Protokoll der Sitzung vom 21.06.2006

Aber kommen wir zur Sache. Gerade was die WM angeht, haben wir einige Störungen zu verkraften. Aber man muss auch ganz deutlich sagen, dass noch nie so viele Züge in Nordrhein-Westfalen unterwegs waren wie zurzeit. Da ist es eigentlich klar, dass Probleme auftreten können. Das liegt auf der Hand, denn wir sind hier weit über dem Normalbetrieb. Hier von einem Herbstchaos im

Frühsommer zu sprechen, ist sicherlich nicht angemessen.

(Beifall von Bodo Wißen [SPD])

Gleichwohl müssen wir wohl von der Deutschen Bahn AG erwarten, dass sich die zu Beginn der WM aufgetretenen hausgemachten Vorfälle nicht wiederholen und die Betriebsqualität verbessert wird.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Michael Vesper)

Nun, Herr Keymis, zu dem Vorwurf der Grünen, Ministerpräsident Rüttgers und Verkehrsminister Wittke hätten die öffentlichen Verkehrsmittel in Berlin verkauft.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: So ist es!)

Das ist, ehrlich gesagt, eine absolute Frechheit.

Meine Damen und Herren, die nordrhein-westfälische Landesregierung hat von Anfang an und an vorderster Front gegen die von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück vorgesehenen Kürzungen bei den Regionalisierungsmitteln gekämpft.

(Beifall von der FDP – Bodo Wißen [SPD]: Ach? – Dr. Axel Horstmann [SPD]: Das stimmt nicht! Das wissen Sie selber ganz genau! – Hannelore Kraft [SPD]: Das ist Ge- schichtsklitterung!)

Dieser Kampf war keineswegs vergeblich. Wir begrüßen es, dass die Kürzungen nun geringer ausfallen, als ursprünglich geplant. Der in der Bundesratssitzung am vergangenen Freitag ausgehandelte Kompromiss sieht vor, dass der Bund bis 2009 statt 2,3 Milliarden € nun 1,8 Milliarden € einspart. Selbst wenn die zugesagte Kompensation in Höhe von 500 Millionen € für Regionalisierungszwecke eingesetzt wird, sind das jedoch immer noch sehr schmerzliche Einbußen für den Nahverkehr in Nordrhein-Westfalen.

(Zuruf von der SPD: Die dieser Ministerprä- sident unterschrieben hat!)

Daran hätte aber auch ein Vermittlungsverfahren nichts geändert. Deshalb hat Nordrhein-Westfalen konsequenterweise gegen das Haushaltsbegleitgesetz gestimmt.

(Beifall von der FDP – Dieter Hilser [SPD]: Folgenlos!)

Keine Frage, meine Damen und Herren: Die reduzierte Mittelzuweisung des Bundes stellt den Nahverkehr in Nordrhein-Westfalen vor große Herausforderungen. Dies ist aber kein Grund, jetzt hysterisch irgendwelche Untergangsszenarien an die Wand zu malen, wie es Herr Keymis immer

wieder macht. Ich bin davon überzeugt, dass wir in Nordrhein-Westfalen auch künftig einen attraktiven und leistungsfähigen öffentlichen Nahverkehr haben werden.

Die Koalition aus CDU und SPD in Berlin hat mit der Kürzung der Regionalisierungsmittel die Weichen in Richtung Streckenschließung und Fahrpreiserhöhung gestellt. Das ist richtig. Aber die Koalition aus CDU und FDP in Düsseldorf wird nun alles unternehmen, damit diese Maßnahmen so weit wie möglich nicht zulasten der Fahrgäste gehen.

(Zuruf von der SPD: Super! – Dieter Hilser [SPD]: Bravo!)

Dazu setzen wir auf intelligente Konzepte und darauf, das Nahverkehrsangebot effizienter und organisatorische Strukturen schlanker zu machen.

Herr Brockes, kommen Sie bitte zum Schluss. Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss.

