Protokoll der Sitzung vom 16.02.2006

Wir sind in Nordrhein-Westfalen mit unserer Kapazität von 140.000 Krankenhausbetten gut aufgestellt; und wenn alle Stricke reißen, können wir zusätzlich auf einiges an Kurkliniken zurückgreifen. Der Kollege Henke hat darauf hingewiesen: In einer solchen Situation wird ja kein planbarer medizinischer Eingriff mehr in anderen medizinischen Disziplinen vorgenommen, sodass eine gewaltige Anzahl von stationären Betten bereitsteht.

Kern für die Versorgung der Menschen in einem solchen Fall ist natürlich das System der niedergelassenen Ärzte. Daran besteht kein Zweifel. Wo gehen die Leute bei Grippeerkrankungsmerkmalen hin? Sie gehen doch erst einmal zum niedergelassenen Arzt. Ich glaube, da können wir auf unsere 26.000 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte hier in Nordrhein-Westfalen vertrauen.

Wir haben dafür gesorgt, dass man sich in den Regionen, auf den kommunalen Ebenen damit beschäftigt, wie auf eine Pandemie zu reagieren ist. Zum Beispiel ist es dann ganz wichtig, über die Adressen aller Ärzte, aller Pflegerinnen und Pfleger und aller Beschäftigten in den ambulanten Pflegediensten zu verfügen. Denn bei diesem medizinischen Personal müssen die Medikamente natürlich zuerst eingesetzt werden, damit diese Personen nicht erkranken.

Es ist doch völlig klar, dass diese ganzen Vorkehrungen nur regional getroffen werden können und regional zu entscheiden ist, welches Krankenhaus im Kreis X das erste ist, welches für die erkrankten Menschen, um sie so lange wie möglich zu isolieren, freigezogen wird. Dies ist ein fortlaufender Prozess, für den wir aus der Landesregierung heraus die kommunalen Ansprechpartner sensibilisiert haben.

Natürlich ist die Frage, wie man in einer solchen Situation mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln umgeht, in einem Landkreis anders zu beantworten als in einer großen Stadt.

Herr Minister, ich erinnere Sie an Ihre Redezeit.

Wir sind für diesen Fall, der nach wie vor als unwahrscheinlich zu bezeichnen ist, nach allem, was man aus der Wissenschaft weiß und was man organisatorisch tun kann, hier gut vorbereitet.

Es ist ja nun auch nicht so, dass mein Haus und die Landesregierung nicht offen mit den Informationen umgingen. Die Obleute im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales werden ständig über meinen Staatssekretär informiert. Mein Staatssekretär steht allen Fraktionen des Landtags und den Arbeitsgruppen des Landtags selbstverständlich, wie es ja auch schon gelegentlich in Anspruch genommen worden ist, für Auskünfte zur Verfügung.

Ich finde, dass die Nachfragen immer wieder auch Anregungen sind, damit wir in der Vorbereitung noch besser werden. Aber man sollte auch einmal zugestehen, dass Nordrhein-Westfalen nach menschlichem Ermessen bis jetzt alles getan hat, was man tun kann. – Schönen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Wegen der Bedeutung des Themas habe ich das Überziehen der Redezeit zugelassen.

(Minister Karl-Josef Laumann: Danke schön!)

Normalerweise ist das bei einer Aktuellen Stunde nicht üblich. – Jetzt hat als nächste Rednerin Frau Howe von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! In der Beantragung dieser Aktuellen Stunde wurde unter anderem als Begründung angeführt – ich zitiere –:

„Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, dass der Landtag über die aktuelle Lage informiert wird und sich mit dem weiteren Vorgehen befasst.“

Deshalb habe ich auch die eben erwähnten Fragen aufgeworfen.

Und, Herr Minister Laumann, ich möchte Ihnen viele Grüße von Bundesministerin Schmidt bestellen. Wir haben gerade mit ihr telefoniert. Das Bundesministerium – explizit Frau Schmidt – ist gerade von der WHO aufgrund der hervorragenden Vorbereitung in Sachen Vogelgrippe gelobt worden.

