Protokoll der Sitzung vom 20.12.2006

Aber jetzt zu dem, was in diesem Jahr abläuft. Herr Laschet, – darin stimme ich Ihnen zu –, Sie nehmen die Kürzung in diesem Jahr viel subtiler und geschickter vor. Sie sagen nämlich, das Geld stehe den Regionalstellen „Frau und Beruf“ und allen möglichen anderen zur Verfügung. Mittel in derselben Höhe seien vorhanden. Sie würden nur etwas anderes damit machen. Sie sagen, Sie machten damit etwas Effizienteres.

Wenn wir uns jetzt aber anschauen, was damit passiert, stellen wir fest: Von all den Regionalstellen, die wir hatten, nämlich 46 an 52 Standorten, haben 14 insgesamt 11 Anträge auf Projektmittel gestellt. Das heißt, Sie wollen keine institutionelle Förderung mehr, sondern nur noch Projektmittel. Was bedeutet das?

(Britta Altenkamp [SPD]: Entbürokratisie- rung!)

Das bedeutet, dass sich die Frauen im Moment damit beschäftigen müssen, welchen neuen Namen sie bekommen. Es bedeutet, dass alle Regionalstellen, entsprechend ihren Anträgen, zukünftig unterschiedliche Sachen machen dürfen. Die einen dürfen etwas, was die anderen nicht ma

chen dürfen; die dritten dürfen wiederum etwas anderes. Aber in vielen Punkten dürfen sie nichts mehr machen, und sie müssen sich mit diesen Anträgen beschäftigen und ständig Kürzungen und Veränderungen vornehmen. Das ist überhaupt kein Konzept, wie diese qualitativ hochwertige Arbeit vorangetrieben werden kann.

Wir müssen aber Nordrhein-Westfalen für den demografischen Wandel fit machen und auf den Fachkräftemangel vorbereiten. Dazu gehören Punkte wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, das Berufswahlverhalten von Mädchen, die Zukunftstauglichkeit und die Berufsrückkehrerinnen. Auch brauchen wir Frauen, die die Projektentwicklung für das neue Ziel-2-Programm mit vor Ort verankern.

All das haben die Regionalstellen geleistet und hätten sie in einer Weiterentwicklung leisten können. Aber Sie hauen das weg und sagen sogar, Sie müssten sich für die neuen Projekte einen neuen Namen geben, weil „Regionalstelle“ ein Unwort sei. Das heißt, alle alten Materialien – alles, was vorher vorhanden war – kann in die Tonne. Das hat für mich nichts mehr mit Effizienz zu tun, sondern das ist vielleicht der größte Kinderkram, der aus Ihrem Haus kommt – Kinderkram im Sinne von kindischem Verhalten – weil Sie bloß den Namen „Regionalstelle“ nicht mehr an irgendwelchen Türen haben wollen.

Meine Kollegin von der SPD ist eben auf das eingegangen, was wir bei der Hotline zu erwarten haben. Es geht aber auch darum, dass die Existenzgründerinnen nicht mehr in die Regionalstellen – die nicht so heißen dürfen – kommen können. Man darf zwar ihren Gründungswillen wecken, aber wenn es um die Gründungsberatung geht, müssen sie zu den Start-Centern geschickt werden, von denen bis heute keiner weiß, wo sie sein werden, wie viele es sein werden und welche Beratung sie machen können.

Was das Thema „Mädchen und Berufswahlverhalten“ angeht, so dürfen in Zukunft Mädchen mit einem Migrationshintergrund beraten werden. Aber Lehrerinnen und Lehrer dürfen von den ehemaligen Regionalstellen nicht mehr beraten werden. Herr Minister Laschet, ich kann Ihnen nur sagen: Das, was Sie hier vollziehen, ist das Gegenteil von Integration.

Die Bilanz, die wir unter den Teilbereich Frauenpolitik ziehen, lautet daher: Herr Minister Laschet, Sie sind kein Frauenminister, sondern ein Minister, der die Frauenpolitik in diesem Land kontinuierlich abwickelt.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Steffens. – Für die Fraktion der FDP spricht jetzt Frau Abgeordnete Pieper-von Heiden.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDPLandtagsfraktion begrüßt den Haushaltsentwurf für den Bereich Frauenpolitik. In Anbetracht der Tatsache, dass die Landesfinanzen auch weiterhin dringend der Konsolidierung bedürfen und die Ausgaben weiterhin begrenzt werden müssen, halten wir die Zahlen zum Haushaltsgesetz 2007 und die damit verbundenen Änderungen im Frauenbereich für richtig.

