Protokoll der Sitzung vom 25.10.2006

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Landtagsfraktion setzt sich dafür ein, dass NordrheinWestfalen das Verbraucherschutzland Nummer eins bleibt. Ein starker Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen lenkt die Diskussion über Pestizide in Obst und Gemüse in geregelte Bahnen.

Die CDU baut im Interesse der Kunden und Verbraucher auf Vorsorge und risikoorientierte Überwachung von Produkten und Handel. Dabei gilt es hinsichtlich der Kontrollmechanismen zwischen heimischen und ausländischen Erzeugnissen zu unterscheiden.

Bei Produkten aus Deutschland wirken unsere Qualitätssicherungssysteme vom Produzenten über den Handel bis zum Verbraucher, also von der Herstellung bis zum Verzehr. Durch die hohen Qualitätsstandards auf allen Ebenen haben wir sichere und hochwertige heimische Produkte auf dem Markt, die jeder Verbraucher bedenkenlos verzehren kann.

Das Problem liegt in den Produkten, die aus dem Ausland in unsere Warenregale kommen und auf deren Herstellung wir keinen direkten Einfluss haben. Wenn diese Produkte durch Pestizide oder ähnliche Schadstoffe belastet sind, hat der Verbraucher in Nordrhein-Westfalen das Recht, dies vor dem Kauf zu erfahren.

Hier sind Kontrollmechanismen, aber auch eine gewisse Eigenverantwortung gefragt. Der Verbraucher muss in seiner Kompetenz gestärkt werden. Die CDU-Fraktion setzt dabei auf Transparenz über die Herkunft und die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln. Qualität muss erkennbar und die Kennzeichnung der Lebensmittel verständlich sein. Eine solche Stärkung des mündigen und bewusst einkaufenden Verbrauchers halten wir für wesentlich bedeutsamer und effektiver als eine bloße dirigistische Festlegung von Summengrenzwerten.

Der Verbraucher hat dabei eine erhebliche Macht über die Märkte, derer er sich oft gar nicht bewusst ist. Viele Händler haben bereits darauf rea

giert und handeln eigenverantwortlich. Die Einführung von Qualitätssicherungssystemen, wie man sie aus dem Bereich der Industrie kennt, ist auch im Handel als Chance für den Wettbewerb zu sehen. Bei dieser Vorgehensweise ist der Handel in jedem Fall zu unterstützen.

Gleichzeitig muss der Verbraucher durch bessere Informationsrechte und eine unabhängige Verbraucherberatung gestärkt werden. Dabei sei eins gesagt: Schon jetzt investiert unser Bundesland so viele Mittel in die Verbraucherarbeit wie kein anderes.

Neben der Eigenverantwortung von Handel und Verbrauchern sind zielgerichtete effektive staatliche Kontrollen sowie ein konsequentes Risikomanagement unerlässlich. Die CDU-Fraktion begrüßt in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass Umweltminister Uhlenberg den jahrelangen Stillstand in der Lebensmittelüberwachung unter RotGrün endlich beendet hat.

(Beifall von CDU und FDP – Horst Becker [GRÜNE]: Es ist klar, dass Sie das begrü- ßen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns allen sollte aber klar sein, dass wir nicht neben jede Banane und jeden Blumenkohl einen Kontrolleur stellen können. Daher setzt sich die CDU für eine leistungsfähige Lebensmittelüberwachung mit modernen Prüfverfahren, moderner Analytik und ausgebildeten Fachkräften ein. Im Kreise von Fachleuten sind die Methoden zur Rückstandskontrolle von Pestiziden in Lebensmitteln nach den derzeitigen Forschungsergebnissen festzulegen. Gleichzeitig ist eine Dokumentation des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln durch den Anwender ebenso wichtig wie die Einhaltung von Karenzzeiten und die Umstellung auf umweltverträglichere Mittel.

Durch den hohen Preisdruck werden jedoch immer noch Lebensmittel aus Ländern importiert, in denen im Boden noch hohe Konzentrationen bereits aus dem Handel genommener Pflanzenschutzmittel vorhanden sind. Hier kann der Verbraucherschutz nur durch eine umfangreiche Kontrolle garantiert werden. Dazu ist eine effektive Kooperation zwischen Land und Kommunen unerlässlich. Ein erster Schritt hierzu ist, die Zahl der Kontrolleure in Nordrhein-Westfalen mittelfristig von 300 auf 600 zu verdoppeln.

Zusätzlich wird sich die Agrarministerkonferenz am 1. Dezember auf Initiative von Minister Uhlenberg mit dem Vorschlag befassen, für die Lebensmittelkontrolle Gebühren zu erheben, um

weiterhin eine funktionierende Kontrolle sicherzustellen.

