Auch reichen die im Gesetzentwurf angegebenen Kriterien zur Anerkennung nicht aus, um zum einen in der Bevölkerung anerkannte Tierschutzverbände entsprechend zu berücksichtigen, autonome Randgruppen aber außen vor zu lassen. Verbände und Vereine, die eine Anerkennung anstreben, müssen für jeden zugänglich sein und in ihren Bereichen das Gleiche leisten wie die sogenannten anerkannten Naturschutzverbände nach den §§ 58 und 59 Bundesnaturschutzgesetz.
Zusammenfassend möchte ich noch einmal anführen: Das Verbandsklagerecht im Tierschutz bedeutet als Instrument ein Klagerecht in Vertretung, wie es Herr Remmel gerade auch schon ausgeführt hat. Es ermöglicht also die Vertretung der Tiere als Mitgeschöpfe durch den Tierschutz. Schließlich können sich Tiere nicht selber artikulieren – sprechende Papageien vielleicht einmal ausgenommen – und somit gegen ihre Haltungsbedingungen klagen.
Daher halten wir das Ziel dieses Gesetzentwurfes für begrüßenswert. Im Sinne einer effektiven Verbesserung des Tierschutzes ist er handwerklich aber ungeeignet und so nicht zielführend. Wir könnten uns allerdings gut vorstellen, dass man gemeinsam ein bundesweit einheitliches Beteiligungsverfahren von anerkannten Tierschutzverbänden voranbringt und dieses auch im Tierschutzgesetz des Bundes verankert. Das könnte beispielsweise durch eine erneute Bundesratsinitia
tive erfolgen. Nur so lässt sich verhindern, dass einzelne Landesregelungen zu Wettbewerbsnachteilen und auch zu Nachteilen beim Tierschutz führen.
Was nützen uns das beste Gesetz und die schönste Klagemöglichkeit gegen die Haltung von Nutztieren, wenn die schwarzen Schafe unter den Nutztierhaltern, die sich nicht an den Belangen des Tierschutzes orientieren wollen, ihre Ställe direkt hinter unseren Grenzen aufbauen? Genau dieses Vorgehen müssen wir zum Wohle der Tiere verhindern. Das können wir nur mit einem bundesweit einheitlichen Vorgehen und nicht mit landespolitischen Alleingängen.
Eine Überprüfung der Einhaltung der bestehenden gesetzlichen Tierschutzbestimmungen halten wir als ersten Schritt für notwendiger und sinnvoller. Durch das Tierschutzgesetz und die darauf beruhenden Verordnungen des Bundes sind weite Bereiche des Tierschutzes bereits weitgehend erfasst. Für die Länder bleiben wenige Gestaltungsspielräume, und es ist fraglich, ob ein Alleingang des Landes Nordrhein-Westfalen dem Schutz der Tiere dienen wird.
Hier beziehe ich mich auch wieder auf die Puten. Sie wollen gemäß Ihrer Begründung zu § 1 Absatz 3 das Schnäbeln der Puten in NordrheinWestfalen verhindern. Aber geschnäbelt wird inzwischen direkt in den Brütereien, von denen keine einzige mehr in Nordrhein-Westfalen angesiedelt ist.
Abschließend möchte ich nur noch anmerken, dass auch wir von der SPD unsere Hausaufgaben gemacht und gemerkt haben, dass der vorliegende Gesetzentwurf abgeschrieben ist. Wir wissen auch, wie die Debatten über diesen Entwurf in mindestens vier Ländern – Schleswig-Holstein, Saarland, Bremen und Baden-Württemberg – ausgegangen sind.
Ich freue mich auf die weiteren Beratungen im Ausschuss und bin gespannt, ob sich die konservativ-liberale Landesregierung zu einer erneuten Bundesratsinitiative mit einem noch zu überarbeitenden Gesetzentwurf zur Einführung von Mitwirkungsrechten für Tierschutzvereine wird durchringen können. – Danke.
