Protokoll der Sitzung vom 27.09.2006

das sozial aufgefangen wird. Man sollte auch nicht aus dem Auge verlieren, welche Kraftanstrengung das für die Landesregierung auch mit Blick auf den Haushalt bedeutet.

Meine Damen und Herren, wir stehen hier vor einer Neuorganisation, über die wir im Ausschuss noch weiter beraten werden. Wir werden dort fachliche und sachliche Diskussionen führen. Wir werden uns auch sehr intensiv über die acht Forderungen unterhalten, die Sie in Ihrem Antrag formuliert haben, die sich zum Teil sogar widersprechen. Darauf werden wir dann im Ausschuss zurückkommen.

Herr Kollege Pick.

Eines ist jedenfalls festzustellen: Einen Kahlschlag wird es nicht geben. Eine sachliche und fachliche Diskussion würde den Försterinnen und Förstern und den Waldbesitzern im Land mehr helfen, anstatt das Ganze hier emotional hochzuziehen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Kollege Pick, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Kollegen Stinka?

(Zuruf von der CDU: Schon wieder!)

Aber ja.

Herr Pick, Sie haben gerade salopp ausgeführt: So arbeitet die Wirtschaft auch. – Würden Sie unterschreiben, dass es sich beim Wald um reines Wirtschaftsgut handelt?

Die Funktion des Waldes ist vollkommen klar. Nur: Ein Betrieb, der einen Wald bewirtschaftet – das schreiben Sie ja auch selber in Ihrem Antrag –, muss wirtschaftlich arbeiten. Deswegen müssen wir zusehen, dass das, was dort nicht erwirtschaftet wird, vom Steuerzahler aufgebracht wird. Dieser Anteil ist möglichst gering zu halten. Insofern gelten die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit auch für einen Forstbetrieb.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Pick. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Remmel das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Pick, wenn ich Ihr Berater gewesen wäre oder wenn ich Ihr Berater sein könnte,

(Holger Ellerbrock [FDP]: Um Gottes willen!)

dann hätte ich Ihnen geraten, hier heute nicht zu diesem Thema zu sprechen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Es ist deutlich geworden, dass Sie mit Ihrem Redebeitrag nur eines versucht haben: die wahren Hintergründe dieser „Forstreform“ zu verschleiern. Das tue ich jetzt einmal beiseite.

Wenn man dann aber sieht, welche Friktionen die Festlegung real nach sich zieht, dann muss man – Sie haben das mit Ihrer Frage nur angedeutet – auch offen legen, dass das größte Forstamt mit dem größten Staatswaldbesitz, nämlich Hürtgenwald – in Ihrem Beritt! – abgeschafft und Nettersheim zugeschlagen wird. Warum wird das Nettersheim zugeschlagen? – Weil der Abgeordnete Pick aus Nettersheim kommt! Das ist der eigentliche Grund, und das muss man hier klarlegen.

(Beifall von den GRÜNEN – Christian Möbi- us [CDU]: Das ist grünes Denken! – Zuruf von der SPD: So läuft das! – Weitere Zurufe)

Das macht deutlich, meine Damen und Herren, dass es nicht um die hehren Ziele einer Neuorganisation geht, sondern dass hier offensichtlich ganz andere Interessen eine Rolle spielen. Das muss auf den Tisch und entsprechend diskutiert werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Kollege Remmel, gestatten Sie eine Zwischenfrage zunächst des Kollegen Ellerbrock und anschließend – das sage ich der Ordnung halber auch schon – des Kollegen Pick?

Habe ich immer gerne. Ja.

Okay. Dann hat zunächst der Kollege Ellerbrock das Wort. Bitte.

Herr Kollege Remmel, fußt Ihre Vermutung, dass sich der Sitz des Forstamtes Rhein-Maas in Nettersheim befindet, auf jahrelanger Regierungserfahrung und der eigenen

Erfahrung damit, wie man Standorte von Behörden festlegt?

(Beifall von der CDU)

Ich kann mich nicht erinnern, dass es zu Zeiten der rot-grünen Regierung zu Standortentscheidungen gekommen wäre, die von Abgeordneten jenseits von Fachkriterien beeinflusst worden wären.

(Beifall von den GRÜNEN – Lachen von CDU und FDP)

Herr Kollege Remmel, nehmen Sie zunächst einmal zur Kenntnis, dass das Forstamt Euskirchen zu rot-grüner Regierungszeit von Bad Münstereifel nach Nettersheim verlegt worden ist, favorisiert vom damaligen Staatssekretär Griese.

Zum Zweiten: Nehmen Sie ebenfalls zur Kenntnis …

Herr Kollege Pick, ich darf Sie bitten, eine Frage zu stellen, weil an dieser Stelle lediglich Zwischenfragen erlaubt sind.

Ich frage ja. – Welche Bedeutung messen Sie den zwei Holzkompetenzzentren in Nordrhein-Westfalen auch im Zusammenhang mit dem Cluster und den Forstämtern zu?

