Protokoll der Sitzung vom 13.09.2006

(Beifall von FDP und CDU)

als Frau Höhn in zehn Jahren grüner Umweltpolitik in Nordrhein-Westfalen. Das wollen wir festhalten.

Meine Damen und Herren, ich begrüße es ausdrücklich, dass dieser Umweltminister an die Stelle einer leeren Ankündigungspolitik konkretes Handeln setzt, dass wir statt der besten Absichten vernünftige Ergebnisse haben wollen. Wir sind auf einem vernünftigen Weg. Was Frau Schulze hier darstellt, halte ich für ein Stück aus dem Tollhaus. Das kann so nicht sein.

(Beifall von FDP und CDU)

Natürlich ist jeder Lebensmittelskandal ein Lebensmittelskandal zu viel. Auf der anderen Seite müssen wir auch fragen: Wer hat es herausgefunden? – Das waren in diesem Fall die amtlichen Lebensmittelkontrolleure. Ihrer Arbeit sollten wir Dank zollen und sagen, dass es vernünftige Arbeit ist, was dort gemacht wird. Das kann aber wesentlich besser werden. Deswegen lassen Sie uns den Blick nach vorne richten.

Was wollen wir eigentlich? – Wir dürfen zuallererst nicht die Verantwortlichkeit verwischen. Verantwortlich für das Produkt ist der Hersteller und nicht der Staat. Das wollen wir hier einmal festhalten.

(Beifall von FDP und CDU – Wolfram Kusch- ke [SPD]: Was heißt das?)

Die Hersteller und der Handel müssen ein Eigeninteresse daran haben, dass ihr Produkt beim Verbraucher wieder Vertrauen genießt,

(Wolfram Kuschke [SPD]: Also freiwillig!)

dass ihr Produkt auch wieder angenommen wird. Deshalb basieren unsere Vorstellungen von Verbraucherschutz auf drei Säulen: Das ist die betriebliche Eigenkontrolle und Eigenverantwortung, das ist die amtliche Überwachung,

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Der Markt wird es richten!)

und es sind auch wir, die Verbraucher. Die amtliche Überwachung – daran gibt es überhaupt keinen Zweifel – muss schlagkräftig sein. Wir müssen aber überlegen, was wir leisten wollen und können. Die Vorstellungen und der Ruf nach mehr Staat sind zwar populistisch, gehen aber an der Sache vorbei. Sie sind irreal. Wir können nicht neben jedes Schwein von der Ferkelei über die

Verwurstung bis hin zur Dönerbude einen Lebensmittelkontrolleur stellen.

(Widerspruch von der SPD)

Das wird nicht der Fall sein, da mögen Sie noch so viel zwischenrufen, wie Sie wollen.

(Beifall von FDP und CDU)

Meine Damen und Herren, die ureigenste Aufgabe des Produzenten, der verarbeitenden Betriebe und des Handels ist, die Sicherheit der eigenen Produkte zu gewährleisten. Es muss ein Qualitätssicherungssystem eingeführt werden, das zertifiziert und mit einem vernünftigen Siegel versehen sein muss, damit der informierte Bürger als mündiger Bürger erkennen kann, was Qualität ist und was nicht. Der Staat hat die Aufgabe, die Kontrollsysteme zu kontrollieren. Der Staat hat die Aufgabe, in seiner Funktion des Kontrolleurs der Kontrolleure zusammen mit privaten Lebensmittelkontrolleuren ein umfassendes Netz aufzubauen und entsprechend zu sanktionieren – dazu habe ich eben schon etwas gesagt – bis hin zu Berufsverboten.

Wir können auch selber tätig werden. Wir müssen als Verbraucher weg von der Geiz-ist-geil-Mentalität. Dieser schlimme, von der Wirtschaft zu verantwortende Spruch führt dazu, dass viele Verbraucher zuerst nach Preis und dann erst nach Qualität fragen. Wenn man die heutigen Fleischpreise sieht, stellt man sich tatsächlich die Frage: Wie kann so noch verantwortlich produziert werden?

(Beifall von der CDU)

Auch das müssen wir deutlich machen. Ich glaube, das können wir auch über die Parteigrenzen hinaus tun.

(Beifall von der SPD)

Lassen Sie mich noch einmal den Blick nach vorne zusammenfassen: Wir dürfen die Wirtschaft nicht aus ihrer Eigenverantwortung und der Selbstkontrolle entlassen. Wir müssen ein System von Zertifizierungen durch unabhängige Prüflaboratorien aufbauen. Wir müssen die staatlichen Lebensmittelkontrolleure um private Lebensmittelkontrolleure ergänzen. Der Staat hat die Aufgabe, diese Kontrolleure, diese Qualitätssicherungssysteme und die Qualitätssiegel zu kontrollieren. Das ist Aufgabe des Staates im Sinne einer Kontrolle der Kontrolleure.