Immer wieder hat uns der Widerstand der Betroffenen gegen den von der Landesregierung eingeschlagenen Weg erreicht. Jedoch müssen wir wegen des von der alten rot-grünen Landesregierung hinterlassenen enorm hohen Schuldenbergs Änderungen vornehmen. Wir müssen Änderungen vornehmen und wir müssen einsparen, aber – und das wollen wir vor allem – wir müssen die Frauenpolitik auch auf völlig neue Füße, auf ein modernes Fundament stellen. Frau Steffens, Herr Minister Laschet ist ein moderner Frauenminister.

(Beifall von der FDP)

Der Haushaltsentwurf zeigt, dass die Lasten der Konsolidierung gerecht auf alle Schultern verteilt werden und die soziale Infrastruktur nicht zerschlagen wird. Darauf kommt es letztlich an. Die FDP tritt für eine an die heutige Zeit angepasste Frauenpolitik ein. Bestehende Benachteiligungen von Frauen müssen abgebaut werden, und die Gewalt gegen Frauen muss bekämpft werden.

Hervorheben möchte ich aber an dieser Stelle, dass der Haushaltsentwurf 2007 nahezu 11,7 Millionen € für die Bekämpfung von Gewalt vorsieht, was bedeutet, dass es gegenüber 2006 keine Einsparungen gibt

(Heike Gebhard [SPD]: Die haben Sie schon im Jahr 2006 gemacht!)

und dass wir sehr genau wissen, wo wir die Mittel für die Frauenpolitik konzentrieren müssen, wo es Benachteiligte gibt und wo wir helfen müssen. Das heißt im Übrigen auch, dass, wie im Vorjahr, alle Beratungsstellen gefördert werden: 62 Frauenhäuser, 55 allgemeine Frauenberatungsstellen, 48 Fraueninitiativen gegen sexualisierte Gewalt und die acht Beratungsstellen für Opfer von Menschenhandel. Nordrhein-Westfalen verfügt nach

wie vor über ein bundesweit vorbildliches Frauenhilfsnetzwerk.

(Zuruf von der SPD: Nein!)

Beruhigend ist, dass nach den Einschnitten im vergangenen Jahr im Laufe dieses Jahres keine Einrichtung geschlossen wurde, obwohl Sie immer gesagt haben, die Einrichtungen müssten sukzessive schließen, sie würden es nicht schaffen. Sie hatten Unrecht. Die Einrichtungen haben es geschafft. Nicht eine einzige hat geschlossen!

(Beifall von der FDP – Zuruf von der SPD: Was ist denn aus den Landesarbeitsgemein- schaften geworden?)

FDP und CDU treten darüber hinaus dafür ein, dass auch konzeptionell an der Bekämpfung von Zwangsverheiratungen gearbeitet wird. Herr Minister Laschet wies in der Vergangenheit auf eine Arbeitsgruppe im Ministerium sowie auf die im nächsten Jahr zur Verfügung stehende OnlineBeratung für Mädchen und Frauen hin.

Sehr gut gefallen der FDP die Pläne der Landesregierung für die zukünftige Förderung von Frauen im Beruf und von Frauen in Führungspositionen. Bekanntlich erlangen Frauen bessere Schul- bzw. Studienabschlüsse. Jedoch gibt es Schwierigkeiten, im Beruf voranzukommen und Forschung auf den Gebieten zu betreiben, die früher traditionell den Männern zugerechnet wurden.

Zur Steigerung der Frauenerwerbsquote sind im Einzelplan 15 2,25 Millionen € vorgesehen. Hinzu kommen Mittel aus der auslaufenden Förderphase des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung im Ziel-2-Gebiet, die im Wirtschaftsministerium etatisiert sind. Erwähnt seien auch die verschiedenen Projekte wie z. B. das Mentoringprogramm „Personal-Partnership“ oder das Projekt „Personalpotenziale nutzen“, das zurzeit noch auf die Region OWL begrenzt ist.

(Zuruf von der SPD: Alles nicht neu!)

Auch sei auf die Projekte zur Erhöhung des Anteils von Frauen an den Gründungen hingewiesen.

Abschließend möchte ich auf die von Rot-Grün gezielt gesteuerten Fehlinformationen eingehen, wonach im Bereich „Frau und Beruf“ gekürzt worden sei. Das stimmt nicht. Die Mittel für die Frauenpolitik wurden nicht gekürzt.

