Protokoll der Sitzung vom 14.09.2006

Ich könnte mir vorstellen, dass das in ähnlicher Form Richtung China denkbar ist. Das ist sicherlich aufgrund der Größenordnung, die ich gerade genannt habe, nicht zentral machbar. Wir können als Landesregierung staatlicherseits sowieso nur einen fest umrissenen Beitrag leisten. Es ist richtig und auch im Antrag angesprochen worden, dass die Unternehmen, die Hochschulen, die Forschungseinrichtungen und andere gesellschaftliche Akteure dort selbst außerordentlich gefordert sind.

Um zum Schluss zu kommen: Es ist der Mühe wert, im Ausschuss darüber zu diskutieren. Vom Gegenstand her – das sage ich ganz offen in Richtung der bisherigen Redner – würde vieles dafür sprechen, den Versuch zu unternehmen, einen gemeinsamen Antrag zu erarbeiten. Das müsste theoretisch machbar sein. Ich habe einige der Punkte genannt, die nach unserer Vorstellung berücksichtigt werden müssten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank. – Nächster und damit vorletzter Redner des heutigen Abends ist Herr Abgeordneter Remmel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will mich auf wenige Ausführungen beschränken, weil

vieles von den Vorrednern schon gesagt worden ist. Aber wir haben eine gute Tradition – jedenfalls habe ich das in den letzten zehn Jahren so mitbekommen –: Wir haben in außenwirtschaftlichen Fragen, in Fragen der Kontakte, des Austauschs beispielsweise mit unseren Partnerregionen immer versucht, einen Konsens über alle Fraktionen hinweg herzustellen. Ich kann mich noch an entsprechende Anträge aus unserer Regierungszeit erinnern. Ich würde gerne an die Anregung des Kollegen Kuschke anknüpfen, auch in diesem Fall ernsthaft den Versuch zu unternehmen, eine gemeinsame Linie für die zukünftigen Beziehungen zu China zu definieren.

Ich darf daran erinnern: Wir haben immerhin eine deutsch-chinesische Parlamentariergruppe in diesem Hause gebildet. Es wäre schön, wenn man diesen Kreis nutzen würde, einen entsprechenden Versuch zu unternehmen, einen gemeinsamen Antrag auf den Weg zu bringen.

Ich will mich, wie gesagt, auf wenige Anmerkungen beschränken:

Herr Berger, in Ihren Ausführungen kamen mir die Menschenrechte zu kurz. Auch im Antrag selbst steht dazu nur ein Satz. Die Bundeskanzlerin hat heute sehr viel mutiger die Menschenrechte in China angesprochen. Das muss man auch zu diesem Zeitpunkt tun, weil gerade vor wenigen Tagen in China erneut die Meinungsfreiheit und die Pressefreiheit eingeschränkt worden sind. Auslandsnachrichten dürfen nur noch über den Staatssender verbreitet werden. Da muss auch schriftlich ein deutliches Wort zu den Menschenrechten erfolgen. Ich bin der Bundeskanzlerin dankbar, dass sie das anspricht.

Wir müssen auf die Situation der Meinungsfreiheit, der Versammlungsfreiheit und auf die Todesstrafe – Herr Brockes hat das getan – hinweisen, die nach wie vor breit Anwendung findet. Das muss von uns allen heftig kritisiert werden und in einem solchen Antrag auftauchen.

Ebenfalls kritisch anzumerken ist, dass ich aufgrund meiner persönlichen Beobachtung die Ausweitung der Partnerschaftsbeziehung auf weitere Provinzen zumindest mit einem Fragezeichen versehen würde. Wir haben schon Probleme mit der Partnerschaft mit Jiangsu. Es gibt Konkurrenzen zu anderen Bundesländern. Bei unserem letzten Besuch mit dem Umweltausschuss wurde gefragt, warum Nordrhein-Westfalen etwas zögerlich sei. Baden-Württemberg würde das intensiver betreiben. Immerhin handelt es sich um eine Provinz mit 70 Millionen Einwohnern. Es ist Aufgabe genug, dort eine stabile außenwirtschaftliche Be

ziehung herzustellen, Partnerschaften aufzubauen. Wenn man die Perspektive im ganzen Land sucht, sehe ich die Gefahr, sich zu verzetteln.

