Protokoll der Sitzung vom 15.12.2005

10 Fußball erleben – Umwelt schützen: Fußballweltmeisterschaft 2006 zur Werbung für einen nachhaltigen Umweltschutz nutzen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/864

Meine Damen und Herren, ich eröffne die Beratung und gebe für die antragstellende Fraktion dem Kollegen Stinka von der SPD das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am vergangenen Freitag haben 320 Millionen Menschen gebannt vor dem Fernseher gesessen. Da wurde live aus Leipzig die Gala zur Gruppenauslosung in der Endrunde der Fußball-WM 2006 gesendet. Mit phänomenalen Einschaltquoten weltweit war das

sicherlich ein hervorragender Auftakt für das, was uns im nächsten Jahr erwartet. Ich denke, die Fußballinteressierten unter uns werden mir zustimmen, wenn ich sage: Die deutsche Nationalmannschaft hat schon etwas von ihrem sprichwörtlichen Losglück aufblitzen lassen. Die Auslosung hat für uns sicherlich eine Gruppe erbracht, in der man Chancen nutzen kann.

Damit bin ich unmittelbar beim Thema: Chancen nutzen und verwandeln bei der Fußballweltmeisterschaft 2006. Vier Wochen, 32 Mannschaften, zwölf stets ausverkaufte Stadien, 12.000 freiwillige Helfer, mehrere Tausend Journalisten und 3,2 Millionen Fans aus dem In- und Ausland sind nur die nackten Zahlen eines Fußballfests, das uns im nächsten Jahr erwartet, bei dem wir in NRW mit drei Austragungsorten mittendrin sind. Viele Menschen unterwegs zu den Stadien bedeuten viel Verkehr. Viele Menschen in den Stadien bedeuten einen hohen Bedarf an Energie und Wasser. Viele Menschen hinterlassen vor, während und nach den Spielen in der Regel viel Müll. Das Thema Umweltschutz gehört also ganz eng zur Weltmeisterschaft.

Für diejenigen, die damit noch etwas fremdeln: Schon im Bewerbungsverfahren hat das Organisationskomitee mit hohen Umweltstandards geworben. Das Projekt „Green Goal“ lieferte ein innovatives Konzept, bei dem Umweltbelange rund um die WM berücksichtigt wurden. Fußball erleben und Umwelt schützen sind deshalb zwei Ziele, die gut zusammenpassen, und zwar zum Nutzen unseres Landes, unserer Heimat.

Durch unseren Antrag fordern wir die Landesregierung auf, die Fußball-WM zur Werbung für nachhaltigen Umweltschutz zu nutzen. Denn wie häufig nutzen wir das Wort Nachhaltigkeit und verbinden damit relativ wenig? NordrheinWestfalen hat während der WM die Chance, sich weltweit als Standort für moderne deutsche Umwelttechnologien und nachhaltiges Wirtschaften zu präsentieren. Die Initiative „Green Goal“ hat sich eine klimaneutrale WM und ein nachhaltiges Erbe auf die Fahnen geschrieben.

NRW ist mit drei Standorten beteiligt: Gelsenkirchen, Dortmund und Köln. In Dortmund ist beispielsweise bereits eine Photovoltaikanlage installiert, die einen Solarpreis bekommen hat. Auf Schalke wird mit einem Umweltmanagementsystem Wasser gespart und in Köln der Rasen äußerst energiesparend geheizt. An dieser Stelle frage ich: Wollen wir als eines der größten Länder da außen vor bleiben? Die Antwort kann für alle Umweltinteressierten nur Nein lauten. Die Idee, Fußball und Umweltschutz in einem derartig gro

ßen Rahmen zu bringen, ist bisher ohne Vorbild. Ich will den Begriff historisch nicht nutzen. NRW darf sich diese Chance nicht entgehen lassen, für Umwelt zu werben.

Möglichkeiten gibt es genug. Einige davon haben wir in unserem Antrag aufgeführt. Besonders im Bereich des Verkehrs kann und muss die Landesregierung eigene Akzente setzen. In Zusammenarbeit mit den Verkehrsträgern kann beispielsweise auf die Nutzung von Brennstoffzellenbussen, der Bahn oder – das sage ich als Münsterländer – auf die Fahrradnutzung aufmerksam gemacht werden.

