Mein Kollege Priggen hat das Thema „Forschung und Entwicklung“ angesprochen. Auch ich will deutlich machen, das ist hier auf Seite 45 ausdrücklich klargestellt – auch Herr Pinkwart wird das zur Kenntnis nehmen –, das Problem in Nordrhein-Westfalen sind nicht in erster Linie die öffentlichen Ausgaben bei Forschung und Entwicklung, sondern die Ausgaben der Unternehmen. Wir haben ein Defizit in der unternehmenseigenen Forschung und Entwicklung. Da hinken wir im Vergleich zu anderen Ländern hinterher, und auch da brauchen wir mehr Impulse. Dazu kein Wort von Ihnen.
Dass beim Ruhrgebiet dominierend ein Ausgleichsansatz verfolgt worden ist, ist völlig falsch, wenn Sie sich die Entwicklung ansehen. Das Ruhrgebiet ist eine besondere Region mit besonderen Chancen und auch besonderen Problemen, aber gerade mit Blick auf Nano- und Mikrotechnologie, neue Materialien und Werkstoffe, LifeScience und viele andere mehr geht doch das Ruhrgebiet den Weg der Clusterbildung, den Schartau auch in seiner Politik unterstützt hat.
Ich sage es noch einmal: Der Strukturwandel braucht einen langen Atem. Den Ansatz, den Sie hier verfolgen, die Regionen in Nordrhein-Westfalen gegeneinander auszuspielen, ohne auf die un
Das mache ich gerne. – Mit Blick auf das Wahrnehmungsproblem, das Sie uns unterstellen, möchte ich nicht mehr zitieren; denn nachlesen können Sie es selbst. Ich will Sie freundlicherweise nur darauf hinweisen: In dem Mittelstandskapitel ist unter „Fazit und Ausblick“ wunderbar zu lesen, …
… was Sie hier in Nordrhein-Westfalen an guten Voraussetzungen bei neuen Industrien vorfinden. Lesen Sie es nach! Es steht in dem Bericht, den Frau Thoben vorgestellt hat.
Vielen Dank, Herr Kollege Eumann. – Als Nächster hat für die CDU-Fraktion Kollege Weisbrich das Wort.
(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Jetzt sind wir gespannt, ob nach dem Kniefall noch Weihrauch kommt!)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe nur noch knapp drei Minuten, deswegen in aller Kürze. Herr Eumann, das, was Sie eben in Richtung Frau Thoben gesagt haben, war eine glatte Unverschämtheit.
Sie haben nicht richtig zugehört. Sie hat ganz eindeutig gesagt, dass es ihr wehtut, dass das Wachstum noch nicht in Beschäftigung umschlägt. Aber man kann nicht erwarten, nachdem Sie die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen in Scharen aus dem Lande getrieben haben und nachdem Sie sie jahrelang gegängelt und unterdrückt haben, dass das Wachstum plötzlich so anspringt, wie wir das alle gerne hätten. Das können Sie sich schön an die eigene Backe schmieren.
Nachdem ich die Debatte so verfolgt habe, muss ich sagen: Ich habe noch nie erlebt, dass ein Wirtschaftsminister jemals solch einen Jahreswirtschaftsbericht vorgelegt hat, der so informativ, so hart an den Fakten orientiert und deshalb so glaubhaft war, wie das Frau Thoben heute getan hat.
Eine zweite Bemerkung: Die Ministerin hat klar beschrieben, welche Antworten sie auf die neuen ökonomischen Herausforderungen in unserem Land hat. Sie können das natürlich als Versatzstücke aus Wahlkampfreden, wie das Herr Priggen bezeichnet hat, abqualifizieren, aber Sie werden sich daran gewöhnen müssen, dass wir das, was wir vor der Wahl gesagt haben, tatsächlich tun.
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Da haben Sie schon wieder eine Wahrnehmungslücke in den letzten Monaten gehabt! – Heiterkeit von der SPD)
Insofern dürfen Sie den Bericht der Ministerin ruhig als Programm verstehen, das wir Punkt für Punkt abarbeiten werden.
Die Behauptung, die derzeit gute Wirtschaftsentwicklung sei die Frucht der rot-grünen Saat, ist geradezu die Neuauflage der berüchtigten Dolchstoßlegende. Wenn die blöden Bürger im Lande nicht so gemein gewesen wären, die rot-grüne Regierung abzuwählen, ginge es uns allen heute viel besser. Sie haben die besten Ideen und Konzepte gehabt, und jetzt müssen Sie es andern überlassen, die Früchte einzufahren. – Das ist schon ziemlich abstrus. Herr Dr. Droste hat Zahlen genannt, wie die Menschen darüber denken. Die Menschen in Nordrhein-Westfalen sehen das mit fast Zweidrittelmehrheit ganz anders, als Sie das geschildert haben. Insofern haben Sie in der Tat ein eklatantes Wahrnehmungsproblem.