Ich messe den Holzkompetenzzentren einen sehr hohen Stellenwert zu. Aber wenn man sich die gesamte Geografie dieser „Forstreform“ anschaut, Herr Pick – diese Fall im Kreis Düren ist ja nur einer von vielen –, dann stellt sich schon die Frage: Was waren die Auswahlkriterien, nach denen diese neue Geografie entstanden ist, wer hat an welcher Stelle wie gedrückt, und was musste berücksichtigt werden? Es ist augenfällig, dass Sie daran an der ein oder anderen Stelle mitgewirkt haben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Jetzt möchte ich aber zur Sache sprechen, zur Forstreform. Wir haben es hier mit Phänomenologie zu tun. Es ist ja gar keine richtige Forstreform. Hier und heute wird über die Reduzierung der Zahl der Forstämter diskutiert. Ich glaube aber, dass es notwendig ist, das in einen größeren Kontext einzuordnen. Das macht auch die Schwäche der Debatte und die Schwäche der Regierung an dieser Stelle aus: Es geht nicht nur um die Reduzierung der Zahl der Forstämter.

Wir haben vor Wochen und Monaten über die Einführung einer Waldmaut diskutiert.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Das hat sich erledigt!)

Okay, das hat sich erledigt. Aber wir haben darüber diskutieren müssen. Das alleine ist schon ein Phänomen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir haben eine Debatte darüber, dass der Zuschuss für den Landesbetrieb in der Perspektive von derzeit 50 Millionen auf 33 Millionen € zurückgeführt werden soll. Herr Minister, Sie müssen einfach einmal erklären, wie ein Betrieb, bei dem die Personalkosten den größten Block ausmachen, innerhalb von ganz kurzer Zeit über ein Drittel seines Zuschusses verlieren soll. Das muss man in einem umfassenden Konzept deutlich machen und kann man nicht mit der Reduzierung der Zahl der Forstämter begründen.

Ich habe den starken Verdacht – wenn ich da genauer hinschaue, glaube ich auch, dass ich mit dieser Analyse richtig liege –, dass Sie gezwungen waren, mit der Forstreform jetzt an die Öffentlichkeit zu treten, weil sich dahinter ein Kuhhandel verbirgt. In der Debatte war nämlich gleichzeitig, das Landeswassergesetz zu verändern; da ging es um Privatisierung. Der Deal war: Mit der Reduzierung der Zahl der Forstämter hat sich die FDP durchgesetzt, mit der Privatisierung im Zusammenhang mit dem Landeswassergesetz das Ministerium. Deshalb musste das schnell verkauft werden. Warum sonst verkündet man Stückwerk? Es ist doch Stückwerk, was hier verkündet worden ist,

(Beifall von den GRÜNEN)

ein Teil von einem größeren Ganzen. Ich finde aber schon, dass es Anspruch des Parlamentes ist, dass es Anspruch der Abgeordneten, der Öffentlichkeit sein muss, das große Ganze sehen. Dies ist doch nur ein kleines Stück.

(Lachen von Dr. Gerhard Papke [FDP])

Herr Minister, machen Sie den Vorhang auf! Zeigen Sie den Menschen in Nordrhein-Westfalen, was Sie mit dem Staatswald in NRW vorhaben – aber dann als Ganzes, im ganzen Konzept. Stattdessen zeigen Sie nur kleine Stücke. Offensichtlich war der Druck jetzt so groß, dass Sie sich gezwungen gesehen haben, dieses kleine Stück zu zeigen.

Ich will Ihnen auch sagen, worum es geht – deshalb sind die Forderungen, die die SPD in ihrem

Antrag erhebt, und die darin enthaltenen Beschreibungen durchaus richtig –: Es geht darum, sich in der Perspektive von einem Landeswaldbetrieb und damit letztlich vom Staatswald zu verabschieden. Etwas anderes kann ich nicht erkennen.

Die Braut soll jetzt geschmückt werden. Wir werden auf den Weg hin zu einem rein wirtschaftlich orientierten Forstbetrieb kommen, der auf entsprechende Betriebsergebnisse abheben wird. Alle Funktionen, die in Nordrhein-Westfalen traditionsgemäß mit einem Staatswald verbunden sind, werden sukzessive abgebaut. Die Pädagogik, die Unterstützung bei der energetischen Nutzung von Holz, die Erholungsfunktion – all das wird auf Dauer verschwinden. So etwas wird der Betrieb gar nicht mehr leisten können – das kann man sich doch an fünf Fingern abzählen –, wenn die Zuschüsse entsprechend reduziert werden sollen. – Das muss hier offengelegt werden. Es muss auch klargelegt werden, wo die Perspektive ist.

Die Braut soll geschmückt werden; denn irgendwann wird sich die Frage stellen: Wofür braucht der Staat einen solchen Betrieb, der auf rein ökonomischer Basis agiert? – Diese Frage wollen Sie dann doch gestellt haben, Herr Ellerbrock: Warum braucht der Staat einen solchen Betrieb überhaupt noch? Lassen Sie uns ihn doch verkaufen!

Das ist genau die Perspektive, die hier beschrieben wird. Hier werden die ersten Schritte gegangen. Ich bin dafür, dass dann aber auch alles auf den Tisch kommt, was Sie in diesem Zusammenhang vorhaben. Die Forstreform ist nur ein Teil davon.