Einige Bundesländer haben ihren Pandemieplan in Berlin schon vorgelegt. Frage von meiner Seite: Wann wird das Land Nordrhein-Westfalen das tun?

(Beifall von der SPD)

Dann noch eine kurze Reaktion auf Herrn Henke: Herr Henke, ich möchte keineswegs Panik machen. Aber wenn Sie negieren, dass die Vogelgrippe auch beim Menschen ausbrechen kann, ist das schon ein starkes Stück.

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Das stimmt doch gar nicht!)

In Asien hat es immerhin schon Tote gegeben.

Dann noch zur Krankenhausauslastung! Natürlich sind durchschnittlich 75 % der Krankenhausbetten ausgelastet. Das ist völlig korrekt. Wir haben aber für den Eventualfall nur 1.700 Infektionsbetten. Sie geben mir sicherlich Recht, wenn ich sage, dass die Patienten, die in einem Pandemiefall stationär behandlungsbedürftig sind, in Quarantäne gehören. Es ist nicht einfach möglich, komplett leer stehende Krankenhausbetten flächendeckend mit Patienten zu belegen, die in Quarantäne gehören. Das erfordert ein hohes logistisches Niveau aufseiten der Krankenhäuser. Man kann das nicht von jetzt auf gleich organisieren und garantieren.

Fortbildung der Ärzte! Herr Henke, Sie wissen das als Vorsitzender des Marburger Bundes: Natürlich ist es nicht Aufgabe des Ministeriums, Ärzte fortzubilden, sondern das ist Aufgabe der Ärztekammern und der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die haben ihre Schularbeiten in Westfalen-Lippe nicht gemacht. Meine Anregung lautete, dass sich das Ministerium als oberstes Aufsichtsgremium darum bemüht, dass das entsprechend auf den Weg gebracht wird. – Danke schön.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Howe. – Jetzt hat für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Ortgies das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Reaktion der Opposition veranlasst mich, doch noch einmal ein paar Sätze zu sagen. Als wir am Montag die Aktuelle Stunde beantragt haben, Herr Kollege Remmel, wussten wir noch nicht, wie aktuell diese Aktuelle Stunde wirklich ist. Dass Sie das hier zum Thema machen, veranlasst mich zu der Frage: Wie aktuell soll sie eigentlich noch sein?

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Sie ärgern sich darüber, dass Sie sie nicht beantragt haben. Das ist der Punkt, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU)

Die Reaktionen der Opposition zeigen, dass Sie wirklich krampfhaft nach jedem Haar in der Suppe der Regierung suchen, aber keins finden.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat heute durch beide zuständigen Minister umfassend dargestellt, welche Vorbereitungen dieses Land und diese Regierung zum Eindämmen der Vogelgrippe ergriffen haben. Sie haben alles gehört, ich will es nicht wiederholen.

Ich wundere mich schon: Jeder spricht davon, keine Panik machen zu wollen; gleichzeitig redet Frau Howe von Katastrophenschutzplänen. Das ist Panikmache in allerhöchster Form, liebe Frau Howe.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, dieses Thema eignet sich wahrlich nicht zum politischen Schlagabtausch. Die Vogelgrippe kennt keine Landesgrenzen und keinen Unterschied zwischen Biohuhn und Käfighuhn. Ich glaube, dass wir uns an der Stelle etwas zurückhalten sollten.

Bis jetzt ist in Nordrhein-Westfalen noch kein Fall aufgetreten. Ich hoffe, dass sich das nicht ändert. Aber die Geschwindigkeit der Ausbreitung der Vogelgrippe bereitet uns schon Sorgen.

