Protokoll der Sitzung vom 21.12.2006

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Rasche das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Becker, der Staatssekretär Karl-Peter Brendel hat heute um 15 Uhr zum Schlehenpunsch eingeladen. Es waren eine Menge Kollegen, auch von den Grünen, anwesend. Vielleicht hätten auch Sie hingehen sollen. Dann wären Sie ein bisschen sachlicher und weniger angriffslustig gewesen.

(Beifall von der FDP – Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

So gut kenne ich ihn nicht, Herr Remmel. Vielleicht kennen Sie ihn besser. – Herr Becker, vor dem Hintergrund Ihrer Schuldenpolitik in den vergangenen zehn Jahren hat es mich gewundert, dass Sie den Begriff „Spardose“ überhaupt kennen. Zehn Jahre lang kannten die Grünen und die SPD den Begriff „Spardose“ in keiner Weise. Ich glaube, für jeden Minister in diesem Kabinett ist es ein Lob, wenn er den Begriff „Spardose“ kennt.

Kommen wir zum eigentlichen Thema! Die Grundlagen für die Städtebau- und Wohnungspolitik haben sich in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Jahren verändert. Der Wohnungsmarkt ist in weiten Teilen entspannt. In vielen Bereichen gibt es eine Überregulierung, und in Altbeständen gibt es zunehmend Leerstände.

Die neue Koalition von FDP und CDU hat sich deshalb auf einen Neuanfang in der Städtebau- und Wohnungspolitik für lebenswerte Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen verständigt.

(Horst Becker [GRÜNE]: Lebensmüde!)

Herr Becker, vielleicht trinken wir nachher einen Schlehenpunsch zusammen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Seit der Landtagswahl sind bereits einige Schritte erfolgt. Die Beschränkung der Eigentumsförderung auf Grundstücke unter 400 m2 wurde abgeschafft. Die Siebenjahresfrist wurde verlängert. Aufgrund des Vorschlags der Enquetekommission „Zukunft der Städte“ wurde die Fehlbelegungsabgabe überprüft und anschließend abgeschafft. Die Wohnraumförderbestimmungen werden durch die Abschaffung der Kündigungssperrfristverordnung und das Auslaufen der Zweckentfremdungsverordnung von bürokratischen Hemmnissen eindeutig befreit. Die Regelung für Gebäudeabstandsflächen haben wir in diesem Jahr per Gesetz wesentlich vereinfacht.

Im Bereich der Förderung des sozialen Wohnraums wurde die Zahl der Beratungs- und Bewilligungsstellen von 88 auf 54 reduziert. Dadurch bleiben die hohe Qualität und die Bürgernähe be

stehen. Die Wohnungsbauförderung bleibt wie im vergangenen Jahr – und im Vergleich zu den anderen Bundesländern – auf einem äußerst hohen Niveau. Dank der Ergebnisse der Föderalismusreform konnte das Volumen sogar von 890 Millionen € auf 900 Millionen € angehoben werden.

Der Grundstücksfonds ist aus den Jahresüberschüssen der Wfa gesichert. Für die Stadterneuerung werden wir im kommenden Jahr insgesamt 114 Millionen € bereitstellen, 10 Millionen € mehr als im Jahr 2006. Die Pläne zur Veräußerung der LEG haben sich im Laufe des Jahres konkretisiert. Das ist gut für die hochverschuldete LEG und auch – aufgrund der hohen sozialen Standards – für die Mieterinnen und Mieter.

Im Gegensatz zu Rot-Grün haben wir im Haushalt keine Erlöse etatisiert. Das hat nämlich Rot-Grün im Doppelhaushalt 2004/2005 in einer Größenordnung von 108 Millionen € sehr wohl getan. Obwohl die Opposition sogar die Verkaufserlöse veranschlagt hat, versucht sie, ein Horrorszenario aufzubauen – Herr Becker hat es heute wieder versucht –, das es gar nicht gibt.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Ihr Vorgehen war und ist ausschließlich politisch motiviert. Die Verunsicherung der Mieter selbst zu Weihnachten war für Sie absolut nachrangig. Meine Damen und Herren, Sie erkennen es doch: Die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen folgen Ihnen nicht.