Herr Kollege Römer, Ihre Sorge um die Bauwirtschaft im Lande teile ich. Aber wer hat denn die Misere der Bauwirtschaft herbeigeführt? Das war doch Ihre Koalition, die die Investitionsquote des Landes von 26 % auf 8 % heruntergewirtschaftet hat und damit Zigtausende, um nicht zu sagen Hunderttausende, von Arbeitsplätzen in Handwerk und Gewerbe vernichtet hat, weil der Staat einfach nicht mehr investiert. Auch die Gemeinden sind ausgeblutet und haben nicht mehr die Kraft zu investieren.
Eine letzte Bemerkung zu Ihnen, Herr Kollege Römer, als IG-BCE-Lobbyisten. Es ist schon ziemlich unverfroren, was Sie hier an Argumenten für die Fortsetzung der Kohlesubventionen vorgetragen haben, für die Fortsetzung von Subventionen, die maßgeblich dafür verantwortlich sind, …
… dass unsere Staatsfinanzen so zerrüttet sind, wie sie sind, sodass wir nicht mehr investieren können, wie wir das gerne möchten.
Ich bin sofort fertig. – Die deutsche Steinkohle – Frau Thoben hat es schon gesagt – ist nicht wettbewerbsfähig, sie kann es aufgrund der geologischen Formationen niemals werden. Und – das hat Frau Thoben auch gesagt – die Hälfte des Wirtschaftshaushaltes für die Subventionierung von 38.000 Arbeitsplätzen im Bergbau auszugeben, ist gegenüber 1 Million Arbeitsloser, die wir im Lande haben, nicht nur unfair, sondern auch ungerecht. Das kann so nicht fortgeführt werden. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Weisbrich. – Als nächster Redner hat Kollege Dr. Vesper für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte mich wirklich auf diese Debatte gefreut – denn wann kann man schon über die Perspektiven der NRW-Wirtschaft 2006 im Plenum sprechen –, aber, liebe Frau Thoben, den aufgewärmten Inhalt Ihrer diversen Neujahrsansprachen noch einmal, und zwar durchgerüttelt und -geschüttelt, vor dem Landtag zu wiederholen, ist langweilig und perspektivlos.
Was ist Ihnen an Maßnahmen eingefallen? Ich habe es mitgeschrieben: Länger im Biergarten sitzen – sorgen Sie für das entsprechende Wetter, dann kann man es genießen –, den Ladenschluss verlängern, einen neuen Geschäftsführer der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung. Glauben Sie wirklich, dass das die Perspektiven für die nord
rhein-westfälische Wirtschaft sind? Das ist Autosuggestion. Herr Priggen hat es Selbsthypnose genannt. Ich weise darauf hin, dass der Jahresgottesdienst gestern stattgefunden hat und nicht heute hier im Landtag stattfindet.
Auch wenn Sie uns zu beruhigen versuchen, was das KfW-Programm angeht: Minister Herr Wittke hat doch alles im Bereich der Bauwirtschaft abgeschafft, was mit Öko oder Energiesparen oder Ähnlichem zu tun hat. Er will erkennbar von diesem Weg abweichen. Uns fehlt deswegen das Vertrauen, dass Sie jetzt auf einmal auf den Zug, der abzufahren droht, aufspringen. Wir werden sehr genau nachfassen und dafür sorgen, dass die Mittel aus diesem Programm auch nach Nordrhein-Westfalen fließen.
Meine Damen und Herren, man kann Ihre Glücksgefühle darüber verstehen, dass es konjunkturelle Lichtblicke in der deutschen Wirtschaft gibt, aber es ist allen klar, dass das am allerwenigsten auf Sie und Ihre Landespolitik zurückgeht.
Sie haben in den 200 Tagen Ihrer Amtszeit bisher jedenfalls mehr die Wirtschaft hemmende Bürokratismen auf- als abgebaut. Das kann man an vielen Beispielen zeigen. Arbeitsplätze in unserem Land hängen, um ein wichtiges Beispiel zu nennen, von der Qualität unserer Produkte und Verfahren ab, und die kann man nur durch Forschung und Entwicklung wirklich verbessern.
Endlich hat Herr Pinkwart gestern das bestätigt, was wir seit langem sagen: Die öffentlichen Forschungsausgaben in NRW können sich im Vergleich mit Bayern, Baden-Württemberg und anderen Ländern durchaus sehen lassen, aber auf der Seite der privaten Wirtschaft hapert es; hier hinken wir hinterher.
Wo sind Ihre Signale, dieses Problem tatkräftig anzupacken? Sie kürzen stattdessen Forschungsmittel des Landes gerade in diesen Bereichen und richten als Ersatz warme Worte an die Industrie. Wo ist das Innovationsprogramm? Wo füllen Sie den ambitionierten Titel dieses Ministeriums aus? Da ist eine Leerstelle, die heißt Pinkwart, meine Damen und Herren.
Stattdessen belasten Sie die Hochschulen mit weiterer Bürokratie, und zwar nicht nur mit einer Bürokratie, sondern mit Bürokratien für jede Hochschule aufgrund der Einführung der Studiengebühren.