Sehr geehrte Damen und Herren! Ich heiße Sie zur 46. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich elf Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 9. Dezember zu dieser aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner vonseiten der antragstellenden Fraktion Herrn Abgeordneten Schmeltzer das Wort. Bitte schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Aufschwung zeigt auch an Rhein und Ruhr deutliche Wirkung. Deutschland hat derzeit ein starkes Wachstum. Wir verdanken dies der ungebrochenen Auslandsnachfrage und – das ist neu – der anziehenden Binnenkonjunktur. Letzteres verdanken wir aber auch der Bundesregierung, die mit den Steuerfreibeträgen für Handwerksleistungen und dem Gebäudesanierungsprogramm Impulse für die Konjunktur gegeben hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung hat zu diesem wirtschaftlichen Aufschwung nichts beigetragen.
Diese Landesregierung hat die Hände in den Schoß gelegt. 18 Monate nach dem Wechsel müssen wir feststellen: Diese Landesregierung verschläft den Aufschwung.
Zum Arbeitsmarkt! Im November suchten 917.800 Menschen in Nordrhein-Westfalen einen Arbeitsplatz. Die Arbeitslosenquote liegt damit bei 10,3 %. Das sind 1,1 % weniger als im Vorjahr. Das ist ein sehr gutes Ergebnis der Arbeitsmarktpolitik des Bundesarbeitsministers für die Menschen, die einen Arbeitsplatz erhalten haben.
Meine Damen und Herren, jetzt wird es deutlich: Die Arbeitsmarktreformen haben ihren geistigen Ursprung in der Agenda 2010 und greifen jetzt.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir sollten aber nicht vergessen, dass es in Deutschland nach wie vor 4 Millionen Arbeitslose gibt, davon 917.800 in Nordrhein-Westfalen. Von Entwarnung kann hier keine Rede sein. Die europäischen Mittel für den Arbeitsmarkt werden nach 2007 zurückgehen. Diese Landesregierung hat sich längst aus einer eigenständigen, aktiven Arbeitsmarktpolitik zurückgezogen.
Finanzminister Linssen setzt sich mit seinem Diktat des Sparens gegenüber dem Arbeitsminister Laumann so nachdrücklich durch, dass seine eigene landespolitische Handschrift in der Arbeitsmarktpolitik nicht mehr erkennbar ist. Sie verdrücken sich. Sie kneifen auf dem Rücken der arbeitslosen Frauen, der jungen Arbeitslosen und vor allem der Langzeitarbeitslosen. Das beweisen auch die Zahlen:
Wir haben heute in Nordrhein-Westfalen 32.400 Langzeitarbeitslose mehr als im Vorjahr. Das ist ein Zuwachs von 8,7 %, obwohl im gleichen Zeitraum die Arbeitslosigkeit um 112.000 Menschen zurückging. Das, Herr Laumann, ist grottenschlecht. Sie tragen bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit die rote Laterne in Deutschland.
(Beifall von der SPD – Rudolf Henke [CDU]: Das müssen Sie gerade sagen, ausgerech- net Sie! – Ursula Meurer [SPD]: Wer denn sonst?)
Herr Henke, wenn diese Landesregierung so weiter macht – das scheint sich abzuzeichnen –, wird sich dieses katastrophale Ergebnis noch verschlechtern.
Was tut diese Landesregierung stattdessen? – Sie betreibt eine Giftpolitik. Sie spalten und vergiften! Sie, Herr Laumann, suchen Schuldige: Schuld sind in Ihren Augen immer die Argen. Es gibt Arbeitsgemeinschaften, die Mittel aus dem Eingliederungstitel zurückgeschickt haben. Das ist bitter, gerade dann, wenn vor Ort Unterstützungsmaßnahmen ausbleiben, weil es den Verantwortlichen an der nötigen Fantasie zum Einsatz der Eingliederungstitel fehlt.
Dies ist jedoch kein strukturelles Problem, sondern ein jeweils lokales Phänomen. Die Transparenz des Systems ermöglicht uns, den Finger in die Wunde zu legen und gegenzusteuern. Sie dagegen spielen Arbeitsgemeinschaften gegen Optionskommunen aus. Sie spalten und vergiften, wo gemeinsam gehandelt werden müsste. Das ist Ihre Politik des Giftes.