Im nächsten Jahr liegen weitere Aufgaben vor uns: Baugesetzbuch, Rauchwarnmelder und Bits sind einige Beispiele. Und natürlich – das möchte ich hiermit mit einem Satz erwähnen – sind Bits eine Möglichkeit, um innerstädtische Zentren zu stärken.

Meine Damen und Herren, bei CDU und FDP ist die Städtebau- und Wohnungsbaupolitik in Nordrhein-Westfalen gut aufgehoben. Die Bürgerinnen und Bürger können sich auf diese Koalition in Nordrhein-Westfalen verlassen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Für die Landesregierung hat jetzt Minister Wittke das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ja, es ist wahr, auch der Bau- und Verkehrshaushalt trägt zur Haushaltskonsolidierung in Nordrhein

Westfalen bei. Ich sage ganz deutlich: Ich bedauere das nicht, denn ich glaube, dass die Konsolidierung und das In-Ordnung-Bringen der Finanzen in Nordrhein-Westfalen nicht nur eine Aufgabe des Finanzminister ist, sondern dass jeder Fachbereich seinen Beitrag dazu leisten muss.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Darum nutzen wir auch bei den Erträgen des Landeswohnungsbauvermögens Spielräume, die in der Vergangenheit anders genutzt worden sind. Ja, da setzen wir andere Prioritäten. Das ist wichtig. Aber vor dem Hintergrund eines Fördervolumens auch im nächsten Jahr von über 900 Millionen € hier so zu tun, als wäre der Untergang des Abendlandes nahe, als würde soziale Wohnraumförderung in Nordrhein-Westfalen nicht mehr stattfinden, das ist schon eine Unverschämtheit, die ihresgleichen sucht.

(Zuruf von Dieter Hilser [SPD])

Frau Ruff-Händelkes, nehmen Sie zur Kenntnis: Wir in Nordrhein-Westfalen geben im nächsten Jahr mehr für die Wohnraumförderung aus als alle anderen Bundesländer in Deutschland zusammen, als Niedersachsen, Bayern, SchleswigHolstein, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Hamburg, wen Sie auch immer nehmen wollen! Wir in Nordrhein-Westfalen geben mehr für Wohnungsbauförderung aus. Ich finde, da ist es schon eine Frechheit, hier so zu tun, als würde da ein ganzes System zusammenbrechen.

(Beifall von der CDU)

Wahr ist aber auch: Wir gehen nicht mehr mit der Gießkanne durchs Land. Wir pfeffern das Geld nicht einfach heraus, sondern setzen Schwerpunkte, und zwar ganz bewusst, vor allem im Landeswohnungsbauvermögen. Wir nutzen es nämlich ausschließlich dafür, den demografischen Wandel in unserem Land Nordrhein-Westfalen zu begleiten, indem wir Schwerpunkte beispielsweise gegen die Stadtflucht und gegen die Zersiedlung der offenen Landschaften und des ländlichen Raumes setzen.

Wir setzen einen besonderen Schwerpunkt bei der Barrierefreiheit, weil die Gesellschaft immer älter wird. Wir setzen die Schwerpunkte auch dadurch, dass wir versuchen, insbesondere Wohnungsbaubestände aus der Nachkriegszeit und die großen Bausünden der 70er-Jahre öffentlich flankiert zu beseitigen.

Meine Damen und Herren, noch eine Bemerkung zur Fehlbelegungsabgabe. Also, Herr Becker, dass das jetzt Sozialwohnungen für Reiche sein sollen: Herr Becker, ich möchte Sie einladen,

meine Heimatstadt Gelsenkirchen zu besuchen. Dann würde ich Ihnen gerne die 7.000 öffentlich geförderten Wohnungen zeigen, die dort frei stehen. Dann möchte ich gemeinsam mit Ihnen auf die Suche gehen, um die Reichen zu finden, die in diese Sozialwohnungen einziehen.

Wissen Sie, was Sie in der Vergangenheit gemacht haben? Diejenigen, die es zu einem kleinen bescheidenen Wohlstand gebracht haben, diejenigen, die wichtig sind, um eine bunte soziale Mischung in schwierigen Stadtquartieren zu erhalten, haben Sie mit der Strafsteuer Fehlbelegungsabgabe genau aus diesen Wohnquartieren herausgetrieben!

(Beifall von der CDU – Frank Sichau [SPD]: Das stimmt nicht, das wissen Sie doch!)

