Ich finde, es stände der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen nicht nur gut an, es wäre geradezu ihre Pflicht, darauf aufmerksam zu machen, dass eine solche Entscheidung in Nordrhein-Westfalen Schaden auslösen kann. Ich frage mich: Wo ist die Stimme des Ministerpräsidenten in dieser Diskussion, die die CDU gegenwärtig führt?
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zwar zu Ende, aber der Abgeordnete Papke hat sich zu einer Zwischenfrage gemeldet. Wollen Sie die zulassen?
Vielen Dank, Herr Kollege Horstmann. - Würden Sie mir bitte erläutern, wie Sie vor dem Hintergrund Ihrer dargestellten Position bewerten, dass sich die IG BCE mehrfach in den letzten Monaten mit allem Nachdruck durch Herr Schmoldt persönlich a) für eine Verlängerung der Restlaufzeiten der deutschen Kernkraftwerke und b) für den Ausstieg aus dem Ausstieg ausgesprochen hat. Wie können Sie das erklären, und wie betten Sie das in die von Ihnen hier vorgetragene Position ein?
Ich habe gesagt, Herr Kollege Papke, die Grundsatzdiskussion über den Sinn und die Verantwortbarkeit der Nutzung von Atomkraft möchte ich nicht führen.
- Ja, die will ich an dieser Stelle nicht führen. Ich glaube, Sie erwarten auch nicht, dass das an dieser Stelle machbar wäre.
Das Schlimme ist doch: Der Ausstieg aus dem Ausstieg ist doch gar nicht die Forderung von Frau Merkel. Die Forderung von Frau Merkel ist, die Entscheidung, welchen Energiemix die Bundesrepublik Deutschland in Zukunft anstreben sollte, abermals über acht bis zehn Jahre offen zu lassen. Das nenne ich eine investitions- und übrigens auch innovationsfeindliche Politik. Denn es hindert diejenigen, die Investitionen im Umfang von über 5 Milliarden € bereits geplant haben, die 6.000 Arbeitsplätze pro Jahr in NordrheinWestfalen sichern und 1,7 Milliarden t CO2Ausstoß vermeiden sollen, daran, Klarheit über Ihre Investitionsabsichten zu haben.
Das ist das Gegenteil von dem, wofür Landes- und Bundesregierung in der Vergangenheit konsequent gearbeitet haben, nämlich für sichere Rahmenbedingungen für energiewirtschaftliche Investitionsentscheidungen. Sie stehen unmittelbar vor der Tür.
Was Frau Merkel ankündigt, ist zum Schaden für Nordrhein-Westfalen. Wir fordern die Landesregierung auf, zu intervenieren und dort einzuschreiten. Hat Herr Rüttgers etwa Angst, sich nach seinem wahrscheinlichen Scheitern, …
… was das Thema „Mehrwertsteuer“ angeht, auch an dieser Stelle in falscher Weise festzulegen? Nein, Herr Ministerpräsident, Sie müssen an dieser Stelle für die Interessen Nordrhein-Westfalens kämpfen. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Dr. Horstmann, mit Ihrem Gehabe und Ih
ren Anträgen heute kommen Sie mir, ehrlich gesagt, vor wie der Scheinriese Tur Tur. Falls Sie nicht wissen, wer das ist: Der Scheinriese Tur Tur ist eine Figur aus Michael Endes Kinderbuch „Jim Knopf“.
Er scheint zu wachsen, je weiter man von ihm weggeht, und er wird immer kleiner, je näher man an ihn herankommt.
Genau so ergeht es mir heute mit Ihnen. Sie schreiben massenhaft Anträge, werfen Ihre Pressemaschinerie an, plustern sich auf und machen sich ganz groß. Je mehr man sich aber Ihnen und Ihren Anträgen nähert, desto kleiner werden beide, und dann stellt man fest, dass aber auch gar nichts dahinter steckt.
Nehmen Sie nur diesen Antrag, den Sie hier vorgelegt haben: Das ist nichts als heiße Luft, ein Sammelsurium von Aussagen und Forderungen ohne jede Substanz. Was ist denn der Kern Ihres Antrags? Sie präsentieren darin das gleiche unausgegorene Zeug, für das Sie gerade in Nordrhein-Westfalen abgewählt worden sind und im Bund bald abgewählt werden; das ist nur noch eine Frage der Zeit.
