form versuchen durchzutragen. Darüber kann man im Einzelfall diskutieren. Aber es darf nicht so zum Prinzip werden, dass es zulasten der Sache geht. Hier geht es zulasten der Sache, nämlich zulasten einer schnellen, einheitlichen und effizienten Lärmkartierung in Nordrhein-Westfalen,
auch wenn Sie den Kommunen entsprechende Hilfestellungen versprochen haben. Aber Sie werden nicht umhin kommen zu erklären, wie es formalrechtlich gehen soll: Einerseits sind die Kommunen zuständig, dann soll Ihnen das Land helfen. Wer soll wen beauftragen? In welcher Form soll das geschehen? Das schafft zusätzliche Bürokratie. Im Übrigen ist es auch teurer: Nach Untersuchungen, die uns vorliegen – Ihnen müssten die in der entsprechenden Machbarkeitsstudie auch vorliegen –, ist es um fast 60 % billiger, wenn es das Land macht und nicht die Kommunen.
Das steht doch in Ihrer eigenen Machbarkeitsstudie: Pro Einwohner kostet es 3,20 € an Verwaltungsaufwand, wenn es die Kommunen machen. Wenn es das Land macht, kostet es pro Einwohner 1,30 €. Das sind zumindest die Zahlen aus Ihrer eigenen Studie; die dürfen ja wohl entsprechend zitiert werden.
Es kommt weiter dadurch zu einer Aufweichung, dass Sie den Begriff Ballungsraum einseitig auslegen. Sie interpretieren Ballungsraum eng definiert in den kommunalen Grenzen. Das kann für Nordrhein-Westfalen einfach nicht der Sachstand sein, weil wir einen Ballungsraum hier etwas anders definieren: Das Ruhrgebiet ist ein zusammenhängender Ballungsraum. Wenn man Ihre Thesen – beispielsweise diejenigen, die wir eben im Zusammenhang mit der Luftreinhaltung diskutiert haben – ernst nimmt, dass man solche Fragen wie Lärmbekämpfung und Luftqualität nur in einem größeren Zusammenhang beantworten kann, muss es doch in diesem Fall zu einer entsprechenden Kartierung und Meldung im zusammenhängenden Raum für das gesamte Ruhrgebiet kommen. Ansonsten sind Sie in sich nicht konsistent. In der Sache ist es auch nicht angemessen, weil man das Problem nur in einem solchen regionalen Zusammenhang angehen kann.
Einen weiteren Punkt, der darauf hindeutet, dass es zu einer Verwässerung kommen soll, ist ein Antrag hinsichtlich der Schwellenwerte, den Sie
im Bundesrat unterstützen. Wenn – wie von Baden-Württemberg beantragt und von NordrheinWestfalen massiv unterstützt – die Schwellenwerte bei 70 dB(A) am Tag und 60 dB(A) in der Nacht liegen sollen, dann erübrigt sich eigentlich eine weitere Kartierung. Im Übrigen ist das auch keine 1:1-Umsetzung des EU-Rechts, weil die EU vorschreibt, dass eine entsprechende Kartierung in Ballungsräumen bei Werten ab 55 dB(A) am Tag und 60 dB(A) in der Nacht erfolgen soll.
Ich frage mich, wozu man kartieren soll, wenn man später erst zu einem viel höheren Wert Maßnahmen ergreifen soll? Das macht doch keinen Sinn. Hier soll offensichtlich mit höheren Schwellenwerten die Lösung eines Problems auf die lange Bank geschoben werden.
Meine Damen und Herren, dies macht deutlich, in der Sache gibt es, was die Bekämpfung von Lärm angeht, einen politischen Konsens. Wenn es allerdings darum geht, ins Detail zu gehen und ernsthaft das Problem in Nordrhein-Westfalen anzugehen, dann zeigen sich deutliche Schwächen. Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt.
