Protokoll der Sitzung vom 03.05.2006

(Minister Karl-Josef Laumann: Ja!)

Wir alle wissen, dass es Gespräche zwischen den Fraktionen darüber geben sollte, die Förderung der Stiftung langfristig auf dem Niveau von mindestens 25 Millionen € zu sichern. Trotz der Ankündigung der CDU im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, dass man gemeinsam zu einer verbindlichen Absicherung der Stiftung Wohlfahrtspflege für die Zukunft kommen wolle, hat es allerdings bis heute in dieser Frage keinerlei Bewegung gegeben.

Deshalb fordere ich an dieser Stelle nochmals nachdrücklich dazu auf, dass die Stiftung Wohlfahrtspflege nicht kaputtgespart werden darf. Sie ist noch eines der wenigen Instrumente, die das Land hat, um innovative Ansätze zu fördern. Wenn langfristig nicht eine Nettoförderung von 25 Millionen € gesichert wird, dann sind auch Ein

schnitte beispielsweise in der politischen Behindertenarbeit unabwendbar.

(Minister Karl-Josef Laumann: Wenn Sie sich angucken, was Sie früher gemacht haben, ist Ihre ganze Rede scheinheilig!)

Damit ist dann auch Ihre Ansage, Herr Minister, dass die Behindertenpolitik die Königsdisziplin der Sozialpolitik sei, nichts als Augenwischerei und wieder einmal ausschließlich populistisches Blenden.

Die freie Wohlfahrtspflege ist in drei großen Bereichen von Kürzungen des Landes betroffen. Zum Ersten wird die Globaldotation um knapp 500.000 € auf 9,3 Millionen € gekürzt. Zum Zweiten werden in fast allen Bereichen, in denen die Wohlfahrtsverbände als Träger aktiv sind, die Projektmittel gekürzt. Zum Dritten sind sie betroffen von der Kürzung der Mittel für die Stiftung Wohlfahrtspflege.

Einmal abgesehen von den Einschnitten in den vielen einzelnen Politikfeldern, die wir in den Beratungen um die verschiedenen Einzelpläne noch ausführlich diskutieren werden, wird damit in der ganzen Breite gesellschaftlicher und sozialer Aufgaben das Ehrenamt geschwächt. Das Ehrenamt, das doch in den Reden – wohlgemerkt: nur in den Reden – des Ministerpräsidenten so in den Vordergrund gestellt wird, spielt bei Ihnen leider immer nur – um die fußballerische Sprache zu benutzen – im Abseits.

(Beifall von der SPD)

Durch die Kürzung der Globaldotation werden der freien Wohlfahrtspflege direkt Mittel und damit Kapazitäten und Kompetenzen für Innovationen, neue Konzepte und Ideen zur Förderung eines zeitgemäßen bürgerschaftlichen Engagements genommen.

Die soziale Arbeit benötigt hingegen in vielen Arbeitsfeldern zusätzliche Ressourcen, um mithilfe des bürgerschaftlichen Engagements und der Selbsthilfe den vielschichtigen Problemen vieler Bürgerinnen und Bürger unseres Landes – ich nenne hier zum Beispiel Armut, Ausgrenzung, Pflegebedürftigkeit, mangelnde Prävention im Gesundheitsbereich, mangelnde Bildungsunterstützung – qualifiziert begegnen zu können.

Mit den geplanten Kürzungen wird den Ehrenamtlichen und Freiwilligen die Möglichkeit genommen, ihre oftmals sehr anstrengenden sozialen Tätigkeiten zu unterstützen und damit wertzuschätzen. Allein der Appell, dass Bürgerinnen und Bürger sich verstärkt engagieren sollen, reicht nicht aus und wird den Umfang des Engagements natürlich

nicht steigern. Das Engagement der Ehrenamtlichen in unserem Land ist enorm. Mit Ihrer Haushaltspolitik entziehen Sie ihnen nach und nach die Grundlagen für ihre Arbeit.

(Beifall von der SPD)

Die neue Landesregierung hat die Schaffung von 1.000 neuen Ausbildungsplätzen versprochen. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass der Ansatz für die Finanzierung der Altenpflegeausbildung lediglich um 397.800 € steigt, von 30,6 Millionen € in 2005 auf 31 Millionen € in 2006. Die Schaffung von 1.200 zusätzlichen Schulplätzen in der Altenpflegeausbildung war unserer Landesregierung im Doppelhaushalt 2004/2005 allerdings noch 4,6 Millionen € wert. Dass mit dem bescheidenen Mittelansatz von rund 400.000 € 1.000 zusätzliche Schulplätze geschaffen werden können, funktioniert nur, weil die Landesregierung die pauschale Förderung pro Platz von derzeit 317 € in zwei Schritten auf 280 € ab 2007 absenkt.