Klar muss aber auch sein: Umweltschutz und Sport gehören über die WM hinaus zusammen. Wir legen einen Tag der Umwelt zusammen mit dem Landessportbund an, damit die Vernetzung mit den Sportvereinen vor Ort stattfindet; denn das Bewusstsein für nachhaltigen Umweltschutz gehört in den Breiten- und in den Leistungssport.

Ein Fußballspiel dauert in der Regel 90 Minuten. Die WM 2006 endet am 9. Juli in Berlin. Umweltschutz ist dagegen eine viel zu langfristige Aufgabe, als dass sie nur nebensächlich behandelt werden kann. Wenn wir in der Fußballsprache bleiben, ist es unsere Aufgabe, dass sowohl die A- bis F-Jugend als auch die U 21 eine Zukunft hat. Vor diesem Hintergrund möchte ich für den Antrag werben und um Unterstützung bitten. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Stinka. – Als Nächster hat für die Fraktion der CDU der Kollege Hubert Schulte das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland das Sportereignis sein wird, ist unbestritten. Es ist erstaunlich, dass das auch die SPD bemerkt; anders ist Ihr Antrag nicht zu werten.

Meine Damen und Herren, das Organisationskomitee hat – wie es in Ihrem Antrag richtig heißt – bereits bei der Bewerbung damit geworben, dass dieses Großereignis auf einem hohen Umweltstandard durchgeführt werden soll. So sollen beispielsweise im Bereich der Abfallvermeidung neue Impulse gesetzt werden. Es ist auch richtig, dass Klimaschutz und Trinkwassereinsparung eine besondere Beachtung finden. Eine Vielzahl von Aktivitäten ist vorgesehen und bereits in das Bewerbungskonzept eingearbeitet worden. Viel

leicht haben ja gerade diese Vorstellungen im Bereich des Umweltschutzes den entscheidenden Vorteil für die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft an Deutschland bewirkt.

Meine Damen und Herren, jetzt wird von Ihnen gefordert, dass der ÖPNV in besonderer Weise einbezogen werden soll. Dass sich bei solchen Großereignissen der öffentliche Personennahverkehr mit Kombitickets und besonderen Angeboten einbringt, ist bereits heute Standard und wird auch bei der Weltmeisterschaft erfolgen. Wenn tatsächlich jetzt erst entsprechende Überlegungen angestellt und geplant würden, wäre die Zeit bereits zu kurz und das Vorhaben zum Scheitern verurteilt. Die Optimierung des ÖPNV ist schon lange angelaufen. Nehmen Sie das zur Kenntnis. Die ersten positiven Erfahrungen sind bereits beim Papstbesuch gemacht worden. Man kann sogar sagen: Der Probelauf ist hervorragend gelungen.

Fifa, Organisationskomitee und ÖPNV wären schon ziemlich dumm, wenn sie nicht zu gegebener Zeit die getätigten Investitionen und die guten Verbindungen im ÖPNV öffentlichkeitswirksam vermarkten würden. Ein Tag der Umwelt im Zeichen des Sports können Fifa und Organisationskomitee auch ohne Regierung mit dem Landessportbund durchführen und dabei für ihre Umweltaktion werben. Die Umweltaktion „Green Goal“ der WM 2006 ist eigens vom Organisationskomitee der Fifa eingesetzt, um Umweltstandards umzusetzen.

Die Idee, die Menschen in unserem sportbegeisterten, aber auch bewegungsfaulen Land und vor allem die Kinder mit dem Thema WM für den Sport zu begeistern, ist hervorragend. Hier zeigt sich, dass die Organisatoren auf einem guten Weg sind. Es bleibt die Frage: Warum soll sich Politik immer einmischen, wenn die Veranstalter es doch offensichtlich allein können? Traut die SPD dem Veranstalter nicht, oder meint sie, dass es Aufgabe der Regierung sei, die Umweltaktion der Fifa in ein gutes Licht zu rücken? Lassen Sie doch die Veranstalter arbeiten. Dann können wir Politiker demnächst sagen: Habt ihr toll gemacht!