Nein, es sind Schwächen. Wenn man an bestimmten Stellen nicht das, was zur Bekämpfung notwendig ist, unternimmt, sondern Versäumnisse zutage treten, dann muss man das politisch thematisieren. Deshalb haben wir den Antrag gestellt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass die Beeinträchtigung des persönlichen Umfeldes durch Lärm heute ein immer größer werdendes Problem darstellt, ist unstrittig und jedem bekannt. Viele dieser Lärmquellen wirken täglich auf jeden Einzelnen von uns ein, doch dabei ist die Wahrnehmung von Lärm und die dadurch verursachte persönliche Betroffenheit höchst unterschiedlich. Was für Jugendliche fetzige Musik in der Disco ist, das ist für andere nur noch eine Zumutung und wird auch als solche bezeichnet. Im Fußballstadion freuen sich die dort Anwesenden darüber, dass sie gemeinsam Gesänge und Schlachtrufe veranstalten. Anwohner der Stadien empfinden gerade diese Gesänge und Schlachtrufe als große Störung und wehren sich bis hin zu Klagen vor Gericht.
Einig ist man sich in der störenden Wahrnehmung von Straßen-, Flugzeug- und Industrielärm, um nur einige Lärmquellen zu nennen, wobei der gemessene Lärmpegel allein noch keine Aussage über die Wirkung auf die Betroffenen darstellt. So hört man häufig von Anwohnern an Straßen, dass sich bei Verlagerung des Straßenverkehrs und der damit verbundenen Verringerung des Verkehrslärmpegels Anwohner beschweren, weil nun nicht mehr der kontinuierlich hohe Lärmpegel vorhanden ist, sondern der deutlich niedrigere Lärmwert aufgrund unterschiedlicher Intensität dazu führt, dass er viel intensiver wahrgenommen wird.
Durch Lärm entstehen starke Beeinträchtigungen der Lebensqualität für unsere Bürgerinnen und Bürger, die so weit gehen können, dass sogar Krankheiten ausgelöst werden. Um dem entgegenzuwirken, haben wir mehrere Gesetze und Verordnungen, eine davon ist die EU-Umgebungslärmrichtlinie, die dazu dienen soll, den Lärmpegel zu begrenzen.
Der erste Schritt ist die Kartierung von Lärmbelastungen in besonders betroffenen Gebieten. Dazu zählen Ballungsräume, Hauptverkehrswege und Großflughäfen. Bis zum 30. Juni 2007 ist diese Lärmkartierung abzuschließen. Wir begrüßen es, dass Nordrhein-Westfalen hier zügig aktiv wird und die Initiative im Land ergriffen hat. Zur Unterstützung der Kommunen bei dieser Aufgabe sind im Landeshaushalt 1,4 Millionen € bereitgestellt. Nun gilt es bei dieser großen Aufgabe, die Kräfte zu bündeln, sodass das Land und die Kommunen zusammenarbeiten und Parallelarbeiten vermieden werden. Ein Beitrag hierzu ist die Zurverfügungstellung aller bereits bei den verschiedenen Ämtern, beispielsweise beim Landesumweltamt, vorhandenen relevanten Daten.
Meine Damen und Herren, die Kartierung der Lärmquellen und der Belastungen mindert noch keinen Lärm. Das kann nur der erste Schritt zu einer effektiven Lärmbekämpfung sein, damit man weiß, was los ist. Denn es ist schön und gut, wenn man weiß, wie hoch der Lärm ist und von wem der Lärm verursacht wird. Doch damit ist noch niemandem geholfen.
Auf der Grundlage der Lärmkarten sind dann die Lärmaktionspläne zu erarbeiten. Dann geht es auch richtig ins Geld. Die Lärmsanierung muss in den besonders stark belasteten Gebieten beginnen. Bei dem Umfang der Aufgaben können nicht alle Gebiete gleichzeitig in Angriff genommen werden. So macht es keinen Sinn, wie im Antrag gefordert, die Werte nach unten zu verändern. Man würde damit die betroffenen Gebiete erweitern und entsprechende Hoffnungen wecken, oh
ne die erfüllen zu können. Es bringt auch nichts, weitere Gebiete durch entsprechende Benennung als Ballungsgebiete mit in diesen Bereich hineinzubringen. Es wäre genau dieselbe Wirkung.