Damit werden die Wählerinnen und Wähler wieder einmal in zweifacher Weise betrogen. Zum einen wurden aus versprochenen Ausbildungsplätzen nur noch Schulplätze. Und diese müssen zum anderen von den Trägern der Altenpflegefachseminare auch noch selber finanziert werden. Die Landesregierung macht auch hier wieder einmal Versprechungen, die andere einlösen müssen, die dann unter Umständen auch noch dichtmachen müssen, weil Sie ihnen den Hahn auf Tröpfchenniveau abgedreht haben. Das nenne ich bei der Sozialpolitik die Laumannschen Daumenschrauben des 21. Jahrhunderts.

(Beifall von der SPD)

Herr Minister, Ihre Reden überall im Land entsprechen nicht dem, was Sie hier in Regierungsverantwortung vollziehen. Wenn Sie als Arbeits- und Sozialminister nur halbwegs so handeln würden, wie Sie draußen reden, dann ginge es uns im Land besser. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schmeltzer. – Nur für jemanden, der es aufmerksam verfolgt hat: Wir hatten aufgrund eines technischen Defizits die Zeit auf 13 Minuten eingestellt. Herr Schmeltzer, Sie sind unterhalb dieser 13 Minuten geblieben. Ich sage das auch nur für den Fall, dass jemand nachfragen sollte, weshalb die Redezeit an der Stelle länger als die verabredeten zehn Minuten war. Für die nachfolgenden Redner haben wir aber jetzt die korrekte Zeit eingespielt.

Ich gebe als nächstem Redner für die Fraktion der CDU dem Kollegen Post das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Herr Schmeltzer, Sie haben das hervorragend beschrieben:

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Rainer Schmeltzer [SPD]: Ich befürchte, da kommt noch etwas!)

Ihre Hinterlassenschaften sind deutlich geworden. Das war ein Bekenntnis zu einer Hinterlassenschaft, die Sie uns im Arbeits-, Sozial- und Gesundheitsbereich hier garniert haben. So aber kommen Sie nicht davon. So einfach ist das nicht, all das aufzuzählen, was Sie nicht gemacht haben, und uns das in die Schuhe zu schieben.

Der Haushalt Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ja weitestgehend, was das Land angeht, in Höhe von 1,5 Milliarden € durch Bundes- und 750 Millionen € durch Landesgesetze festgezurrt, sodass höchstens 15 % überhaupt bewegliche Mittel bleiben. Mit den Personalkosten zusammen heißt das, dass jedem kundigen Thebaner klar wird, dass es nur einen geringen beweglichen Prozentsatz gibt. Das wissen Sie genauso gut wie ich.

Der Haushalt des Ministeriums musste Streichungen hinnehmen. Das war schmerzlich. Das haben wir nicht gerne gemacht. Das sind im Gesamthaushalt jedoch keine Einsparungen, sondern nur geringere Kreditierungen. Das müssen Sie sich bewusst machen, wenn es darum geht, dass Sie diese Kreditierungen doch irgendwann bezahlen wollten. Das hatten Sie einmal vor. Ob das überhaupt möglich ist, haben Sie uns nicht erzählt.

Dennoch: Wir stehen zu dem Grundsatz, nach dem Arbeitserhalt und Arbeitsschaffung die beste Grundlage für eine vernünftige Sozialpolitik und für einen guten Sozialstaat sind. Jugendliche in Ausbildung zu bringen hilft gegen Jugendarbeitslosigkeit später. Fortbildung hilft, den Arbeitsplatz nicht zu verlieren. Innovative Stützung des Arbeitsmarktes hilft langfristig, neue Arbeitsplätze zu schaffen. So waren im Bereich der Arbeitsmarktpolitik neue Konzepte möglich, die beim Bildungsscheck mit 12,6 Millionen € und durch das Werkstattjahr, das auch in diesem Jahr gefördert wird und im vorigen Jahr Anlaufschwierigkeiten hatte, weil es erst im November starten konnten, dargestellt werden.

(Zuruf von Barbara Steffens [GRÜNE])

Das Programm „Jugend in Arbeit“ allerdings wollte die rot-grüne Regierung ganz kürzen und über

haupt nicht weiterführen. Das kann jetzt weiterlaufen.

(Minister Karl-Josef Laumann: Wir haben es ausgebaut!)

Im Laufe des Jahres werden wir sicher Strukturen aufzeigen können, nach denen sich die durchaus vorhandene Arbeit, die sich aber für die Menschen wegen des geringen Einkommens nicht lohnt, doch zu Arbeit machen lässt. Wir werden Ihnen Vorschläge vorlegen, die mit Sicherheit Menschen in Arbeit bringen, die Sie eigentlich schon vergessen hatten.