(Beifall von SPD und GRÜNEN – Minister Eckhard Uhlenberg: Was ist das denn: „kon- servativ-liberal“?)
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Wiegand. – Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Ellerbrock das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Wiegand, man sagt mir ja nach, dass ich durchaus Gedanken der Flexibilität in mir trage. Allerdings muss ich Ihre Hoffnung enttäuschen: Es fehlt mir momentan die Fantasie, daran zu glauben, dass diese Landesregierung einen entsprechenden Bundesratsantrag vorbringen wird.
(Der Redner weist Vizepräsident Edgar Mo- ron durch eine Geste darauf hin, dass der Wunsch nach einer Zwischenfrage besteht.)
Ich habe schon gesehen, Herr Ellerbrock, dass Sie Zwischenfragen provozieren. Bitte schön, Herr Abgeordneter Kuschke.
Herr Kollege Ellerbrock, Ihr Parteifreund, der Innenminister dieses Landes, war vor zwei Tagen auf vielen Fotos in der Nähe von Pferden zu sehen. Ist das schon eine Anlehnung an einen möglichen Kuschelerlass für Polizeipferde? Und ist es überhaupt gut für Pferde, dass sie so viel Möhren zu essen kriegen?
Also, das Institut für Ernährungsmittelforschung hat festgestellt, dass Möhren in einer Größenordnung von 2,45 kg, biologisch angebaut auf eigenem Klärschlamm, hervorragend geeignet sind, an Pferde verfüttert zu werden, insbesondere wenn sie als Schlachtrösser im Polizeidienst stehen, um bei fußballweltmeisterschaftlichen Veranstaltungen für Ordnung zu sorgen und den Staat zu repräsentieren.
Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Wiegand, ich glaube nicht, dass wir das machen werden. Diese Landesregierung muss ja nicht die gleichen Fehler wiederholen, die die Landesregierung in Schleswig-Holstein unter Rot-Grün gemacht hat. Wir sind ja lernfähig. Wir meinen es mit dem Bürokratieabbau und der Verwaltungsvereinfachung ernst. Wo andere schon gescheitert sind, sagen wir: Das brauchen wir nicht auch zu machen.
Wir glauben auch nicht an die Sinnfälligkeit. Das ist ein hoch emotionales Thema. Der Kollege Pick hat aus meiner Sicht fast alles gesagt, was es dazu zu sagen gibt. Aus unserer Sicht ist dieser Antrag, so wie er dargestellt wird, für die Galerie bestimmt: Wir sind gute Menschen. Wir alle wollen Gutes für die Tiere tun und sind darin vereinigt. Dazu bekommen Sie 100 % Zustimmung hier im
Aber wir können im Ausschuss noch einmal alle Argumente, die Clemens Pick vorgetragen hat, durchdiskutieren. Ich habe die Ahnung, dass wir relativ schnell zu einer Beschlussfassung kommen werden. Ich glaube nicht, dass wir Ihrem Weg folgen. Das ist kein Weg, auf dem wir weiter vorgehen wollen.
Eines noch zu der der Überlegung, beim Tierschutz wieder eine Klagemöglichkeit einzuführen: Sie haben Recht, Herr Remmel, wenn Sie sagen, dass die Naturschutzverbände einigermaßen verantwortungsvoll mit diesem Mittel umgegangen sind. Das will ich gar nicht infrage stellen. Allerdings verzögern diese Klagedrohungen die Verfahren, ohne letztlich materiell zu einer Änderung zu kommen. Dies hier auf einen Kreis von Klageberechtigten auszudehnen, der völlig unüberschaubar ist, wäre Management by Chaos. Wir wollen alle Verwaltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung. Wir wollen etwas für den Tierschutz tun. Das aber ist der falsche Weg.