Ein entscheidender Ansatz ist, für mehr Wettbewerb auf der Schiene zu sorgen. Generell sollten die Nahverkehrszuschüsse nur im Wettbewerb vergeben werden. Alle Erfahrungen zeigen, dass Ausschreibungen 10 bis 20 % Einsparungen mit sich bringen.

(Widerspruch von Bodo Wißen [SPD])

Das ist ein Ansatz, und ich könnte Ihnen noch weitere anführen. Diese werden wir verfolgen und so dafür sorgen, dass diese Kürzungen des Bundes nicht zulasten unserer Fahrgäste gehen. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank. – Als letzter Redner hat Herr Minister Wittke für die Landesregierung das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich frage mich bei diesem Antrag, was der Anlass war, ihn als Eilantrag zu stellen. In der Tat hat es in der ersten Woche der Fußballweltmeisterschaft eine unschöne Häufung von Betriebsstörungen gegeben,

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Aha!)

die überwiegend durch Dritteinwirkungen, auch durch Vandalismus, ausgelöst wurden. Sie sind

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe deshalb die Beratung.

im Antrag der Grünen durchaus treffend aufgeführt.

Die Verantwortlichen SPNV-Aufgabenträger berichten mir jedoch übereinstimmend, dass die verkehrliche Abwicklung der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland und auch bei uns in Nordrhein-Westfalen sehr zufriedenstellend verläuft.

Wir kommen zur Abstimmung über den Eilantrag Drucksache 14/2148. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? – Die drei übrigen Fraktionen, die erkennbar – jedenfalls von hier oben kann ich das sehen – die Mehrheit bilden. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Dieser Antrag ist deshalb weder eilig, noch enthält er eine zutreffende Bewertung der Vorfälle der letzten Woche. Von chaotischen Verhältnissen im Gesamtnetz kann deshalb überhaupt keine Rede sein. Die Zweckverbände melden, dass mit Ausnahme der genannten Vorfälle aktuell keine auffällige Verschlechterung der Qualität zu verzeichnen sei, sondern dass der Fahrbetrieb derzeit nahezu reibungslos bei uns in Nordrhein-Westfalen läuft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir kommen zu:

7 „Jung und Alt“ in den Städten und Gemeinden – Zukunftskonzepte für ein neues Zusammenleben der Generationen in Nordrhein-Westfalen auszeichnen Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir auch, dass ich zu dem, was nicht eilig und lange bekannt ist, nämlich zur neuen ÖPNV-Konzeption, etwas sage. Ich entschuldige mich, wenn Sie das wollen, Herr Keymis, ausdrücklich dafür, dass ich drei Werktage nach dem Beschluss des Bundesrates über die Kürzung der Regionalisierungsmittel noch kein Gesamtkonzept zu den Auswirkungen dieser Bundesratskürzung auf NordrheinWestfalen vorlegen kann.

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/2096

In Verbindung damit:

Zusammenleben der Generationen fördern – Mehrgenerationenkonzepte schaffen! Drei Arbeitstage sind seitdem vergangen. Aber es ist selbstverständlich, dass der zuständige Verkehrsausschuss so schnell wie möglich – darauf hat er ein Recht, und das wird auch so geschehen – ein solches Konzept zugestellt bekommen wird. Dazu wird eine Analyse der ÖPNV-Organisation in Nordrhein-Westfalen unter Berücksichtigung der Förderstrukturen in Deutschland unabdingbare Voraussetzung und Grundlage sein.

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/2103 – Neudruck

Ich eröffne die Beratung. – Als erste Rednerin hat für die antragstellende Fraktion Frau Abgeordnete Doppmeier, CDU, das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute über die Notwendigkeit, Zukunftskonzepte für ein neues Zusammenleben der Generationen zu finden und auch auszuzeichnen. Ein neues Zusammenleben zwischen den Generationen? Was hat sich denn verändert? Wo sind bisherige Konzepte nicht mehr passgenau?

