Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich lasse nunmehr über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/33 abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich, die Hand zu heben. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen angenommen.
6 Geplante übereilte Abschaffung des Faches "Naturwissenschaften" stoppen - Parteitaktische Blockierung gefährdet die notwendige Stärkung naturwissenschaftlicher Bildung
Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 4. Juli 2005 fristgerecht einen Eilantrag zu dem genannten Thema eingebracht.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in den vergangenen zwei bis drei Stunden viel von Pragmatik und viel von Verständnis für Lehrer, Schülerinnen, Schüler und Eltern gehört. Wir haben viel über den angeblichen Aktionismus der alten Landesregierung im Rahmen der Bildungspolitik gehört.
Aber das, was wir hier jetzt als erste Maßnahme der neuen Landesregierung in Sachen Bildungspolitik erleben müssen, das bezeichne ich als unüberlegt und aktionistisch. Sie bringen am letzten Tag eines Schuljahres eine Verordnung ein, mit der Sie das Fach „Naturwissenschaften“ zurücknehmen wollen. Sie wollen es wieder in die Teilbereiche Biologie, Physik und Chemie zerschlagen, obwohl sich die Schulen jahrelang auf das neue Fach vorbereitet haben. Die Lehrer haben sich fortgebildet, die Kommunen haben die Bücher angeschafft, und mit einem Federstrich soll es das Fach „Naturwissenschaften“ nach den Sommerferien nicht mehr geben. Ich behaupte, das ist purer Aktionismus,
Aber auch hier kann ich sagen, Frau Ministerin Sommer, vermutlich haben Sie das gar nicht zu verantworten. Ich behaupte in diesem Fall, dass Herr Ministerpräsident Rüttgers das zentrale Wahlversprechen aus dem Koalitionsvertrag auf Biegen und Brechen umsetzen will. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass ein Ministerpräsident das Schreiben des größten Verbandes für mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht, des MNU, nicht zur Kenntnis nimmt, in dem gefordert wird, von dieser Maßnahme Abstand zu nehmen, weil sie Nordrhein-Westfalen
Gleichermaßen sagt die Gesellschaft Deutscher Chemiker durch ihren Präsidenten Prof. Hopf, „dass hier ein deutlicher Rückschritt auf dem Weg zur nachhaltigen Steigerung der Effizienz des naturwissenschaftlichen Unterrichts stattfindet“.
Dann konnten wir hören, wie man sich an Bayern und an Baden-Württemberg heranarbeiten will. Warum dann nicht auch beim Fach Naturwissenschaften?
Diese beiden Länder gehen genau diesen Weg mit uns gemeinsam, weil sie erkannt haben, dass es nach den Pisa-Leistungsstudien erforderlich ist, diese Fächer integrativ zu unterrichten, und dass man nicht mehr in einzelnen Fächern denken darf, gerade wenn die Kinder aus der Grundschule in die weiterführende Schule kommen.
Das ist der völlig falsche pädagogische Ansatz. Frau Kollegin Sommer, genauso hat es Frau Schavan in einer Fachzeitschrift für die deutschen Chemikerverbände geschrieben. Vielleicht lesen Sie es einmal nach! Ich bin allerdings schier entsetzt - das sage ich ausdrücklich -, dass Sie nicht einen Schritt in eine dieser Schulen unternommen haben oder Herr Ministerpräsident Rüttgers nicht einen Schritt in diese Schulen gemacht hat, die das Konzept seit zwei oder drei Jahren erproben. Ich habe mich davon überzeugt:
positive Erfahrungen, hohe Zufriedenheit, neue Lernkultur. All das streichen Sie mit Ihrer Verordnung.
Über eines bin ich noch völlig überrascht. Sie führen gerne die Eigenverantwortung der Schulen im Munde. Wir haben den Weg für unsere Schulen bereitet. Wir wollen unsere Schulen in NordrheinWestfalen selbstständig machen. - Wir sind an Ihrer Seite. Warum geben Sie dann nicht wenigstens die Wahlmöglichkeit in die Schule selber? Ist es nur hohles Gerede, dass Sie Schulen eigenverantwortlich machen wollen? Die Anregungen aus den Verbänden sagen nichts anderes als dieses.
Ich biete Ihnen an: Das unterstützen wir und das tragen wir mit unserer Stimme mit. Wenn es das Fach „Naturwissenschaften“ schon nicht generell geben soll, können wir den Schulen in Nordrhein
damit die Schulbuchverlage nicht Millionen aus dem Fenster geworfen haben. Das wird nämlich bedeuten, dass die Eltern demnächst mehr Geld für Schulbücher bezahlen müssen; das holen sich die Verlage auf anderem Wege wieder herein. Vermutlich hat sich bei Ihnen noch keiner Gedanken darüber gemacht, was Schulbücher kosten, obwohl Sie hier und heute gesagt haben, Sie wollen die Eltern, die Lehrer und die Kinder mitnehmen. Aber hier geben Sie ihnen eine glatte Ohrfeige.
