Wir wollen uns jedenfalls nicht darauf beschränken lassen, jeweils die vom Finanzminister freundlicherweise eingeräumten Abweichungen von der Realität nach dem Motto „Besser spät als nie“ zur Kenntnis zu nehmen. Das wird unserer Gesamtverantwortung nicht gerecht.
Ich gehe jetzt einmal auf den Zusammenhang zwischen dem Haushalt 2006, dem Nachtragshaushalt und dem Haushalt 2007 ein. Bei der ersten Lesung des Haushaltsentwurfs 2007 hat Herr Dr. Linssen betont – wie eben wieder –, Geld für Begehrlichkeiten habe er nicht zu verteilen. Dazu ein wichtiger Hinweis an die Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition: Trotz aller Verherrlichung von Einzelpersonen, meine Damen und Herren, den Haushalt beschließt der Landtag. Was zu verteilen ist, das haben wir in gemeinsamer Verantwortung zu verteilen.
Einzelne haben dazu die Meinung und auch die Pflicht, einen Haushaltsplan aufzustellen. Bei gleicher Gelegenheit hat Herr Dr. Linssen ausgeführt, insbesondere den Kommunen sei es zuzumuten, einen weiteren Konsolidierungsbeitrag zu leisten. Meine Damen und Herren, an dieser Stelle funktioniert die Arbeitsteilung in dieser Landesregierung ganz gut: Der Ministerpräsident spielt den Robin Hood – die Aufführung gestern war allerdings nicht so toll –, und der Herr Finanzminister nimmt es gleichzeitig den Bedürftigen.
Ich bin mir sicher, liebe Kolleginnen und Kollegen: Diese Ausführungen, auch bezogen auf die kommunale Situation, wären Herrn Dr. Linssen wesentlich schwerer gefallen, wenn wir bereits damals die absehbaren und von uns immer wieder eingeforderten Zahlen auf den Tisch bekommen hätten.
Ich erinnere zum Beispiel an den Wegfall des Elternbeitragsdefizitausgleichs. Sie zwingen die Kommunen, die sich in Haushaltssicherungskonzepten oder im Nothaushaltsrecht befinden, dazu, die Elternbeiträge zu erhöhen. Das ist weder sozial noch kommunalfreundlich, meine Damen und Herren.
(Beifall von SPD und GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Herr Laschet, das ist familienfeind- lich! – Zuruf von Minister Dr. Helmut Linssen)
Ich freue mich, dass ich das Interesse des Herrn Finanzministers doch ein wenig geweckt habe. Herr Finanzminister, zu jenem Zeitpunkt hätten Sie dem Parlament die Möglichkeit geben müssen, von den damals schon bekannten Zahlen auszugehen. Stattdessen haben Sie über die voraussichtlich eintreffenden Einnahmen, die mit großer Sicherheit prognostiziert waren, ein bisschen hinweggetäuscht. Das entspricht zwar dem Bild eines Kaufmanns, aber eher dem eines listigen Kaufmanns und nicht dem eines ehrlichen Kaufmanns, meine Damen und Herren.
Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, ist für 2007 vorgesehen, die kommunale Beteiligung an der Grunderwerbsteuer in Höhe von 165 Millionen € zu streichen.
Gleichzeitig wird – das ist besonders perfide – von Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition vor Ort der Eindruck erzeugt, den Kommunen gehe es prinzipiell wesentlich besser, weil mehr Geld zur Verfügung stehe als 2006. Ich verweise dazu auf die Ausführungen der kommunalen Spit
zenverbände in der Anhörung zum Haushalt 2007. Die haben bei aller Freude darüber, dass auch sie von konjunkturbedingten Mehreinnahmen betroffen sind, darauf hingewiesen, dass gerade keine Verbesserung der kommunalen Finanzsituation eingetreten ist.
Sie unterschlagen in diesem Zusammenhang immer wieder, dass hinsichtlich der Kommunen in den Vorjahren über die Kreditierung ein Sondereffekt von 674 Millionen € eingetreten ist, und rechnen Nettoabrechnung 2006 gegen Nettoabrechnung 2007. Das hat mit Seriosität und ehrbarer Kaufmannschaft nichts zu tun. Das ist Hütchenspielerei.
Meine Damen und Herren, es ist sicherlich die Frage, zu welchem Zeitpunkt man dem Parlament welche Einschätzungen liefert. Wie zwischenzeitlich belegt ist, rechnen Sie das Land systematisch zulasten von Bürgern und Kommunen arm und verkaufen das als Konsolidierungsbeitrag zum Landeshaushalt. Dazu wird der Beifall aus der Regierungskoalition organisiert.
Als rheinischer Katholik habe ich mir sicherlich sehr viel Verständnis für die Verehrung von Wundern bewahrt. Meine Damen und Herren der Regierungskoalition, wenn Sie eine Lichterscheinung würdigen möchten, empfehle ich Ihnen eine Wallfahrt nach Kevelaer, das bekanntlich im Wahlkreis des Herrn Dr. Linssen liegt. Selbst ernannte ehrbare Kaufleute sind aus unserer Sicht eher weniger bewundernswert – insbesondere dann, wenn sie dem Parlament die wundersame Geldvermehrung im Lande Nordrhein-Westfalen nahe bringen wollen. – Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte zum ersten Nachtragshaushalt 2006 ist sicherlich der erfreulichste Tagesordnungspunkt seit Langem. Selbst bei der Opposition, zumindest bei Frau Walsken, bricht da ja Freude aus.
