Meine Damen und Herren, die großen Städte sind immer Seismographen des Epochenwandels und Labore der Zukunft gewesen. So ist das auch heute. Unsere Städte stehen vor großen Herausforderungen. Der wirtschaftliche und der demographische Strukturwandel treffen sie in unterschiedlicher Weise und Intensität. Wachstum und Schrumpfung, Chancen und Risiken liegen oft dicht beieinander. Es bedarf großer Anstrengungen, damit sie auch für kommende Generationen eine lebenswerte Heimat bleiben. Dazu gehört auch die Belebung der Städtebaukunst.
Im Mittelpunkt unserer Stadtpolitik steht die Stärkung der öffentlichen Infrastruktur der Innenstädte, Stadtteilzentren und Stadtquartiere. Wir werden Aktivitäten gegen die weitere Auszehrung der Innenstädte einleiten. Wir werden die Stabilisierung von durch Leerstände und Brachen gezeichneten Stadtteilen ermöglichen und in Zusammenarbeit mit einem kommunalen Flächen- und Ressourcenmanagement eine neue Basis für ein kostenbewusstes Flächenrecycling schaffen helfen. Dazu wird ein runderneuerter Grundstücksfonds gebraucht.
Wir wollen die Städte als Wohnorte stärken und die Möglichkeiten für junge Familien mit Kindern verbessern, Wohneigentum zu erwerben. Damit wollen wir den Segregationsprozessen in unseren Städten entgegenwirken und eine bessere Auslastung und Finanzierung der vorhandenen Infrastruktur erreichen.
Wir werden die Ausgleichsabgabe überarbeiten und schließlich für NRW abschaffen. Noch in diesem Jahr werden wir die Ausnahmetatbestände in Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf voll ausnutzen. Ab dem kommenden Jahr werden wir die Einkommensgrenzen für die Erhebung der Abgabe stufenweise anheben bis zur völligen Abschaffung der Abgabe.
Wir werden die Zeiten großer Umbrüche nicht mit menschlichem Maß bewältigen, wenn wir uns unserer kulturellen Wurzeln nicht bewusst bleiben. Kultur durchdringt alle Politikbereiche, ja stellt gewissermaßen ihre Basis dar. Denn was immer wir tun: Es muss an den Werten orientiert sein, die unsere Verfassung voraussetzt, aber selbst nicht schaffen kann - an Werten, die allgemeine Anerkennung verdienen und die unsere Kultur in vielen Jahrhunderten hervorgebracht hat und fortentwickelt.
Was zum Beispiel richtig und falsch, gut und schlecht, bedeutend und belanglos, schön und hässlich ist, darüber lässt sich, meine Damen und Herren, trefflich streiten. Unser Problem ist nur: Wir streiten nicht mehr darüber. Wir unterscheiden nicht mehr, sondern neigen dazu, alles als gleich gültig zu betrachten mit der Folge, dass wir es auch gleichgültig behandeln.
Aufgabe von Politik ist es nicht, sich in Sachen Kultur zum Richter aufzuschwingen. Aufgabe von Politik ist es aber sehr wohl, die Angewiesenheit des Menschen auf Kultur und auf die von ihr hervorgebrachten Werke anzuerkennen und die Diskussion der Experten mit der gleichen Leidenschaft zu fördern und zu begleiten, wie es bei an
deren Politikbereichen der Fall ist. Ein solches Politikverständnis bedingt, dass wir uns wieder mehr als bisher um den Erhalt der vom Verfall bedrohten Substanz unserer Kultur in unseren Theatern, Museen, Archiven usw. kümmern,
dass wir wieder dafür sorgen, dass unser kulturelles Wissen und Können in unseren Kindergärten, Schulen und Hochschulen als untrennbarer Bestandteil von Bildung an die kommenden Generationen weitergegeben wird, dass wir Künstler unterstützen und fördern, weil sie in radikaler Freiheit neue Wege anstoßen und wir diese Anstöße, die nicht selten provozieren und anstößig sind, brauchen. Das, meine Damen und Herren, werden wir tun.
