Protokoll der Sitzung vom 02.02.2006

Es kommt hinzu: Zum 1. Januar 2001 sind eine ganze Reihe von Landesbetrieben, beispielsweise der Landesbetrieb Straßenbau, neu geschaffen worden. Schön zu sehen, Herr Sagel, wie Sie in Sachen Landesbetrieb einen Dissens zu Ihrem ehemaligen Koalitionspartner Straßenbau aufbauen. Das freut uns sehr. Das hätten Sie vielleicht einmal in der Vergangenheit ausdiskutieren

sollen. Das war damals ein Schritt in Richtung mehr Wirtschaftlichkeit – so haben Sie es uns immer verkauft – und mehr Transparenz in der Verwaltung. Nach gut fünf Jahren ist es allerdings Zeit, Bilanz zu ziehen und zu fragen: Sind das hinreichende Schritte gewesen?

Ich fand sehr gut, dass Herr Engel das gerade noch einmal aufgelistet hat. Ich will dazu den BLB als Beweis heranziehen. Ich erinnere mich noch sehr gut, dass Sie uns damals vorgerechnet haben, dadurch würde eine Effizienzrendite von 500 Millionen DM, umgerechnet 250 Millionen €, erreicht. Im letzten Jahr haben Sie 25 Millionen € in den Haushalt eingestellt. Diese Mittel kamen aus Grundstücksveräußerungen. Also ein bombiger Erfolg in Sachen Konsolidierung!

Wenn das die Erfolge Ihrer Privatisierung waren, dann möchten wir diese Einrichtungen nicht nur überprüfen, sondern sie auch zu einem besseren Ergebnis bringen, um wirklich Effizienzsteigerungen herauszuholen. Dabei wird man ganz genau fragen: Was eignet sich zur Privatisierung? Sind die Umstände dafür jetzt konkret gegeben? Herr Jäger, ich stimme mit Ihnen überein, dass das geprüft werden muss.

Das alles befindet sich aber noch im Überlegungsstadium. Deshalb ist es noch nicht die Zeit, darüber hier im Detail zu diskutieren.

Natürlich steckt bei der Privatisierung der Teufel im Detail. Welche Aufgaben kann der Staat aus der Hand geben? Welche muss er weiter wahrnehmen? Wir werden das sachgerecht prüfen und am Ende entscheiden, was beim Staat verbleibt und was wir herausgeben können.

Herr Sagel, Ihre Krokodilstränen zur LEG können Sie sich sparen. Es ist eben schon gesagt worden, dass Sie die LEG-Veräußerung bereits als Haushaltseinnahme verbucht hatten. Die LEG war bei Ihnen schon einmal veräußert. Sie haben es nur nicht geschafft. Deswegen: Lassen Sie das doch einfach sein! Da Sie noch vor wenigen Monaten Verantwortung für diese Maßnahme getragen haben, ist es unehrlich, sich heute einfach kurzerhand davon zu verabschieden.

Meine Damen und Herren, eines ist klar: Die politische Leitentscheidung ist gefallen – Privatisierung und Kommunalisierung sind die Ziele dieser Landesregierung. Die Entscheidung ist für einen Rückzug des Staates aus den Bereichen gefallen, in denen er nicht gebraucht wird.

Wenn dann der ein oder andere hier räsoniert, dass das auch mit Stellenkürzungen einhergehen solle: Meine Damen und Herren, es ist doch klar,

dass, wenn Aufgaben entfallen und wenn Privatisierung stattfindet, es auch weniger Beschäftigung im öffentlichen Dienst gibt. Das genau ist doch eines der Ziele, die wir gemeinsam haben: den Haushalt zu konsolidieren und uns damit auch in dem Bereich etwas mehr auf das Notwendige zu konzentrieren.

(Beifall von CDU und FDP)

Weil es immer sehr schön ist, wenn man sich mit den eigenen Argumenten konfrontiert sieht, verweise ich noch einmal auf das „Düsseldorfer Signal“, das etwa Mitte des Jahres 2003 verabschiedet wurde. Da war hinterher in den Zeitungen zu lesen – das war ja die Diktion von Rot und Grün in ihrer wunderbaren Verantwortung –: Der staatliche Verwaltungsapparat wird verkleinert; dadurch sollen mittelfristig 15 bis 20 % des Personals eingespart werden. – Jeder kann ausrechnen, was das bei etwa 350.000 Stellen bedeutet.

