Dieses Gesetzgebungsverfahren zeigt doch vor allem eins: Die neue Koalition von CDU und FDP nimmt konstruktive Kritik, die Experten in der Anhörung geäußert haben und die sinnvoll erscheint, ernst und setzt Anregungen – soweit es möglich ist – um. Das sollte in solchen Fällen eine Selbstverständlichkeit sein, ist aber Ausdruck eines neuen Politikstils. Das möchte ich ausdrücklich feststellen.
Unter rot-grüner Verantwortung war das früher nicht so. Ich erinnere beispielsweise an die Anhörung zur offenen Ganztagsgrundschule. Selbst die von der heutigen Opposition benannten Fachleute haben damals überzeugend dargelegt, dass – erstens – der bildungspolitische Aspekt in der OGS viel zu kurz kommt und – zweitens – zumindest für einen Übergangszeitraum und für einen Teil der Kinder das Hortangebot bestehen bleiben muss.
Das muss einmal gesagt werden. – Die Reaktion der damaligen Landesregierung war keinerlei Bewegung. Die Anhörung war für Sie reine Formsache.
Wir haben in diesem Zusammenhang jetzt unsere Hausaufgaben gemacht. Sie wissen, dass wir Ihre damalige Fehlentscheidung auch in Bezug auf die Horte zurückgenommen haben, meine Damen
und Herren. Die Freien Demokraten begrüßen, dass das Land von seinem Recht Gebrauch macht, die Finanzierung der Schwangerschaftskonfliktberatung gesetzlich zu regeln. Das schafft Rechts- und Planungssicherheit für Träger und Verbände.
Wenn die SPD-Fraktion in Ihrem Entschließungsantrag von gravierenden Verschlechterungen spricht, hat sie entweder den Gesetzentwurf der Landesregierung beziehungsweise den Änderungsantrag der Koalition nicht gelesen oder sie will bewusst Frauen in Not verunsichern. Beides wäre schlecht.
Erstens. Die neue Landesregierung stellt im Jahre 2006 25,3 Millionen € für die Schwangerschaftskonfliktberatung zur Verfügung. Das sind 6,4 Millionen € mehr als im Jahre 2004.
Zweitens. Die Anrechnung der Ärzteschaft kann mit bis zu 25 % erfolgen. Das heißt im Klartext: Sie muss es nicht. 25 % ist die Obergrenze. Zur Erinnerung: Die Ärztequote lag zuzeiten rotgrüner Regierungsverantwortung bei 33 %, ohne dass eine Begrenzung nach oben festgeschrieben war.
Insofern werte ich Ihre Kritik an der Anrechnung von Ärztinnen und Ärzten, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, als reines Oppositionsgeplänkel.
Drittens. Die Koalition stellt mit ihrem Änderungsantrag sicher, dass eine Eingruppierung der Beratungskräfte auch nach BAT IVa möglich ist, sofern Leitungsaufgaben wahrgenommen werden. Damit haben wir zum einen die Anregungen der Sachverständigen umgesetzt, zum anderen bewegen wir uns mit dieser Vergütung im Durchschnitt der Bundesländer.
Viertens. Weiterhin werden auch andere Professionen – beispielsweise Ärztinnen und Ärzte sowie Psychologinnen und Psychologen – am Beratungsprozess beteiligt sein und selbstverständlich angemessen entlohnt werden.
Die gegenteilige Behauptung im Entschließungsantrag der SPD ist also schlichtweg falsch. Das Bundesgesetz schreibt vor, dass – soweit erfor
derlich – insbesondere ärztlich, fachärztlich, psychologisch, sozialpädagogisch, sozialarbeiterisch oder juristisch ausgebildete Fachkräfte hinzuziehen sind. Die bundesgesetzliche Regelung geht also nicht von einer Festanstellung der spezialisierten Fachkräfte nach BAT aus,
sondern stellt klar, dass diese ergänzend hinzukommen können. Das spiegelt auch die Realität wider. Denn nicht jede Ratsuchende braucht Unterstützung durch Psychologen oder Ärzte.