Da ich Kultur in diesem Sinne als Grundlagenarbeit betrachte, habe ich mich entschieden, diese Aufgabe in die Zuständigkeit der Staatskanzlei zu geben. Aus demselben Grunde werden wir allen Sparzwängen zum Trotz die Kulturfördermittel des Landes mittelfristig verdoppeln.
Nordrhein-Westfalen besitzt vor allem in seinen Kommunen einen kulturellen Reichtum und eine kulturelle Dichte wie kaum eine andere Region der Welt - nur weiß es kaum jemand, weder in anderen Ländern noch leider oft auch hierzulande. Was liegt da näher, als gemeinsam mit unseren Kommunen unsere Schätze wieder zum Leuchten zu bringen, auf dass unser schönes und reiches Land auch im nationalen und internationalen Vergleich den Stellenwert einnimmt, der ihm gebührt?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im nächsten Jahr feiern wir das 60-jährige Jubiläum unseres Landes. Am 23. August 1946 wurde Nordrhein-Westfalen durch Verordnung der britischen Militärregierung gebildet. Am 2. Oktober 1946 trat der von den Briten ernannte Landtag zum ersten Mal zusammen. Ich möchte dem Landtag vorschlagen, dass Landtag und Landesregierung am 2. Oktober unseres Jubiläumsjahres 2006 dieses Tages und Ereignisses gedenken und in einer Veranstaltungsreihe an unseren demokratischen Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg und der Nazibarbarei erinnern. Wir wollen unser Landesjubiläum überall im Land feiern. Wir haben Grund zum Feiern. Damit wollen wir allen zeigen, wie schön unser NordrheinWestfalen ist.
Meine Damen und Herren, Nordrhein-Westfalen ist nicht mehr so, wie es vor 60 Jahren war. Dazu haben viele Menschen unglaublich viel getan. Sie waren Vorbilder. Nordrhein-Westfalen steht jetzt
vor großen Veränderungen. Dafür brauchen wir neue Vorbilder. Ich suche solche Vorbilder. Damit meine ich Menschen, die anpacken und nicht auf den Staat warten, die für andere da sind und nicht nur an sich denken, die Zukunft möglich machen und nicht nur der Vergangenheit nachtrauern.
Wir in Nordrhein-Westfalen haben viel erreicht. Wir in Nordrhein-Westfalen werden noch viel erreichen. Nordrhein-Westfalen kommt wieder. Dessen bin ich mir ganz sicher.
(Lang anhaltender Beifall von CDU und FDP - Die Mitglieder der CDU- und der FDP- Fraktion erheben sich von ihren Plätzen.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben die Regierungserklärung entgegengenommen. Damit ist Tagesordnungspunkt 1 unserer heutigen Plenartagung erledigt.
Vereinbarungsgemäß findet die Aussprache über die Regierungserklärung morgen, Donnerstag, 14. Juli, 10 Uhr statt.
Falls Kolleginnen und Kollegen den Plenarsaal verlassen möchten, bitte ich darum, dies zügig und, wenn es geht, auch schweigend zu tun, damit wir weiterarbeiten können.
Bevor ich die Mündliche Anfrage 1 aufrufe, möchte ich Sie auf einzelne Bestimmungen der Richtlinien für die Fragestunde hinweisen: Nach Ziffer 4 der Anlage 1 zur Geschäftsordnung unseres Landtages müssen Anfragen kurz gefasst sein und dürfen nur eine konkrete Frage enthalten. Die Reihenfolge, in der die Anfragen aufgerufen werden, legt die Präsidentin fest. Sie ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Drucksache 14/40.
Nach Beantwortung der Fragen durch die zuständige Ministerin beziehungsweise den zuständigen Minister kann die Fragestellerin oder der Fragesteller bis zu drei Zusatzfragen stellen. Jedes an
dere Mitglied des Landtags kann bis zu zwei Zusatzfragen stellen, also eine weniger. Zusatzfragen müssen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Hauptfrage stehen und dürfen jeweils nur eine einzelne, nicht unterteilte Frage enthalten.