Meine Damen und Herren, dort, wo der Veranstalter nachfragt und es erforderlich ist, unterstützen wir ihn und dieses Großereignis. Der Antrag der SPD ist aber vollkommen überflüssig. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulte. – Als nächster Redner hat

für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Remmel das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist nicht so, dass das Thema „Sport und Umwelt“ erst durch den SPD-Antrag hier und heute erfunden worden wäre. Es beschäftigt uns in diesem Landtag schon länger. Auch die letzte Landesregierung hat intensiv zu diesem Thema gearbeitet. Ich darf daran erinnern, dass es auch sehr umfangreiche Programme des zuständigen Ministeriums gab, beispielsweise „Agenda 21 und Sport“ zur Ertüchtigung der Sportstätten im Rahmen des Agenda21-Prozesses. Dieses Projekt hat eine lange Geschichte. Es wird meines Wissens heute noch weitergeführt und ist auch unterstützenswert.

Insofern gibt es Traditionen, an die man durchaus anknüpfen kann und sollte. Man sollte bei einer solchen Gelegenheit auch erwähnen, dass die Verknüpfung von Sport und Umwelt in diesem Zusammenhang von der Landesregierung und vom Land in der Vergangenheit gesehen und unterstützt worden ist.

In diesem ganz konkreten Fall sind die Hintergründe beschrieben. In der Tat: Das Projekt „Green Goal“ ist auf den Weg gebracht. Federführend sind das Berliner Öko-Institut und das Organisationskomitee.

Für uns im Ausschuss wäre es in der Tat spannend – insofern möchte ich dem Kollegen Schulte ein bisschen widersprechen –, zu wissen, wie das Ganze denn umgesetzt wird – im Übrigen auch im Hinblick auf zukünftige Großereignisse. Wenn es wirklich eine beispielhafte Aktion ist, wie es dargestellt wird und wie man liest, dann wäre es nicht nur für die Landesregierung, sondern auch für uns als Abgeordnete wirklich interessant, zu wissen, wie und möglicherweise mit welchen Ergebnissen es umgesetzt wird.

Deshalb rege ich an, dass man das Ganze mit entsprechendem Sachverstand im Ausschuss vorgestellt bekommt. Beispielsweise soll nach Aussage der Fifa die WM 2006 in Deutschland die erste klimaneutrale Großveranstaltung im Sport sein. Das ist ja ein Wort. Es wäre einfach interessant und spannend, zu wissen, wie man das konkret macht.

Ob wir vonseiten des Landes jetzt noch groß unterstützend eingreifen können, obwohl der Organisationsprozess schon sehr weit fortgeschritten ist, weiß ich allerdings auch nicht. Ich vermute, dass die Landesregierung und die Stellen des Landes, aber auch die Kommunen dort, wo sie

unterstützen können, unterstützend tätig werden. Das können wir hier auch noch einmal mit einem Appell bekräftigen.

Ansonsten interessieren mich die Ergebnisse beziehungsweise die Schemata. Ich darf noch einmal die Anregung geben, das im Ausschuss weiter zu diskutieren. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Kollege Holger Ellerbrock das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag „Fußball erleben – Umwelt schützen“ enthält viele schöne Worte. Ein Schulpraktikant hat ihn gescannt und festgestellt, dass es 330 Worte und 2.403 Buchstaben sind. Sie stehen nur leider in der falschen Reihenfolge, und der Sinn erschließt sich auch nicht jedem. Nach unserer Ansicht ist dieser Antrag so, wie er hier gestellt ist, überflüssig.

Meine Damen und Herren, der Umweltschutzgedanke hat wie selbstverständlich – und das ist doch das Positive – bei der Organisation der Fußballweltmeisterschaft von Anfang an eine bedeutende Rolle gespielt. Das ist sicherlich ein Erfolg der Umweltpolitik. Ihn kann sich jeder anheften, der will. Ich kann das auch für die FDP mit dem ersten Umweltminister Genscher 1971, der Gründung des Umweltbundesamtes usw. machen. Jeder kann das machen. Wichtig ist aber doch eines: dass hier ein Großereignis stattfindet und wie selbstverständlich der Umweltgedanke berücksichtigt und integriert wird. Ich halte das für eine sehr positive Sache.

Es gibt bei diesen Großveranstaltungen ja noch weitere Beispiele. In Nürnberg wird ein besonderer wasserwirtschaftlicher Aspekt berücksichtigt. In Dortmund ist ein besonderer Aspekt hinsichtlich der Solarenergie berücksichtigt worden. Das ist ein guter Erfolg.

