Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gute Medizin schmeckt manchmal bitter. Ein großes Risiko der verantwortungsvollen Politik von heute liegt darin, notwendige Reformen zu unterlassen und das eine oder andere, was in der Sache unverzichtbar ist, muß auch gegen einzelne Widerstände durchgesetzt werden. Das ist die Wahrheit.
Wenn hier berichtet wird, dass eine grundlegende Revision des nordrhein-westfälischen Schulrechts nicht bei 100 % der Beteiligten in jedem einzelnen Detailpunkt nur auf Zustimmung stößt, so ist das eine richtige Feststellung. Mit einer Politik der Beliebigkeit kann man es vielleicht jedem recht machen, aber kein Problem in der Sache lösen.
Fakt ist: All das, was CDU und FDP jetzt mit der Novellierung des nordrhein-westfälischen Schulgesetzes realisieren, ist von uns auch im Vorfeld der Wahl transparent – in unseren Wahlprogrammen nachlesbar – kommuniziert worden. Hier ist nichts dazugekommen, nichts geändert worden. Aber wir sind unterschiedliche Parteien. Dass wir deshalb an der einen oder anderen Stelle im Wettbewerb der Ideen auch mal miteinander ringen, bevor wir eine gemeinsame, dauerhaft tragfähige Lösung haben, ist selbstverständlich. Niemand von den heutigen Oppositionsfraktionen wird bestreiten, dass das ein möglicher Prozess ist.
Für uns ist entscheidend – deshalb kann man sich gar nicht bei jedem in gleicher Weise beliebt machen –, dass wir mehr Leistung in das System bekommen, die Qualität und auch die Chancen für alle Beteiligten erhöhen. Deshalb müssen alle mit anpacken: Schüler, Lehrer und Eltern. In einigen Bereichen verlangen wir auch mehr von den Menschen ab, als das bislang der Fall gewesen ist.
Zudem sorgen wir für Transparenz. Wir werden die Schullandschaft in den Wettbewerb schicken. Wir werden zentrale Leistungsstandards definieren und regelmäßig evaluieren. Die Daten, die wir erheben, gehen in ein zentrales Schulranking ein. Natürlich ist es nicht jedem, der sich bislang im System ausgeruht hat, recht, wenn gezeigte Leistung zukünftig dokumentiert wird. Natürlich ist es für den einen oder anderen bequem, wenn ihm von Staats wegen Schüler zugeführt werden und er sich nicht um jeden Schüler mit einem eigenen guten Angebot kümmern muss. Nur dementsprechend waren auch die Bildungsergebnisse in der Vergangenheit. Deshalb setzen wir der Politik der rot-grünen Notenillusion eine tatsächliche Leistung entgegen.
Ich gehe davon aus, dass die Intelligenz in Deutschland gleich verteilt ist. Wenn allerdings in Süddeutschland ausweislich der Pisa-Ergebnisse die guten Kompetenzen und in NordrheinWestfalen die schlechten Kompetenzen liegen, hier aber die meisten formal hochwertigen Abschlüsse gemacht werden, dann kann in der Bewertung etwas nicht stimmen.
Herr Abgeordneter Witzel, kommen Sie bitte zum Schluss. Es ist für einen Präsidenten wirklich mühsam, wenn er bei jedem Redner die Beendigung der Rede anmahnen muss.
Deshalb, Herr Präsident, komme ich zum Schluss – in dem Rahmen, in dem Sie das auch meinen Vorrednern gestattet haben: mit einer letzten Bemerkung.