Da fordern Sie, dass die Energiepolitik des Bundes auch künftig eine langfristige und verlässliche Basis zur Senkung des Treibhausgases CO2 bieten solle. Gleichzeitig fordern Sie, am Atomausstieg festzuhalten. Dabei wissen Sie, dass durch den Ausstieg eine Riesenlücke im Grundlastbereich entsteht, die auf Sicht nur, aber auch nur durch den forcierten Einsatz fossiler Energieträger geschlossen werden kann - mit allen negativen Folgen für die Atmosphäre. Und dann kommt wieder Ihre alte Leier: Klar geht das, geht alles, mit Sonne, Mond und Sternen, mit regenerativen Energien; deshalb lasst uns nur weitermachen mit der massiven Subventionierung regenerativer Energien! - Als ob wir mit der Subventionsruine Steinkohle, die Sie uns hinterlassen haben, nicht schon genug zu tun hätten, und als ob die Menschen in unserem Land noch mehr Windräder ertragen könnten!
Die Krönung, verehrter Herr Kollege, ist aber Ihre Begründung für die Notwendigkeit, am Atomausstieg festzuhalten. Alles andere, behaupten Sie, würde dem Land Nordrhein-Westfalen schaden, weil damit die Kraftwerksmodernisierung hier ins Stocken geriete. Nun frage ich mich, was die Kernkraftwerke mit Nordrhein-Westfalen zu tun haben. Würde Ihre Theorie auch nur im Ansatz zutreffen, hätte Nordrhein-Westfalen seit Inbe
triebnahme des ersten kommerziellen Kernkraftwerks in Gundremmingen im Jahr 1966 doch unmöglich Deutschlands Energieland Nummer eins bleiben können. Keines der neu vereinbarten Kraftwerke ist als Ersatz für ein Kernkraftwerk geplant. Deshalb, Herr Kollege Horstmann, wird die Kernkraftwerkserneuerung stattfinden,
nein, die Kraftwerkserneuerung stattfinden, ob die Laufzeiten der Kernkraftwerke nun verlängert werden oder nicht. Mit Nordrhein-Westfalen hat das ursächlich nichts zu tun.
Was mir aber an Ihrem Antrag wirklich auffällt, ist, dass Sie keinen einzigen Gedanken an eine Forderung nach niedrigeren Energiepreisen verschwenden. Das ist Ihr Problem, dass Sie nämlich in den letzten Jahren den Standort Deutschland ruiniert haben. Sie wollen am liebsten die ganze Welt auf einmal retten, egal, was es kostet. Sozial, Herr Horstmann, ist das nicht. Der Wirtschaft nützt es auch nicht, und den geringen ökologischen Effekt, den könnten Sie mit anderen Mitteln wesentlich billiger haben. Aber Effizienz war für Sie ja schon immer ein Fremdwort.
Deshalb werden wir uns für eine Überprüfung des energie- und umweltpolitischen Instrumentariums einsetzen, um zu verhindern, dass die staatlich verursachte Kostenbelastung von Energie noch weiter ansteigt. 528 % haben Sie uns seit 1998 zusätzlich auf den administrativen Sektor gejubelt. Das muss einmal zu Ende sein.
Mit den bisher eingesetzten Mitteln hätte man wesentlich mehr für das Klima tun können, wenn sie für eine Erhöhung der Energieeffizienz etwa im Gebäudebereich verwandt worden wären. Dafür werden wir uns stark machen.
Man könnte wesentlich mehr für das Klima tun, wenn man die Kraftwerke rundum modernisieren würde. Dafür werden wir uns einsetzen, und wir werden auch die verlässlichen Rahmenbedingungen dafür schaffen. Ich habe in einer Arbeitsgruppe bei Frau Merkel mitgearbeitet, an der auch viele Energieunternehmen beteiligt waren, die - das darf ich Ihnen versichern - von unserer Konzeption alle hellauf begeistert waren. Ich glaube nicht, dass da irgendwelche Probleme kommen und irgendwelche Investitionen unterbleiben werden. Man wartet sehnsüchtig darauf, dass unsere Konzeption endlich umgesetzt wird, damit in diesem Lande wieder Investitionssicherheit herrscht und nicht dieses Hin und Her, das wir in der letzten Periode ja ständig beklagt haben.
Wir werden uns dafür einsetzen, dass wir insgesamt mehr für Wirtschaft und Klima tun, indem man die Marktmechanismen in der Umweltpolitik stärkt und langfristig verlässliche Rahmenbedingungen schafft. Das ist unser Ziel: Marktmechanismen in der Umweltpolitik stärken und verlässliche Rahmenbedingungen schaffen.