Wenn wir heute ein Papier in Arbeit haben, wie wir privatisieren wollen, ist schon am Anfang des Weges der „Untergang des Abendlandes“ sicher. Sie sollten sich darüber im Klaren sein, was Sie damals von sich gegeben haben und dass genau das auch das Ziel sein musste: ein Stück weniger Beschäftigung im öffentlichen Dienst und dafür mehr Beschäftigung in der Privatwirtschaft – für mehr Wachstum und Beschäftigung.

Wir werden das, was wir auf den Weg gebracht haben, zügig prüfen und dazu schnell Vorschläge unterbreiten. Dann werden wir die Öffentlichkeit informieren – so, wie wir das immer tun: zeitnah und umfassend.

Herr Minister, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich habe noch eine Anmerkung zu machen, Frau Präsidentin. – Damit Herr Rudolph beruhigt ist, was den Internetauftritt betrifft: Wir hatten am Dienstag eine Kabinettssitzung. Es sind einige Schritte dazugekommen; die sind eingestellt worden. Wenn Sie heute nachschauen, werden Sie die aktuelle Fassung finden. Wir haben nichts von dem, was wir an Bürokratieabbau bisher beschlossen haben, zurückzunehmen. Im Gegenteil: Die neue Regierung und die neuen Koalitionsfraktionen können wohl stolz sein auf das, was sie in den ersten 220 Tagen erreicht haben. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Minister Wolf. – Für die SPD spricht nun Herr Schartau.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wolf, das „Düsseldorfer Signal“ wurde von Ihnen zügig abgelöst durch die „Wacht am Rhein“. Es brauste gleich zu Beginn „ein Ruf wie Donnerhall, wie Schwertgeklirr und Wogenprall“ mit Ihren starken Parolen „Freiheit statt Gleichheit“, „Privat vor Staat“, Erarbeiten vor Verteilen“, „Verlässlichkeit statt Beliebigkeit“ durch das Land. Da war Ihnen als FDP schon ein Clou gelungen, da hatten Sie der CDU schon Ihre Leitmotive aufs Auge gedrückt. Sie werden in Kauf nehmen müssen, dass wir Sie an jedem einzelnen dieser Sprüche messen. Jetzt sehen wir einmal hin.

(Beifall von der SPD)

„Privat vor Staat“ ist ein Motto, bei dem es sich schon lohnt, genau hinzusehen. „Privat vor Staat“ – was soll das heißen? Der Staat als Restgröße? Privat ist immer besser? Der Staat muss sich quasi entschuldigen, wenn er im Auftrag der Bürger Aufgaben übernimmt, die dann nicht privat gemacht werden? – Ich meine, dass sich die CDU keinen Gefallen getan hat, diesen westerwellschen Leitspruch ungefiltert auf ihre Fahne zu schreiben,

(Beifall von der SPD)

denn ich glaube nicht, dass das ihrer Einstellung entspricht.

Warum wir so genau hinsehen, kann ich Ihnen sagen: Wir haben schon Erfahrungen mit einigen Ihrer Überschriften gesammelt. „Erarbeiten statt Verteilen“ – beim ersten Nachtragshaushalt brummte es gleich in diese Richtung: da wurde gleich richtig zugelangt.

Deshalb sind wir gespannt, wie Sie das bei der Parole „Privat vor Staat“ machen wollen. Ich will Ihnen eines sagen: Dahinter stehen Beschäftigte. Wenn Sie nicht langsam mal Butter bei die Fische bringen und erklären, was Sie damit meinen, dann erreichen Sie nur eines, nämlich dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes landauf, landab denken, sie müssten sich quasi dafür entschuldigen, dass sie den Privaten Arbeit wegnehmen, die das besser machen könnten. So geht das doch nicht.

(Lebhafter Beifall von der SPD)

Dann zum Konkreten: Die Ausschüsse des Landtages arbeiten ja sehr genau. Im Unterausschuss

„Personal“ spielte eine ganz lapidare Frage eine gewichtige Rolle, nämlich: Wie wollen Sie es eigentlich schaffen, den Abbau von kw-Vermerken mit neuen personalpolitischen Instrumenten zu beschleunigen? Da macht der interessierte Laie natürlich große Ohren. Wollen Sie die Leute jetzt rauswerfen? Was wollen Sie mit den Bediensteten machen? Soll die Privatisierung nicht, selbst wenn Sie einen Sammelbetrieb auf Landesebene einrichten, auch im Haushalt durch weniger Belastung nachzulesen sein? Wollen Sie Personal abbauen? Und wie? Sagen Sie uns das doch einmal! Erklären Sie uns die neuen Instrumente, mit denen Sie Ihre starken liberalen Sprüche, die Sprüche einer liberalen Partei, die allerdings restlos entsozialliberalisiert ist, in diesem Land umsetzen wollen!