Zu den Schuleingangsbezirken: Zur Wahrheit gehört auch, darauf zu verweisen, wie sich Ihr ehemaliger Fraktionsvorsitzender und heutiger Vizepräsident Edgar Moron zwei Monate vor der Landtagswahl im letzten Mai geäußert hat. Er hat einen nachlesenswerten Fachzeitschriftenartikel in der „Neuen Deutschen Schule“, „NDS“, veröffentlicht, in dem er dazu aufgerufen hat, endlich für mehr Wettbewerb im Bildungssystem zu sorgen und die Schulbezirksgrenzen aufzulösen. Er hat angekündigt, sich dafür im Fall der Wiederwahl der SPD einzusetzen. Diese Stellungnahme gehört auch mit dazu. Dass er als Experte bei der Expertenanhörung nicht mitgewirkt hat, …
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ministerpräsident Jürgen Rüttgers hat ums Wort gebeten. Ich weise auf § 27 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung hin, wonach die Fraktionsvorsitzenden im Anschluss an die Rede des Ministerpräsidenten die Möglichkeit haben, das Wort zu ergreifen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will noch einige wenige Bemerkungen machen, um zu verdeutlichen, dass das Schulgesetz, das Kollege Laschet heute in Vertretung von Frau Kollegin Sommer dargestellt hat, für die gesamte Landesregierung von zentraler Bedeutung ist. Ich will jetzt nicht über Einzelheiten reden, aber ich glaube, dass man vielleicht einmal auf folgenden Punkt hinweisen sollte, auch nachdem ich
Schauen Sie, Frau Beer, wenn ich das richtig im Kopf habe, dann diskutieren wir in der Bildungspolitik seit mindestens 25, wenn nicht seit 30 Jahren über eine hochstrittige Frage, nämlich die Frage, ob integrierte Schulsysteme besser sind als gegliederte Schulsysteme. Seit 30 Jahren!
Mein Problem bei der Schulpolitik ist in erster Linie, dass ich nicht glaube, dass wir uns in den nächsten 30 Jahren – zumindest nicht diejenigen, die hier heute gesprochen haben, und wahrscheinlich gilt das auch noch für ein paar andere – über diese Frage werden einigen können.
Mein Problem ist, dass wir es schon mal versucht haben, uns aus diesem Gefängnis der ideologischen Debatte und der ideologischen These, dass ein integriertes Schulsystem bessere Leistungen erbringen würde als ein gegliedertes Schulsystem, zu befreien.
Frau Beer, ich habe genau diesen Punkt in diesem Parlament am 19. März 2003 schon einmal angesprochen und Ihnen damals als Oppositionsführer angeboten, dass wir uns auf ein paar Punkte verständigen, die die jetzige Situation in unserem Schulsystem im Interesse der Kinder verbessern. Ich habe vorgeschlagen, die alten Debatten zurückzustellen und konkret etwas zu tun, damit diejenigen, die jetzt da sind, bessere Chance bekommen, und nicht diejenigen, die in zehn Jahren oder später da sind.
Jedem ist doch eines völlig klar: Das Ergebnis eines von Ihnen geforderten totalen Systemwechsels wird es sein, dass wir zehn Jahre damit beschäftigt sind, diesen Systemwechsel zu organisieren, ohne dass die Kinder, die jetzt da sind, bessere Chancen bekommen.
Wenn das richtig ist, dann kann zum jetzigen Zeitpunkt nur eine Reform richtig sein, die versucht, unter den Bedingungen des vorhandenen Schulsystems mit Hauptschulen, Gesamtschulen, Realschulen und Gymnasien zu Verbesserungen zu kommen. Es kann nicht sein, dass irgendjemand, der Verantwortung trägt, weiterhin akzeptiert, dass wir das unsozialste Schulsystem in Deutschland haben,
dass wir ein System haben, in dem viele Kinder die Schule verlassen und nicht richtig rechnen, schreiben und lesen können, und in dem sich die Lehrerinnen und Lehrer allein gelassen fühlen.
Wenn dies richtig ist, dann versucht die Landesregierung mit den Eckpunkten, die natürlich diskutiert werden müssen, die auch kontrovers diskutiert werden müssen, einen Weg zu gehen, um auf der Basis des jetzigen Schulsystems zu Verbesserungen zu kommen.
