Protokoll der Sitzung vom 15.02.2006

GFG nachgehen und prüfen, ob es hierzu zielführende Alternativen gibt.

Meine Damen und Herren, unerträglich finde ich die Kritik am GFG 2006 bezogen auf die Einführung der Kreditierungen in Höhe von 674 Millionen €. Da werden aus Kreisen der Opposition Forderungen aufgegriffen und dann auch draußen vertreten, man müsste im Zuge der Gerechtigkeit den Kommunen diese 674 Millionen € weiter kreditieren.

Dieser populistische Versuch der Anmaßung als Anwalt der Kommunen muss fehlschlagen. Denn ich erinnere Sie daran, dass Sie selber in den vergangenen GFGs deutlich gemacht haben, dass diese Kreditierungen in Höhe von 674 Millionen € im GFG 2006 zurückzuführen sind. Das haben Sie gesetzlich festgelegt. Da können Sie heute nicht so tun, als sei das eine Erfindung des Innenministers oder der schwarz-gelben Koalition. Das sind die gesetzlichen Auswirkungen Ihrer Festlegungen, die Sie hier getroffen haben.

Deswegen hätte ich es bei den erheblichen Fortschritten beim GFG 2006 zugunsten der Kommunen fair gefunden, Herr Jäger, wenn Sie sich etwas mehr Mühe gemacht hätten, auf das GFG selber einzugehen. Es wäre auch von Ihnen nicht zu viel verlangt, zu sagen, Sie erkennen diese große Leistung an, dass schon mit dem ersten Entwurf eines GFG unter Schwarz-Gelb erhebliche Fortschritte für die Kommunen erzielt werden. Sie sollten sich nicht so lange theatralisch die Haare raufen – ich sehe Herrn Becker schon zum Rednerpult kommen –, bis Sie dann endlich Ihr eigenes Haar in der Suppe finden. Das wird diesem GFG nicht gerecht. – Schönen Dank.

(Beifall von der CDU)

Wir setzen die Debatte mit einem Beitrag des Abgeordneten Becker, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal ist sicherlich richtig: Es geht vorrangig um das GFG. Das soll an dieser Stelle der Debatte auch so sein.

Es ist aber auch richtig, dass man einmal beleuchten muss, wie Sie insgesamt mit diesem Haushalt umgehen. Einige der Vorrednerinnen und Vorredner haben es heute schon gesagt – man muss es Ihnen aber immer wieder deutlich hinter die Ohren schreiben –: Es geht nicht, dass Sie so tun, als wären Sie darüber überrascht gewesen, dass die gesamten Versprechen, die Sie im Wahlkampf

gemacht haben, nicht mit der Finanzsituation des Landes in Übereinstimmung zu bringen sind. Das geht nicht. Wenn Sie sich jetzt in allen Debatten immer wieder dahinter verstecken, dass Sie jetzt erst bemerkt haben, dass Sie Ihre eigenen Versprechen nicht halten können, weil Sie erst jetzt die Zahlen kennen gelernt haben, dann muss ich sagen: Sie haben die Öffentlichkeit im Wahlkampf getäuscht. Sie hätten damals ihre Hausaufgaben machen müssen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn man über das GFG redet, kann man nach meiner Auffassung nicht nur über die Technizismen reden, auf die ich gleich gerne noch einmal kommen werde. Man muss vielmehr auch über die Gesamtlage der Kommunen reden. Ich stelle zunächst einmal fest, dass ganz massive Einwirkungen auf die kommunalen Haushalte vorhanden sind. Dies gilt insbesondere bei den GTK-Betriebskosten – da liegen wir im dreistelligen Millionenbereich –, bei den Familienzentren, beim Landesjugendplan und bei der Familienhilfebildung, bei Einrichtungen der Familienbildung, bei der Familienselbsthilfe, bei der Sprachförderung usw.

Heute ist schon darauf hingewiesen worden, dass Sie bei der Landwirtschaftskammer draufgesattelt haben. Draufgesattelt haben Sie auch bei so etwas wie dem Flughafen Münster. Ich halte es schon für eine Frechheit,

(Zuruf von der CDU: Was?)

wenn sich ein Minister hier herstellt und von Schadensersatz faselt. Ich kann es wirklich nur als Faseln bezeichnen. Herr Kollege, das ist kein Schadensersatz. Das war schlicht und einfach der für die Einhaltung des Umweltschutzes notwendige Betrag, wenn man die Genehmigung nach Recht und Gesetz behandelt. Das hat Ihnen nur nicht in den Kram gepasst. Dann aber von Entschädigung zu reden, ist wirklich ein Unding.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Zuruf von der CDU)

Wer da von Entschädigung redet und 11 Millionen € draufsattelt oder bei der Landwirtschaftskammer draufsattelt, im Kinder- und Jugendbereich aber streicht, wird sich damit auseinander setzen müssen, dass man ihm seine eigenen Zitate vorhält.