(Gisela Walsken [SPD]: Ich dachte, die er- freulichsten Tagesordnungspunkte seien die Unterrichtungen der Landesregierung!)
Im Übrigen wird der Finanzminister im Haushalts- und Finanzausschuss – Sie sind da ja mit dabei, Herr Körfges – dermaßen häufig von Ihnen gelobt,
(Hans-Willi Körfges [SPD]: Oh! Ich drücke mich normalerweise noch relativ deutlich aus, Herr Kollege!)
Gerade Herr Eiskirch, der heute nicht hier ist, qualifiziert sich da als huldigungspolitischer Sprecher der SPD. Das ist herzlich willkommen. So brauchen wir das nicht mehr zu tun.
Meine Damen und Herren, solides Wirtschaften zahlt sich aus. Wir ernten heute die Erfolge eines neuen finanzpolitischen Stils von CDU und FDP.
Solide Haushaltsführung hat sich an dieser Stelle erneut bestätigt. Einnahmen sind vorsichtig zu schätzen, Herr Sagel. Alle Experten haben uns dazu geraten.
In der Anhörung am 19. Oktober 2006, an der auch Sie teilgenommen haben, ist das Ganze erneut bestätigt worden. Mit Erlaubnis der Präsidentin darf ich Herrn Gebhard vom RWI zitieren, der sich an den Steuerschätzungen beteiligt. Er hat bei dieser Anhörung gesagt:
„Ich begrüße das, weil eine Planung, die vorsichtig ansetzt und nicht auf Kante genäht ist, nur positive Überraschungen erfahren kann.“
„Eine wesentliche Voraussetzung für Haushaltssanierungen sind vorsichtige Annahmen über das Wirtschaftswachstum und die Steuereinnahmen. Das haben wir bei der Anhörung im März gesagt, und wir können nur wiederholen, dass man hier vorsichtig herangehen muss.“
Sie sehen: Die Experten bestätigen das. – Frau Walsken, man darf Experten nicht nur einladen, sondern man muss ihnen auch zuhören. Wir halten uns an diese Ratschläge und sind damit erfolgreich.
Noch eine Anmerkung zu der Steuerschätzung, die eben von Ihnen noch einmal problematisiert wurde. Eine ganze Reihe von Fachleuten empfiehlt, mit diesen Daten sehr vorsichtig umzuge
hen. Zum Beispiel hat Herr Prof. Seitz hierzu in der „Taz“ vom 2. Februar dieses Jahres erklärt – ich darf zitieren –:
„Was Linssen macht, ist absolut vernünftig. Einnahmen, die auf den Prognosen der Steuerschätzung beruhen, sollten die Länderfinanzminister nicht einplanen. Die Erfahrung der letzten 30 Jahre zeigt, dass bis zu ein Drittel der strukturellen Defizite in den Länderhaushalten auf den falschen Traumzahlen der Steuerschätzer beruhen.“
Insofern ist es völlig richtig, Frau Walsken, dass die Zahlen der Steuerschätzer vorsichtig zu handhaben sind.
Der Bundesrechnungshof äußert sich ebenso. Mit Datum vom 14. November sagt er, dass Abschläge in der Planung vorzunehmen sind, wenn bestimmte Parameter nicht eintreten.
Im Übrigen, Frau Walsken, Sie wie auch einige ihrer Kollegen haben sich im Frühjahr als interessante Prognosegeber betätigt. Ich habe mir das noch einmal herausgesucht. Sie haben zum Beispiel in der Plenardebatte am 15. Februar gefragt – Zitat –:
„Ich habe auch große Bedenken und bin sehr gespannt, ob die Zahlen zu Steuerschätzung und Wirtschaftswachstum tatsächlich halten werden. Vom Finanzminister ist ja groß angekündigt worden: Meine Zahlen stimmen. – Ich bin sehr gespannt, ob die Schätzung von 1,8 % Wirtschaftswachstum tatsächlich zum Tragen kommt. Ich bin auch sehr gespannt, ob die Steuereinnahmen so sprudeln, wie Sie das eingeplant haben. Ich habe daran große Zweifel. Aber wir werden es ja sehen.“
Meine Damen und Herren, wir halten Wort: Alle zusätzlichen Einnahmen werden für die Verringerung der Neuverschuldung verwendet. Für unsere Entschlossenheit bekommen wir inzwischen auch überall Unterstützung. Der Bundesrechnungshof unterstützt diesen Weg; Kollege Klein hat das vorhin zitiert. Auch an der Stelle werden die großen Unterschiede zwischen Regierung und Opposition deutlich: Wir konsolidieren, Sie wollen das Geld sofort wieder ausgeben. Wir aber sagen: Damit sichern wir die Zukunft.