Wichtig für mich ist, dass dieses auf der Ebene der Vereine und der beteiligten Ausrichter auf freiwilliger Basis wie selbstverständlich voll akzeptiert worden ist und eigentlich ganz vernünftig läuft. Auch ohne Staat läuft es ganz vernünftig, weil es in den Köpfen verankert ist. Und das ist doch das Ziel, das wir eigentlich haben sollten.

Die Arbeitsteilung bei „Green Goal“ – darauf sprach Herr Kollege Remmel gerade an – auf privater Ebene hat sich bewährt. Prima! Wir als

Staat müssen nicht alles regeln und jetzt noch eingreifen.

Ich kann dem Antrag nicht so viel abgewinnen. Wir werden im Ausschuss darüber reden können. Herr Kollege Remmel hat ja ein paar Hinweise gegeben. Mir hat sich der Sinn dieses Antrags im Sinne der Gewichtung zur allgemeinen Problematik dieses Landes nicht erschlossen.

Falls der Umweltminister eine andere Einstellung dazu haben sollte, möchte ich gerne beantragen, dass die noch für mich zur Verfügung stehenden knapp drei Minuten auf ihn übertragen werden, damit er eine ausführlichere Darstellung dieses sicherlich so wichtigen Antrages vornehmen kann. – Ich danke.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Uhlenberg das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Ellerbrock, vielen Dank für die drei Minuten. Ich werde sie gerne in Anspruch nehmen, um umfassend und ausführlich das Programm der Landesregierung in diesem Zusammenhang dem Plenum vorzustellen.

Meine Damen und Herren, die Fußballweltmeisterschaft 2006 naht. Nun entdeckt auch die SPD, die früher eigentlich nie etwas zu diesem Punkt geäußert hat, dieses Thema. Es ist aber gut, dass wir auch über Nachhaltigkeit und Großereignisse beim Sport miteinander reden. Dem Antrag der SPD zufolge soll an den Weltmeisterschaftsstandorten in Nordrhein-Westfalen durch Initiativen und durch Öffentlichkeitsarbeit für nachhaltigen Umweltschutz durch zukunftsfähige und praxisgerechte Umwelttechnologie geworben werden.

Meine Damen und Herren, ich möchte darauf hinweisen, dass die Landesregierung – auch gemeinsam mit den Verkehrsträgern – auf Möglichkeiten zur Verringerung des Individualverkehrs bei der Weltmeisterschaft hinweist und mit dem Landessportbund einen Tag Umwelt 2006 durchführt. Dazu lade ich Sie alle schon sehr herzlich ein. Sie werden sicherlich auch daran teilnehmen. Ferner soll in Schulen und Sportvereinen für die Umweltaktion „Green Goal“ der Fifa geworben werden.

Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, ich bin froh, dass die Landesregierung schon sehr frühzeitig den Nachhaltigkeitsaspekt im Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft auch und gerade in Bezug auf die Stadien in NordrheinWestfalen verfolgt hat.

Jetzt, wenige Monate vor der Weltmeisterschaft, wo wir ja schon wissen, wer gegen wen antreten wird, wäre es auch zu spät, um einen solchen Prozess einzuleiten. Deswegen ist es gut, dass die Landesregierung schon frühzeitig gehandelt und nicht auf den SPD-Antrag gewartet hat. Dann hätten wir jetzt überhaupt keine Chance mehr gehabt, irgendetwas in der Sache zu bewegen, Herr Kollege.

Bereits im Bewerbungsverfahren für die Weltmeisterschaft 2006 hat das Organisationskomitee mit einem Katalog hoher Umweltstandards geworben. Darauf muss immer wieder hingewiesen werden. Gemeinsam mit der Fifa, der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und dem Ökoinstitut Freiburg wurde das Konzept „Green Goal“ entwickelt. Übrigens hat das von der Landesregierung seinerzeit eingesetzte „NRW-Team 2006“ an der Zielsetzung dieses Konzeptes aktiv mitgewirkt. Den Schwerpunkt bilden dabei quantitative Umsetzungsziele in den Bereichen Wasser, Abfall, Energie und Mobilität. Die Weltmeisterschaft 2006 soll weltweit die erste klimaneutrale Großveranstaltung im Sport werden.