Man muss auch – Sie haben darauf hingewiesen – die Zusammenhänge, die Herr Steingart in seinem „Spiegel“-Artikel aufzeigt, diskutieren. Der Antrag atmet doch sehr den Geist, in dem wir lange Außenwirtschaftsförderung betrieben haben: etwas überheblich, karitativ-missionarisch. Ich glaube, es geht mittlerweile darum, dass wir China auf gleicher Augenhöhe begegnen und unsere Eigeninteressen wahrnehmen müssen. Es geht nicht mehr darum, Aufbauhilfe zu leisten, sondern wohlverstandenes Eigeninteresse auch bei uns selber zu formulieren.

Damit komme ich zu einem wunden Punkt in unserer Landespolitik – nicht erst seit der neuen Landesregierung; den gab es auch schon vorher –: Wir fördern zwar den Austausch mit China und bieten entsprechende Plätze an unseren Hochschulen. Wir haben ein Stipendiatenprogramm, das schon unter der letzten Landesregierung aus haushalterischen Gründen zurückgefahren worden ist, was ich sehr bedauere.

Dieses Programm halte ich im Übrigen für die wirtschaftsfördernde Maßnahme schlechthin, besser als alle finanziellen Unterstützungen von Projekten, weil der Austausch von Menschen, eben dieses Stipendiatenprogramm, dazu beiträgt, auf der menschlichen Ebene Kontakte zu knüpfen. Diese Stipendiaten sind diejenigen, die nachher in bestimmten Funktionen in China sowohl in Unternehmen als auch in Verwaltungen tätig sind. Einen besseren Austausch, bessere Beziehungen kann man gar nicht knüpfen. Insofern müssten wir auch hier gemeinsam darüber nachdenken, diese Programme auszuweiten, mehr Geld in diesen Bereich zu geben; denn darüber kann und muss man explizit Wirtschaftsförderung betreiben.

Aber ich sage an dieser Stelle ebenfalls: Es muss auch den umgekehrten Weg geben, dass wir die jungen Menschen bei uns ermutigen, nach China zu gehen, dass wir entsprechende Austausche unterstützen. Das ist sehr einseitig. In China gibt es einen großen Hunger, in den Westen zu kommen, dort entsprechende Aufenthalte zu haben,

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

aber umgekehrt gibt es diesen Hunger nicht. Ich glaube, das ist fatal für unsere politische und wirtschaftliche Entwicklung. Deshalb brauchen wir entsprechende Anleitung dazu schon in der Schule.

Herr Abgeordneter Remmel, würden Sie bitte zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss.

Wir sollten, wenn es die Bereitschaft gibt, zu einem gemeinsamen Antrag zu kommen, gemeinsam besprechen, wie wir diese Tendenz verstärken könnten, dass bei uns Interesse, Hunger besteht, China und seine Gepflogenheiten kennen zu lernen, nach China gehen zu wollen und dadurch auch Wirtschaftskontakte zu befördern, aber auch den Menschen den Rechtsdialog anzutragen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat nun für die Landesregierung Frau Ministerin Thoben.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach diesem sehr allgemeinen, allumfassenden Aufschlag der Mitglieder dieses Hohen Hauses komme ich jetzt mit ein bisschen mehr Alltag. Ich glaube, dass wir ganz bestimmt intensiv über die Fragen von Herrn Kuschke nachdenken müssen, möchte aber doch ein paar Sachverhalte vortragen:

Die Handelszahlen zum Beispiel haben sich in den letzten fünf Jahren im zweistelligen Bereich nach oben bewegt. Die Volksrepublik China ist Deutschlands wichtigster Handelspartner im gesamten asiatischen Raum. Die nordrhein-westfälische Exportquote wird in diesem Jahr erstmals die 40%-Marke erreichen.

Unsere Anstrengungen, die Außenwirtschaftspolitik gegenüber China zu verstärken, werden wir eher intensivieren als abschwächen; aber ich komme am Schluss noch zu dem Leitbild, weil ich das für einen ganz wichtigen Aspekt halte, Herr Kuschke.

Sie haben allerdings auch angesprochen, dass uns bis heute Direktinvestitionen aus China in ausreichendem Umfang fehlen, dass man da mehr erwarten könnte. Wir pflegen als einziges deutsches Bundesland im Rahmen der Außenwirtschaftspolitik partnerschaftliche Beziehungen zu drei chinesischen Provinzen: Jiangsu, Sichuan und Shanxi. Alle anderen Bundesländer haben nur eine Partnerprovinz.

Seit mehr als 20 Jahren machen wir das, und insbesondere durch unsere Präsenz auf vielen Leitmessen, durch ein Stipendiatenprogramm, aber auch durch Symposien in industriellen Schwerpunktthemen wie der Kraftwerks- und Umwelttechnik leisten wir – so meine Einschätzung – einen nicht unerheblichen Beitrag zur Verbesserung der gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen, auch der Kenntnisse übereinander.

