Protokoll der Sitzung vom 19.01.2006

Dafür werden aber jeweils 1,8 Millionen € mehr Mittel nach Münster und Köln geschickt. Das Ruhrgebiet sagt Danke, Herr Pinkwart.

(Beifall von der SPD)

Aber damit nicht genug! Richtig deutlich wird der Unterschied zwischen Ihren Sonntagsreden und der schwarz-gelben Realität bei den EU-Ziel-2Mitteln und dem Grundstücksfonds des Landes NRW. Dort gaukeln Sie den Menschen Unterstützung vor, während Sie ihnen den Teppich unter den Füßen wegziehen. Sie erzählen den Menschen: Na klar, wir holen auch 2006 jeden Euro aus Brüssel, den wir für NRW bekommen können; nur den Landesanteil der Kofinanzierung müssen wir leider um 20 % kürzen.

Frau Thoben, ein kleiner Exkurs an dieser Stelle: Wenn Sie sich an dem von Ihrem Ministerkollegen Laumann im Rahmen der Debatte um die Krankenhausinvestitionen geforderten Umgang mit Verpflichtungsermächtigungen orientierten, bedeutet der im Haushaltsausschuss vom Finanzministerium genannte Landeskofinanzierungsanteil für 2006 eine Kürzung um über 56 % der für 2006 vorgesehenen Mittel. Das ist eine Kürzung um fast 31 Millionen €. Wir reden nicht von 20 %, sondern von 56 % Kürzung.

Mit den darauf entfallenden EU-Mitteln fehlen im Ruhrgebiet zur Unterstützung seiner wirtschaftlichen Entwicklung damit gut 60 Millionen € – allein in 2006, meine Damen und Herren. Dabei ist die von Ihnen selber initiierte Erhöhung der Verpflichtungsermächtigung im zweiten Nachtragshaushalt

2005 noch nicht einmal berücksichtigt. Dann wird das Ganze noch viel extremer.

Hören Sie also auf, den Menschen etwas von Gleichbehandlung zu erzählen und davon, alle müssten 20 % sparen. Das stimmt einfach nicht.

Frau Thoben, aber Sie haben ja gute Vorschläge, wer die Kofinanzierungslücke schließen soll. Sie sagen: Dieses Geld akquirieren wir bei anderen. – Das mag im Zusammenspiel mit der Bundesagentur für Arbeit im Ministerium von Herrn Laumann noch ansatzweise funktionieren. Schon beim Einzelplan des Wirtschaftsministeriums – bei Ihnen selbst, Frau Thoben – muss man aber sagen: „Gut gebrüllt, Bettvorleger“; denn als solcher werden Sie bei dieser Nummer landen.

(Beifall von der SPD)

Sie sagen: Dann müssen eben die Kommunen über ihren eh schon zu leistenden Anteil hinaus eintreten. – Sie verraten uns sicherlich, welche Kommune im Ziel-2-Fördergebiet dazu in der Lage ist. Es gibt ja Gründe, warum man Ziel-2Fördergebiet ist. Zumindest meines Wissens waren übervolle kommunale Kassen bei dieser Einordnung kein Kriterium.

Meine Damen und Herren, über alle Ministerien sind im laufenden Förderzeitraum mit Nachlauffrist noch ca. 460 Millionen € an EU-Mitteln zur Förderung von Entwicklung und Struktur zu nutzen. Bei Beibehaltung der Politik von SchwarzGelb geht eine Menge davon zurück nach Brüssel. Das Ruhrgebiet sagt Danke, Frau Thoben.