Meine Damen und Herren, es erweckt Erwartungen, die nicht erfüllt werden können. Es ist sehr leicht zu fordern, wenn man nicht die Verantwortung hat. Herr Remmel, Sie hatten ja bereits mit der vorherigen Landesregierung, die abgewählt worden ist, die Gelegenheit, aktiv zu werden.
Doch der Lärm spielte bei Ihnen überhaupt keine Rolle, außer wenn Sie ihn selbst veranstaltet haben.
(Zuruf von der SPD: Wie witzig! – Johannes Remmel [GRÜNE]: Soll das das Niveau sein? – Gegenruf von Parl. Staatssekretär Manfred Palmen: Das müssen Sie gerade sagen!)
Wir werden auch die EU-Lärmrichtlinie 1:1 umsetzen und keinen kostenträchtigen Extraweg für Nordrhein-Westfalen gehen. Wir werden die Umgebungslärmrichtlinie unbürokratisch und praktikabel umsetzen. Der von der jetzigen Landesregierung eingeschlagene Weg wird von uns voll und ganz unterstützt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Gesundheitsgefahr durch Lärm haben wir heute Abend bei diesem Tagesordnungspunkt hier im Plenarsaal zu dieser Tageszeit bestimmt nicht mehr zu erwarten. Das ist tagtäglich im Land aber anders. Lärm zählt zu den größten Umweltproblemen unserer Zeit und beschäftigt über die Grenzen Nordrhein-Westfalens und Deutschlands hinaus die Verantwortlichen aus Umwelt-, Gesundheits- und Kommunalpolitik. So steht das Thema Lärmschutz seit vielen Jahren auf der Tagesordnung der Umweltpolitik. Dabei ist Lärmschutz anders als Luftverschmutzung oder Feinstaub ausschließlich ein lokales und damit kommunales Umweltproblem.
Über 80 % der Deutschen fühlen sich vom Lärm belästigt. Lärm schränkt die Lebensqualität ein und kann zu gesundheitlichen Problemen führen.
Die Rechtslage und damit auch die Ausgangslage für unsere heutige Debatte ist klar: Die Europäische Umgebungslärmrichtlinie wurde 2005 in deutsches Recht umgesetzt.
Unabhängig vom aktuellen Anlass war das Land Nordrhein-Westfalen unter der Vorgängerregierung bereits aktiv an Lärmschutzmaßnahmen beteiligt. So hat das Land Nordrhein-Westfalen unter der Vorgängerregierung bis einschließlich 2004 910 Millionen € für aktiven und 73,4 Millionen € für passiven Lärmschutz an Bundes- und Fernstraßen ausgegeben.
Der Umweltausschuss des Landtages wurde in seiner Sitzung am 26. April dieses Jahres über die Umsetzung der EU-Umgebungslärmrichtlinie informiert. Dort wie auch in der Sitzung des Landesbeirates für Immissionsschutz vor zwei Tagen wurde versichert, dass das Land die Kartierung der Hauptstraßen – also Autobahnen und Bundesstraßen – übernimmt und dafür auch Geld im aktuellen Haushalt bereitgestellt hat. Die entscheidende Frage hat die schwarz-gelbe Landesregierung dabei aber jedes Mal elegant umschifft: Wer bezahlt eigentlich die sich anschließenden Lärmaktionspläne und gegebenenfalls erforderlichen Maßnahmen?
Hinzu kommt, dass die Landesregierung ihrer Informationspflicht nicht nachkommt. Die notwendigen Informationen an die Kommunen, die weniger als 100.000 Einwohner haben, aber an Hauptverkehrsstraßen und Autobahnen mit mehr als 6 Millionen Fahrzeugen pro Jahr liegen, fehlen vollständig.
