Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem es eben um Emissionen ging, geht es jetzt um Missionen. Das Thema Auslandsmissionen der Polizei ist vor zwei Jahren anlässlich des zehnjährigen Jubiläums breit durch die Öffentlichkeit gegangen. Die „Tagesschau“ der ARD hat damals getitelt: „Die deutsche Polizei ist ein Exportschlager“.
Das ist auch heute immer noch richtig, und das freut natürlich sowohl die Polizei als auch die Politik. Zu diesem Erfolg hat die nordrhein-westfälische Polizei einen erheblichen Beitrag geleistet. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass unser Inspekteur der Polizei, Herr Wehe, Vorsitzender einer entsprechenden Bund-Länder-Arbeitsgruppe ist, die diese Einsätze koordiniert.
In den vergangenen zwölf Jahren waren insgesamt über 550 nordrhein-westfälische Polizeibeamte im Ausland eingesetzt. Heute sind knapp 300 deutsche Polizisten im Ausland beziehungsweise in internationalen Projekten tätig. Von den 300 deutschen Polizisten, die im Ausland für uns arbeiten, stammen im Moment exakt 38 aus Nordrhein-Westfalen. Der weitaus größte Teil dieser Polizisten – mit 30 Teilnehmern aus NordrheinWestfalen – gehört zur UN-Mission im Kosovo. Weitere Einsatzregionen deutscher Polizisten und
unterstützte Länder sind Georgien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Liberia, Sudan, Irak, Afghanistan und seit kurzem auch Palästina.
Aus Nordrhein-Westfalen befinden sich heute zwei Beamte für die UN in Liberia, einer ist für die EU in Palästina, und fünf sind im Rahmen eines Polizeihilfsprojektes in Afghanistan im Einsatz.
Diese Einsatzorte sind uns alle bestens bekannt. Doch leider sind sie uns nicht im positiven Sinne als Urlaubsorte, sondern eher als die Krisenregionen auf der Erde bekannt. Besonders nachdenklich macht mich, dass gerade in den letzten Tagen die Meldungen aus Afghanistan von Berichten über eskalierende Gewalt geprägt waren. Lassen Sie uns hoffen – ich denke, das Ministerium wird auch die nötige Vorsorge treffen –, dass die Gesundheit unserer Polizisten in Afghanistan keinen Schaden nimmt. Trotz der bekannten Gefährdungslage in diversen Ländern leisten unsere Polizistinnen und Polizisten freiwillig und unter schwierigen Bedingungen mit großem Engagement hervorragende Arbeit.
Die internationale nordrhein-westfälische Polizeiarbeit wird hoch geschätzt und auch sehr rege nachgefragt. Unsere nordrhein-westfälische Polizei ist daher ein wesentlicher Teil des zitierten deutschen Exportschlagers.
An dieser Stelle ist es angebracht, allen aktiven und ehemaligen Einsatzkräften, aber auch deren Familien, die zu Hause lange auf ihre Polizisten verzichten mussten, zu danken und sie aufzufordern, auch künftig eine entsprechende Bereitschaft mitzubringen.
Erfolgreiche nordrhein-westfälische Polizeieinsätze im Ausland gehören eigentlich nicht zu dem klassischen Bild von Arbeit für die innere Sicherheit. Dennoch sind sie als gesamtstaatliche Aufgabe wichtig für Deutschland und wichtig für Nordrhein-Westfalen. Zum Beispiel sorgen unsere Polizisten im Kosovo mit aktiver klassischer Polizeiarbeit vor Ort für die nötige Sicherheit. Erst dadurch wird ermöglicht, dass sich dort mit der Zeit ein demokratisch legitimierter und freiheitlicher Rechtsstaat bilden kann. Im Irak, in Afghanistan und auch in anderen Ländern schaffen Polizeimissionäre durch Aufbau, Beratung und anschließende Überwachung der lokalen Polizeien ebenfalls die Basis für einen demokratischen Staat.
Wir können zu Recht stolz auf die insgesamt über 550 NRW-Auslandspolizisten sein. Sie sind mit ihrer Arbeit erfolgreiche Botschafter unseres funktionierenden Rechtsstaats. Ganz ohne Nutzen
und ganz ohne Sicherheitsaspekte ist das für uns natürlich nicht. Wenn man nämlich heute die Gefährdungslage auf der Welt beurteilt, muss man zu dem Ergebnis kommen: Internationale Prävention und Gefahrenabwehr beginnen heute weit vor den Grenzen unseres eigenen Landes.
