Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mann oh Mann, Frau Doppmeier, das ist schon starker Tobak, den Sie hier liefern. Mein lieber Herr Gesangverein!
Der Kollege Lindner hat einmal bei der zweiten Lesung zum Jugendfördergesetz in Bezug auf die erste Volksinitiative „Jugend braucht Zukunft“ von einem jugendpolitischen Misstrauensvotum gegen Rot-Grün gesprochen. Gestern – Herr Präsident, da muss ich Sie korrigieren – war der Seite der Volksinitiative „Jugend braucht Zukunft“ zu entnehmen, dass in der Zwischenzeit über 203.000 Unterschriften gesammelt worden sind. Die Volksinitiative „NRW 2006“ hat gestern 183.000 Unterschriften abgegeben. Es ist mittlerweile gar nicht unwahrscheinlich, dass weit über eine halbe Million Menschen ein Misstrauensvotum gegen Ihre Politik unterschreiben.
Wissen Sie, warum sie dieses Misstrauensvotum unterschreiben? – Weil Sie die Menschen belogen haben. Sie haben die Menschen getäuscht.
Sie haben einen erheblichen Vertrauensbruch begangen, und 203.000 Leute haben bis gestern gemerkt, dass Sie diesen Vertrauensbruch begangen haben; denn Sie haben den Menschen versprochen, dass auch, wenn Sie die Regierung übernehmen, das Jugendfördergesetz in seiner ganzen Breite, eben auch finanzwirtschaftlich, in Kraft tritt. Sie haben sogar im September 2005 bei der Beratung über unseren Antrag noch behauptet, dass das sofort in Kraft treten soll. Im Rahmen dieser Debatte haben Sie zu uns gesagt: Daran brauchen Sie uns nicht zu erinnern, denn das machen wir eh. – Wissen Sie was? – Sie haben Versprechen gebrochen, wie Sie schon so viele gebrochen haben; aber dieses wird Sie bitter verfolgen, dieses wird Ihnen bitter nachlaufen.
Mit Ihrem Wortbeitrag, Frau Doppmeier, verhöhnen Sie die Träger, und Sie verhöhnen die Menschen, die sich gegen Ihre Politik wenden,
weil Sie so tun, als wenn im Prinzip nicht mehr Mittel als diese 75 Millionen €, die nach Ihrem Gusto hier zur Verfügung stehen, von den Trägern gebraucht würden. Dabei wissen Sie sehr genau, dass die Träger auch im Vertrauen auf
Sie, weil es hier im Haus einen Konsens über die 96 Millionen € gegeben hat, die Abrufung der Mittel im Haushalt 2004/2005 zurückgefahren haben, und jetzt bestrafen Sie sie dafür! Auch im Vertrauen auf Sie haben die Träger das getan.
Sie wissen das sehr genau, Frau Doppmeier, und auch die Vertreter Ihrer Fraktion, die im Ausschuss sitzen, denn sonst würde der Kollege Tenhumberg nicht die Konsequenzen ziehen, die er ziehen wird.
Sie wissen, dass es zu Einschränkungen bei den Trägern kommen wird. Sie wissen, dass es das Zurückfahren von Angeboten geben wird. Sie wissen, dass es ein Zurückfahren in der Qualität der Angebote geben wird,
und Sie sagen den Trägern: selber schuld. – Die Verschiebungen, die Sie im Landesjugendplan vornehmen, führen zu marginalen Veränderungen an einigen Stellen. Aber ich sage Ihnen noch einmal: Insgesamt bedeutet die Veränderung für meine Heimatstadt: 50.000 € Verbesserung gegenüber 220.000 €, die in der offenen Kinder- und Jugendarbeit fehlen. Da glauben Sie tatsächlich, dass es in Essen nicht zu Einschränkungen kommen wird?
Viel schlimmer finde ich aber Folgendes: Die neue Landesregierung zeigt, dass sie die jungen Menschen, die sich für die Volksinitiative eingesetzt haben, nicht ernst nimmt. Sie als Fraktion haben das mit Ihren Beschlüssen letzte Woche noch einmal deutlich unterstrichen. Das Selbstverständnis unseres Ausschusses, als Lobby für Kinder und Jugendliche im Land zu wirken, ist von den Regierungsfraktionen – das muss ich betonen – aufgekündigt worden. Verlierer Ihrer Politik sind die Kinder und Jugendlichen in NordrheinWestfalen, aber auch das Landesparlament und die Politik insgesamt; denn Sie schaden mit Ihrem sturen, uneinsichtigen Vorgehen dem Ansehen von Politik und Politkern hier im Haus.
Sie bauen ganz offensichtlich darauf, dass die Menschen bis 2010 alles wieder vergessen haben und alles wieder in geordneten Bahnen, aber
Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung meiner eigenen politischen Sozialisierung versichern, dass die ersten Erfahrungen und die ersten Wahrnehmungen von Politik länger nachwirken, als sich das so mancher Politiker vorstellt – gerade bei jungen Menschen und bei Menschen, die sich zum ersten Mal für politische Inhalte interessieren und engagieren.
Sie haben den Eindruck erweckt, dass man nach eigenem Gusto, wie es einem gerade passt, Gesetze ändert, und zwar nach dem Motto: Wenn man in der Regierung ist, erzählt man etwas anderes als als Mitglied einer Oppositionsfraktion, unabhängig davon, welche Inhalte man damit meint.