30. Januar 2004, Jürgen Rüttgers:

„Die CDU-Landtagsfraktion hat den Erfolg der Volksinitiative ‚Jugend braucht Zukunft’ als Misstrauensvotum gegen die Landesregierung

gewertet und die Regierung aufgefordert, auf Kürzungen zu verzichten.“

Sie haben im Wahlkampf angekündigt, 20 Millionen draufzusatteln. Heute stellen wir fest: Sie satteln diese Summe nicht drauf. Im Gegenteil: In anderen Bereichen wie dem Kindergartenbereich satteln Sie nicht nur nicht drauf, sondern kürzen massiv.

Durch eine Anfrage habe ich gestern Abend in meiner Kommune noch klären lassen, was das für eine Stadt mit 30.000 Einwohnern bedeutet. Allein für eine Stadt mit 30.000 Einwohnern bedeutet dies eine Mindereinnahme von 42.000 €. Diese Größenordnungen gibt es landauf, landab. Das hört sich nach wenig an. Aber genau in diesem Bereich haben wir im letzten Jahr bei den freiwilligen Leistungen gekürzt. Wir mussten im Rahmen eines Haushaltssicherungskonzeptes kürzen. So etwas findet allerorten statt. Die Elternbeiträge werden erhöht. Andere freiwillige Leistungen werden gekürzt. Das alles passiert, weil Sie außerhalb des GFG bei allen Förderungen und Zuweisungen kürzen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Auch zum GFG möchte ich Ihnen sagen, dass es nicht so sauber ist und nicht so glänzt, wie Sie es darstellen. Die Umstellung auf eine nachlaufende Systematik, also auf eine in Zukunft möglichst nah an den tatsächlichen Steuereinnahmen entlang nachlaufende Systematik, ist von uns auch zu begrüßen. Wir begrüßen dies aber nur im Grundsatz; der Kollege Jäger hat das eben schon kurz erwähnt. Sie müssen sich nämlich vorhalten lassen, dass Sie möglicherweise mit Bedacht die Systematik zu einem Zeitpunkt in eine richtige Systematik umwandeln.

(Rainer Lux [CDU]: Quatsch!)

Ich rechne es Ihnen jetzt vor: Wenn Sie das letzte Quartal 2004 und die ersten drei Quartale des Jahres 2005 gegenüberstellen

(Zuruf von Rainer Lux [CDU])

Sie müssen nicht so aufgeregt sein; wir alle können das in Ruhe nachrechnen –, haben Sie nach den eigenen Steuerschätzungen Ihres Finanzministers für das Jahr 2006 zulasten der Kommunen ein Minus in Höhe von 149 Millionen €. Sie können das anhand der Entwürfe spitz durchrechnen.

Die 149 Millionen € buchen Sie allein zulasten der Kommunen. Es wäre ein Wort gewesen, wenn Sie gesagt hätten: Wir teilen uns die Sache, und es geht nicht allein zulasten der Kommunen.

Ich will Ihnen ein weiteres Problem schildern. Mit dem Ausgleich der Solidarlasten – Fonds Deutscher Einheit – ist die Angelegenheit auch nicht so einfach.

Erstens verstecken Sie sich hinter der Aussage, drei Viertel der Kommunen seien Gewinner und nur ein Viertel seien Verlierer. Das ist richtig. Aber das Viertel verliert natürlich kräftig. Die kommunalen Spitzenverbände sind in der Frage übrigens auch deshalb gespalten, weil sie nicht gegen die drei Viertel der Kommunen argumentieren wollen, die Gewinner sind.

Entscheidend ist zweitens aber folgender Effekt: In Zeiten steigender Steuereinnahmen – für die Sie nichts können, die andere verursacht haben – werden Sie bei der Umstellung auf die Gewerbesteuerumlage einen überschießenden Betrag haben. Das ist klar; das bestreitet der Innenminister und nach meinem Wissen auch der Finanzminister nicht.

Angekündigt ist, dass dieser überschießende Betrag – man spricht in Kreisen des NordrheinWestfälischen Städte- und Gemeindebundes zurzeit von Schätzungen in Höhe von 200 Millionen € – nächstes Jahr der Verbundmasse zugeordnet werden soll. Jetzt stellt sich der aufmerksame Beobachter die Frage, ob dies auf die Verbundmasse, also den Prozentsatz, draufgesattelt wird oder ob Sie es als Bestandteil des Paketes ansehen, welches Sie in Prozenten ausrechnen.