Ansonsten möchte ich mich – wie heißt das so schön – voll inhaltlich meinem Kollegen Clemens Pick anschließen. Er hat die intensive Diskussion in dem entsprechenden CDU-Arbeitskreis sicherlich vollumfänglich wiedergegeben. Das war auch für mich sehr überzeugend. – Ich danke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Brauchen wir ein Gesetz zur Einführung von Mitwirkungsrechten für Tierschutzvereine, insbesondere ein Verbandsklagerecht für Nordrhein-Westfalen?
Auf Bundesebene hat niemand ein solches Gesetz für förderlich gehalten. Im Jahr 2004 ist nämlich eine entsprechende Initiative der damaligen Landesregierung von Schleswig-Holstein im Bundesrat kläglich gescheitert. Kollege Ellerbrock hat gerade davon gesprochen. Es ist interessant, dass Schleswig-Holstein damals alleine stand, weil Nordrhein-Westfalen, die damalige rot-grüne Landesregierung, diese Initiative nicht unterstützt hat, Herr Abgeordneter Remmel.
Herr Kuschke war ja damals der Chef der Staatskanzlei. Er wird sich noch gut an die Vorbereitung dieser berühmten Bundesratssitzung erinnern können. Das hat dazu geführt, dass sich Nordrhein-Westfalen der Stimme enthalten hat.
Das ist richtig. Das ist so, wenn man sich nicht einigt. Ich will nur sagen: Nordrhein-Westfalen hat damals auch nicht dafür gestimmt – in einer Zeit, als die Grünen noch in der Landesregierung saßen. Ihre Argumente damals können nicht so ganz durchschlagend gewesen sein.
Schon unter diesem Vorzeichen, meine Damen und Herren, halte ich es für wenig erfolgversprechend, noch einmal ein neues Projekt – und dann noch als Landesgesetz – auf den Weg zu bringen. Ungeachtet der im Bundesrat erfolgten Ablehnung bin ich der Auffassung, dass das Thema „Verbandsklage im Tierschutzrecht“ eindeutig auf die Bundesebene gehört. Dies ist sowohl im gesamtstaatlichen Interesse als auch aus Gründen der vorrangigen Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf den Gebieten „Tierschutz“ und „Gerichtliche Verfahren“ geboten. Es erscheint mir nicht sachdienlich, bundesrechtliche Überlegungen auf Landesebene umzusetzen oder vielleicht sogar dem Bund vorzugreifen.
Aber auch mit Blick auf den Inhalt Ihrer Initiative vermag ich beim besten Willen nicht zu erkennen, welche Verbesserungen für den Tierschutz Sie sich dadurch erhoffen. Der Tierschutz ist im Jahre 2002 als Staatsziel ins Grundgesetz aufgenommen worden. Noch vorher, im Jahre 2001, fand der Tierschutz auf Betreiben aller vier Fraktionen des Landtags Einzug in die Landesverfassung. Dabei darf ich in aller Bescheidenheit erwähnen, dass die CDU-Fraktion hierbei gemeinsam mit der FDP-Fraktion in Vorlage gegangen ist.
Die materiellen Tierschutzstandards des deutschen Tierschutzgesetzes setzen auch im internationalen Vergleich anerkannt hohe Maßstäbe. Tierschutzverbände sind bereits nach geltendem Recht in vielfacher Weise in behördliche Genehmigungsverfahren eingebunden. Auch im Rahmen der tierschutzrelevanten Rechtsetzung von Bund und Ländern verschafft sich die Stimme der Tierschutzverbände zum Beispiel im Rahmen von Sachverständigenanhörungen regelmäßig Gehör.
Zudem stehen Handlungsanforderungen unter permanenter wissenschaftlicher Beobachtung. Sobald hier Verbesserungen aufgezeigt werden können – gerade im Hinblick auf die Tiere selbst –, werden diese auch rechtlich umgesetzt.