Dann kommt Minister Wittke und denkt, jetzt müsse er aber nachlegen. Er kommt zu folgendem Schluss: Ich beerdige den mehr als 25 Jahre alten Grundstücksfonds des Landes NRW noch im Laufe des Jahres 2006. – Der Grundstücksfonds des Landes, verwaltet durch die LEG, dient der Nutzbarmachung von Brachflächen, darunter sind viele Projekten an der Route der Industriekultur. Meine Damen und Herren, Brachflächen sind doch Pfunde, mit denen das Ruhrgebiet im Rahmen des Wettbewerbs der Regionen um möglichst gute Standortbedingungen für Neuansiedlung und Betriebsvergrößerung wuchern kann. Auch für Verbindung von Forschung, Entwicklung und Kleinserienproduktion sind Siedlungsflächen von besonderer Bedeutung.

In der Vergangenheit speiste sich der Fonds aus Miet-, Pacht- und Verkaufserlösen der dann meist aufbereiteten Flächen und einem Landeszuschuss, einer Ausgabeermächtigung, dem sogenannten Stammhaushalt. Daraus wurden die Eigentümerpflichten – zum Beispiel die Verkehrssi

cherung – erfüllt, Betriebskostenzuschüsse – zum Beispiel bei der Zeche Zollverein in Essen oder der Jahrhunderthalle in Bochum – getragen und vor allem Kofinanzierungsanteile für Fördermittel – zum Beispiel für die EU-Mittel für das PhoenixGelände in Dortmund – erbracht.

Die Erlöse betrugen 2004 ca. 14 Millionen € und 2005 nur noch knapp 10 Millionen €. Die CDU/FDPLandesregierung kalkuliert für 2006 laut Auskunft des Finanzministeriums im Haushaltsausschuss aber mit 17,5 Millionen €. Welch wundersame Vermehrung in Anbetracht der Situation auf dem Grundstücksmarkt! Und die schwarz-gelbe Landesregierung stellt diese 17,5 Millionen € nur als Erlöse in den Haushalt ein, weil bei Mindererlösen auch nur entsprechend weniger ausgegeben werden darf. Der Stammhaushalt, die Ausgabeermächtigung, wird hingegen komplett gestrichen.

Damit wird die Aufgabenerledigung unmöglich, und es wird nur noch ein Resteverkauf stattfinden können. Man nimmt dem Grundstücksfonds die Substanz und zehrt ihn auf. An die Kofinanzierung neuer, von der EU geförderter Projekte ist nicht mehr zu denken.

Die haushalterische Reduktion – und dies bei den sehr positiv geschätzten Erlösen – beträgt übrigens nicht 20 %, sondern 33 %. Bei einer Erlöserwartung, wie sie im Jahr 2005 Realität war, beträgt die Reduktion fast 15 Millionen € oder 61 % – 61 %, nicht 20 %, meine Damen und Herren – und das alles zuzüglich nicht mehr abrufbarer EUMittel.

Dieser Ausverkauf der Flächen im Ruhrgebiet macht den Fonds platt und nimmt uns wichtige Entwicklungschancen.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich komme auch zum Schluss. – Danke, Herr Wittke! Zu der Summe dessen, was Sie bezogen auf das Ruhrgebiet tun und was Sie unterlassen, kann ich nur Folgendes sagen – lassen Sie es mich mit Worten aus dem Ruhrgebietsfußball sagen –: Sie ziehen der Entwicklung im Ruhrgebiet und den dort lebenden Menschen die Pinne weg. – In Übersetzung: Die schwarz-gelbe Landesregierung zieht …

Herr Kollege, Sie müssen jetzt zum Ende kommen.

… dem Ruhrgebiet die Beine weg. Sie will dem Ruhrgebiet die Standfestigkeit und Standhaftigkeit nehmen.

(Beifall von der SPD)

Deshalb werden nicht nur wir …

Wenn ich Sie darum bitten darf, Herr Abgeordneter!

Deshalb werden nicht nur wir, sondern vor allem die Menschen im Revier der Landesregierung die – lassen Sie es mich in Anlehnung an die rüttgersche Imagekampagne sagen – rote Karte für ihre unglaubwürdige Simulation von Ruhrgebietsnähe zeigen.

Herr Kollege, Ihr Satz ist jetzt verflixt lang.

