Dazu gibt es auch einen Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/1878 – Neudruck.
Ich eröffne die Beratung und gebe als erster Fraktion der CDU, und zwar dem Abgeordneten Kruse, das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die neue Landesregierung steht insgesamt vor einer Neudefinition der Grenze zwischen staatlicher und kommunaler Verwaltung. Wir diskutieren im Übrigen quer durch unsere Republik: Brauchen wir mehr oder weniger Staat? Alle reden vom Abbau unnötiger Bürokratie und von der Konzentration des Staates auf seine Kernaufgaben.
Auch im Bereich der inneren Ordnung und der inneren Sicherheit steht die neue Landesregierung vor einer erdrückenden Erblast.
Für die Neuausrichtung dieser Politik wird es Zeit, und sie erfordert vor allen Dingen Mut und Tatkraft. Sie wird voraussichtlich nicht nur Diskussionen, sondern auch eine Vielzahl von Widerständen auslösen.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gehen die neue Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen erste Schritte zur Veränderung der Polizeistruktur, die neben dem Abbau unnötiger Bürokratie und der Binnenmodernisierung der Polizeibehörden dringend erforderlich sind.
Mit der Straffung der Struktur wird die Autobahnpolizei von den Bezirksregierungen zu fünf Polizeipräsidien verlagert. Die Wasserschutzpolizei wird in das für den Standort Duisburg zuständige Polizeipräsidium sowie das Polizeipräsidium Leverkusen in das Präsidium Köln und das Präsidium Mülheim an der Ruhr in das Polizeipräsidium Essen eingegliedert. Damit wird beabsichtigt, die Polizei insgesamt effizienter und auch noch bürgernäher arbeiten zu lassen.
Erinnern möchte ich in diesem Zusammenhang daran, dass die CDU-Fraktion vor knapp zehn Jahren schon einmal gefordert hat, die Autobahnpolizeien entsprechend zu verlagern. Damals wurde dies – aus meiner Sicht immer noch unverständlich – mit rot-grüner Mehrheit abgelehnt.
Ich erwähne dies deswegen, weil die alte Landesregierung mindestens in den letzten zehn Jahren, in den letzten beiden Wahlperioden, viele auch aus Sicht der CDU-Fraktion organisatorische Fehlentscheidungen getroffen und es zugelassen hat, dass eine hohe Zahl, dass zu viele Führungs-, Stabs- und Innendienststellen geschaffen wurden.
Das wollen wir ändern. Deswegen lautet unser Motto: Mehr fahnden statt verwalten. Es wird entscheidend darauf ankommen, den Verwaltungs-, den Führungs- und den Stabsaufwand insgesamt zu reduzieren, um den operativen Dienst zu stärken.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, meine geschätzte Kollegin Ursula Monheim – ich spreche das in aller Offenheit an – war ganz ohne Frage in den letzten Wochen besonderen Belastungen ausgesetzt. Niemand wird bestreiten können, dass örtliche Widerstände, dass Solidaritätsbekundungen politische Wirkung entfalten. Wir nehmen sowohl diese als auch die Anhörung vom 23. März 2006 zum Gesetzentwurf außerordentlich ernst.
Nicht zuletzt deswegen legen die Fraktionen von CDU und FDP einen Entschließungsantrag zum Gesetzentwurf der Landesregierung vor. Diese
Entschließung stellt aus unserer Sicht eine wesentliche und nicht zu unterschätzende Leitplanke zum Gesetzentwurf dar. Denn es soll sichergestellt werden, dass sowohl bei der Wasserschutzpolizei als auch bei der Autobahnpolizei die jeweilige Fachlichkeit und die Spezialisierung erhalten bleiben. Ebenso soll die erforderliche personelle Ausstattung in den Städten Leverkusen und Mülheim gewährleistet bleiben. Außerdem wird die Direktion Verkehr des Polizeipräsidiums Köln einschließlich der Autobahnpolizei in Leverkusen eingerichtet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit vorliegender Entschließung verdeutlichen die Fraktionen von CDU und FDP aber ebenso klar, dass weitere Synergien durch optimierte behördenübergreifende Zusammenarbeit erzielt werden müssen. Mit dem heutigen Gesetzentwurf ergreifen wir – wenn man so will – die erste Initiative in diesem Politikfeld. In den nächsten Monaten und auch in den nächsten Jahren müssen ganz ohne Frage weitere Schritte zur Rückgewinnung von Personal für den operativen Bereich folgen.
Wir bitten um Zustimmung zum Gesetzentwurf und zum vorliegenden Entschließungsantrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kruse. – Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Rudolph das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Kruse, nach den Nebelkerzen, die Sie hier gerade vom Redepult aus geworfen haben, ist es ein Wunder, dass ich Sie noch erkennen kann da in der zweiten Reihe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Warschau, Paris, Washington, New York, Brüssel, Jerusalem und nach der Fußball-WM Rom – so beschreibt der „Focus“ am 15. Mai 2006 unter der etwas eigentümlichen Überschrift „Blockflöte für alle“ die Reisetätigkeit des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten. Um das gleich zu sagen: Ich habe nichts dagegen, wenn sich ein Ministerpräsident in der Welt aufhält. Denn bekanntlich heißt es ja: Reisen bildet.
Für eine Bildungsreise hätte ich allerdings noch einige Ergänzungsvorschläge zu machen, zum Beispiel Leverkusen, Mülheim,
Arnsberg, Detmold, Münster, Köln, Düsseldorf und nicht zu vergessen demnächst auch Krefeld, Oberhausen, Recklinghausen und Gelsenkirchen.