Wer sie aber braucht, wird sie auch bekommen. Dazu stellt § 5 der Verordnung zum Ausführungsgesetz die landesseitige Übernahme des Beratungshonorars in Höhe von 80 % sicher. Kooperationen sind also beispielsweise mit niedergelassenen Gynäkologen möglich, die ihre Leistung dann als Honorarkräfte erbringen und diese auch entsprechend den für Ärzte üblichen Vergütungssätzen erstattet bekommen.
Meine Damen und Herren, zudem möchte ich darauf hinweisen, dass sich für das bereits jetzt fest angestellte ärztliche und psychologische Personal nichts ändert. Die Vergütung der heute nach BAT angestellten Ärztinnen, Psychologinnen oder anderer spezialisierter Fachkräfte bleibt bestehen, solange sie in den Beratungseinrichtungen tätig sind.
Fünftens. Die Forderung der Fachleute, eine bestimmte Zusatzqualifikation der Beratungskräfte außer dem entsprechenden Studienabschluss vorzuschreiben, hält die FDP-Fraktion für richtig.
Sie korrespondiert auch mit den bundesgesetzlichen Vorgaben zur Anerkennung von Beratungsstellen, die über hinreichend persönlich und fachlich qualifiziertes Personal verfügen müssen.
Deshalb begrüßen wir, dass sich das Ministerium zurzeit mit den Trägern im Abstimmungsprozess über festzulegende Qualifikationsanforderungen befindet.
Regelungsort ist allerdings – dies verkennen die Sozialdemokraten in ihrem Entschließungsantrag – nicht das Ausführungsgesetz, sondern die Anerkennungsrichtlinie. Dort müssen Mindeststandards formuliert werden. Denn Beratung im Schwangerschaftskonflikt erfordert neben spezieller Qualifikation vor allem eine persönliche Eignung und ein hohes Maß an Sensibilität.
Sachkostenpauschale tatsächlich einen Ansatz für Fortbildung und Supervision enthält. Damit ist sichergestellt, dass sich Beratungskräfte weiterqualifizieren können und dies vonseiten des Gesetzgebers auch ausdrücklich erwünscht ist.
Siebtens. Mit dem Änderungsantrag hat die Koalition den Bestandsschutz von zwei auf fünf Jahre angehoben. Das war auch eine Anregung der Experten im Hinblick auf langfristige Planbarkeit der Arbeit.
Achtens. Gemeinsam mit der CDU haben wir die ursprünglich vorgesehene Quotierung aufgehoben. Die Einteilung in auf der einen Seite religiöse und auf der anderen Seite weltanschaulich neutrale Träger haben die Freien Demokraten von Anfang an kritisch gesehen und wurden durch die Argumentation der Fachleute in ihrem Standpunkt bestätigt.
Insbesondere die Vertreter der katholischen Kirche haben darauf aufmerksam gemacht, dass zwischen der katholischen Kirche und dem Verein Donum Vitae ein tief greifender Dissens darüber bestehe, wie der Schutz des ungeborenen Lebens auf der Grundlage des katholischen Glaubens zu verwirklichen sei. Beide Träger unter der Rubrik „religiös“ zusammenzufassen, wäre also nicht sachgerecht. Das haben wir korrigiert.
Die zu fördernden Stellen werden nun direkt auf die Trägergruppen verteilt, wobei in jedem Kreis und in jeder kreisfreien Stadt mindestens jeweils eine Fachkraftstelle zweier unterschiedlicher Träger gefördert werden soll. Das sichert die Vielfalt der Beratungslandschaft und schafft ein höheres Maß an Transparenz.