Am Ende des langen Tages schaden Sie mit dieser Politik nicht nur dem Revier. Sie schaden dem ganzen Land. Nordrhein-Westfalen sagt dann nur nicht mehr Danke, Herr Rüttgers.

(Minister Karl-Josef Laumann: Es lebe die freie Rede!)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, der Abgeordnete Eiskirch hat die Zeit erheblich überzogen. Bei den nachfolgenden Rednern werde ich also auch ein bisschen großzügiger sein. Ich habe aber schon die herzliche Bitte, nicht die Redezeit zu überziehen, sondern lieber etwas zu streichen.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, jetzt spricht für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Wüst.

Verehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Eiskirch, der Antrag war schwach.

(Beifall von CDU und FDP)

Das haben wir alle gelesen. Aber dass er so schwach ist, dass Sie nicht einmal ein einziges Wort zum Thema O.Vision verlieren, das hat selbst Ihr eigener schlechter Antrag nicht verdient.

Herr Eiskirch hat gerade das getan, was in dieser Woche wirklich nicht zu erwarten war. Er hat das

Erbe von Johannes Rau mit Füßen getreten. Er hat versucht, das Land zu spalten.

(Beifall von der FDP)

Er hat es nicht besonders gut gemacht. Deswegen besteht keine Gefahr. Aber da muss man sich wirklich fragen, ob das die neue SPD in der Opposition ist, wenn Sie hier so auftreten.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich wundere mich sowieso über die Rednerliste, auf die ich gerade einmal einen Blick geworfen habe, und frage mich, warum nicht Dieckmann und Behrens reden. Wenn ich das richtig sehe, sind die zwei Herren nicht einmal im Hause. Das sind nämlich die einzigen beiden in Ihren Reihen, die zu dem Thema Ihres Antrags, zum Thema O.Vision, überhaupt Ahnung haben.

(Zuruf von der SPD: Unverschämtheit!)

Deswegen kann ich auch sagen: Die zwei hatten Recht, als sie ziemlich genau vor einem Jahr, am 25. Januar 2005, im Kabinett gegen das Projekt O.Vision gestimmt haben. Deswegen ist es wahrscheinlich auch folgerichtig, dass sie heute abgetaucht sind und nicht hier reden dürfen.

(Beifall von der CDU)

Durchgesetzt haben sich nämlich bei Ihnen diejenigen, die weiterhin auf große Leuchtturmprojekte zum Wohle des Strukturwandels gesetzt haben.

Meine Damen und Herren, das Projekt O.Vision, das ja Inhalt Ihres Antrags war – vielleicht lesen Sie ihn noch einmal –, basierte von Anfang an auf Mondzahlen, auf unrealistischen Finanzierungsgrundlagen. 460.000 Besucher sollten jedes Jahr kommen, 15 Jahre am Stück. Dann müssen Sie jedes Jahr 35 Mal die Arena in Oberhausen pickepackevoll machen bis zum allerletzten Platz. Die Besucher müssen in einer strukturschwachen Region im Schnitt 11,50 € zahlen, 460.000 Mal im Jahr, 15 Jahre am Stück. Das ist völlig naiv.

Das wird nur noch dadurch übertroffen, dass man glaubt, bis 2008 mit der Kiste fertig zu sein und das Ding eröffnet zu haben. Nur so wäre die Knete aus Brüssel, 25 Millionen €, auch geflossen.

Das alles findet statt im Umfeld der Stadt Oberhausen, die so pleite ist wie eine Stadt nur pleite sein kann. Ich komme selber aus einer kleinen Kommune, die auch nicht besonders gut dasteht. Aber als ich die Zahlen aus Oberhausen gesehen habe, hat es mir die Schuhe ausgezogen: Der geplanter Fehlbetrag für dieses Jahr 2006 beträgt 506,4 Millionen €, Stand der Kassenkredite 770 Millionen €. Die laufenden Ausgaben der Stadt Ober

hausen werden zu fast 100 % über Kassenkredite bezahlt.