Protokoll der Sitzung vom 21.12.2006

Herr Römer, es gibt doch überhaupt keinen Antrag. Das wissen Sie so gut wie ich. Die alte Landesregierung hat wenigstens noch die Ehrlichkeit besessen zu sagen, dass sie gerne nach Finnland liefert. Und Sie tun jetzt so, als sei das Teufelszeug, wenn man die technische Entwicklung so weit vorantreibt, dass man international länger im Geschäft bleiben kann. Die meisten Länder um uns herum verhalten sich anders als wir. Das müssen wir wenigstens zur Kenntnis nehmen. Industriepolitisch wird es doch sonst immer so gerne vorgetragen. Zum Beispiel möchten wir doch, dass beispielsweise Windenergie eingesetzt wird. Wir exportieren 60 % und haben einen Weltmarktanteil von 50 %. Wir sagen doch: Es gibt Stellen auf der Erde, wo Windenergie höchst profitabel und vernünftig ist. Dort möchten wir doch gerne mit dabei sein. Was spricht dann bei einer anderen Technologie dagegen?

Dann tragen Sie vor, wir würden beim § 107 der Gemeindeordnung die Stadtwerke killen? Woher wissen Sie das? Die Energiewirtschaft ist ausdrücklich ausgenommen. Was behaupten Sie da? Das stimmt nicht. Deshalb wiederhole ich es: Ich freue mich – das sage ich hier und heute noch

einmal – über Stadtwerke, wenn sie sich zusammentun, um ein neues Kraftwerk zu bauen. Das ist ein zusätzlicher Anbieter, der mir sehr entgegenkommt.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich finde es wichtig, dass wir über die CO2-Frage und wie es damit weitergehen soll, noch einmal intensiv reden.

Herr Priggen, Sie sagen, wir würden in 30, 40 Jahren leiden, wenn wir ehrgeizige Ziele nicht akzeptieren. Ich weiß nicht, was Sie glauben, wie schnell man weltweit aus der Nutzung von fossilen Brennstoffen aussteigen kann. Wenn man dann aber einen Brennstoff hat, den man wirtschaftlich erzeugen kann – ich erwähne die Braunkohle –, müssen wir mit unserem Standortvorteil ein Interesse daran haben, dass auf der Braunkohlebasis die modernste Kohletechnologie hier entwickelt, angewandt und genutzt wird.

Wenn man das will, darf man nach meiner Überzeugung – wie dies Teile der EU tun wollen – nicht schon jetzt ankündigen, dass man sich darauf einstellt, nach 2012 sei schon das CO2Abscheiden Realität. Damit weckt man Hoffnungen und treibt Entwicklungen, die wir gerne positiv begleiten wollen, in einem Tempo voran, was uns hier in Nordrhein-Westfalen Kraftwerkskapazitäten kostet. Das ist meine Sorge.

Deshalb müssen wir daran mitwirken, wenigstens Benchmarks zu bekommen, die sich nach Primärenergieträgern unterscheiden. Sonst werden wir nicht klimaschonend investieren, Herr Priggen. Wir könnten doch mit weitaus geringerem Aufwand – Stichwort: Joint Implementation – den Chinesen bei der Anwendung einer auch nur mittleren Steinkohle- und Braunkohletechnik helfen. Das wäre viel preiswerter und mit erheblich größerem positivem Einfluss auf das Weltklima verbunden. Also gäbe es auch dort noch eine Möglichkeit, stärker zuzukaufen, wenn man den Ländern bei der Anwendung dieser Technik hilft.

(Beifall von CDU und FDP)

Diese Fragen müssen wir miteinander besprechen, statt den Eindruck zu erwecken, es ließe sich alles klein, klein erledigen.

Zum REN-Programm nur wenige Hinweise: Wir fokussieren dieses Programm neu, und es wird jährlich evaluiert. Ich kann Ihnen auch gerne vorlesen, was ab dem Jahr 2007 nicht mehr gefördert wird, zum Beispiel die Breitenförderung bei Photovoltaikanlagen, und zwar einfach deshalb, weil der Markt extrem überhitzt ist und wir nicht weiter zur Preissteigerung beitragen wollen.

Noch nicht sind wir mit dem Teil durch, der Sie besonders interessiert, nämlich dem Programmbaustein der Wärmenutzung. Der steht noch auf dem Prüfstand. Wir wollen uns das Prüfverfahren, das sehr aufwendig ist, noch einmal ansehen. Dazu hat im November ein Workshop stattgefunden. Selbstverständlich werden wir Sie auf dem Laufenden halten.