Bei Überversorgung erfolgt die Auswahl nach fachlichem Ermessen. Dazu gehören beispielsweise neben der Kooperation mit anderen Diensten, die Größe der Einrichtung sowie deren Nachfrage. Es wird also gefördert, was vor Ort gebraucht und angenommen wird.
Trotz der von der Vorgängerregierung zu verantwortenden Haushaltsnotlage, die wir gestern in aller Breite diskutiert haben, stellt der Gesetzentwurf der Landesregierung mit den Änderungen der Koalition ein qualitativ hochwertiges plurales Beratungsangebot sicher,
das Frauen im Schwangerschaftskonflikt wohnortnah die notwendige Unterstützung und Begleitung zukommen lässt.
Danke schön, Frau Pieper-von Heiden. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Sommer in Vertretung für Herrn Minister Laschet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Entwurf des Artikelgesetzes hat die Landesregierung den Entwurf eines Ausführungsgesetzes zum Schwangerschaftskonfliktgesetz und den Entwurf der zugehörigen Rechtsverordnung in die parlamentarische Beratung eingebracht. Gesetzesinhalt ist die Finanzierung von Beratungsstellen der allgemeinen Schwangerschaftsberatung und der Schwangerschaftskonfliktberatung.
Mit dem Gesetz wollen wir die Finanzierung der Beratungsstellen neu ordnen und in NordrheinWestfalen eine plurale Versorgung mit Beratungsstellen sicherstellen. Zugleich ist das Gesetz erforderlich, um die nach der bundesgesetzlichen Regelung vorgegebene Mindestquote von einer Beratungsfachkraft für 40.000 Einwohner in Nordrhein-Westfalen zur Anwendung zu bringen.
Das Artikelgesetz basiert auf dem Schwangerschaftskonfliktgesetz des Bundes, wonach die Länder sicherstellen müssen, dass wohnortnah ein ausreichendes Angebot allgemeiner Schwangerenberatungsstellen und Schwangerenkonfliktberatungsstellen – hier kann der für den Abbruch erforderliche Beratungsschein ausgestellt werden – vorhanden ist.
Zudem sollen die Ratsuchenden zwischen Beratungsstellen unterschiedlicher weltanschaulicher Ausrichtung auswählen können. Das Schwangerschaftskonfliktgesetz regelt, dass mindestens eine Beratungsfachkraft für 40.000 Einwohner vorgehalten werden muss.
Eine Konkretisierung der Förderung überlässt das Schwangerschaftskonfliktgesetz dem Landesrecht. In Nordrhein-Westfalen wurde bisher nach Richtlinien gefördert. Die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und die in den Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen tätigen Ärztinnen und Ärzte bedürfen einer staatlichen Anerkennung. Dies ist in einer Anerkennungsrichtlinie geregelt, die von den Bezirksregierungen umgesetzt wird.
In dem Ihnen bekannten Rechtsstreit mit der Katholischen Kirche, in dem über die Förderung von Beratungsstellen, die keine Konfliktberatung anbieten, gestritten wurde, stellte das Bundesverwaltungsgericht Mitte 2004 fest:
Erstens. Solange kein Landesgesetz regelt, anhand welcher Auswahlkriterien eine Förderung der Beratungsstellen erfolgt, erhalten alle vorhandenen Beratungsstellen eine finanzielle Unterstützung. Ohne landesgesetzliche Festlegung der Auswahlkriterien und des Versorgungsschlüssels muss also jedes Beratungsangebot gefördert werden.
Zweitens. Auch die Beratungsstellen, die „nur“ allgemeine Schwangerschaftsberatung anbieten, müssen gefördert werden. Das heißt, die Beratungsstellen der katholischen Träger müssen finanziell unterstützt werden.
Auch bezüglich der Förderhöhe gibt es durch das Bundesverwaltungsgericht klare Vorgaben. Das Land hat für die allgemeine Schwangerschaftsberatung und die Schwangerschaftskonfliktberatung mindestens 80 % der Personal- und Sachkosten zu tragen.