Das ist nicht im Interesse von NordrheinWestfalen, was Sie hier als einen ersten Schritt für dieses Land unternehmen. Ich bin enttäuscht, fachlich entsetzt und kann nur hoffen, dass Sie den Weg in die Option noch finden werden. Das wäre für mich der Ausweg aus diesem Dilemma, in das Sie - das muss ich ehrlicherweise sagen - nicht selbst gesteuert sind, sondern in das Sie die Fraktionen gebracht haben und das Sie nun auf diesem Wege umsetzen sollen. Wir bieten Ihnen diese Kooperation an; alles andere wäre dumm.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU hat im Wahlkampf erklärt: Bis 2010 werden wir 4.000 neue Lehrerinnen und Lehrer einstellen. - Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger hat uns gewählt, damit wir das umsetzen.
Die CDU hat im Wahlkampf erklärt: Wir werden allen Schulen mehr Selbstständigkeit geben. - Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger hat uns gewählt, damit wir das umsetzen.
Die CDU hat weiterhin erklärt: Wir werden wieder fachbezogenen Unterricht in Biologie, Physik und Chemie in den Klassen 5 bis 8 einführen. - Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger hat uns gewählt, damit wir das umsetzen.
Die neue Koalition der Mitte verspricht den Bürgerinnen und Bürgern nicht das Blaue vom Himmel, aber das, was sie verspricht, wird auch gehalten. Das gilt insbesondere für Fragen der Bildungspolitik. Denn gerade in der Bildungspolitik hat Rot
Grün versagt. Die Hoffnung von Eltern, Lehrerinnen und Lehrern auf einen Neuanfang ist tausendfach an uns herangetragen, gerade in den letzten Tagen erneut.
Vor diesem Hintergrund ist der SPD-Antrag zu betrachten. Allein die Sprache macht deutlich, dass es sich um ein Nachwahlgeplänkel handelt. Die Argumente sind bekannt. Ausführliche Stellungnahmen und Expertisen sind am 18. Juni 2003 im Rahmen der Anhörung des Schulrechtsänderungsgesetzes erörtert worden.
Erstens. Die Einführung des integrierten Schulfachs „Naturwissenschaften“ dient in erster Linie der Vertuschung des eklatanten Fachlehrermangels in den Fächern Physik und Chemie.
Die Vorgängerregierung war bis zur Abwahl nicht in der Lage, gegen diesen Fachlehrermangel ernsthaft anzugehen oder ihn zu beheben. Das ist der eigentliche Grund für die geplante Einführung des Fachs „Naturwissenschaften“.
„Die Gestaltung von Unterricht ist in besonderem Maße von den Bedingungen der einzelnen Schule und den pädagogischen und didaktischen Vorstellungen ihrer Lehrerinnen und Lehrer abhängig.“
Ich möchte erst meine Ausführungen beenden. Hinterher kann ich Fragen beantworten. - Mit anderen Worten: Wenn keine Physiker oder Chemiker an der Schule sind, greift man auf die vorhandenen Lehrerinnen und Lehrer zurück. Die Folge: Der Unterricht wird in großem Umfang fachfremd erteilt. 42 % des Physikunterrichts an Hauptschulen und über 20 % des Physikunterrichts an Realschulen wird fachfremd erteilt. Das ist keine Werbeaktion für den Physikunterricht. In der Chemie sieht es auch nicht besser aus - im Gegenteil.
Wenn die Fächer aus dem Stundenplan verschwinden, befürchten wir, dass noch weniger junge Menschen das Studium Lehramt für Chemie und Physik ergreifen werden. Auf Dauer wird der
Fachlehrermangel also noch eklatanter, und es wird genau das Gegenteil des vielleicht Beabsichtigten erreicht.
Das eigentliche Problem ist, dass Sie die Lehrerversorgung insgesamt, insbesondere aber in den naturwissenschaftlichen Fächern, sträflich vernachlässigt haben. Sie haben eine schlechte Personalplanung betrieben und die Aussichten der Studierenden verschlechtert.
Nein, ich möchte im Zusammenhang vortragen. - Blicken wir noch einmal auf die Gruppen, die die Schülerinnen und Schüler nach der Schulzeit für Ausbildung und Beruf übernehmen. Wir haben einmal die Betrachtung der Schule und des Unterrichtsablaufs. Aber bei der Betrachtung der Einführung der naturwissenschaftlichen Fächer oder der Beibehaltung von Biologie, Physik und Chemie ist es auch wichtig, die Abnehmer zu berücksichtigen.