Sie erzeugen so Unsicherheit und sorgen für Verwirrung. Eine aktuelle Nachfrage bei kleinen Kommunen im Münsterland ergab, dass viele noch überhaupt nichts von der Umsetzung der EU-Umgebungslärmrichtlinie gehört haben. Dass das Münsterland dabei kein Einzelfall ist, zeigt der hier vorliegende Brief einer Kommune vom Niederrhein. Diese Stadt mit etwas mehr als 36.000 Einwohnern hat nach einer Unterrichtung durch die zuständige Bezirksregierung Sorge, dass sie nun eine Lärmkartierung und anschließende Aktionsplanung in Eigenregie erstellen muss, nur weil sie an einem 4 km großen Abschnitt einer Autobahn liegt.
Hat die zuständige Bezirksregierung Sie falsch verstanden? Da stellt sich mir gleich die Frage, ob das vielleicht sogar Absicht war, weil es hier um das gute Geld geht. Oder hat die Kommune das falsch verstanden? Auf jeden Fall zeigt sich, dass es hier riesige Defizite in Ihrer Informationspolitik gibt.
Apropos Informationsdefizit, lieber Kollege Remmel vom Bündnis 90/Die Grünen: Sie fordern Informationen zu den Werkstattgesprächen. Selber suchen macht schlau! Auf den Internetseiten des MUNLV finden Sie die gewünschten Unterlagen. Ich gebe zu, dass ich nicht zu beantworten vermag, was zuerst da war: das Huhn oder das Ei beziehungsweise der Bericht über die Werkstattgespräche oder Ihr heutiger Antrag. Aber ich möchte den Mitarbeitern der Landesregierung hier nichts unterstellen und gehe daher davon aus, dass man den Bericht dort auch schon vorher hätte abrufen können.
Auch die Teilnahme an der Sitzung des Landesbeirates für Immissionsschutz vor zwei Tagen wäre hilfreich gewesen, da alle umweltpolitischen Themen, die Sie für heute auf die Tagesordnung haben setzen lassen, dort ausführlich behandelt worden sind.
Ohne mich nun weiter in die Details des vorliegenden Antrags vertiefen zu wollen, interessiert mich schon die Antwort der Landesregierung auf die Forderung zur Aufstellung von Lärmminderungsplänen bei den angegebenen Schwellenwerten.
Ferner interessiert mich, wie Sie, Herr Kollege Remmel, den großen Städten erklären wollen, dass diese ihre Aktionen zur Lärmerfassung und -vermeidung selber bezahlen müssen, die Kommunen der zweiten Phase die gleichen Aktivitäten jedoch vom Land finanziert bekommen sollen, wenn Ihre Forderungen dieses Antrages umgesetzt würden; denn Zuständigkeit heißt für mich auch finanzielle Zuständigkeit.
Unabhängig davon, dass wir die Idee der Berücksichtigung von geplanten Straßenbauvorhaben bei der Lärmkartierung und -minderungsplanung nicht mitgehen wollen, machen wir uns Sorgen darüber, wie die Lärmschutzmaßnahmen zukünftig – das heißt nach Umsetzung der Kommunalisierung der Umweltbehörden – koordiniert werden
können; denn wir erwarten von der Landesregierung, dass es für den Lärmschutz inklusive der Lärmkartierung und der Erstellung der Lärmaktionspläne klare Zuständigkeiten und Regelungen gibt, dass Kommunen bei der Umsetzung von Lärmminderungsmaßnahmen kompetent mit einem tragfähigen Handlungskonzept unterstützt werden, ohne dabei zusätzliche bürokratische Hürden überwinden zu müssen, dass Lärmvermeidung – also Lärmminderung und passiver Lärmschutz – ein wesentliches Element der Lärmschutzpolitik Landesregierung für jetzt und für die Zukunft sein wird und dass moderne Lärmschutzpolitik nicht als Hindernis für eine aktive Wirtschaftspolitik gesehen, sondern als gemeinsame Chance verstanden wird.