(Heiterkeit von Rainer Schmeltzer [SPD])

Zurück zur Haushaltstechnik. Die nötigen Einsparungen führen nicht zu Nachteilen für die Beschäftigten oder für die Arbeitslosen, sondern erhalten weitestgehend Strukturen und zerschlagen sie nicht. Ich weiß sehr wohl, dass es Kürzungen gibt.

(Zuruf von der SPD: Ach!)

Die haben mir wehgetan. Sie haben uns das Leben nicht einfacher gemacht, den Haushalt auch im Vorfeld zu beraten. Aber wir wissen auch, dass nicht-nachhaltige Haushaltspolitik eine saumäßige Sozialpolitik ist. Die nicht-nachhaltige Haushaltspolitik haben Sie uns hinterlassen.

Lassen Sie mich zum Sozialhaushalt kommen. Eine durchgreifende und nachhaltige Haushaltskonsolidierung kann leider auch den Sozialbereich nicht ganz ausnehmen; ich sagte das eben. Nur solide Landesfinanzen sichern auch die Zukunft der sozialen Hilfen für Menschen, die auf diese Hilfen angewiesen sind.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Eben!)

Deshalb fällt es besonders schwer, in diesem Bereich Einsparungen hinzunehmen. Das ist allerdings – das haben Sie ganz vergessen – auch in den vergangenen Jahren schon in größerem Maße bei uns angetragen worden. Unter der Vorgängerregierung wurden die Hilfen für behinderte und pflegebedürftige Menschen schon erheblich gekürzt. Sie mussten Streichungen hinnehmen. Darum war für uns Augenmaß gefordert. Ob wir das immer erreicht haben, entscheiden die Menschen. Aber wir mussten an der Stelle sicherlich – das betone ich ausdrücklich – besonders sensibel vorgehen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Nur haben wir mit den Leuten vorher gesprochen! – Minister Karl- Josef Laumann: Mit wem? – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Mit den Verbänden zum Beispiel! – Weitere Zurufe)

Sie werden eindeutig zugestehen müssen, dass der Haushalt Arbeit, Soziales und Gesundheit in dieser schlechten Lage des Landes fast ungeschoren davongekommen ist.

So stehen für Maßnahmen zur gesellschaftlichen Integration von Menschen mit Behinderungen erneut – wie im Vorjahr – 4,46 Millionen € zur Verfügung. Auch bei den Hilfen für demenziell erkrankte alte Menschen bleibt die Landesförderung ungekürzt. Ebenso werden Wohnberatungen und neue Wohnformen in vollem Umfang weiter gefördert. Angesichts der wachsenden Bedeutung alternativer Wohnformen ist es ein vorrangiges Ziel, die Strukturen abzusichern. Darüber sind wir übrigens im ganzen Haus, denke ich, einig. Den Antrag werden wir in der nächsten oder übernächsten Woche zu beraten haben.

Das gilt auch für die Globaldotation an die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Das haben diese nicht gern gehört; das ist mir vollkommen klar. Aber wegen der hervorragenden Verhandlungen des Ministers mit den Verbänden und mit dem Einsehen, dass Geld nun einmal nicht vermehrbar ist, ist es zu einer akzeptierbaren Kürzung gekommen, die über die Jahre möglich erscheint. Das gibt den Verbänden auch für die nächsten Jahre die notwendige Planungssicherheit.

Den größten und entscheidenden Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leistet nachweislich die Stiftung Wohlfahrtspflege. Sie erhält aus dem Spielbankengeschäft 11,065 Millionen € weniger als im vergangenen Jahr. Sie ermöglicht durch diesen Verzicht, dass andere Bereiche, wie eben deutlich gemacht, verschont bleiben konnten. Ich verhehle nicht, dass diese Entscheidung mir auch schwer gefallen ist.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ihnen scheint al- les schwer gefallen zu sein!)

Ja. Wir gehen verantwortungsbewusst mit den Dingen um.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das merkt man aber nicht!)

Herr Schmeltzer, merken Sie sich das. Diese Entscheidung akzeptiere ich nur sehr schweren Herzens. Uns als CDU-Fraktion war es in den vergangenen Jahren auch immer ein Anliegen, den in NRW unverzichtbaren Beitrag der Stiftung für die Weiterentwicklung der sozialen Infrastruktur und des sozialen Klimas krisenfest zu machen. Daran werden wir auch in Zukunft festhalten.

Es sei Ihnen gesagt: Wir werden auch die Mittel der Stiftung wieder auf den alten Stand bringen.

(Zuruf von der SPD: Wann?)

Davon können Sie ausgehen. Dieses Jahr stehen der Stiftung 25 Millionen € zur Verfügung,