Meine Damen und Herren! Ich heiße Sie zu unserer heutigen, 45. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich zehn Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich Ihnen Folgendes mitteilen: Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, den Tagesordnungspunkt „Zukunft der Medien“ – Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 14/1880 – auf Januar 2007 zu verschieben und heute nicht zu diskutieren. Gibt es dagegen Einwände? – Das ist nicht der Fall. Dann können wir so verfahren. Der Tagesordnungspunkt ist damit für heute abgesetzt. Die anderen Tagesordnungspunkte werden nach vorne gezogen.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat mit Schreiben vom 4. Dezember 2006 zu der zuerst genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt. In Verbindung damit diskutieren wir eine ebenfalls mit Schreiben vom 4. Dezember 2006 von der Fraktion der CDU und der
Meine Damen und Herren, ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rednerin Frau Löhrmann von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Spieglein, Spieglein an der Wand: Wer ist der Sozialste im ganzen Land? – Diese Frage stellen sich SPD und CDU in immer kürzer werdenden Abständen und hoffen darauf, dass der Spiegel, genauer gesagt, der Wahlspiegel bei der Antwort die richtigen drei Buchstaben nennt.
Herr Rüttgers hat den Kampf um Platz 1 der inoffiziellen Sozialrangliste eröffnet. Mit seinen Sonntagsreden und seinen Hartz-Forderungen beschwor er die soziale Gerechtigkeit und trieb so die SPD in die Enge.
Fatale Folge: Jetzt meint die NRW-SPD an anderer Stelle, die Sozialkarte spielen zu müssen, an ungeeigneter Stelle, rückwärts gewandt und auf Tradition beharrend bei der Steinkohle. Der greifbar nahe historische Kohlekompromiss rückt in weite Ferne –
Und das Ganze, meine Damen und Herren, nicht bei einer Lappalie, sondern bei einer der wichtigsten industriepolitischen Leitentscheidungen in Deutschland, mit Sicherheit der wichtigsten für Nordrhein-Westfalen. Es ist eine Entscheidung, die man nicht ideologisch verbohrt treffen darf, eine Entscheidung, die man in Kenntnis vernünftiger Daten treffen sollte, eine Entscheidung, bei der man sich tunlichst nicht von Lebensmüden leiten lassen sollte, und eine Entscheidung, wie ich finde, bei einem Thema, das nicht für selbsternannte Arbeiterführer taugt.
Meine Damen und Herren, es geht darum, ob wir unsere wirtschaftliche Zukunft konsequent nach vorne denken oder immer noch nach hinten. Es geht darum, ob unsere begrenzten öffentlichen Mittel in ökologische Erneuerung, in den Klima
Das Szenario, das sich bei den Kohlegesprächen in Berlin jetzt abzeichnet, ist ein hoch subventionierter Sockelbergbau mit zwei oder drei Zechen, der uns jedes Jahr Milliarden kosten wird, und eine wie auch immer geartete Revisionsklausel, die eine weitere Leitentscheidung erst 2014 vorsieht; das ist das Schlimmste.
Es macht doch keinen Sinn, die Bergleute in trügerischer Hoffnung zu wiegen, der Bergbau hätte in Deutschland eine unbegrenzte Zukunft.
Ich bin gespannt, Herr Stahl – er kommt gerade herein –, Herr Weisbrich, was die CDU dazu sagt. Noch gespannter bin ich, was das für die FDP heißt. Herr Dr. Papke ist noch nicht da. Ein Sockelbergbau wäre für ihn eine ganz persönliche Niederlage. Er hat sich nämlich letzte Woche ganz klar festgelegt: Einen Sockelbergbau werde die FDP – Zitat Dr. Papke – „niemals akzeptieren“.
Oder wollen Sie am Ende allen Ernstes als Erfolg der FDP verkaufen, dass der Bund die Kosten trägt? Von Ihnen haben wir zum Thema Steinkohle alle möglichen Positionen gehört. Doch dem Steuerzahler ist es egal, ob das Geld im Landeshaushalt oder im Bundeshaushalt für die Vergangenheit verschwendet wurde. So oder so wird es bei den Zukunftsinvestitionen fehlen.
Rüttgers Sozialgeschwätz ist quatsch. Die SPDReaktion im Kohlepoker ist quätscher. Und das Ergebnis wird am quätschesten sein. So sieht es aus, wenn CDU und SPD zusammen regieren, gegeneinander regieren, sich voreinander hertreiben und hintereinander herlaufen, anstatt endlich sachliche, verantwortliche Politik zu machen.
Das hieße, den Bergleuten und ihren Angehörigen, den Kommunen und den betroffenen Unternehmen die Wahrheit zu sagen und Planungssicherheit zu geben. Dann könnten auch die Folgeentscheidungen getroffen werden, und der Struk
Kurt Beck und die SPD bezahlen den Socken auf Kosten schlimmster politischer Kollateralschäden, nämlich auf Kosten des Klimas, auf Kosten der Energieeffizienz und auf Kosten der Staatsfinanzen. Ach ja, und die SPD beschädigt mit diesem Deal ihren Bundesfinanzminister. Schlimmer noch: Er hat sich selbst in Verruf gebracht: „Ich spreche hier nicht als Bundesfinanzminister, ich sitze hier als SPD-Politiker“, wird er zitiert. Mit dieser Aussage stiehlt er sich aus der Verantwortung.
Wenn der Bund weiterhin Milliarden für die Steinkohle ausgibt, dann ist Peer Steinbrück als Bundesfinanzminister gescheitert.
Meine Damen und Herren, nun komme ich zu den Zahlen. Frau Kraft, Sie wollen einen Sockel mit 10 Millionen t Steinkohle jährlich und 12.000 Kumpels, und Sie behaupten, dass Ganze sei für 700 Millionen € zu haben. Das glauben Sie doch wohl selber nicht. Sie brauchen mindestens das Doppelte. Und „mindestens“ sage ich, weil es bei der Steinkohle bisher immer noch teurer war, als vorher gedacht oder zumindest öffentlich gesagt wurde. Das wissen wir Grüne aus leidiger Erfahrung.
Respektieren Sie den politischen Willen! Es gibt eine klare Mehrheit für das Ende der Steinkohlesubventionen. Was Sie in Berlin durchsetzen wollen, ist ein Pyrrhussieg, und er wird Ihnen auch politisch nicht nutzen. Davon bin ich fest überzeugt. Oder, Frau Kraft, glauben Sie ernsthaft, dass Sie die nächste Landtagswahl gewinnen, indem Sie die Führung des Bergmann-Chors übernehmen? – Das glauben Sie doch selber nicht.
Frau Thoben, Herr Rüttgers, jetzt zu Ihnen: Es ist schön, dass die Öffentlichkeit nun endlich die Produktionskosten der einzelnen Standorte kennt. Darauf haben wir lange gewartet.
Es sind Produktionskosten, die ein Vielfaches der Wettbewerbspreise ausmachen – eine horrende Verschwendung knapper öffentlicher Mittel. Allerdings: Um angemessen urteilen zu können, brau
chen wir auch noch die Kosten der Altlasten für die einzelnen Standorte – aber bitte nicht wieder über die „Rheinische Post“, sondern an das Parlament. Oder soll Herr Priggen wieder eine Serie Kleiner Anfragen schreiben? – Das tut er gerne.