Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie herzlich und heiße Sie willkommen zur 22. Sitzung des Landtags von Nordrhein-Westfalen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich zwölf Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Auch heute haben wir wieder Geburtstagskinder unter uns. Geburtstag feiern Herr Minister Eckhard Uhlenberg
Thema: Vogelgrippe rückt näher – aktuelle Maßnahmen der Landesregierung zum Schutz vor der Vogelgrippe
Die Fraktion der CDU und die Fraktion der FDP haben mit Schreiben vom 13. Februar 2006 zu der genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Aktuelle Stunde zum Thema Vogelgrippe soll im Hinblick auf die jüngste Entwicklung in erster Linie das Parlament über die bereits von der Landesregierung eingeleiteten Maßnahmen zum Schutz vor dieser Krankheit informieren. In zweiter Linie soll durch die Informierung der Öffentlichkeit eine Beunruhigung der Bürger unseres Landes vermieden und einer Hysterie vorgebeugt werden.
Vorab einige Bemerkungen zur aktuellen Lage: Nach Italien und Österreich hat die Vogelgrippe nun auch Deutschland erreicht. Auf der Ostseeinsel Rügen wurde bei verendeten Schwänen im ersten Test das auch für den Menschen gefährliche H5N1-Virus nachgewiesen.
Angesichts dieser Ereignisse soll das deutsche Geflügel ab morgen wieder in den Stall. Bundesagrarminister Horst Seehofer kündigte an, das ursprünglich für den 1. März vorgesehene Aufstallungsgebot vorzuziehen; es soll zunächst bis Ende April gelten. Auch Geflügelmärkte und -schauen sind von verschärften Maßnahmen betroffen und befristet verboten worden.
Das Virus hatte am Wochenende offenbar von Nigeria ausgehend die EU erreicht und wurde in verendeten Wildschwänen in Italien und Griechenland und am Dienstag auch in Österreich und Slowenien gefunden. Bislang sind acht Länder in Europa nachweislich von der Vogelgrippe betroffen.
Infektionen beim Menschen wurden in Europa dagegen nicht nachgewiesen, und auch außerhalb Europas sind Infektionen von Menschen durch kranke Wildvögel nicht bekannt. Bislang hatten die weltweit infizierten Menschen, auch die Toten in der Türkei, engen Kontakt zu Hausgeflügel. Die Stallpflicht ist daher eine Schutzmaßnahme für das besonders gefährdete Nutzgeflügel.
Seuchenexperten der Europäischen Union beraten heute in einem Krisentreffen in Brüssel über Abwehrmaßnahmen gegen die Tierseuche.
In Deutschland wurde das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit direkt über die aktuellen Fälle auf Rügen informiert. Dieses hat daraufhin unverzüglich die Schweriner Landesregierung über alle erforderlichen Notmaßnahmen wie Schutz- und Sperrzonen unterrichtet. Durch die Einrichtung solcher Zonen soll sichergestellt werden, dass das Virus die Nutzgeflügelbestände nicht erreicht. Demnach ist die Lage zwar ernst, aber nicht katastrophal.
Auch andere Mitgliedstaaten, namentlich die Niederlande, Belgien, Frankreich und Österreich, fassen derzeit eine erneute Ausweitung der Stallpflicht ins Auge.
Die Landesregierung, das Parlament, der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie der Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz haben sich wiederholt intensiv mit dieser Frage beschäftigt. Die notwendigen und möglichen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und auch zum Schutz
des Geflügels vor Ansteckung vor der Vogelgrippe sind in völliger Übereinstimmung mit dem Bund und den zuständigen Landesministerien getroffen worden.
Die Veterinärbehörden und die Verbände der Rassegeflügelzüchter haben erklärt, dass das Aufstallungsgebot bei den meisten Geflügelhaltern auf großes Verständnis stößt; denn gegen Vorbeugemaßnahmen könnten und wollten sie nichts einwenden.