Abschließend sei jedoch gesagt: Die Lebensmittelüberwachung in Nordrhein-Westfalen funktioniert. Das möchte ich Ihnen an einem praktischen Beispiel noch einmal ins Gedächtnis rufen: …

Herr Kollege.

Ich bin sofort fertig.

Ich bitte darum.

… Im April dieses Jahres hat Minister Uhlenberg zum Verzicht auf den Verzehr von Früherdbeeren aufgerufen, da die Grenzwerte überschritten waren. Sie sehen also, das Frühwarnsystem funktioniert.

Die CDU-Fraktion stimmt der Überweisung des Antrags in die Ausschüsse zu. – Schönen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wirtz. – Für die SPD spricht der Abgeordnete Stinka.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren! Vorweg, Herr Minister Uhlenberg, eine Einlassung auf die Äußerung, die Sie vorhin getan haben: Hier meldet sich einer, der schweres Fahrwasser gewohnt ist. – Von daher können Sie immer auf die SPD bauen.

(Beifall von Svenja Schulze [SPD])

Pestizide haben in Lebensmitteln nichts zu suchen. Das ist die klare Auffassung der SPDLandtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen. Wir sind erschrocken über die Ergebnisse, die Umweltbundesamt und Greenpeace anlässlich von Lebensmitteluntersuchungen herausgefunden haben. Aber, Herr Kollege Remmel, wir vermissen eine eindeutige Stoßrichtung des Antrags, die auf das Land gemünzt ist.

Gegen Ihren Antrag kann man in vielen Passagen nicht viel einwenden. Man kann über die Kombinationswirkung, die Sie angesprochen haben, nachdenken und sie berücksichtigen. Man kann Gelder für die Erforschung bereitstellen, um die tatsächlichen Risiken der Wirkung von Pflanzenschutzmitteln herauszubekommen. Summengrenzwerte machen Sinn, wenn es um Gesundheitsvorsorge geht.

Natürlich muss man die Pestizidbelastung von Obst und Gemüse, einem großer Lebensmittelbereich, auf allen Ebenen angehen. Nur: Eine MehrEbenen-Politik muss auch die richtigen Adressaten und die richtigen Ebenen ansprechen. Nach Auffassung der SPD-Landtagsfraktion hätten Teile des Antrags besser im Europaparlament und im Bundestag Platz gefunden. Dort liegen mehr Zuständigkeiten als hier in Düsseldorf.

Unsere ausdrückliche Zustimmung – das wissen Sie, das fordern wir schon seit langer Zeit; wir mussten uns schon mit vielen Lebensmittelproblematiken beschäftigen – hat der Verbraucherschutz, der gerade angesprochen worden ist. Aufklärung allein genügt nicht; Pestizide stehen nicht auf dem Zettel, Herr Wirtz. Es muss im Vorfeld etwas passieren.

Kontrolle und Information sind die Hauptargumente für einen sinnvollen Verbraucherschutz und für ein Handeln im Vorfeld. Wir sind nicht müde geworden, dies zu fordern. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich darauf verlassen können, sichere und gesunde Lebensmittel kaufen zu können. Wenn Erdbeeren wegen zu hoher Pestizidbelastung jährlich angesprochen werden müssen, ist die Kommunikation mit der Bevölkerung, dass hier Problemlagen entstanden sind, eine wichtige Voraussetzung, um diese Politik umzusetzen. Eine Mitteilung an einen Landrat, Herr Minister Uhlenberg, genügt nicht.

Kontrollergebnisse müssen also konsequent veröffentlicht werden, damit sie zu einer echten Hilfestellung für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land werden. Dazu bedarf es flächendeckender Kontrollmechanismen. Die Kontrollmechanismen, die wir heute kennen, arbeiten häufig am Rande ihrer Kapazitäten; das wissen wir. Sie haben in Ihren umweltpolitischen Leitlinien eine risikoorientierte Untersuchung gefordert. Das ist richtig. Nur: Haben Sie das immer auf Ihrer Agenda, wenn Sie daran denken, dass Sie jährlich vor belasteten Erdbeeren warnen müssen? Wir können nächstes Jahr die Uhr danach stellen; das wird wiederkommen.