Zum Beispiel profitieren auch wir in NordrheinWestfalen ganz speziell von den sich ständig stabilisierenden Verhältnissen auf dem Balkan. Das ist unter anderem eine Voraussetzung für die Eindämmung organisierter Kriminalität, es ist aber auch eine Voraussetzung dafür, dass bei uns auffällige Kriegsflüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren können.
Der Erfolg dieser polizeilichen Auslandsarbeit ist kein Zufall. Ich betone ausdrücklich: Sowohl die alte als auch die neue Landesregierung haben die Bedeutung der Polizeiauslandsmissionen hoch eingeschätzt beziehungsweise schätzen sie hoch ein. Unsere Beamten werden gut vorbereitet und betreut. Das muss auch so sein. Es handelt sich bekanntlich nicht um Urlaubsreisen.
Noch gestern habe ich ein langes Gespräch mit zwei Beamten geführt, die mehrfach in Bosnien eingesetzt gewesen sind. Die beiden Beamten lobten ausnahmslos die nahezu optimale Vorbereitung, Betreuung und Nachbereitung ihrer Einsätze.
Leichte Kritik kam zu der finanziellen Ausstattung auf. Man hat sich nicht beklagt, aber verglichen mit anderen Entsendeländern liegen NordrheinWestfalen und Deutschland insgesamt bei der finanziellen Ausstattung der Beamten im unteren Drittel. Wenn wir dort eine Verbesserung erzielen wollen, muss der Bund erkennen, dass PolizeiAuslandsmissionen gesamtstaatliche Aufgaben sind, die auch gesamtstaatlich finanziert werden müssen. Wenn ich richtig informiert bin, ist die Landesregierung aktiv in Verhandlungen mit dem Bund.
Weiteren Handlungsbedarf – da ist wohl der Schwerpunkt wirklich berechtigter Kritik anzusetzen – gibt es bei der dienstlichen Förderung von Missionsteilnehmern. Es fängt schon damit an, dass Bewerber, die freiwillig – auf eigenen Wunsch – ins Ausland gehen möchten, bei den Behörden nicht mit offenen Armen aufgenommen werden. Bewerbungen werden nicht gerne gesehen, weil diejenigen, die nach einem Auswahlverfahren wirklich ins Ausland gehen, auf der Dienststelle fehlen, Nachersatz nicht eingeplant und auch nicht zu bekommen ist. Die verbleibenden Beamten vor Ort müssen also mehr arbeiten und auf Freizeit verzichten, damit Auslandsmissionen möglich sind.
Schwerwiegender wurde von den Beamten beurteilt, dass sich rückkehrende Beamte, denen eigentlich auf dem Papier und auf dem Erlasswege versprochen wird, eine besondere dienstliche Förderung zu erfahren, gerade darüber beklagen, dass diese dienstliche Förderung so nicht praktiziert wird. Es ist im Gegenteil oft so, dass Beamte bei der Rückkehr aus dem Kosovo oder anderen Ländern feststellen, dass die Behörden nicht auf die Rückkehr vorbereitet sind. Entweder gibt es gar keine Verwendungskonzepte oder vorhandene Verwendungskonzepte werden nicht entsprechend umgesetzt.
Die neue Landesregierung ist gut beraten, sich dieser Problematik anzunehmen; sie wird es wohl auch tun. Denn die Wertschätzung der Tätigkeit in den Auslandsmissionen soll sich künftig mehr als bisher in der dienstlichen Förderung wiederfinden. Wertschätzung darf nicht zur bloßen Worthülse verkommen.
Der Antrag von CDU und FDP und der nachgereichte ähnlich klingende, ja fast wortgleiche Entschließungsantrag von SPD und Grünen lassen erkennen, dass es hier im Hause vernünftigerweise einen breiten Konsens gibt, was die Anerkennung und Förderung der Arbeit unserer Polizei im Ausland angeht.
Besonders würde ich mich freuen, wenn die gleich anschließende Diskussion ohne strategische Frontenbildung verlaufen würde. So könnten wir vielleicht mit einer positiven Botschaft versuchen, dazu beizutragen, dass in Nordrhein-Westfalen vielleicht künftig der Sitz einer UN-Organisation ist, die weltweite Polizeieinsätze koordinieren soll. Die Landesregierung ist auch dazu aktiv. Eine Standortentscheidung dürfte in der zweiten Jahreshälfte fallen.