Wir strukturieren auch die vorhandenen Institutionen neu. Wir führen die Landesinitiative Zukunftsenergie und die Energieagentur zusammen. Wir glauben, dass das Synergieeffekte bringt und die Beratungsleistungen noch kompetenter vollzogen werden können.

Der Mittelansatz im REN-Programm wird sich nicht so schlimm auswirken, wie Sie es befürchten. Die Verpflichtungsermächtigungen sind in alter Höhe da. Wir sind im Rahmen der neuen Ziel2-Förderung imstande, bestimmte Elemente, die ansonsten über REN gefördert worden sind auch darüber zu fördern.

Meine letzte Anmerkung: Herr Priggen, ich kann es mir nicht verkneifen: Ihre Änderungsanträge zum Haushalt – ich habe es gestern schon einmal gesagt und wiederhole es heute noch einmal – sind ökologisch und nachhaltig nur in dem Sinne, dass sie mit Luft umgehen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin Thoben. – Meine Damen und Herren, ich schließe die Beratung zum Teilbereich „Energie“ und eröffne die Debatte über den Teilbereich „Landesplanung“ des Einzelplans 08.

Als erster Redner erhält Professor Bollermann von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der heutigen kurzen Aussprache zur Landesplanung geht es weniger um Finanzen; denn das Gesamtvolumen des zugehörigen Kapitels im Einzelplan 08 ist mit ca. 1 Million € vergleichsweise gering. Vielmehr möchte ich die vorgegebene Zeit nutzen, um den Fragen nachzugehen: Welche Ankündigung für den Bereich der Landesplanung hat es gegeben, und wo haben Koalition und Landesregierung getäuscht beziehungsweise enttäuscht?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Koalition ist mit zwei zentralen Ankündigungen im Bereich der Landesplanung gestartet, die inzwischen eineinhalb Jahre alt sind. Die erste Ankündigung war: Das noch im April 2005 vom Landtag beschlosse

ne Landesplanungsgesetz wird entsprechend novelliert. Unter anderem wurden auch noch zwei weitere Gesetze genannt, die aber in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung sind.

Die zweite Ankündigung: Der Dualismus von Landesentwicklungsprogramm und Landesentwicklungsplan wird aufgehoben. Was ist die Bilanz nach eineinhalb Jahren?

Zunächst zur Novelle des Landesplanungsgesetzes! Da hierzu der Kollege Eiskirch schon in der Plenardebatte am 15. November das Entscheidende gesagt hat, will ich nur noch wenige wichtige Punkte nennen. Das RVR-Gesetz besteht materiell aus zwei Artikeln, die nur wenig miteinander verbindet. Das Landesplanungsgesetz soll erst nach der Kommunalwahl 2009 in Kraft treten, das RVR-Gesetz dagegen bereits in wenigen Monaten.

Meine Damen und Herren, die Landesplanung wird bei dieser Operation schlichtweg missbraucht. Die ab 2009 geänderte Regionalplanung ist der Deckmantel für die Entmachtung der Oberbürgermeister und Landräte im Ruhrgebiet. Mehr Sinn macht diese Operation nicht.

(Beifall von Thomas Eiskirch [SPD])

Das Fazit: ein Schnellschuss, der ab 2009 gelten soll. Ich kann auch feststellen: Es wird getäuscht. Enttäuschend ist, dass bisher nicht die Chance genutzt wurde, eine wirkliche Novelle des Landesplanungsgesetzes vorzunehmen; denn die Landesplanung wird bis heute in der Substanz weder von der Koalition noch von der Regierung thematisiert, obwohl es angekündigt war.

Zum Zweiten, zum Landesentwicklungsprogramm: Angekündigt war, dass der Dualismus von Landesentwicklungsprogramm und Landesentwicklungsplan aufgehoben wird. Es gäbe sicherlich einige Punkte zu materiellen Regelungen des Landesentwicklungsprogramms, über die wir im Landtag diskutieren könnten, zum Beispiel: Welche Funktionen haben Ober-, Mittel- und Unterzentren? Wie gehen wir mit den Vorrangflächen für flächenintensive Großvorhaben um? Wie gewährleisten wir Freiraumschutz und minimieren den Flächenverbrauch?

Andere Fragen sind: Wie sichern wir landesplanerisch zukünftig die Versorgung mit Kalk, Wasser, Sand und Kies? Welche Regelungen im Landesentwicklungsprogramm sind überholt und entbehrlich? Vor dem Hintergrund, dass die Regelung seit 1989 besteht, sind gewiss einige Bestimmungen überholt, und wir können sie vergessen.