Denn gerade an diesen Orten lässt sich anschaulich zeigen, was Ihre Änderung in der Polizeiorganisation anrichtet: Unverständnis, Proteste, Unzufriedenheit, begründete Sorgen allerorten. An all diesen Orten kann Ihr Geisterfahrer vom Dienst, der Herr Innenminister, nämlich nicht erklären, warum man das Polizeiorganisationsgesetz ändern muss.
Er kann nach über einem halben Jahr – denn so lange liegt ja der Gesetzentwurf inzwischen vor – immer noch nicht erklären, wie viele Stellen für den operativen Dienst das Herumfingern am äußeren Aufbau unserer Polizeibehörden genau bringt. Ich stelle also noch einmal die Fragen: Sind es nun 145 Funktionen gleich 145 Stellen? Sind es 160 Stellen? Sind es 140 Stellen? Wo fallen sie weg? Wo tauchen sie wieder auf? Nach wie vor Fragen über Fragen.
In der Innenpolitik wird besonders deutlich, welche Geisterfahrt eine Landesregierung aufnimmt, wenn sie von der FDP geführt wird
und wenn der Ministerpräsident zum Assistenten bei der Umsetzung von FDP-Beschlüssen wird. Sie, liebe innenpolitische Kollegen von der CDUFraktion, können davon ein Lied singen. Sie sind umgefallen, hingefallen, und ich sage Ihnen: Sie werden die nächsten vier Jahre nicht wieder aufstehen.
Es hat in der Geschichte der nordrhein-westfälischen Politik kaum eine Anhörung gegeben, in der eine Landesregierung mit einem Gesetzentwurf so untergegangen ist wie bei der Anhörung zur Änderung des Polizeiorganisationsgesetzes.
Dabei lege ich Wert auf die Feststellung: Nur zwei der gehörten Experten wurden von der SPDFraktion nominiert. Nur zwei!
Im Namen des gesamten Parlaments möchte ich mich dennoch bei allen Sachverständigen dafür entschuldigen, dass ihre Arbeit entgegen mancher Zusagen auch der CDU-Fraktion völlig vergebens
war. Der Innenminister nimmt keinen Rat an. Er hört nicht zu. Und wenn er es versucht – wir haben es gesehen –, versteht er alles anders. Der von den Koalitionsfraktionen nun vorgelegte Entschließungsantrag zum Gesetzentwurf der Landesregierung ist der untaugliche und leicht zu durchschauende Versuch, weiße Salbe dort zu verabreichen, wo die Polizei leidet und die innere Sicherheit unseres Landes Schaden nimmt.
Weil es kein schlüssiges Konzept für eine Polizeireform gibt, behaupten Sie nun, der vorliegende Gesetzentwurf sei Teil eines Gesamtkonzepts, das den Titel „Dreisäulenmodell“ trägt. In Wahrheit ist es ein Säulenheiligenkonzept,
denn es werden Stück für Stück die Säulen abgetragen und abgerissen, die unsere Polizeiorganisation bisher getragen haben, zum Beispiel: Welche Richtung die Binnenmodernisierung der Polizeibehörden nimmt, ist in Wahrheit nicht klar. Sie können es bis heute nicht sagen. Stattdessen treiben Sie unsere Polizei in immer wieder neue Feldversuche.
Zweite Säule: Statt Abbau unnötiger Bürokratie, gegen den niemand in diesem Haus ist, werden entgegen Ihrer Wahlversprechen Stellen abgebaut – nicht Bürokratie –, und der Polizeihaushalt wird gekürzt.
Drittens. Die Straffung der äußeren Struktur der Polizeibehörden, wie es jetzt so schön heißt, bedeutet in Wahrheit die Auflösung von Polizeipräsidien nach Pensionsalter der Präsidenten und nach Gelegenheit.
Weil Sie angekündigt haben, Herr Kollege Kruse, es solle weitergehen, sind wir heute gespannt, wie es denn nun mit der Straffung der äußeren Struktur weitergehen soll. Konkret gefragt: Wann wird das Polizeipräsidium in Krefeld aufgelöst? Folgen anschließend Oberhausen und dann Recklinghausen oder Gelsenkirchen und wer noch?
In Ihrem Entschließungsantrag kommt dann der nächste Druck auf die Tube mit der weißen Salbe, denn Sie behaupten dort, dass die jeweilige Fachlichkeit und Spezialisierung der Autobahnpolizei und der Wasserschutzpolizei organisatorisch sichergestellt werden soll. Ich frage Sie: Warum lassen Sie die Wasserschutzpolizei nicht einfach
in Ruhe? Denn dann wäre ihre Fachlichkeit und Spezialisierung doch am besten sichergestellt. Warum bauen Sie mit der Verlagerung der Autobahnpolizei eine neue Mittelbehörde in der Polizeiverwaltung auf?
Noch mehr weiße Salbe: Sie behaupten in Ihrem Antrag, die Städte Leverkusen und Mülheim erhalten die erforderliche personelle Ausstattung bei den Wach- und Bezirksdiensten sowie bei der Kriminalitätsbekämpfung. – Was heißt eigentlich „erforderliche personelle Ausstattung“? Bleibt es nun bei den vorhandenen Stellen oder nicht?
Weiße Salbe, nächster Fall: Sie haben es gerade gesagt, die Direktion Verkehr des PP-Köln einschließlich der Autobahnpolizei soll in Leverkusen eingerichtet werden. Jetzt verraten Sie uns doch bitte einmal, um wie viele Stellen es sich dabei handelt. Ich vermute: um 20 von 200 oder 180. Sie können mich aber gerne korrigieren. Dadurch wird deutlich, dass Sie auch in diesem Fall weiße Salbe verabreichen.
Der neueste Hammer ist: Sie beabsichtigen nunmehr – das haben Sie angekündigt –, die Mittelinstanz der Polizeiverwaltung in NordrheinWestfalen aufzulösen, ohne konkret sagen zu können, wohin sie soll.