Lieber Herr Schmeltzer, Sie wissen genauso gut wie ich: Wenn sich die Argen und die Optionskommunen nach dem SGB II um etwas zu kümmern haben, dann ist es die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit, weil das genau das
Sie sagen auf der anderen Seite im Ausschuss, ich müsse mich ganz besonders um diejenigen kümmern, die weder gegen Argen noch gegen Optionskommunen einen Förderanspruch haben. Genau das mache ich mit den begrenzten Mitteln des ESF zurzeit in Nordrhein-Westfalen, indem ich mich um junge Leute kümmere, die bei der Arge noch keinen Anspruch haben, und indem ich mich vor allen Dingen auch um die Einsteigerinnen zum Beispiel nach der Kindererziehungsphase kümmere, die ebenfalls keinen Anspruch aus dem SGB I und SGB II haben. Genau das mache ich mit den eng begrenzten Mitteln des ESF zurzeit in Nordrhein-Westfalen,
indem ich mich um die jungen Leute, die im Rahmen der Arge noch keinen Anspruch haben, und vor allen Dingen zum Beispiel um die Einsteigerinnen nach der Kindererziehungsphase kümmere, die ebenfalls keinen Anspruch nach SGB I und SGB II haben.
Im Übrigen hängt der Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland nicht in erster Linie mit der Agenda 2010 zusammen. Herr Schmeltzer, Sie wissen ganz genau, dass er in erster Linie darauf zurückzuführen ist, dass die Gewerkschaften seit Jahren eine zurückhaltende Lohnpolitik betreiben und dass wir auf vielen Feldern gegenüber anderen Ländern Europas an Wettbewerbsfähigkeit gewonnen haben – auch in Bezug auf die Entwicklung von Lohnstückkosten.
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Bei dieser Aus- sage müssen Sie in die andere Richtung schauen, Herr Laumann!)
Deswegen ist es wichtig, dass man nicht so unverantwortlich vorgeht wie Ihr Parteivorsitzender, der dafür plädiert, jetzt einen Schluck aus der Pulle zu nehmen. Ich gebe zu, dass uns die bisherige Lohnzurückhaltung und die derzeitigen Wachstumsraten auch Spielräume eröffnen, unter Umständen wieder zu einer Lohnentwicklung zu
kommen. Wichtig ist aber, dass wir diese Spielräume nicht pauschal nutzen, sondern sie vor allen Dingen auf betriebliche und regionale Situationen klar und deutlich zuschneiden.
Das ist wichtig, um den momentanen Aufschwung nicht zu drosseln, damit in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland noch mehr Menschen wieder in Arbeit kommen.
Unterstützen Sie mich bitte dabei, jetzt endlich den Durchbruch zu schaffen, Gerechtigkeit in diesem Land zu erreichen, indem wir die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stärker am Kapital der Unternehmen beteiligen, bei denen sie beschäftigt sind.
Hierzu gibt es von mir und meiner Partei eindeutige Vorschläge. Steigen Sie doch bitte einmal auf diese Vorschläge ein.
Ein weiterer Punkt. Bei Ihnen habe ich – wie im Übrigen auch bei der Basta!-Politik von Herrn Müntefering – immer den Eindruck, dass die Agenda 2010 und die Hartz-Gesetze für Sie in Stein gemeißelt sind.
Die Richtung stimmt. Es ist richtig, Arbeitslosengeld und Sozialhilfe in einer Hand zusammengeführt zu haben. Verschließen wir uns aber doch bitte alle zusammen nicht der Einsicht, dass es auch bei diesem System Gerechtigkeitslücken gibt, die jeden Tag bei den Menschen deutlich werden.
Deswegen brauchen wir eine Veränderung dieser Gesetze. Vor allen Dingen geht es dabei darum, dass diejenigen, die in diesem Land lange Zeit Beiträge und Steuern bezahlt haben, nicht nach zwölf Monaten genauso behandelt werden wie die Menschen, die das nicht getan haben. Kehren Sie hier endlich einmal um!