Als Letztes möchte ich noch erwähnen, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, im Rahmen von Entbürokratisierung auch Veränderungen vorzunehmen. Zu diesen Fragen hätten uns nach der Ankündigung der Zusammenfassung von Landesentwicklungsprogramm und Landesentwicklungsplan die Vorstellungen der schwarz-gelben Landesregierung interessiert.

Aber, meine Damen und Herren, wie weit ist die Regierung nach diesen Ankündigungen eigentlich gekommen? Wir haben bisher lediglich einen Referentenentwurf zur Kenntnis erhalten, dass im Landesentwicklungsprogramm ein neuer § 24 a eingefügt werden soll. Dies ist keine inhaltliche Überraschung. Der Einzelhandelserlass wird damit auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Im Ziel stimmen wir mit Ihnen überein. Den Schutz der Innenstädte sollten und müssen wir sogar verbessern; allerdings müssen wir auch noch über Details reden.

Mein Fazit: Enttäuschung beim Landesentwicklungsprogramm, keine konzeptionelle Arbeit an diesem Programm und nach anderthalb Jahren eine Vorankündigung für ein Minigesetz, das lediglich ein, wenn auch wichtiges Detail lösen soll. Das ist offensichtlich der einzige Punkt, den Sie umsetzen wollen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Ende.

(Beifall von der CDU)

Ministerin Thoben täuscht mit dem Entwurf des RVR-Gesetzes. Die Landesplanung wird in diesem Deckmantelgesetz dazu missbraucht, vom eigentlichen Ziel abzulenken: Schwarz-Gelb geht es um die Entmachtung der Oberbürgermeister und Landräte. Sie enttäuscht diejenigen, denen die Landesregierung eine wirkliche Novelle des Landesplanungsgesetzes und eine Zusammenlegung von Landesentwicklungsprogramm und Landesentwicklungsplan angekündigt hat.

Dies alles hat nichts mit moderner Landesentwicklungspolitik zu tun. Eine sachgerechte und moderne Landesplanung ist für unser hoch industrialisiertes und dicht besiedeltes Land von besonderer Bedeutung. Es sind geeignete Verfahren erforderlich, um die vorhandenen Nutzungskonflikte in einen fairen Ausgleich zu bringen.

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

Nichts davon ist bei der bisherigen Landesplanungs- und Landesentwicklungspolitik der schwarz-gelben Regierung zu erkennen. Klarer

Befund: Täuschung und Enttäuschung nach anderthalb Jahren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Prof. Bollermann. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Schulte das Wort. Bitte schön.

Ich habe die herzliche Bitte, dass man sich etwas mehr an die vereinbarten Redezeiten hält.

(Beifall von CDU und FDP)

Das gilt aber für alle Seiten des Hauses, damit das klar ist.

(Allgemeine Heiterkeit)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der letzten Beratung über das Landesplanungsgesetz und über die Landesplanung haben wir über alle Fraktionsgrenzen hinweg festgestellt, wie wichtig dieses Gesetz ist. Vom Sprecher der SPD wurde genau wie heute Eile bei der vorgesehenen Novellierung eingefordert. Herr Bollermann drängte genau wie heute auf eine schnelle Vorlage der Änderungsvorschläge. Dies zeigt aus meiner Sicht, wie sehr auch von der SPD Änderungen an diesem Gesetz eingefordert werden. Das heißt aber auch klar und deutlich: 39 Jahre lang ist die dafür erforderliche Entwicklung und Fortschreibung verpennt worden.

(Beifall von der CDU)

Gerade wegen der Wichtigkeit und der Bedeutung des Landesplanungsgesetzes können wir es uns nicht erlauben, irgendwelche Schnellschüsse vorzunehmen und uns damit entsprechende Entwicklungschancen zu verbauen.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Aber Sie wollen es doch sofort machen, Herr Kollege!)

Herr Bollermann, noch einmal: Wir können nicht alles das, was ihr verpennt habt, innerhalb von anderthalb Jahren verändern.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Na, na! Landesplanung hat es auch vorher gege- ben!)

Stellen Sie sich vor, wir würden die Reservegebiete für die vorhin schon angesprochenen großflächigen industriellen Nutzungen vorschnell aus dem entsprechenden Bereich herausnehmen, ein einmal ausgewiesenes Gebiet aufgeben. Glauben Sie wirklich, dass dann noch einmal die Möglichkeit bestehen würde, zu einem späteren Zeitpunkt ein solches aufgegebenes Gebiet wieder aufzunehmen, neu zu planen? Ich glaube nicht. Daher