und die kommunalen Unternehmen meinen –, die sich in die Wirtschaft hinein frisst, und bis heute ihre Pläne nicht konkretisiert haben, obwohl die Regierungserklärung inzwischen ein halbes Jahr alt ist, …

Herr Horstmann, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

… dann ist das eine Verunsicherung von Investoren in NordrheinWestfalen. Das sehen nicht nur wir so, sondern auch die Kommunalwirtschaft selber.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Horstmann. – Jetzt hat sich noch einmal für die Landesregierung Frau Ministerin Thoben gemeldet.

Da Sie immer gerne behaupten, da draußen im Land würde uns jemand nicht verstehen, muss ich Ihnen sagen: Sie haben auch gar kein Interesse daran, dass das verstanden wird. Sie machen die Leute verrückt!

(Beifall von der CDU)

Wenn wir eine Novelle zur Gemeindeordnung machen, dann wird da ein ordentliches Verfahren laufen mit all den Punkten, die Ihnen wichtig sind. Das ist doch unbestritten.

Herr Horstmann, noch einmal Nachhilfe zum Stichwort Wettbewerb: Eine Marktwirtschaft lebt davon, dass es ein starkes Kartellamt gibt. Sollte Ihnen das total fremd sein,

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Überhaupt nicht!)

muss ich Ihnen das hier noch einmal vortragen: Kurzfristig muss die Kartellaufsicht ihre Aufsichtsfunktion wahrnehmen. Das ist nicht der Ruf nach dem Staat. Sie haben die Ordnungspolitik überhaupt nicht begriffen.

(Beifall von CDU und FDP)

Sie lebt davon, dass man Rahmenbedingungen hat, an die sich die Leute halten müssen, die am Markt teilnehmen. Dazu braucht man ein paar Kontrollinstrumente – nicht mehr und nicht weniger –, und die schöpfen wir aus.