Aus Ihrem Antrag ziehe ich das Fazit: Der Scheinriese SPD stellt sich hierhin, plustert sich ganz doll auf, rudert mit den Armen und ruft: Moment mal, mich gibt es auch noch! - Das, verehrter Herr Kollege Horstmann, wird uns nicht weiterführen. - Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Weisbrich. Ich wollte Sie gerade auf das Ende Ihrer Redezeit hinweisen. - Dann hat jetzt Herr Priggen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Kollege Weisbrich, es ist ja immer ein Vergnügen, nach Ihnen zu reden. Aber ich will Ihnen ganz ehrlich sagen: Sie werfen Herrn Horstmann vor, der Antrag habe den Scheinriesen Tur Tur und wenig mehr als heiße Luft zum Inhalt. Ich habe mir bei der Vorbereitung der Debatte und beim Lesen des Antrags Ihren Koalitionsvertrag angesehen: Da ist, ganz vorsichtig ausgedrückt, nicht alles drin, worüber man zur Energiepolitik reden kann. In dieser Hinsicht brauchen Sie den Antrag also nicht zu kritisieren. In Ihrem Koalitionsvertrag ist wirklich sehr, sehr wenig, da ist fast alles ausgespart. Sie haben zur Kohle aus meiner Sicht etwas Vernünftiges gemacht; der Rest ist nur noch heiße Luft und zum Teil wirklich dummes Zeug.
Wer da anderen etwas vorwirft! Gleich wird gesagt: Warten Sie auf die Regierungserklärung! - Da muss ich ja ganz gespannt sein; darin muss ja sehr, sehr viel vorkommen. In Ihrem Koalitionsvertrag jedenfalls steht zur Energiepolitik, zum Klimaschutz, zu dem, was man nach vorne machen müsste, und auch zu dem, was Sie angesprochen haben, niedrigere Energiepreise, mehr Wettbewerb - der Vorsitzende der Norddeutschen Raffinerie spricht von vier Besatzungszonen -, überhaupt nichts. Also ganz vorsichtig! Ich finde, dass in dem Koalitionsvertrag viel Wolkiges und wenig Substanz ist.
Die Grundüberlegung ist, dass, wenn wir den Konsens aufgeben, der mit der Industrie getroffen wurde, nämlich die Atomenergie auslaufen zu lassen, dann natürlich der Neubau von Anlagen in Gefahr ist und dass an der Stelle natürlich weniger investiert werden wird, auch in NordrheinWestfalen. Da fehlt bei den Kollegen der SPD immer - das kann ich verstehen, aber nehmen Sie es zur Kenntnis -, dass in Hürth gebaut wird. Die Statkraft baut dieses moderne Graskraftwerk. In Herdecke baut sie zusammen mit anderen ein zweites. Es werden mehr Investitionen kommen. Anstatt die alten ausgedienten Kraftwerke, die nach über 30 Jahren wirklich fällig sind, vom Netz zu nehmen, wie vereinbart im Konsens auslaufen zu lassen, behindern Sie praktisch den Erneuerungsprozess.
Liebe Frau Thoben, ich habe Ihre Pressemitteilung mit großem Genuss durchgelesen. Diese skurrile Begründung! Ich darf Sie zitieren:
„Außerdem können Kernkraftwerke in Süddeutschland schon wegen der hohen Leitungsverluste durch die weiten Entfernungen keine Konkurrenten für nordrhein-westfälische Kohlekraftwerke sein.“
Das ist in der Sache so absurd, dass Ihnen das ein Geheimagent von Horstmann, der noch im Ministerium sitzt, aufgeschrieben haben muss. Das ist ein solcher Unfug!
Wir haben beim Verband der Netzbetreiber - VDN - nachgesehen. Der sagt: Der höhere Anteil der Leitungsverluste sind Trafoverluste, und bei 1.000 km Entfernung entstehen insgesamt Verluste zwischen 1 und 3 %. Sie haben uns doch immer gewarnt: Wenn wir Grünen gegen die Atomkraft sind, kommt der billige Atomstrom aus der Ukraine und sonst woher. Und jetzt soll badenwürttembergischer Strom kein Wettbewerbsfaktor mehr sein? - Also das war ein Eigentor.
„Im Übrigen setzt die Landesregierung auf die Förderung solcher erneuerbaren Energien, die gute industriepolitische Chancen haben. Das ist zum Beispiel bei der Geothermie, der Bioenergie, der Solarenergie oder bei der Brennstoffzellen- und Wasserstofftechnik der Fall.“
Da habe ich gedacht: Gut, schaust du wieder in den Koalitionsvertrag. - Da steht unter Energie nichts zur Geothermie, nichts zur Bioenergie,