Wenn Sie Letzteres tun, haben Sie die 200 Millionen €, die schätzungsweise übrig bleiben, dem Landeshaushalt zugeschoben und den Kommunen weggenommen. So ist das. Dazu bekomme ich aber bis jetzt keine Auskunft. Das ist spannend. Die Frage ist mehrfach, auch dem Innenministerium, gestellt worden. Ich bekomme bis jetzt aber keine sachliche Auskunft darüber, was Sie beabsichtigen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich fordere Sie auf, heute ganz klar zu sagen, was es heißt, einen überschießenden Betrag der Verbundmasse des nächsten Jahres zuzuordnen. Heißt das, es wird auf den Prozentsatz draufgepackt, oder wird das Ganze Bestandteil der Verbundmasse? Da sind Sie unklar, da drücken Sie sich.

Ich will Ihnen auch noch einmal etwas zur Vergangenheit sagen. Im Jahr 2003 hat Ihr damaliger Experte Eckhold in der Frage der Weiterbildung Krokodilstränen über Kürzungen in Höhe von 15 Millionen € vergossen. Das war ein harter Einschnitt. Das war ein Einschnitt, der uns allen weh

getan hat. Er hat auch meinen Kolleginnen und Kollegen wehgetan. Ich weiß noch sehr genau, wie wir darüber diskutiert haben. Sie gehen aber darüber hinaus. Sie kürzen weitere 5 Millionen €.

(Beifall von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Dr. Eckhold hat hier damals Krokodilstränen geweint. Sie haben gesagt: Das geht nicht. Es ist alles ein Desaster. Die Volkshochschulen, die Weiterbildung leidet an allen Ecken und Enden und bricht zusammen. – Da Sie das damals gesagt haben, frage ich: Wo sind Sie heute? Sie bleiben unter diesen Ansätzen. Sie versuchen erst gar nicht, sich dafür zu rechtfertigen.

(Beifall von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Stattdessen verstecken Sie sich hinter Technizismen beim GFG. Herr Papke, das war wirklich ein Musterbeispiel an Widersprüchlichkeiten. Stellvertretend für ihn sitzt Kollege Witzel da. Es ist durchaus ehrenvoll, dass Sie sich das jetzt anhören. Ich muss aber noch einmal wiederholen, was Herr Sagel gesagt hat.

Landauf, landab haben Sie so getan, als wäre das Landeswassergeld der Niedergang der heimischen Wirtschaft. Papke ist durch den RheinSieg-Kreis gereist: In Niederkassel und allerorten hat er diese Litanei gesungen. Wenn Sie das alles ernst nehmen, dass das der Niedergang der heimischen Wirtschaft wäre, dass es auch die Kommunen schädigt, über Mindereinnahmen später bei der Gewerbesteuer und ähnlichem, dann frage ich mich: Warum haben Sie es nicht geschafft, das Landeswassergeld zu kürzen?

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich sage Ihnen warum: Das Landeswassergeld war sachlich immer vernünftig. Ansonsten würden Sie jetzt etwas sachlich Unvernünftiges tun. Es war finanzpolitisch geboten. Andernfalls würden Sie jetzt auf die Einnahme verzichten und Ihre eigenen großspurigen Ankündigungen wahr machen, meine Damen und Herren.

(Ralf Witzel [FDP]: Es ist auch eine reine Fi- nanzfrage!)

Eine reine Finanzfrage, Herr Witzel. Warum ist es bei Ihnen gut, wenn das eine reine Finanzfrage ist, und bei uns ist es das Strangulieren der heimischen Wirtschaft? Das müssen Sie mir einmal erklären.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, der Kollege Britz von der CDU hat ein Sofortprogramm zur Rettung der Kommunen gefordert. In dem Sofortprogramm –

so damals – müssten die Landeszuweisungen für Kommunen erhöht werden. Außerdem müsste die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage von 20 % auf 30 % wieder rückgängig gemacht werden. Was ist von den Forderungen übrig geblieben? Was haben Sie davon umgesetzt? Was ist mit diesem Landesprogramm?

Sie haben die Landeszuweisungen ausgegliedert, Sie haben sie in die Fachetats gesetzt. Dazu kann man positiver oder negativer Meinung sein. Das ist eher ein Streit für Gelehrte. Die eigentlich entscheidende Frage, meine Damen und Herren, lautet: Was bleibt hinterher davon übrig? Mit wie vielen goldenen Zügeln gehen Sie gegenüber den Kommunen damit um? Das ist die entscheidende Frage.

Ich finde, Sie sollten sich mit der Frage auseinander setzen, wie zum Beispiel Ihr eigener Finanzminister, Ihre eigene Wirtschaftsministerin gegenüber der Kommune Oberhausen mit dem goldenen Zügel umgegangen sind, als es um die EUMittel ging.