Meine Damen und Herren, die Politik des konstruktiven Dialogs seitens der Landesregierung mit den Tierhaltern ist richtig, vorausschauend und klug. Denn Tierseuchenbekämpfung ist niemals Selbstzweck, sondern dient in erster Linie dem wohlverstandenen Eigeninteresse der Landwirtschaft und natürlich dem Schutz der Bevölkerung. Aus diesem Grunde ist es erforderlich, dass auch bei einer Verschärfung der Situation alle weiterhin gemeinsam an einem Strang ziehen.
Darüber hinaus ist bereits im vergangenen Jahr ein zusätzlicher Maßnahmenkatalog von Minister Uhlenberg erarbeitet worden. Ich darf diese schon im Oktober der Presse vorgestellten Maßnahmen kurz wiederholen:
Wichtig sind eine möglichst breite Öffentlichkeitsarbeit und eine umfassende Information. Dies ist – wie ich eingangs bemerkte – auch vorrangiger Zweck der heutigen Aktuellen Stunde.
Die bereits in der Schweinehaltung erfolgreich angewandte Tierseuchenkontrolle wurde auf die Geflügelhaltung ausgedehnt.
Der Maßnahmenkatalog des Landes sieht die intensive Beobachtung der Wildvögel vor. Dieses Instrumentarium ist nach Darstellung des Bundesministeriums aufgrund der jüngsten Vorfälle nunmehr auch vom Bund übernommen worden. Das Land Nordrhein-Westfalen war in diesem Punkt also schon im vergangenen Herbst Vorreiter.
Es wurde ein Vertragsmodell entwickelt und erfolgreich durchgesetzt, welches die Zusammenarbeit mit den Fachverbänden und auch den erfolgreichen Einsatz frei praktizierender Tierärzte einschließlich deren Honorierung im Krisenfall regelt. Insbesondere ist eine enge Zusammenarbeit mit den Kommunen und zwischen den Kommunen mit entsprechenden Vorschlägen erfolgreich auf den Weg gebracht worden. Diese Maßnahme hat die volle Zustimmung der Kommunen gefunden.
Meine Damen und Herren, es wurde Vorsorge getroffen, dass im Krisenfall nichtwirtschaftliches Geflügel, zum Beispiel Zootiere, sofort geimpft wird.
Dieser Vorsorgemaßnahme hat auch die Europäische Union zugestimmt. Seit dem vergangenen Herbst drängt besonders Nordrhein-Westfalen und hat alle möglichen Anstrengungen unternommen, damit die Tierseuchenpolitik auf europäischer Ebene zielgerichteter und effektiver wird. Die nordrhein-westfälische Politik ist vorausschauend, das Krisenmanagement funktioniert auch deshalb so gut.
Zurzeit, meine Damen und Herren, kommt es in erster Linie darauf an, die Kontrollen gegen die unzulängliche Einfuhr von Geflügelfleisch und dessen Produkten lückenlos durchzuführen. Darüber hinaus muss auch die Einhaltung des bereits vom Bund angeordneten Aufstallungsgebotes bei Nutzgeflügel scharf kontrolliert und jeder Verstoß dagegen geahndet werden.
Da nun die ersten Fälle der Vogelgrippe innerhalb der EU aufgetreten sind – dieser Sachverhalt ist ja auch der Anlass der Aktuellen Stunde –, ist eine unverzügliche Informierung des Partners das A und O. Denn innerhalb der Gemeinschaft ist es kaum möglich, eine Ausbreitung der Krankheit zu verhindern, da es keine lückenlosen Kontrollen gibt. So ist es nicht möglich, den privaten grenzüberschreitenden Reiseverkehr mit PKWs oder Bussen beziehungsweise der Bahn zu hundert Prozent zu kontrollieren.
Intensive Kontrollen können bei Flugreisen an den Flughäfen unseres Landes durchgeführt werden. Hier wird die Landesregierung gebeten, die Kontrolltätigkeit so weit wie personell möglich auszudehnen und zu intensivieren.