Die Frage also, ob man noch mehr Provinzen nehmen sollte, muss man besprechen, weil man dann auch überlegen muss: Wie will man es darstellen? Auch die Bundesregierung sieht übrigens die Bedeutung Nordrhein-Westfalens für die deutsche Chinapolitik. Staatspräsident Hu Jintao besuchte im November auf seinen eigenen Wunsch hin Nordrhein-Westfalen als einziges Bundesland. Anlässlich dieses Besuchs hat der Ministerpräsident die Frage der Menschenrechte selbstverständlich ausgesprochen prominent aufgegriffen.

Nordrhein-Westfalen nahm mit Vertretern als einziges Bundesland im Mai 2006 am 4. Hochtechnologieforum in Beijing und der anschließenden Reise von Bundesminister Glos in die Partnerprovinz Jiangsu teil. Mit Herrn Dr. Yu Youjun wird bereits der Gouverneur einer zweiten chinesischen Partnerprovinz, Shanxi, die neue Landesregierung besuchen und in einem Memorandum die Partnerschaft erneuern.

Wir beabsichtigen, den umfangreichen Aufgabenkatalog der antragstellenden Fraktionen neben einer umfassenden Analyse der auf diesem Sektor geleisteten Arbeit in erster Linie mit drei Strategien aufzugreifen:

Wir richten die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung neu aus. Sie wird sich zukünftig ganz auf das Incominggeschäft, also zum Beispiel in Bezug auf China auf das Anwerben von Investoren für unser Land, konzentrieren.

Wir gründen eine neue Außenwirtschaftsgesellschaft zur Exportsteigerung.

Wir intensivieren die Pflege des politischen Netzwerks in China auch hinsichtlich der im Antrag genannten Nordostprovinzen. Wir möchten gerne die Anregung aufgreifen, uns auch mit dem Nordosten Chinas zu befassen, der aufgrund der Prägung durch Kohle und Stahl mit all den damit verbundenen Problemen eine große Reihe von Chancen insbesondere für den Maschinen- und Anlagenbau, aber auch die Umwelttechnik bietet.

Ich betone gleichzeitig, wenn Sie das Stipendiatenprogramm ansprechen: höchst erfolgreich, weiterführen, wo eben möglich, vertiefen!

Wenn Herr Kuschke schon den Steinkohlenbergbau erwähnt: Einer der Stipendiaten, Herr Kuschke, hat inzwischen die Leitung einer einzigen Zeche in China übernommen. Diese Zeche fördert jährlich 78 Millionen t. Nur damit man einmal Größenordnungen erfährt, über die wir hier reden.

Unser internationales Leitbild – auch da stimme ich zu – gilt es zu präzisieren. Auf unserer Landkarte fällt derzeit nach meiner Einschätzung zum Beispiel Indien fast vollständig aus. Ich halte das für einen großen Fehler.

(Beifall von CDU, SPD und GRÜNEN)

Deshalb: Wir unterstützen diesen Antrag und freuen uns auf weitere Debatten darüber.

Das Wichtigste, was wir beachten müssen: Wir dürfen das eine oder andere Instrument, das wir entwickelt haben, nicht immer für alles verwenden, was man sonst noch gerne hätte. Das Verwischen der Zuständigkeiten hat einen Teil der Außerwirtschaftsbeziehungen eher belastet und nicht gefördert. Damit wollen wir aufhören. – Danke schön.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank. – Wir sind am Schluss der Beratung; denn weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Der Ältestenrat empfiehlt uns, den Antrag Drucksache 14/2496 an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie – federführend – und mitberatend an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie, den Hauptausschuss, den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie an den Rechtsausschuss zu überweisen. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer möchte dieser Überweisungsempfehlung zustimmen? – Das scheinen alle zu sein. – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt

13 Endlich echten Wettbewerb im Strom- und Gasmarkt schaffen – Netze frei zugänglich machen!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/2491

Wir haben uns darauf verständigt, diesen Antrag heute nicht zu beraten. Die Beratung und Beschlussfassung soll nach Vorlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses erfolgen.

Wir kommen deshalb unmittelbar zur Abstimmung über die Überweisungsempfehlung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages Drucksache 14/2491 an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie. Die Abstimmung soll dann hier im Plenum nach Vorlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses erfolgen. Wer stimmt dieser Überweisungsempfehlung zu? – Ebenfalls alle. Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Keine. Damit ist das einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt

14 Zweites Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/2433