Sehr geehrte Damen und Herren, es wäre eine echte Belohnung für die Polizei und die Politik hier im Lande, wenn diese Standortentscheidung zugunsten von Nordrhein-Westfalen ausfallen könnte.
Ich freue mich auf Ihre Wortbeiträge und möchte Ihnen in der verbleibenden Zeit ausreichend Gelegenheit geben, die deutsche und die nordrheinwestfälische Polizei zu loben. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lohn. – Ich mache darauf aufmerksam, dass zum Antrag der Koalitionsfraktionen noch ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/2036 vorliegt. Wir beziehen diesen Entschließungsantrag in die Debatte ein.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herrn! Die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sich seit ihrem Beitritt zu den Vereinten Nationen im Jahre 1973 mit finanziellen Beiträgen und dem Einsatz ziviler Helferinnen und Helfer an Friedensmissionen der Vereinten Nationen.
Das Bundesverfassungsgericht stellte mit Urteil vom 12. Juli 1994 fest, dass sich Deutschland zur Wahrung des Friedens im Rahmen von Art. 24 Abs. 2 Grundgesetz mit Zustimmung des Deutschen Bundestages auch mit Einsätzen bewaffneter Streitkräfte an internationalen Missionen beteiligen kann. Der Einsatz von Polizeikräften im Rahmen von Friedensmissionen ist als eine typische, mit dem System verbundene Aufgabe ebenfalls verfassungskonform.
Am 25. November 1994 beschloss die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder, dass sich die Länder durch den Einsatz von Polizeibeamtinnen und -beamten an solchen Missionen beteiligen und zusammen mit dem Bund eine Arbeitsgruppe gründen. Diese BundLänder-Arbeitsgruppe ist das zentrale Beratungs- und Entscheidungsgremium für alle Fragen der Beteiligung an internationalen Polizeimissionen. Vorsitzender der Arbeitsgruppe – das hat Kollege Lohn schon herausgestellt – ist seit ihrer Gründung der Inspekteur der Polizei in NordrheinWestfalen.
Die Teilnahme von Polizeibeamtinnen und -beamten an Auslandseinsätzen ist freiwillig. Nach einem Auswahlverfahren erfolgt eine bundeseinheitliche Vorbereitung. Missionssprache ist Englisch. Nordrhein-Westfalen bildet einen Ausbildungsverbund mit dem Saarland, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Sachsen sowie den Grenzschutzpräsidien Mitte und West. Besonders wichtig vor Missionsbeginn ist ein intensives Training, das eindringlich auf die Gefahren von Landminen hinweist und lehrt, wie man mit dieser Gefahr umgeht.
Im Falle von ungewöhnlich stark belastenden Ereignissen wie Todesfällen – das sagt sich hier so leicht –, schweren Verletzungen oder persönlichen Krisensituationen, die außerhalb der normalen menschlichen Erfahrung liegen und in denen zu erwarten ist, dass der Polizeibeamte sie nicht ohne Unterstützung verarbeiten kann, steht in Deutschland ein aus Medizinern, Psychologen, Seelsorgern und Polizeibeamten zusammengesetztes Kriseninterventionsteam zur Verfügung.
Der Innenminister, der Staatssekretär, der Inspekteur der Polizei, Behördenleiter, aber auch Parlamentarier, zum Beispiel die innenpolitischen Sprecher oder der Petitionsausschuss, haben sich bei Besuchen vor Ort wiederholt ein persönliches Bild von den Lebens- und Arbeitsbedingungen der Polizeibeamten gemacht. Dabei dürfen wir in Nordrhein-Westfalen stolz auf das NRW-Kontingent sein. Ich erinnere an den Leitenden Polizeidirektor Stefan Feller, der sogar zum Chief Commissioner der Unmik, United Nations Mission in Kosovo, berufen wurde und seit geraumer Zeit – es sind wohl zwei Jahre – an wichtiger Stelle in Brüssel tätig ist.
Der Auslandseinsatz ist an Härte nicht zu überbieten: Dienst rund um die Uhr, oft unter Lebensgefahr, Privatheit – null, im Winter oft Eiseskälte, tägliche Stromausfälle, von Komfort keine Spur, Trennung von zu Hause, fremde Kultur, oft das Gefühl, auf einem Pulverfass zu sitzen – das sind die Lebensumstände der Auslandsmissionen.