Im Übrigen ist die Landesregierung mit den bisherigen Maßnahmen zum Schutz vor der Vogelgrippe überaus gut aufgestellt. So ist zum Beispiel der Vorrat an Impfmitteln und Medikamenten größer als in anderen Bundesländern. Deshalb und wegen des Fünfpunkteplanes besteht kein Grund zur Panik. Erhöhte Achtsamkeit und Vorsicht gepaart mit möglichst intensiven Grenzkontrollen sind jedoch geboten. Vorsicht geboten ist auch bei Reisen in Gebiete, in denen Fälle von Vogelgrippe aufgetreten und bekannt geworden sind.
Meine Damen und Herren, von dem Aufstallungsgebot bei Nutzgeflügel sind selbstverständlich auch privat gehaltene Zuchttiere betroffen. Auch hier sind Kontrollen entsprechend den Hinweisen angezeigt.
nahmen zu informieren und zu erhöhter Vorsicht aufzurufen. Dazu gehört auch, dass jeder die öffentlichen Warnhinweise und ausgesprochenen Verhaltensmaßregeln beachtet. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Fasse hat eigentlich alles gesagt: Es besteht ein Risiko, es ist gehandelt worden, wir wollen keine Panik machen, wir warten darauf, was der Minister uns an weitergehenden Informationen gibt. Kühles und nüchternes Analysieren, zielgerechtes Handeln – das ist es.
Das Risiko kennen wir: Das Vogelgrippevirus hat Deutschland erreicht. Wir müssen die Gefahr ernst nehmen, angemessen und vorausschauend reagieren, allerdings ohne – darauf werde ich am Ende noch zu sprechen kommen – die Menschen unnötigerweise, unzulässigerweise und aus meiner Sicht auch unverantwortlicherweise in Panik und Angst zu versetzen.
Die Übertragungswege hat Frau Fasse dargestellt; das brauche ich nicht zu wiederholen. Wir müssen weltweit zu einer vernünftigen Relation kommen. Nach Angaben der WHO sind bedauerlicherweise 90 Menschen an der Vogelgrippe gestorben; 165 Menschen sind infiziert. Dieses Risiko dürfen wir nicht kleinreden, wir müssen es aber maßstabsgerecht betrachten. Darum geht es: dieses Risiko maßstabsgerecht zu betrachten.
Meine Damen und Herren, wenn wir sagen, wir müssten die Importe kontrollieren, so ist das richtig. Aber auch bei diesem Thema dürfen wir die Menschen nicht in irgendwelchen traumtänzerischen Hoffnungen wiegen, dass dies zu hundert Prozent möglich sei. Das ist nicht zu hundert Prozent möglich. Gleichwohl bleiben wir als Staat aufgefordert, die Kontrollen, wie auch Frau Fasse eben gesagt hat, so weit wie möglich und konsequent durchzuführen.
Den Vogelzug von Nordafrika zu steuern, ist ohnehin nicht möglich. Hier muss man überlegen, inwieweit man die Vorsorgemaßnahmen, die vor Ort getroffen werden können, durch eine sachgerechte Beratung der dortigen Behörden verstärken kann. Aber auch das ist ganz normales Handeln, ganz normaler Verwaltungsvollzug.
Frau Fasse hat das Argument gebracht, wir müssten intensiv informieren, und zwar auch und gerade die Flugreisenden an Flughäfen. Das wird nach meinem Empfinden selbstverständlich getan. Wirksame Warenkontrollen im Reiseverkehr sollen durchgeführt werden, sind de facto aber auch nicht zu hundert Prozent möglich.
Wir wollen den Weg, den der Umweltminister aufgezeigt hat, ein besonderes Wildvögelmonitoring zur Risikobewertung zu verstärken, mittragen; das halten wir für vernünftig. Wir müssen auch eine vernünftige labordiagnostische Überwachung unseres Nutzgeflügels in Gang setzen. Aber auch das läuft alles schon. Die Aufstallung von Freilandgeflügel ist sicherlich eine sinnvolle Sache.
Meine Damen und Herren, wir dürfen keine unbegründeten Ängste vor der Vogelgrippe schüren. Wir müssen das Risiko analysieren und sagen: Da ist ein Problem. Wir handeln so und so. – Aber die Menschen in Panik zu versetzen, dazu besteht erstens kein Anlass und das ist zweitens unverantwortlich.