Ich lasse einmal alles weg, was von Ihnen nicht in angemessener Form vorgetragen wurde, wie ich finde. Mir fällt in der Debatte auf, dass Sie auf diese Punkte nur an zwei Stellen eingehen, nämlich auf die Frage der Schulbezirke und auf die Frage des Probeunterrichts. Alles andere wird mit dem Satz beantwortet, was ihr macht, ist falsch, wir haben ein besseres System.
Ich möchte an Sie appellieren. Es gibt bestimmte rhetorische Möglichkeiten. Sie können bei jeder Rede zuerst einmal sagen: Ich bin der Meinung, das integrierte System ist viel besser. Wenn ich mich aber bei Ihnen nicht durchsetzen kann, wenn ich schon keine Mehrheit bei der Landtagswahl bekommen habe, wenn ich die nächsten vier oder fünf Jahre keine Mehrheit in diesem Lande habe, dann bin ich bereit, mit Ihnen über das zu diskutieren, was wir besser machen können. – Diesen Appell möchte ich an Sie richten.
Ich möchte gerne ein Schulsystem haben, das von den Ordnungsprinzipien „mehr Freiheit für Schulen“, „mehr individuelle Förderung“ und „mehr und verlässlicher Unterricht“ geprägt ist. Das ist das, was wir hier versuchen.
Ich kannte eigentlich nur die „Mikätzchen“. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass es jetzt auch die „Rüttgerlinge“ geben soll. Das soll mir recht sein. Zu der Frage, wie man zu einem besseren Schulsystem kommt, gehört auch, dass der vorgesehene Unterricht auch gegeben wird.
Es gehört dazu, dass unsere Kinder beim Abitur nicht ein Jahr weniger Unterricht hatten. Deshalb bin ich stolz darauf, dass es die neue Landesregierung geschafft hat, …
Frau Schäfer, es ist diese Art: Was haben Sie für eine Formulierung in irgendeiner Pressemitteilung gewählt? Da könnte man irgendetwas anderes hineininterpretieren. – Sie sollten sich als ehema
Wir haben im vergangenen Jahr 1.000 neue Stellen für Lehrerinnen und Lehrer geschaffen. Wir haben für den Zeitraum vom Schuljahresbeginn bis Dezember 2005 Geld für 1.000 neue Lehrerstellenäquivalente für Vertretungsunterricht zur Verfügung gestellt. Damals haben Sie sich hier hingestellt und wider besseres Wissen behauptet, wir würden nichts gegen den Unterrichtsausfall tun. Wir haben etwas dagegen getan.
Wir werden im Jahr 2006 weitere 1.000 Stellen für Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung stellen. Wir werden die versprochenen 4.000 Stellen bis 2010 bereitstellen. Wir haben die von Ihnen angeordneten Kürzungen rückgängig gemacht. Die 1.500 Lehrerstellen, die die alte Landesregierung wegfallen lassen wollte, werden im nächsten Schuljahr im Schulsystem bleiben. Wir haben das verlängert.
Wir bauen jetzt eine Vertretungsreserve auf. Auch zu diesem Punkt erinnere ich mich, dass Sie sich hier hingestellt und gesagt haben, wir hätten nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Wahl eine Vertretungsreserve aufgebaut. Wir werden für die Grundschulen eine Vertretungsreserve mit 900 Stellen aufgebaut.
Wir werden die Voraussetzungen für bessere Ganztagsschulen schaffen. Herr Kollege Witzel hat schon davon gesprochen, weil wir mehr Geld in das System gesteckt haben. Das gilt nicht nur für den Grundschulbereich, sondern auch mit 500 neuen Stellen bei den Hauptschulen. Wir haben dafür gesorgt, dass die Ersatzschulen wiederum gleich behandelt werden.
Trotz dieser Leistungen, die wir trotz einer Haushaltskonsolidierung von 2,5 % geschafft haben, ist diese Landesregierung nach Ihrer Aussage schuld. Wenn Sie weiterhin auf diesem Niveau diskutieren, dann sage ich Ihnen, in wenigen Monaten wird mit Ihnen schulpolitisch keiner mehr diskutieren.