Und dennoch: wieder und wieder das aufopfernde Bemühen zu schlichten, zu schützen, die öffentliche Sicherheit und Ordnung herzustellen – und das in einer unwirtlichen Welt: in Dörfern, deren Häuser so zerstört wurden, dass ein Wiederaufbau aufgegeben wurde – Sie kennen die Bilder vom Balkan aus dem Fernsehen –, mit einer Bevölkerung, die traumatisiert und immer noch verunsichert ist, und mit Verwaltungen, die erst noch lernen müssen, was es bedeutet, dass sie an Recht und Gesetz gebunden sind.
Wie labil die Verhältnisse sind, wurde im März 2004 im Kosovo sichtbar: Über Nacht eskalierende Unruhen forderten 20 Tote und ca. 850 Verletzte und erhebliche Sachschäden: Gebäude, Klöster und Kirchen, die bislang erfolgreich von der Unmik vor der Zerstörung bewahrt werden konnten, wurden in Schutt und Asche gelegt. Nur die internationale Präsenz konnte eine weitere Eskalation verhindern.
Mit unserem Antrag möchte die Koalition dieses, weit über das normale Maß hinausgehende Engagement der Polizeivollzugsbeamten in Auslandsmissionen in besonderer Weise würdigen. Für die FDP-Fraktion und für mich als ihr innenpolitischer Sprecher ist es dabei wichtig – genauso, wie es der Kollege Lohn vorgetragen hat –, dass die Polizeivollzugsbeamten nach erfolgreicher Auslandsmission dienstlich wirklich gefördert werden. Das ist Punkt 3 in unserem Antrag. Bislang
Ich bitte den Innenminister Dr. Wolf, zum Beispiel mit einem Erlass oder in anderer geeigneter Form seinen Behördenleitern eine klare Ansage zu machen.
Am Schluss – ich habe noch eine Minute Redezeit, meine sehr verehrten Damen und Herren – möchte ich auf die „Streife“ hinweisen; ich habe diese Zeitschrift mit ans Rednerpult genommen. Die innenpolitischen Sprecher werden sie kennen. Das ist ein Blatt, das die Landesregierung zum zehnjährigen Bestehen der Auslandsmissionen herausgegeben hat. In verdichteter Form ist komplett nachzulesen, wer wo wie und unter welchen Umständen als Polizeibeamter NordrheinWestfalens in der Welt tätig ist. Ich empfehle einfach, dass vielleicht eine neue Auflage in ein oder in zwei Jahren dieses hervorragende Blatt ergänzt. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Polizei in NordrheinWestfalen hat uns in letzter Zeit mehrfach beschäftigt. Zuletzt haben wir am 18. Mai dieses Jahres im Plenum noch einmal kontrovers über die geplante sogenannte Polizeireform diskutiert. Zu einer nennenswerten Annäherung der Standpunkte von Regierung und Opposition ist es dabei zu unserem Bedauern nicht gekommen.
Deutlich anders liegt die Sache aus Sicht meiner Fraktion beim vorliegenden Antrag der Regierungsparteien. Zwar können wir im Kern wesentliche Teile dieses Antrags durchaus mittragen, insgesamt geht uns der Antrag aber nicht weit genug. Insbesondere, meine Damen und Herren, ist uns unverständlich, dass allein die Regierungsfraktion der FDP sich nicht in der Lage sah, der Einbringung eines interfraktionellen Antrags zu diesem wichtigen Thema zuzustimmen. Die CDUFraktion hatte der gemeinsamen Einbringung eines gemeinsamen Antrages aller Fraktionen bereits zugestimmt, sich dann aber aus Gründen der Koalitionsdisziplin zur Zurückhaltung genötigt gesehen.
Hier wird wieder einmal deutlich, dass bei Schwarz-Gelb der Schwanz mit dem Hund wackelt, meine Damen und Herren.
(Beifall und Heiterkeit von der SPD – Monika Düker [GRÜNE]: Da wackelt alles! – Zuruf von der SPD: Das Schwänzchen!)
Gerade in Anbetracht der hervorragenden Leistungen nordrhein-westfälischer Beamtinnen und Beamter bei Auslandseinsätzen wäre es wichtig gewesen, ein gemeinsames Zeichen aller im Landtag vertretenen Fraktionen zu setzen und die Angelegenheit nicht zum Spielball parteipolitischer Interessen werden zu lassen, meine Damen und Herren.