Protokoll der Sitzung vom 21.12.2006

All das sind Sie heute hier schuldig geblieben.

(Beifall von FDP und CDU – Zuruf von der SPD: Das sagen Sie!)

Sie haben sich weder redlich um die Fakten bemüht, noch haben Sie eine realistische Alternative vorgelegt – weder Frau Seidl noch Herr Schultheis. Im Gegenteil: Es gibt kaum ein Politikfeld im Land

tag, auf dem gerade die SPD in einer solch polemisch und unsachlichen Weise argumentiert, wie im Bereich der Innovationspolitik. Das machen Sie nicht nur in diesem Hohen Hause, sondern insbesondere draußen im Land. Ich will das einmal anhand nur einer Impression schildern: Da ist Herr Schultheis doch tatsächlich in der Lage zu behaupten, es habe nie zuvor so viele Massenentlassungen im öffentlichen Dienst gegeben wie beim Übergang des Personal aus den Hochschulen in Verantwortung des Landes in verselbständigte Körperschaften.

(Karl Schultheis [SPD]: Auf dem Landesni- veau!)

Und da erwecken Sie den Eindruck, als wäre da jetzt plötzlich eine Hire-and-Fire-Mentalität an den Hochschulen möglich geworden,

(Zuruf von der CDU: Unerhört!)

und unterschlagen, dass diejenigen, die jetzt an den verselbständigten Hochschulen tätig sind, sogar noch bessere rechtliche Arbeitsbedingungen haben als vorher. Das unterschlagen Sie.

(Beifall von der CDU)

Wissen Sie, Herr Schultheis: Würden Sie damit uns hier nur ein bisschen kitzeln wollen, dann würden wir darüber genau so freundlich lächeln, wie Sie das überwiegend machen. Aber schlimm daran ist doch, dass Sie Unsicherheit unter den Menschen schüren und dass Sie Ängste schüren, die in der Sache nicht begründet sind.

(Karl Schultheis [SPD]: Ihre Politik schürt die Ängste!)

Damit, Herr Schultheis, werden Sie Ihrer Verantwortung als Parlamentarier nicht gerecht.

(Beifall von der CDU)

Das muss hier einmal gesagt werden.

(Zuruf von Marc Jan Eumann [SPD])

Lieber Herr Euman, ich verstehe ja Ihre Aufregung.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Das ist keine Auf- regung!)

Sie wollen hier morgens einmal ein bisschen den Blutdruck erhöhen. Sie sind eingeladen, Zwischenfragen zu stellen, wenn Sie einen Fachbeitrag leisten wollen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Mache ich sehr gerne!)

Herr Schultheis, wenn Sie uns vorwerfen, wir gingen unredlich mit Zahlen um, wenn Frau Schultheis von einem „Hochschulpäktchen“ oder gar von einem „Dumpingpakt“ spricht,

(Marc Jan Eumann [SPD]: Das war nicht „Frau Schultheis“! Herr Lindner, Sie sind verwirrt!)

wenn kritisiert wird, dass ein Zukunftspakt zwischen Landesregierung und Hochschule – bestätigt vom Landtag –

(Zurufe von der CDU: Eben!)

geschlossen worden ist, dann müssen wir uns doch einmal in Erinnerung rufen, wie Sie das mit dem Qualitätspakt damals eigentlich gehalten haben. Gab es denn einen Landtagsbeschluss zu diesem Qualitätspakt? Ist der denn hier im Landtag bestätigt worden? Ich erinnere mich nicht daran. Ist denn der Qualitätspakt von der Vorgängerregierung wirklich eingehalten worden? Ich behaupte: Nein. Denn die Arbeitszeitverlängerung im öffentlichen Dienst ist den Hochschulen voll auf die Butterseite geschlagen. Einzelne Hochschulstandorte mussten Stellen in zweistelliger Höhe abbauen, weil Sie eben nicht den Qualitätspakt auf Punkt und Komma einhalten haben. Das gehört auch zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme dazu.

(Karl Schultheis [SPD]: Wollen Sie das denn zurücknehmen?)

Eine gute Frage, Herr Schultheis, ob wir das zurücknehmen wollen. Wenn man die Menschen fragt, ob sie Butter oder Kanonen wollen, werden sie immer sagen, dass sie Butter wollen. Wir haben hier aber eine Gesamtverantwortung wahrzunehmen.

(Karl Schultheis [SPD]: Ja, ja, ja!)

Herr Schultheis, Sie wollten aus dem Verhältnis des Innovationshauhalts, Einzelplan 06, zum Gesamthaushalt ableiten, dass wir damit unter der Gesamtzuwachsrate des Landeshaushalts bleiben würden. Das Argument wollen wir uns einmal ein bisschen näher ansehen.

Ich habe eben dargelegt, dass Sie den Qualitätspakt gerade nicht exakt eingehalten haben, obwohl sich das Land Nordrhein-Westfalen an anderer Stelle hemmungslos verschuldet hat. Sie haben nicht in die Infrastruktur investiert, obwohl Sie haushalterisch über Jahre hinweg Schulden ohne Ende gemacht haben.

(Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Wir unterscheiden uns von Ihnen, indem wir es schaffen, den Innovationshaushalt zwar nicht so, wie es vielleicht wünschenswert wäre, aber eben doch zu steigern und qualitativ zu konsolidieren und trotzdem die Nettokreditaufnahme des Landes Nordrhein-Westfalen spürbar zu reduzieren. Wir haben für das kommende Jahr einen verfassungskonformen Haushalt im Blick und für das Jahr 2011/2012 sogar einen ausgeglichenen Haushalt.

(Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Das unterscheidet uns von Ihnen. Wir sind in der Lage, einen Innovationshaushalt wie den hier vorgelegten stetig weiterzuentwickeln, und trotzdem den Gesamthaushalt zu konsolidieren, während Sie wichtige Investitionen nicht vorgenommen haben, obwohl Sie Schulden ohne Ende gemacht haben. Das unterscheidet uns von Ihnen. Und das hängt mit einer klaren politischen Prioritätensetzung zusammen.

Jetzt möchte ich noch zu einem weiteren Argument kommen, Herr Schultheis. Sie haben kritisiert, dass die öffentlichen Forschungsausgaben nicht hinreichend steigen würden. – Wir müssen aber einmal analysieren, wo unser eigentliches Problem liegt, wenn wir an das Lissabon-Ziel von 3 % denken.

Unser Problem ist doch nicht – das ist Ihnen im Zuge der Berichterstattung über die Innovationsuntersuchung auch dargelegt worden –, dass wir zu wenig öffentliche Forschungsinvestitionen hätten. Das haben wir Ihnen auch nie vorgeworfen. Auch unter Ihrer Verantwortung – zu soviel Differenzierung bin ich in der Lage – mussten wir da nicht den Vergleich mit Bayern und BadenWürttemberg scheuen.

Unser Problem sind die privaten Forschungsausgaben! Unser Problem ist, dass wir für NordrheinWestfalen zu wenig Geld vom Bund und von der Europäischen Union bekommen.

Der Grund ist, dass, wenn es in der Vergangenheit darum ging, Max-Planck-Institute für Nordrhein-Westfalen zu gewinnen, Sie eher schlecht abgeschnitten haben, weil in den entsprechenden Runden gesagt wurde: Ihr buhlt um die Verlängerung der Steinkohlesubventionen. Ihr bekommt das Geld. Aber dann bekommt Ihr obendrauf nicht auch noch MPIs.

(Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Da gibt es doch einen Zusammenhang!

Diesen Zusammenhang gibt es auch bei anderen Beispielen wie dem Hochschulpakt 2020 und jetzt

wieder bei den Entscheidungen zum Thema Hartz, bei denen Herr Beck wieder etwas für sein Land herausholen kann. Nordrhein-Westfalen hat schon seine Gelder bekommen – und zwar für die Steinkohle.

Unser Problem ist, dass wir knappe öffentliche Mittel – auch Mittel vom Bund – über Jahre und Jahrzehnte nicht in Bereichen verwendet haben, die innovativ sind und die Wachstum generieren. Stattdessen haben Sie diese Gelder lieber im Ruhrgebiet verbuddelt, um einen Wirtschaftszweig künstlich zu beatmen, der aus sich heraus nicht selbstständig lebensfähig ist und der keine innovative Wirkung hat. Das ist der Grund.

Andere Länder hatten auch Strukturprobleme. Bayern war ein agrarisch geprägtes Land. Die haben mit den Bundesmitteln aber besser und nachhaltiger gewirtschaftet, als Sie es über Jahre und Jahrzehnte getan haben.

(Heike Gebhard [SPD]: Meine Güte! An Nordrhein-Westfalen hat Bayern sich erholt!)

Herr Schultheis, wenn es darum geht, zu prüfen, wie die Finanzlage der Hochschulen ist, müssen Sie sich noch einen Vorwurf gefallen lassen. Ich will gar nicht auf die Details eingehen. Kollege Brinkmeier hat Ihnen ja dargelegt, wie sich zum Beispiel die Zuschüsse an die Hochschulen errechnen und dass Energiekosten sehr wohl ausgeglichen worden sind. Das steht sogar im Erläuterungsband auf Seite 7. Das können Sie nachschlagen, wenn Sie ihn dabei haben. Dort ist es genau aufgeführt.

(Zuruf von der SPD)

Ich will aber auf einen anderen Punkt hinaus, Herr Schultheis. Sie haben in Ihrem Beitrag mit nicht einem einzigen Wort erwähnt, dass – wenn alle Hochschulen entsprechende Entscheidungen treffen – durch die Studienbeiträge 320 Millionen € zusätzlich zur Verbesserung der Lehre zur Verfügung stehen.

(Karl Schultheis [SPD]: Das wollen wir se- hen!)

Das sind 320 Millionen €, die Sie einfach ausblenden!

(Beifall von FDP und CDU)

Wir sehen an manchen Stellen im Land schon, was für positive Effekte möglich sind. Ich möchte einmal über die Universität Bonn, wo ich es selbst beobachten kann, berichten: Im Seminar für Politikwissenschaft und Soziologie kann ich aus der Nähe betrachten, wie Studierende zusammen mit