Wir wollen keine populistische Augenwischerei nach dem Motto „Mehr Staat“. Das mag zwar nett

klingen, ist aber nur eine Wunderkerze, die wirkungslos verpuffen wird.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss noch eines sagen: Mich – wie Sie wahrscheinlich auch – erreichen in der letzten Zeit Pressemitteilungen, die nicht dem Stil dieses Hauses entsprechen.

(Beifall von der FDP – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das sagt der Richtige!)

Hätte ich eine solche Pressemitteilung gegenüber der damaligen Umweltministerin Höhn herausgegeben, die tendenziell die Person verletzt und verunglimpft, möchte ich nicht wissen, wer aufgeheult und sich dagegen verwahrt hätte.

Meine Damen und Herren, wer hier Politik mit der Angst der Menschen macht, ist nicht mein Gesprächspartner. Wer solche Pressemitteilungen herausgibt, ist insbesondere vor dem Hintergrund nicht glaubwürdig, dass er mit seiner Verbraucherschutzpolitik in den letzten zehn Jahren gescheitert ist.

Herr Uhlenberg, das, was Sie im letzten Jahr geleistet haben, ist – das sage ich persönlich – der richtige Weg. Lassen Sie uns diesen Weg weitergehen. Lassen Sie uns die Eigenverantwortung der Wirtschaft einfordern. Wir befinden uns auf dem richtigen Weg. – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke, Herr Ellerbrock. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Herr Remmel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Ellerbrock, wenn ich die letzten eineinhalb Jahre richtig wahrgenommen habe, dann handelte es sich dabei um eine Regierungszeit von SchwarzGelb. Eineinhalb Jahre Schwarz-Gelb heißt auch ein Jahr Gammelfleisch in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Wider- spruch von der FDP)

Ich beschreibe nur die Situation.

Meine Damen und Herren, worüber reden wir eigentlich?

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Gehen Sie nach Hause, Herr Remmel!)

Ich glaube, dass an der Stelle einer der fundamentalen Unterschiede liegt. Frau Fasse und Herr Ellerbrock haben das mit ihren Redebeiträgen deutlich gemacht.

Ich möchte mit einem unfreiwilligen Zitat beginnen, das ich auf der Homepage der Firma Frenken gefunden habe, die aktuell in dem Heinsberger Fall aufgefallen ist. Dort heißt es:

„Ein neues Tiefkühlhaus mit 700 verschiebbaren Paletten, Stellplätzen und die Erweiterung des CC-Marktes auf 4.000 m² bieten nun ideale Voraussetzungen, um ein nahezu“

jetzt kommt es –

„unüberschaubares Sortiment mit über 6.000 Artikeln im Griff zu behalten.“

Darum geht es: Unüberschaubar! Umlagerung, Umgruppierung, Nichtentsorgung, Umetikettierung, Untermixen!

Meine Damen und Herren, wir sprechen über ein System, wir sprechen nicht über schwarze Schafe. Das ist der fundamentale Unterschied in unserer Ausgangslage und Analyse.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir sprechen offensichtlich über eine Branche, in der die Margen immer enger werden. Dort ist es – scheinbar jedenfalls – nicht mehr möglich, schlecht gewordenes, grün schimmerndes Fleisch einfach wegzuschmeißen. Solches Fleisch wird dann eben weiter verarbeitet.

Die ethischen Maßstäbe, der Anstand, die Moral einer ganzen Branche scheinen zwischen Schlachthoffließband, Entbeinungsmaschine und computergesteuerten Entenbrustpaletten verschwunden zu sein. Hier wird Ramschware vermarktet. Fleisch ist zum Ramschprodukt verkommen. Billigfleisch wird wie Ziegelsteine gehandelt. – So jedenfalls beschreibt treffend Manfred Kriener in der „taz“ eine ganze Branche.

Diese Branche kennzeichnen mittlerweile kriminelle Auswüchse und Machenschaften, wie wir sie nur aus der Bauindustrie kennen. Meine Damen und Herren, es geht um ein Gesamtsystem. Wir sprechen über dieses System aus Massentierhaltung, akkordbetriebenen Schlachthöfen, ukrainischen Billigarbeitern und unanständigen Dumpinghandel- und -verkaufspreisen. Darüber sprechen wir! Das sind Grundlage und Ausgangspunkt unseres Argumentierens.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn wir dann reflexartig zum wiederholten Male, zum vierten oder fünften Male, 10-Punkte-Papiere, 15-Punkte-Papiere, 13-Punkte-Papiere von den verantwortlichen Ministern auf Landes- und Bundesebene, Schnappauf, Seehofer und Uhlen

berg, bekommen, kann man das nur als Wiederholungstat kennzeichnen.

(Christian Weisbrich [CDU]: Künast!)