Dazu haben wir ein Gutachten in Auftrag gegeben, das Ihnen, wenn Sie denn lesen wollten oder lesen könnten, tatsächlich schon bekannt sein könnte. Ich habe nämlich mit Datum vom 12. Juni 2006 der Frau Landtagspräsidentin mitgeteilt – diese Mitteilung ist allen Mitgliedern des Verkehrsausschusses zugänglich gemacht worden –, dass dieses Gutachten unter der Internetanschrift www.mbv.nrw.de/verkehr/Bus_Bahn zum Downloaden zur Verfügung steht. Es tut mir Leid, wenn Sie das nicht gelesen haben. Ich will Ihnen gerne auch noch die Vorlagennummer nennen: Diese Vorlage hat die Nummer 14/528 erhalten. Sie sehen, Herr Keymis: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. – Herzlichen Dank.

Der demographische Wandel stellt uns alle in den kommenden Jahren vor ganz neue Herausforderungen.

Meine Damen und Herren, ob Jung oder Alt – bitte hören Sie der Rednerin zu, oder setzen Sie die Gespräche draußen fort, wenn sie unbedingt sein müssen. interjection: (Beifall von CDU und FDP)

Seit Beginn der 70erJahre ist jede Generation der Deutschen um rund ein Drittel kleiner als ihre Elterngeneration. Zugleich werden wir aber auch immer älter. Wir leben im Schnitt rund vier Jahre länger als unsere Eltern. Unsere Kinder werden auch wohl wieder vier Jahre länger leben als wir. Das heißt, die Lebenserwartung liegt heute um 30 Jahre höher als vor 100 Jahren.

Bei einer konstanten Geburtenziffer würde die deutsche Bevölkerung ohne weitere Zuwanderung bis zum Jahre 2050 auf unter 60 Millionen Einwohner sinken. Gleichzeitig würde die Zahl der erwerbsfähigen Personen von heute 46 Millionen auf 27 Millionen zurückgehen, während sich die Zahl der über 80-Jährigen bis zum Jahre 2050 vervierfachen würde. Das Fazit ist also: Immer weniger junge Menschen werden immer mehr älteren Menschen gegenüberstehen.

Die Bevölkerung schrumpft und wird gleichzeitig älter – auch hier in Nordrhein-Westfalen. Hier wird die Bevölkerung bis 2025 auf 17,6 Millionen zurückgehen, auch wenn noch für einige Städte und Kreise ein leichter Zuwachs prognostiziert ist. Die Folgen dieses demographischen Wandels werden in allen Regionen, zugleich aber doch in unterschiedlicher Weise zutreffen. Manch eine ostdeutsche Stadt wie Chemnitz oder Halle, aber auch westdeutsche Städte wie Herten, Gelsenkirchen oder auch Bremerhaven verlieren schon jetzt kontinuierlich an Bevölkerung. Kommunen und politische Entscheidungsträger müssen sich jetzt darauf einstellen. Doch das Patentrezept gibt es sicherlich nicht. Dafür ist das Thema viel zu komplex und die Städte und Gemeinden zu unterschiedlich.

Kindergärten, Schulen, Büchereien, Theater, Bürokomplexe, Ladenlokale, der öffentliche Nahverkehr – all diese sind betroffen. Sie müssen schließen, sie müssen sich verkleinern oder versuchen, sich innovative Konzepte einfallen zu lassen, um ihre Existenz in der Zukunft zu sichern. Da gibt es bereits erste Kindergärten, die mit Altenheimen kooperieren und somit Generationen miteinander verbinden. Es gibt Schulen, in die ein Kindergarten eingegliedert wird. Wichtig sind hier Konzepte, denen ein intergenerativer Gedanke zugrunde liegt; denn es gilt für uns alle, solidarisches Handeln von Jung und Alt zu fördern.

Zugleich werden gerade in Städten immer mehr Menschen leben, die selbst oder deren Elterngeneration aus dem Ausland zugewandert ist. Bei den unter 40-Jährigen werden sie schon in einigen Jahren rund 50 % unserer Bevölkerung ausmachen. Auch hier sind intergenerative Konzepte

gefragt, die ein friedliches Miteinander unterstützen.