Darum sage ich: Es war nicht die Abschaffung irgendeiner Abgabe, sondern es war praktizierte Sozialpolitik, was wir mit der Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe getan haben.

Noch eine Bemerkung zum Einwand von Herrn Becker, dass die Städtebauförderung erst so spät im Jahr verteilt würde! Ja, es ist wahr. Das lag daran, dass die Bundesmittel erst so spät kamen, weil der Bundeshaushalt erst im Juni verabschiedet wurde und deshalb die Mittel noch nicht eingeplant werden konnten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin froh, dass wir nach wie vor 900 Millionen € für die Wohnraumförderung in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung stellen. Genauso froh bin ich darüber, dass insgesamt 114,2 Millionen € für die Städtebauförderung im kommenden Jahr zur Verfügung stehen.

Herr Minister, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Becker?

Ja, gerne.

Prima. Herr Becker, bitte.

Herr Minister, ich möchte Sie fragen: Ist es richtig, dass die Bundesmittel bereits im August den Ländern zugewiesen wurden und dass die Bezirksregierungen Ihren Erlass erst im Oktober bekommen haben mit der Folge, die ich eben beschrieben habe, dass nämlich die Regionalräte das ihnen gesetzliche zugeschriebene Recht nicht wahrnehmen konnten?

Herr Becker, ich kann Ihnen bestätigen, dass wir Anfang kommenden Jahres, weil sowohl der Bund als auch das Land Nordrhein-Westfalen rechtzeitig ihren Haushalsplan verabschieden, die Bezirksregierungen in die Lage versetzen werden, Bewilligungsbescheide zu erlassen.

Ich sage Ihnen auch, dass kein einziger Euro aus Städtebauförderungsmittel im laufenden Jahr verloren gegangen ist, weil die Finanzeinplanung es in umfangreichem Maße ermöglicht hat, dass diese Mittel noch angewandt werden konnten. Sie wissen, dass es vorher Abschläge gab. Sie wissen auch, dass die Mittel von diesem Jahr in das nächste Jahr übertragbar waren, sodass jeder einzelne Euro auch tatsächlich da ankommt, wo er hingehört, nämlich bei den Kommunen. Von daher verstehe ich in der Tat die Aufregung nicht.

Herr Minister, erlauben Sie eine zweite Zwischenfrage des Abgeordneten Becker?

Gerne auch noch eine dritte, wenn Sie die Zeit nicht anrechnen. Ich muss gleich allerdings zu einer Diskussion über den Flughafen nach Ratingen.

Herr Minister, Sie können ganz beruhigt sein. Wir stoppen die Zeit jedes Mal, sodass Sie Ihre Redezeit behalten, auch wenn Sie die Frage ausführlich beantworten.

Herr Präsident, mit Verlaub möchte ich Sie immer wieder daran erinnern, weil Sie die Uhr gerade nicht sofort angehalten haben. Aber das spielt sich sicher ein.

Das haben wir bemerkt. Wir beachten alles, Herr Minister; von hier oben haben wir volle Kontrolle. – Herr Kollege Becker, Ihre Frage bitte.

Herr Minister, in Anbetracht Ihrer Antwort, die für sich sprach, möchte ich Ihnen gerne eine weitere Frage stellen. Ist es richtig, dass es möglich gewesen wäre, in der Zeit zwischen März und Mai diesen Jahres eine vorläufige Liste in den jeweiligen Regierungsbezirken mit den dortigen Regionalräten zu beraten, dass aber Ihr Haus den Bezirksregierungen signalisiert hat, dass das nicht gewünscht ist, damit die Regionalräte nicht zu früh beraten können?

Nein, ich kann nicht bestätigen, dass die Regionalräte nicht zu früh beraten sollten. Ich kann Ihnen aber sagen, dass es im Interesse der Regionalräte liegt, zuerst zu wissen, wie viel Geld überhaupt zur Verfügung steht, weil davon auch abhängt, welche Entscheidungen für Förderprojekte tatsächlich getroffen werden. Daher ist es sinnvoll, abzuwarten, bis auch der Bundeshaushalt verabschiedet ist, damit klar ist, welche Bundesmittel zur Verfügung stehen.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, noch einmal zum Thema Städtebauförderung! 114,2 Millionen € stehen im nächsten Jahr zur Verfügung. Auch da gilt: nicht Gießkanne, sondern Wasserschlauch.