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Lachen von CDU und FDP)

Sie haben außer dem Einverständnis keine neuen personalpolitischen Instrumente zum Personalübergang auf Private.

Private sind übrigens – Herr Wolf, wenn ich Ihnen das sagen darf – im Wesentlichen an vermarktbaren Leistungen interessiert. Sie werden wenig Private finden, die an der Übernahme von Aufgaben interessiert sind, die der Staat im Interesse der Bürger in der Fläche und in der Struktur durchführt. Sie können die Aufgaben vielleicht einstellen; das Personal werden Sie aber weiter beschäftigen müssen, oder Sie müssen es rauswerfen.

Deshalb glaube ich, dass eine Regierung selbstverständlich permanent überprüfen muss, ob die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben im bestehenden Umfang und in gleicher Art und Weise notwendig ist. So hat es auch die alte Landesregierung gemacht: Sie hat unter anderem die Versorgungskurklinik in Aachen privatisiert, als klar war, dass dort zu wenig Kriegsversehrte behandelt wurden. Das war eine gelungene Privatisierung.

Das Materialprüfungsamt taucht in Ihrer Vorlage gar nicht mehr auf. Ich kann mir auch gut vorstellen, warum. Es ist nämlich nicht so einfach, Private dafür zu finden, Aufgaben zu übernehmen, die zum Teil hoheitlich sind oder staatlich durchgeführt werden müssen.

Aber Sie haben jetzt einen großen Teil qualifizierter Beamter wieder in Unruhe versetzt. Deshalb meine Bitte an Sie, insbesondere an die in der CDU, die soziale Verantwortung mittragen: Bevor Sie nicht ein personalpolitisches Konzept haben, bevor Sie den Beschäftigten des öffentlichen

Dienstes nicht sagen können, was mit ihnen passieren soll, bevor Sie nicht mit dem pauschalen Vorwurf aufhören, dass sie es per se schlechter machten als die Privaten, unterlassen Sie Kabinettsvorlagen, in denen Wischiwaschi steht, und hören Sie mit Ihren starken Sprüchen auf. Die Zeit des Pragmatismus wird auch Sie einholen. – Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Schartau. – Für die CDU spricht nun Herr Wüst.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was Sie von der SPD – und mit einem weiteren Antrag auch die Grünen – hier machen, ist der permanente Versuch, die Affen im ganzen Land auf die Palme zu jagen.

(Lebhafter Widerspruch und Lachen von SPD und GRÜNEN)

Aber weil Sie es nicht mit Affen, sondern mit intelligenten Menschen zu tun haben, misslingt Ihnen das permanent.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Mit Affen? – Das ist eine Frechheit! – Weitere Zurufe)

Die einzigen, die jetzt auf der Palme sitzen, sind Sie. Damit stellen Sie sich ein schlechtes Zeugnis aus.

(Beifall von der CDU – Widerspruch von SPD und GRÜNEN)

Ihr Gebrüll, Ihr Gezeter und all Ihre inszenierten Angstdebatten gehen ins Leere.

Natürlich gibt es nach dem Koalitionsvertrag bei potenziell Betroffenen Fragen. Natürlich fragen sich die Leute in den Rechenzentren: Was kommt da auf uns zu? Was habt Ihr vor? – Sie stellen uns diese Fragen in Gesprächen. Wahrscheinlich werden auch der Minister, viele Abgeordnete und auch Sie – das ist aber die falsche Adresse – gefragt.

(Rüdiger Sagel [GRÜNE]: Was sagen Sie denn?)

Sie haben Fragen, aber keine Angst.

Das Gleiche passiert mit den Leuten aus den Eichämtern. Die sagen: Na, warum stehen wir denn da drin? Was habt Ihr mit uns vor? Was sollen wir denn alles anders machen? Wo sollen wir hin? – Sie haben Fragen, aber überhaupt keine Angst.

In der Materialprüfung passiert das Gleiche. Sie stellen Fragen, zum Beispiel: Wer soll das denn machen? – Wir diskutieren diese Fragen mit ihnen. Aber sie haben keine Angst.

Wissen Sie, warum die Menschen keine Angst haben? Weil sie genau wissen, dass sich vieles ändern muss.

(Hannelore Kraft [SPD]: Ich weiß nicht, wel- che Gespräche Sie führen!)