Dieses Vorgehen wird Ihnen noch lange nachlaufen. Täuschen Sie sich nicht, das werden Ihnen die Menschen nicht vergessen, schon gar nicht, wenn Sie über die Kritik einer halben Million Menschen einfach hinweggehen nach der Devise: Anders ist es nicht zu machen, und wir schaffen Gerechtigkeit schaffen, indem wir mit dem Rasenmäher über alles in diesem Land gehen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist im Grunde eine Ungeheuerlichkeit, dass wir zum zweiten Mal eine Volksinitiative beraten, die schon einmal erfolgreich gewesen ist und deren Ziele mit allen Stimmen dieses Parlaments, mit allen Stimmen der hier vertretenen Fraktionen beschlossen wurden. Es wurde nicht irgendetwas beschlossen, sondern ein Gesetz. Sie von CDU und FDP haben diesem Gesetz im Jahre 2005 zugestimmt. Sie haben den Jugendlichen Ihr Wort gegeben und gesagt: Wir stellen 96 Millionen € für die Jugendarbeit zur Verfügung, wenn wir in der Regierungsverantwortung sind.
Das Ungeheuerliche an diesem Vorgang ist, dass Sie mit Ihrer Entscheidung, den Landesjugendplan zu kürzen, den Kindern und Jugendlichen, den engagierten Menschen der Volksinitiative ins Gesicht gelogen haben.
Das haben Sie damals im Wahlkampf noch einmal wiederholt und die Zusicherung gegeben. Damit sind Sie auf Stimmenfang gegangen. Jetzt, nachdem Sie sich mit den Stimmen dieser Leute, die Ihnen damals vertraut und sich auf Ihr Wort verlassen haben, in Regierungsverantwortung befinden, wollen Sie von alledem nichts mehr wissen. Das ist Wahlbetrug in der übelsten Form.
Als ich mit einem katholischen Jugendverband über die zweite Volksinitiative gesprochen habe, haben mir die Jugendlichen gesagt: Wir müssen doch die CDU am Lügen hindern. Wir müssen doch verhindern, dass sie hinterher der Lüge bezichtigt wird. Bei der FDP sind sie gar nicht auf die Idee gekommen, dass es möglich ist, die FDP am Lügen zu hindern.
Aber dieser Versuch ist, wie wir an dem von Ihnen vorgelegten Haushalt sehen, gründlich misslungen. Sie haben die Jugendlichen, die Eltern und Verbände, jeden Einzelnen und jede Einzelne, die hinter diesen 203.000 Unterschriften stehen, belogen und getäuscht. Ihre Aussagen, Frau Doppmeier, es gäbe gar keine Berechtigung für den Protest, Sie hätten doch nachgebessert, sind ein doppelter Schlag ins Gesicht derjenigen, die diese Volksinitiative vor zwei Wochen hier eingebracht haben.
Das, was Sie als Regierungsfraktion als Rechtfertigung anführen, ist auch nichts anderes als wiederum ein Täuschungsversuch. Sie stellen lächerliche 4,5 Millionen € als Sonderprogramm zur Verfügung. Das ist Geld – das wissen alle, die in der Praxis damit zu tun haben –, das noch nicht einmal für ein halbes Jahr zur Verfügung steht. Zudem kann es im nächsten Jahr wieder gestrichen werden.
Glauben Sie denn, irgendein Träger lässt sich darauf ein, für ein halbes Jahr Energie in Anträge zu stecken, Personal einzustellen, wenn er weiß, dass er in einem halben Jahr wieder darum kämpfen und Ressourcen, die in die wichtige Jugendarbeit gehen könnten, für Beantragung und Finanzierung abzweigen muss? Das, was Sie hier veranstalten, ist lächerlich. Wenn Sie Nachbesserung gewollt hätten, hätten Sie sie in den Landesjugendplan eingestellt.
Mit diesem Sonderprogramm erhöhen Sie den bürokratischen Aufwand. Aus Ihrem Versprechen, den Landesjugendplan zu entbürokratisieren, wird nichts, obwohl Sie sich das laut Ihres Koalitionsvertrages eigentlich vorgenommen haben.
Verlässlichkeit ist auch ein Fremdwort in der Argumentation des kleinen Koalitionspartners. Herr Lindner hat – Frau Altenkamp hat es eben zitiert – im September 2005 hier im Parlament noch einmal bekräftigt, er wolle, dass die 96 Millionen € finanziert würden. Nach Einbringung des Haushalts hat er mit den abenteuerlichsten Figuren gerechtfertigt, warum er diese 96 Millionen € gar nicht braucht: Das Geld wird gar nicht benötigt; es sei gar nicht abgerufen worden. – In der Presse stellt er dagegen lautstarke Forderungen und gefällt sich in der Rolle des sozialen Gewissens der Koalition, während wiederum sein Fraktionsvorsitzender darauf pocht, sparen zu müssen und keinen Cent von der Vorlage des Finanzministers abzuweichen.
Meine Damen und Herren von der FDP, bei dieser chaotischen Argumentationsführung, Herr Lindner, wundert es niemanden, dass Sie wie der berühmte Bettvorleger gelandet sind und keinen Cent mehr herausgeholt haben.
Sie haben es noch nicht einmal geschafft, den Landesjugendplan auf die 80 Millionen € zu bringen, die wir als Rot-Grün zur Verfügung gestellt haben. Das waren 5 Millionen € mehr, weil im Nachtragshaushalt noch einmal 5 Millionen draufgelegt wurden.