Meine Damen und Herren, es ist mehrfach gesagt worden: Die Vogelgrippe ist eine Tierseuche. Sie ist so schnell nicht auf den Menschen übertragbar. Das Virus wird beim Erhitzen abgetötet. Bis jetzt wurde es nur bei Wildvögeln festgestellt. Es ist nicht zu unterschätzen, dass sich dieses Virus auch auf Nutztierbestände ausbreiten kann. Wir machen uns große Sorgen um die Wirtschaftlichkeit der betroffenen Betriebe.

Ich danke dem Minister, dass er gleich im Anschluss Gespräche mit den Geflügelwirtschaftsverbänden führt, um dort Schaden zu begrenzen.

Ein Beispiel: In meiner Region, OstwestfalenLippe, gibt es eine Vielzahl von Geflügelzüchtern, die sich auf die Züchtung und den Verkauf von lebenden Tieren auf Märkten und über den Direktvertrieb konzentriert haben. Dieser Markt droht komplett zusammenzubrechen, weil zurzeit natürlich kein Mensch daran denkt, sich Hühner oder Geflügel anzuschaffen. Hunderte von Familienbetrieben stünden vor dem Ruin. Wir müssen versuchen, diesen Betrieben zu helfen.

Ich wiederhole in diesem Zusammenhang noch einmal: Bei vernünftigem Umgang mit Tieren ist nicht damit zu rechnen, dass das Virus auf den Menschen übergreift. Hierzulande ist es wohl auch nicht die Regel, dass wir mit dem Geflügel unter einem Dach oder im selben Wohnraum leben.

Deshalb hoffe ich, dass uns die Bilder aus der Türkei mit in Schutzanzügen vermummten Menschen, die durch Dörfer patrouillieren, erspart bleiben.

Sie werden uns erspart bleiben, wenn wir verantwortungsvoll handeln und nicht in Panik verfallen. Die Landesregierung hat heute bewiesen, dass sie mit Augenmaß und ohne Aktionismus handelt. Wir werden als Landtagsfraktion ihre Aktionen weiter unterstützen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ortgies. – Für die Landesregierung hat noch einmal Herr Minister Uhlenberg um das Wort gebeten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich gehe gerne noch einmal auf die einzelnen Punkte ein, die eben von den Vertretern der Koalitionsfraktionen, aber auch der Oppositionsfraktionen angesprochen worden sind.

Es ging zunächst um die Frage: Inwieweit unterstützt die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen die Betriebe, die jetzt davon betroffen sind?

Herr Abgeordneter Remmel, wir können die Betriebe jetzt nicht finanziell unterstützen. Es geht um 23.000 Betriebe in Nordrhein-Westfalen, die ab morgen ihre Tiere einsperren müssen: 23.000 Betriebe. Eine Unterstützung tritt dann ein, wenn der Seuchenfall eintritt. Für diesen Fall haben wir die Tierseuchenkasse in Nordrhein-Westfalen. In der Phase des Aufstallens – es war im Herbst die gleiche Situation – sind wir nicht in der Lage, die Betriebe zu unterstützen. Sie erwarten das auch nicht.

Sie erwarten permanente Informationen, ein gutes Abstimmen der Vorgehensweise der Landesregierung mit dem Landesernährungsamt. Deswegen findet in wenigen Minuten das nächste Gespräch mit den Verbänden statt. Das ist entsprechend eingestielt.

Wir haben Informationsmaterial an alle in Nordrhein-Westfalen verteilt, und zwar über die Tierseuchenkasse. Die Betriebe zahlen Beiträge für die Tierseuchenkasse in Nordrhein-Westfalen und sind über die Tierseuchenkasse informiert worden.

Antworten zu Detailfragen, wie zum Beispiel zur Übertragbarkeit der Infektion auf Hunde und Katzen, sind auf der Homepage des Ministeriums nachzulesen. Ich möchte jetzt im Einzelnen auf diese speziellen Fragen nicht eingehen, sondern nur sagen: Hunde erkranken nicht. Bei Katzen besteht eine gewisse Gefahr.