Schuld sind in Ihren Augen natürlich auch die Arbeitslosen selbst. Am 18. August sagten Sie, Herr Laumann: „Es ist nicht zu akzeptieren, wenn Arbeitslosengeld-II-Empfänger ein Arbeitsangebot nicht wahrnehmen.“ Sie beklagen einen Zustand, für dessen Beseitigung bereits einschneidende Maßnahmen angewendet werden. 100.000 ALGII-Empfänger werden jeden Monat bestraft, weil sie ein Arbeitsangebot nicht wahrgenommen haben. Sie nutzen dieses Problem für Ihre eigenen Zwecke. Sie bringen die Menschen gegeneinander auf. Sie spalten und vergiften: Das ist Ihre Politik des Giftes.
Wer ist sonst noch schuld? – Natürlich der Bund. Keine Woche vergeht, in der diese Landesregierung nicht gegen Berlin, gegen die Bundeskanzlerin und den Bundesarbeitsminister zu Felde zieht. Das jüngste Beispiel des CDU-Bundesparteitags ist uns allen noch gut in Erinnerung. Sie spielen die jungen gegen die älteren Arbeitslosen aus. Hier ist sie wieder, Ihre Politik des Giftes. Sie spalten und vergiften in der Arbeitsmarktpolitik.
Herr Minister Laumann, natürlich sind Sie – und das ist die Wahrheit – schuld. Sie haben die Mittel für die Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen zusammengestrichen. Mit einem Federstrich, mit einem Ukas aus Düsseldorf, sind die Weiterbildungsträger darüber informiert worden, dass für Maßnahmen zugunsten der Langzeitarbeitslosen kein Geld mehr zur Verfügung steht.
Die Sitzung des Ausschusses zu diesem Thema – mit Ihren Ausführungen – war für die betroffenen Menschen peinlich. Medienberichte über Ihre „Stopp-Politik“ zulasten der verschiedenen Ar
Sie erdreisten sich, im Nachgang zu dieser berechtigten Kritik die zukünftige ESF-Förderung für die Region Aachen davon abhängig zu machen, dass der Leiter der Regionalagentur Aachen abgelöst wird. Ein Zitat aus dem Schreiben Ihres Ministeriums vom 20. November an den Regierungspräsidenten Lindlar und an Herrn Thomas von der AGIT als Gesellschafter:
„Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass für die Landesregierung in dieser Situation die Förderentscheidung 2007 und 2008 für die Regionalagentur Aachen auch mit der personellen Besetzung verbunden ist.“
Das steht Ihnen nicht nur nicht zu, sondern das ist auch eine Unverschämtheit. Wer draußen nicht spurt, wie Sie wollen, fliegt, oder es gibt kein Moos mehr: Das ist zentralistisch!
(Beifall von der SPD – Ursula Meurer [SPD]: Da nickt er auch noch! Das kann doch wohl nicht wahr sein!)
Durch Ihre Unfähigkeit in der Umsetzung der Förderpolitik wird tausenden Arbeitslosen die Möglichkeit genommen, einen Fuß in den ersten Arbeitsmarkt zu bekommen. Das ist kein Rückgang, das ist eine Kapitulation.
Herr Laumann, lassen Sie die Finger vom Giftschrank! Stellen Sie sich der Diskussion über die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit! Diskutieren wir hier und in Berlin über die unterschiedlichen Konzepte! Sie haben zu dieser Diskussion bisher keinen wirklichen Beitrag geleistet – außer mit Populismus und dem Versuch, sich mit fremden Federn zu schmücken.
Wir müssen gesellschaftlich anerkannte Tätigkeiten auch für die Menschen entwickeln, die verschiedene – oft sind es mehrere – Eintrittsbarrieren haben. Wir wollen, dass Beschäftigungsverhältnisse nicht nur wenige Monate, sondern dauerhaft gefördert werden. Ihr Ansatz ist populistisch und hilft nur wenigen. Beteiligen Sie sich endlich konstruktiv an dieser Diskussion! Vor allem: Führen Sie die Landespolitik wieder zurück auf den Pfad zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit!
Wir freuen uns über die allgemeine positive Entwicklung am Arbeitsmarkt. Wir freuen uns umso mehr, weil wir feststellen, dass dieser bundesweite Trend auch ohne Sie an Geschwindigkeit und Kraft gewinnt. – Vielen Dank.
(Ursula Meurer [SPD]: Das war leider keine Märchenstunde, das war Realität! – Gegen- ruf von Minister Karl-Josef Laumann: Und trotzdem fliegt der Mann! – Ursula Meurer [SPD]: Wunderbar! Diktatur im Hause Lau- mann!)
„Mit der Umsetzung des Hartz-Konzeptes ist es uns möglich, uns von den Aufgaben zurückzuziehen, die dadurch abgedeckt sind.
Das schließt auch ein, dass wir unser finanzielles Engagement in diesem Bereich erheblich reduzieren, nämlich um 40 %...“