Die bestehenden Mechanismen der Kooperation zwischen Behörden und Tierschutzorganisationen zur Berücksichtigung tierschutzrechtlicher Belange haben sich in der Vergangenheit bestens bewährt.
Zudem können Verstöße gegen Tierschutzvorschriften im Rahmen des geltenden Strafrechts hart geahndet werden.
Nach all dem erscheinen mir weiter gehende Mitwirkungsrechte für Tierschutzvereine und -verbände nicht notwendig. Da gibt es auch eine Übereinstimmung mit den Stellungnahmen der Koalitionsfraktionen. Letztlich wäre zu befürchten, dass erweiterte Mitwirkungsrechte in erster Linie zu einem sachlich nicht gerechtfertigten höheren Vollzugsaufwand und zu nicht vertretbaren Verzögerungen von Genehmigungsverfahren führen würden. Dies könnte im Endeffekt auf Nachteile für den Wirtschafts- und Forschungsstandort Nordrhein-Westfalen hinauslaufen. Der Abgeordnete Pick hat zu möglichen Konsequenzen sehr sachkundig und kompetent Stellung genommen. Solche Nachteile können wir uns gerade in der heutigen Zeit nicht erlauben.
Die Landesregierung erkennt die Errungenschaften und die Bedeutung des Tierschutzes in Staat und Gesellschaft vorbehaltlos an. Eine fortschreitende Verbesserung des Tierschutzes ist Aufgabe unserer Regierungsarbeit. Daran arbeiten wir im Moment ganz konkret, wenn ich zum Beispiel an die Tierhaltungsverordnung im Zusammenhang mit der Legehennenhaltungsverordnung und dem Schweinehaltungserlass denke. Damit leisten wir einen Beitrag zur Verbesserung für die Tiere.
Wenn Sie, Herr Abgeordneter Remmel, erklärt haben, es gehe mit den Käfigen so weiter, ist das falsch. Die Käfighaltung läuft im Jahre 2007 aus, und wir haben unter anderem im Zusammenhang mit der Kleinvolierenregelung eine Nachfolgeregelung. Aber jeder Landwirt entscheidet selber, ob er für seine Tiere Bodenhaltung, Freilandhaltung oder Volierenhaltung wählt. Nachdem drei oder vier Jahre keine Entscheidung getroffen worden ist, brauchen wir auch eine Entscheidung.
Das ist auch im Sinne des Tierschutzes. Ich will das ganz konkret machen, weil darüber so viel geredet wird: Ich möchte, dass Tiere wieder hier
gehalten werden und nicht in Polen und in den anderen osteuropäischen Ländern in alten Käfigen, die es dort in den nächsten Jahren immer noch geben wird.
Das Thema stand auch in der letzten Woche auf der Agrarministerkonferenz in Mainz auf der Tagesordnung. Wir sind in dieser Frage dabei, zum Beispiel mit Niedersachsen, aber auch mit Herrn Landwirtschaftsminister Backhaus in MecklenburgVorpommern eine Regelung zu finden, die wohl von allen Ländern im April im Bundesrat unterstützt werden wird. Wir brauchen dringend eine Regelung. Das ist wichtig im Sinne des Tierschutzes.
Die Position der Landesregierung zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist deutlich geworden. Auch wir freuen uns auf die weiteren Beratungen im Ausschuss.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich der Abgeordnete Remmel noch einmal zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sei mir erlaubt, einige Argumente der Debatte kurz aufzugreifen und zu widerlegen.
Zum Formalen: Wir können noch lange darüber reden, aber die Koalition ist seit dem 22. Mai nicht mehr existent; es gibt sie nicht mehr. In der Opposition gibt es keine Koalition. Insofern sind wir berechtigt und in der Lage, eigenständig Gesetzentwürfe einzubringen. Wir müssen uns nicht an Entscheidungen orientieren – Enthaltung im Bundesrat –, die zu Zeiten der Koalition getroffen worden sind. Uns das vorzuhalten, ist widersinnig.