- warten Sie ab; immer vorsichtig mit dem Applaus! -: vollmundig 1.000 neue Lehrer ruck, zuck zur Reduzierung des Unterrichtsausfalls als Einlösung Ihres Wahlversprechens anzukündigen. Das heißt, Sie stellen diese 1.000 Lehrerstellen gegen die 5 Millionen Stunden Unterrichtsausfall, die Sie ja im Wahlkampf konstatiert haben.
- Doch, das hat Ihr Ministerpräsident gestern gesagt. Das sind die ersten 1.000 der 4.000, die Sie versprochen haben; das hat er gestern gesagt.
Sie wussten doch ganz genau: Sie erfüllen damit nur die gesetzliche Vorgabe des Schulfinanzgesetzes, die jede andere Regierung auch hätte erfüllen müssen.
Sie müssen die 1.000 Lehrerstellen schaffen, weil die Schülerzahlen gestiegen sind: 300 Stellen in den Grundschulen, 500 im Bereich Sek II und 200 bei den Förderschulen.
- Die Stellen können noch nicht im Haushalt gewesen sein - das kann ich auf Ihren Einwurf erwidern -, weil diese neuen Bedarfe noch gar nicht klar waren. Das ist in jedem Schuljahr so.
Aber Sie sollten wissen - vielleicht können Sie Herrn Diegel noch mal anrufen -: Das ist der normale Vorgang. Wenn die Anmeldungen für die Schulen erfolgt sind, dann werden die Schülerzahlen korrigiert, und dann müssen die neuen Stellen erbracht werden. Das ist ein ganz normaler Vorgang, der dem Gesetz entspricht.
Sie wissen doch, dass Sie nur die gesetzlichen Vorgaben erfüllen. Herr Ministerpräsident, trotz dieser 1.000 Lehrerstellen - und das ist der entscheidende Fakt - bleibt es bei den 5 Millionen Stunden Unterrichtsausfall, und darüber wollten Sie die Lehrer, Eltern und Schüler in diesem Land - Ihre gesamten Wählerinnen und Wähler - täuschen. Sie haben Ihre Amtszeit mit einer Lehrerlüge begonnen.
Herr Ministerpräsident, Sie haben angekündigt, Ihr Ziel sei ein verfassungskonformer Haushalt. Das gehe nicht, so sagen Sie, von heute auf morgen. Auch das haben Sie anders gesprochen. Ihre Koalition geht nach dem Wortlaut des Koalitionsvertrages sogar davon aus, dass sie die Verschuldungsgrenze der Verfassung bis zum Jahr 2010 nicht einhalten kann.
- Nein, das war keine Vorlage von Herrn Dieckmann. Es war eine Vorlage aus dem Haus und nicht eine des Ministers. Vorsicht, Freunde! Sie müssen sich nicht auf Bürokratie stützen, sondern auf die politisch Verantwortlichen, die dann immer andere Entscheidungen treffen. Das müssen Sie noch lernen.
Dass Sie sich auf solche angeblichen Aussagen der Vorgängerregierung berufen, ist für mich politisches Schmierentheater vom Feinsten.
Fakt ist: Im Land muss eine harte Sparpolitik gefahren werden. Der Finanzminister ist nicht zu beneiden. Das ist in den letzten Jahren schon begonnen worden. In den Haushalten ---
- Hören Sie doch erst einmal zu. Wie gesagt: Die Haushaltsleute sind nicht mehr dabei, aber wir können es noch einmal deutlich machen. - In den Haushalten …
- Aber sie sind doch jetzt in einer anderen Funktion. Oder haben Sie den Rollenwechsel noch nicht vollzogen?
In den Haushalten von 2001 bis 2005 haben wir die Ausgaben des Landes real um über 1 Milliarde € gesenkt. Das darf man an dieser Stelle betonen. Sie sprechen nämlich immer von stetig steigenden Ausgaben.
Und: Ministerpräsident Steinbrück hat im März hier im Plenum öffentlich angekündigt, dass es für 2006/2007 einen Konsolidierungsbedarf von mehr als 2 Milliarden € geben wird. Das haben Sie gewusst, als Sie sich zur Wahl gestellt haben.
Sie, Herr Rüttgers, waren als Oppositionsführer quasi der oberste Haushaltswächter des Landes; ich entschuldige mich bei Frau Scholle. Als neuer Regierungschef können Sie jetzt nicht so tun, als wären Sie von diesen Zahlen überrascht. Und mit ungedeckten Blankoschecks kommen Sie nicht über die nächsten fünf Jahre, Herr Ministerpräsident.
Meine Damen und Herren, die Verfassung des Landes gilt auch für die neue Mehrheit. Sie dürfen nur dann einen Haushalt aufstellen, in dem die Neuverschuldung die Investitionen übersteigt, wenn die Voraussetzung dafür wirklich vorliegt. Das bedeutet, dass das Parlament nach genauer Prüfung eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts feststellen müsste. Das gilt auch für den Nachtrag, den Sie jetzt vorlegen müssen.
Die Haushälter aus der CDU-Fraktion kennen diese Zusammenhänge bestens. Sie haben mit ihren Klagen in Münster sehr dazu beigetragen, dass hier Klarheit geschaffen wurde. Damit haben Sie aber auch die Rahmenbedingungen für Ihre heutige Arbeit geschaffen. Das bedeutet: Verstößt ein von Ihnen vorgelegter Haushalt gegen Art. 83 der
Landesverfassung, dann ist das Ihr finanzpolitischer Offenbarungseid. Einen Ausnahmetatbestand Erblast sieht die Verfassung nicht vor.
In den letzten Tagen war es erfreulich zu hören, dass Ihr Finanzminister den Kurs nicht mitträgt, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Ich erinnere mich: In unserem gemeinsamen Auftritt bei „Hart, aber fair“ haben Sie eingeräumt, dass Ihnen die Haushaltslage auch in der Dimension bekannt gewesen sei.
Herr Rüttgers, reden auch Sie sich nicht aus der Verantwortung! Die Menschen haben Sie gewählt, weil Sie den Abbau der Verschuldung versprochen haben - und das nicht erst in der nächsten Wahlperiode. Sie haben die Regierungsverantwortung für dieses Land gewollt. Sie haben sie bekommen. Sie kannten die Rahmenbedingungen. Jetzt heißt es: Regieren statt lamentieren!
Damit es auch für die Menschen in diesem Land, die uns jetzt zuschauen oder zuhören, ganz klar ist: Jede Unterrichtsstunde, die zukünftig ausfällt, ist nun Ihre ausgefallene Unterrichtsstunde, Frau Sommer!