Der zweite Punkt in diesem Zusammenhang ist folgender: Wir alle wissen, dass wir heute private Vorsorge fürs Alter treffen müssen. Und dann nehmen wir den Menschen, die das getan haben,
Machen Sie in dieser Frage nicht nach dem Motto „Die Agenda 2010 ist in Stein gemeißelt“ weiter. Sagen Sie sich, dass die Agenda 2010 im Grundsatz richtig war. Sehen Sie aber endlich die Gerechtigkeitslücken, die wir in diesem Bereich schließen müssen.
Die nordrhein-westfälische Landesregierung sowie die CDU und die FDP, die diese Landesregierung tragen, werden nicht eher ruhen und rasten, bis diese Gerechtigkeitslücken auch von Ihnen erkannt und geschlossen werden. – Schönen Dank.
(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Gise- la Walsken [SPD] – Rainer Schmeltzer [SPD]: Lediglich vor den Mikrofonen ruhen Sie nicht! In Berlin ruhen Sie nur!)
Meine Damen und Herren, jetzt hat der Redner das Wort. Ich bitte Sie, sich auf ihn zu konzentrieren. Das wäre sehr nett.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nichts ist in Stein gemeißelt; da stimme ich Ihnen zu. Auch das, was Sie verkünden, ist nicht in Stein gemeißelt.
Lassen Sie mich jetzt zu den Übereinstimmungen kommen. Es sollte uns alle in diesem Parlament froh stimmen, dass eine Trendwende am Arbeitsmarkt eingetreten ist, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gestiegen ist und dass damit auch die sich daraus ergebenden Spielräume zugenommen haben.
Die neu entstandenen Arbeitsplätze müssen insbesondere dazu dienen, eine existenzsichernde Beschäftigung der Menschen sicherzustellen. Herr Romberg, ich wünsche mir, dass die Stammbelegschaften wachsen – nicht nur die Zeitarbeitsbranche.
Die Trendwende am Arbeitsmarkt ist auch für die Gewerkschaften und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Lande ein klares Signal. Sie haben das Recht, stärker an den Ergebnissen ihrer Arbeit beteiligt zu werden als bisher.
Die Gewerkschaften – an diesem Punkt stimmen wir auch überein, Herr Minister Laumann – haben in den zurückliegenden Jahren durch eine moderate Lohnpolitik wesentlich dazu beigetragen – Herr Romberg, hören Sie genau zu –, die internationale Wettbewerbsfähigkeit dieses Landes zu stärken und nach vorne zu bringen. Jetzt haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land Vorfahrt vor den Shareholdern. Das muss auch eine Botschaft des heutigen Tages sein.
Die Binnenkaufkraft durch höhere Lohnabschlüsse zu stärken, ist ein Gebot der ökonomischen Vernunft; denn so stärkt man die Massenkaufkraft. Der wirtschaftliche Aufschwung muss neben dem Export auch binnenwirtschaftlich getragen werden. Deswegen ist dies nicht nur ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, sondern auch ein Gebot der ökonomischen Vernunft.
Jetzt komme ich zu Ihrem Begriff der sozialen Gerechtigkeit. Eine höhere Beteiligung und ein kräftiger Schluck aus der Lohnpulle – das verstehen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in der heutigen Zeit unter sozialer Gerechtigkeit. Dieser Auffassung können Sie sich wahrscheinlich nicht anschließen, meine Damen und Herren. Wir aber glauben, dass die arbeitenden Menschen in diesem Land einen kräftigen Schluck aus der Lohnpulle verdient haben.
Im Übrigen stärkt der Rückgang der Arbeitslosenzahlen die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften. Auch das finden Sozialdemokraten in diesem Lande gut. Wir hüten die Tarifautonomie und die Flächentarifverträge der Gewerkschaften wie unseren Augapfel, Herr Minister. Deswegen sind wir gegen diese sogenannten betrieblichen Bündnisse, die Sie so hochhalten, weil sie die Durchsetzungskraft der Gewerkschaften schwächen.