Seriöserweise müssen wir darauf hinweisen, dass ein lückenloses Kontrollnetz auch Finanzmittel benötigt, über die die Kommunen gerade in der heutigen Zeit nicht mehr verfügen. Die Folgerung heißt aber nicht, dass wir auf ein Optimum an Verbraucher- und Gesundheitsschutz verzichten sollten. Verbraucherschutz und Überwachung müssen finanziell gut ausgestattet sein. Deshalb hätte der Antrag zielgerichteter an die Landesregierung gehen müssen. Denn hier müssen Schwerpunkte gesetzt werden, was zum Teil bei

dieser Landesregierung nicht der Fall ist. Das haben wir in den vergangenen Wochen, als es um PFT und andere Skandale ging, häufig gesehen.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Absoluter Quatsch!)

Herr Minister, was Quatsch ist und was nicht, entscheiden nicht nur Sie.

(Beifall von der SPD)

Abschließend zum Antrag: Die Stoßrichtung ist sicherlich richtig. Wir hoffen, dass die Beratung im Ausschuss konkreter wird. Wir werden uns nach der Ausschussberatung noch einmal zurückziehen und überlegen, ob wir den Antrag unterstützen werden. – Danke.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Stinka. – Für die FDP spricht der Abgeordnete Ellerbrock.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Stinka, es ist richtig, dass wir uns in der letzten Zeit über eine Menge Lebensmittelskandale haben unterhalten müssen. Grund dafür ist die Aufklärungsarbeit der neuen Regierung, die die Versäumnisse der Vergangenheit aufgezeigt, Maßnahmen zu ihrer Bewältigung ergriffen hat und einen Schritt nach vorne gegangen ist.

(Beifall von FDP und CDU)

So ist das Leben – ganz einfach.

Zum Zweiten müssen wir einmal sagen, wie die Situation tatsächlich aussieht:

Erstens. So wenig Pestizide wie möglich in Lebensmitteln.

Zweitens. Der Antrag der Grünen ist ein Recycling-Antrag. Denn der nächste Antrag der Grünen wird lauten: Weniger Fungizide in Lebensmitteln! Der dritte Antrag wird lauten: Weniger Herbizide in Lebensmitteln! – Deswegen sollten wir das zusammenfassen: All diese Stoffe, diese Pflanzenschutzmittel haben in Lebensmitteln so wenig wie möglich zu suchen.

Dafür gibt es aber auch ein sinnvolles System; denn all diese Pflanzenschutzmittel bedürfen der Zulassung. Dafür ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Bonn zuständig. Dort werden die Prüfungen, die in anderen Ämtern vorgenommen worden sind, gebündelt, und man kommt zu Höchstmengeneinschätzungen. Die Biologische Bundesanstalt prüft die

Wirksamkeit der Mittel und legt die Anwendungsbedingungen fest. Das Umweltbundesamt prüft die Umweltverträglichkeit dieser Stoffe. Das Berliner Institut für Risikobewertung, dem wir alle ein hohes Maß an Vertrauen entgegenbringen, begutachtet letztendlich die toxikologischen Auswirkungen. Dann werden Rückstandshöchstmengen festgelegt. Diese Höchstmengen bilden die Grundlage für eine Lebensmittelkontrolle.

In dem Zusammenhang, Herr Minister, noch eines – Herr Wirtz hat das auch eben angesprochen –: Auf der Agrarministerkonferenz am 1. Februar soll über Lebensmittelkontrolle, Gebührenerhebung usw. geredet werden.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Verbraucher- schutzministerkonferenz!)

Verbraucherschutzministerkonferenz. – Ich wäre Ihnen dankbar, Herr Minister, wenn Sie noch ein paar Worte dazu sagen könnten, wie weit Ihre Gespräche hinsichtlich eines eigenbetrieblichen qualifizierten Kontrollsystems der Wirtschaft – im Sinne der Eigenkontrolle! – gelaufen sind.

Die Höchstmengenverordnung geht von erheblichen Sicherheitszuschlägen aus. Selbst wenn wir dazu kommen, dass die Rückstandshöchstmengen überschritten sind, heißt das noch nicht, dass das Lebensmittel gefährlich oder gar gesundheitsschädlich ist; das muss man klarmachen. Ich betone noch einmal: so wenig Fungizide, Herbizide oder Insektizide wie möglich in den Lebensmitteln; das ist doch völlig klar.

Wenn wir jetzt aber in die einzelnen Listen schauen, werden wir feststellen, dass für viele Stoffe Grenzwerte angegeben sind. Diese Grenzwerte basieren oft auf der Nachweisgrenze. Wir sagen, darin soll so wenig wie möglich sein, und die jetzige Nachweisgrenze wird angegeben. Das heißt, wir reden heute über Höchstmengen und Stoffe, die wir vor fünf Jahren noch gar nicht messen konnten.