Richtig ist, dass es eine Veränderung bezüglich der Regionalstellen „Frau und Beruf“ gibt. Es ist eine Veränderung; denn bekanntlich wurden diese seit Ende der 80er-Jahre eingerichtet, weil man

damals den gleichstellungspolitischen Aspekten in der Wirtschafts-, Arbeits- und Bildungspolitik zu wenig Beachtung schenkte und eine entsprechende Gesetzgebung wie auch eine frauenpolitische Infrastruktur nicht vorhanden waren.

Heute werden jedoch aufgrund gesetzlicher Vorschriften der Institutionalisierung der Gleichstellungspolitik sowie gewachsener Sensibilität gleichstellungspolitische Fragestellungen viel stärker wahrgenommen. Im Rahmen der Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik gibt es eine Vielzahl von Vorgaben und Instrumenten, die zur Umsetzung von mehr Chancengleichheit beitragen und die auch künftig weiterentwickelt werden.

Um Potenziale von Frauen besser zu nutzen, sind Lösungen gefordert, die in Zusammenarbeit von verschiedenen Ministerien zu entwickeln sind. Die Bereiche, in denen bislang die Regionalstellen „Frau und Beruf“ tätig waren, gehören zu den Aufgabenfeldern, für die das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie, das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, das Ministerium für Schule und Weiterbildung sowie das Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie verantwortlich sind.

Meine Damen und Herren, diese Zeichen der Zeit sollten auch von der Opposition erkannt und anerkannt werden. Sie sollten uns begleiten auf dem Weg, Frauenpolitik moderner zu gestalten. – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Pieper-von Heiden. – Für die Landesregierung hat jetzt Minister Laschet das Wort.

(Christian Lindner [FDP]: Das Wort hat der Frauenminister!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Redner der Koalitionsfraktionen haben es schon deutlich gemacht …

(Zurufe von SPD und GRÜNEN: Redner?)

Die Rednerinnen der Koalitionsfraktionen haben es schon deutlich gemacht – ich freue mich, dass ein kleiner sprachlicher Lapsus in dieser Debatte Sie zumindest weckt –: Auch die Frauenpolitik steht im 21. Jahrhundert unter neuen Fragestellungen. Alles das, was Sie von der Opposition hier vorgetragen haben, war eher eine Debatte darüber, was alles schon war, was man vor 20 Jahren gemacht hat und was man nicht mehr neu

denken muss. Ich denke, dass die Frauenpolitik der Landesregierung den aktuellen Bedürfnissen von Frauen entspricht.

Das erste ist die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Im Haushaltsentwurf 2007 stehen für das Politikfeld Gleichstellung von Mann und Frau beziehungsweise Frau und Mann 14,8 Millionen € zur Verfügung. Das sind genauso viel wie im letzten Jahr.

Im letzten Jahr, im Jahre 2006, wurde jeweils die vierte Stelle bei den Frauenhäusern gestrichen. Das war in der Tat etwas, was der Haushaltskonsolidierung geschuldet war. Das war keine Sache, bei der man sagen könnte, man braucht diese Stelle nicht. Es wäre wünschenswert, wenn es nicht erforderlich gewesen wäre. Diese schmerzhafte Entscheidung ist getroffen worden, um die gesamte Infrastruktur zu erhalten, die wir bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen haben.

Die Bilanz am Ende dieses Jahres ist: Die Infrastruktur ist erhalten worden. Kein Frauenhaus, keine Frauenberatungsstelle, keine spezialisierte Stelle für die Bekämpfung von Menschenhandel hat geschlossen. Insofern meine ich, dass das eine gute Perspektive für 2007 ist.

Der entscheidende Bereich ist aber nicht nur die Anti-Gewalt-Infrastruktur, sondern auch die Frage der beruflichen Gleichstellung. Dazu hat nun die Opposition, die SPD und auch die Grünen, im Frauenausschuss erneut beantragt, das, was schon immer da war, so fortzuschreiben.

(Widerspruch von Barbara Steffens [GRÜ- NE])

Meine Antwort ist, Frau Steffens: Begreifen Sie diese Neuorientierung auch als Chance! Öffnen Sie Ihren Blick auch für die neuen Möglichkeiten und akzeptieren Sie, dass das gleiche Geld wie 2006 bereitgestellt, aber eben für neue Mechanismen eingesetzt wird!

(Beifall von der FDP)

Die berufliche Förderung von Frauen steht unter anderen Vorzeichen als vor 20 Jahren. Die Innovationskraft und das Erfahrungswissen von Frauen werden im Wirtschaftsleben stärker gebraucht. Wir müssen das Potenzial der bestqualifizierten Frauengeneration, die wir je hatten, viel stärker fördern, auch beim Wiedereinstieg in den Beruf. Dazu reichen die bisherigen Mittel nicht aus.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Steffens?

Ja.