Ich trage das vor, weil dies unsere erste Fragestunde ist und wir uns alle erst noch mit den Regularien vertraut machen müssen.
Meine Damen und Herren, die Richtlinien bestimmen außerdem, dass Anfragen nur aufgerufen werden dürfen, wenn das anfragende Mitglied des Landtages auch anwesend ist oder eine Vertreterin oder einen Vertreter benannt hat. Sonst wird die Frage nicht behandelt.
Die Fragestunde selbst ist auf 60 Minuten angesetzt. Die Fragen, die bis dahin nicht beantwortet sind, werden entsprechend dem Wunsch der Fragestellerin bzw. des Fragenden entweder schriftlich beantwortet oder in die nächste Fragestunde überwiesen.
Jetzt noch ein wichtiger Hinweis zur Technik: Jedes Mitglied des Landtages kann durch Knopfdruck von seinem Sitzplatz aus eine Zusatzfrage anmelden. Die Worterteilung erfolgt dann durch die Präsidentin oder den Präsidenten - für Sie erkennbar am Leuchtring rund um den Knopf. Ich habe die herzliche Bitte, dass Sie nur einmal auf diesen Knopf drücken, wenn Sie sich zu einer Zusatzfrage anmelden. Sollten Sie sich ein zweites Mal anmelden, drücken Sie sich nämlich wieder heraus, und damit ist Ihre Fragemeldung gelöscht. Bitte drücken Sie also ein einziges Mal und warten dann, bis die Präsidentin oder der Präsident Ihnen das Wort erteilt. Wenn Sie dann das Wort bekommen, können Sie das auch am Leuchtzeichen an Ihrem Platz deutlich erkennen.
Das haben wir jetzt nur einmal zu Beginn dieser Wahlperiode gemacht. Wir brauchen es nicht jedes Mal zu wiederholen.
Im Koalitionsvertrag wird die Stärkung der Privathochschulen angesprochen. In NordrheinWestfalen befindet sich mit der Universität Witten-Herdecke seit 1982 die bundesweit bekannteste und größte private Hochschule.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Land NordrheinWestfalen steht privaten Initiativen zur Gründung von Hochschulen positiv gegenüber. Sie sind Bestandteil des Wettbewerbs zwischen allen Hochschulen im Lande. Private Hochschulen runden das Studienangebot ab, ergänzen es oder entwickeln es fort. Dabei hilft ihnen, dass sie mit weniger staatlichen Vorgaben und Abhängigkeiten über ein höheres Maß an Autonomie verfügen.
Der Anerkennungsentscheidung für jede private Hochschule selbst liegt ein dem staatlichen Bereich gleichwertiger, aber nicht gleicher Qualitätsmaßstab zugrunde, der besondere Instrumentarien für ein äquivalentes Lehr- und Forschungsniveau garantiert. Akkreditierung des Studienangebotes und der Hochschule als Institution sowie periodische Evaluierung der Vorhaben sichern die Qualität im privaten Hochschulbereich dauerhaft.
Die Förderung privater Vorhaben erstreckt sich dabei in erster Linie auf eine konstruktive Antragsentwicklung und einen ausgeprägten Beratungsservice durch mein Haus, um einen zielorientierten Verfahrens- und Entscheidungsprozess zu gewährleisten.
Im Falle der Universität Witten-Herdecke umfasst dies auch, dass mein Ministerium seine Dienstleistung bei der Analyse, der Aufarbeitung und der Umsetzung des Akkreditierungsergebnisses des Wissenschaftsrates anbietet. Die im Jahre 1982 staatlich anerkannte Universität Witten-Herdecke unterzieht sich nämlich gegenwärtig einer institutionellen Akkreditierung durch den Wissenschaftsrat.
Das Ergebnis dieses Verfahrens bleibt abzuwarten. Es wird zeigen, ob die Hochschule in Forschung, Lehre und Weiterbildung universitärem Standard entspricht und ihre Entwicklungsperspektive positiv angelegt ist. Dies ist nicht zuletzt eine Voraussetzung für die Aufnahme von Gesprächen über eine gegebenenfalls mögliche Fi