Protokoll der Sitzung vom 26.01.2007

Wir haben das bei den Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene gesehen. Im Koalitionsvertrag steht nun eine ganz schwammige Formulierung: Man müsse schauen, ob sich bis zum Jahr 2008 die Situation in den Kommunen verbessert hat. Die SPD wollte den Rechtsanspruch; die CDUFraktion hat sich geweigert, das in die Koalitionsvereinbarung aufzunehmen. Übrigens hat für Nordrhein-Westfalen Herr Ministerpräsident Rüttgers an den Verhandlungen teilgenommen.

Aber abgesehen davon, dass in NordrheinWestfalen unsere Kindergärten – das wurde von Herrn Jörg eben gesagt – zum größten Sparopfer dieser Landesregierung gemacht wurden, hat die Regierung Rüttgers bis jetzt keinen Finger gekrümmt, um die U3-Situation zu verbessern, im Gegenteil.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Zuruf von der CDU: Doch! – Minister Armin Laschet: Das ist nicht wahr!)

Die noch unter der rot-grünen Landesregierung mit den Kommunen getroffenen Vereinbarungen zur Schaffung von mindestens 30.000 Betreuungsplätzen wurde von Ihnen aufgekündigt, Herr Laschet, genauso wie das geplante Förderprogramm zur Schaffung von 20.000 Plätzen für die Zweijährigen. Das wurde von Ihnen „entsorgt“. Wir wissen, dass der Bedarf bei den Zweijährigen besonders hoch ist.

Das Einzige, was Sie von der damaligen Vereinbarung umgesetzt haben, sind die Tagespflege in Fremdräumlichkeiten und die Änderung der Umwandlungsschlüssel für Drei- bis Sechsjährige in Plätze für unter Dreijährige. Das war nicht Ihr Verdienst, sondern das war der schon fertige Entwurf der rot-grünen Landesregierung.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie haben das einfach übernommen; das wissen Sie.

Vor diesem Hintergrund, Frau Kastner, ist Ihr Vorwurf, den Sie gestern in der Presse erhoben haben, schon starker Tobak. Interessant ist: Sie führen als einzigen Beweis, dass ich die Unwahrheit sagte, an, der Ministerpräsident habe gestern in seiner Rede gesagt, wir bekämen 4.000 neue U3-Plätze.

(Minister Armin Laschet: Das stimmt!)

Der Ministerpräsident sagt viel. Er hat auch gesagt, 2006 wäre das „Jahr des Kindes“ in Nordrhein-Westfalen.

(Minister Armin Laschet: Das war es doch!)

Das ist meilenweit von der Realität entfernt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich finde das geradezu niedlich. Das erinnert mich an meine Kinder, die, wenn sie aus der Schule kommen, sagen: Der Lehrer hat es gesagt!

(Heiterkeit von GRÜNEN und SPD)

Wir brauchen Fakten.

(Minister Armin Laschet: Sie wissen, dass es die Fakten gibt!)

Die Fakten finden sich – so ist das in einem Parlament üblich – im Haushalt. Der Haushalt zeigt deutlich: Seit 2005 gibt es keinen einzigen zusätzlichen Platz für die U3-Betreuung. 11.300 Plätze sind für 2005, für 2006 und genauso für 2007 aufgeführt.

An dieser Tatsache, Herr Laschet, kommen Sie nicht vorbei. Sie erzählen uns, die Wirklichkeit wäre anders. Zeigen Sie uns die Zahlen! Zeigen Sie uns die Fakten! Darüber können wir uns auseinandersetzen, nicht aber über bloße Behauptungen.

Interessant ist auch – die Zahl fiel jetzt wieder –: Im Fachausschuss und in der zweiten Lesung, Herr Laschet, haben Sie gesagt …

(Minister Armin Laschet: Sie wissen es bes- ser!)

Zeigen Sie es mir! Dann wüsste ich es besser. Da haben Sie gesagt: Wir haben 2.000 Plätze mehr im U3-Bereich.

(Minister Armin Laschet: Sie wissen es bes- ser!)

Frau Doppmeier hat eben auch gesagt, wir hätten 2.000 Plätze mehr im U3-Bereich. Wie kommen dann Frau Kastner und der Ministerpräsident dazu zu sagen, 4.000 Plätze?

(Norbert Killewald [SPD]: Spielgruppen! – Zurufe von den GRÜNEN)

Sie sind sich ja nicht einmal einig, weil es keine Unterlagen darüber gibt.

(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Einmal unterstellt, Herr Laschet, es gäbe diese 2.000 Plätze – vielleicht ist es ja so –, dann kann ich nur sagen: Super! Wenn Sie in dem Tempo weitermachen und bis 2010 80.000 Plätze erreichen wollen, wissen Sie, wie lange Sie da regieren müssen, um diese Zahl zu erreichen?

(Minister Armin Laschet: Wir machen es!)

40 ganze Jahre, Sie bräuchten 40 ganze Jahre. Man kann in diesem Land niemandem zumuten, dass diese Regierung noch 40 Jahre weitermacht.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Dann vertrösten Sie uns immer wieder auf das neue Kindergartengesetz. Die Frage haben wir bereits gestern gestellt: Wo bleibt es? Es wird sich noch ein paar Wochen hinziehen. Das haben Sie gestern anklingen lassen.

Wenn es im Jahre 2008 in Kraft tritt, heißt das dann bis 2008 2.000 Plätze, wohlwollend gerechnet, und von 2008 bis 2010 die restlichen 70.000? Wo leben Sie, Herr Minister? Wie wollen Sie das denn anstellen? Das geht vollkommen an der Realität vorbei. Wer soll Ihnen das abnehmen? Wie soll das funktionieren?

Gut, wir haben gestern gehört, Sie würden es wahrscheinlich so regeln, dass Sie den Hauptteil über die Tagespflege versuchen sicherzustellen. Wir wissen aber ganz genau: Die Tagespflege geht am Bedarf der Eltern vorbei. Die Absicht, damit alle U 3-Plätze abdecken zu können, wird Sie nicht aus dem Dilemma herausführen.

Meine Damen und Herren, ich fordere Sie auf: Schaffen Sie Fakten und tun Sie das in einem schnelleren Tempo! Die Familien und die Kinder in Nordrhein-Westfalen können nicht noch 40 Jahre warten, bis sich etwas an der Zahl der Plätze für Unter-Dreijährige verändert.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Frau Asch. – Herr Lindner hat nun für die FDPFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Abgeordnete Jörg von der SPD hatte heute gewissermaßen seine „Feuertaufe“ als neuer Sprecher der Jugend- und Familienpolitik der SPD-Landtagsfraktion.

Lieber Herr Jörg, zu dieser neuen Funktion gratulieren wir Ihnen. Sie können aber nicht erwarten, dass es Rabatt für Neueinsteiger in das Thema gibt.

(Wolfgang Jörg [SPD]: „Neueinsteiger“, Sie Schnösel! – Weitere Zurufe von der SPD)

Warten Sie erst einmal ab. Herr Jörg, Sie haben gesagt, Rot-Grün habe damit begonnen, Plätze für unter Dreijährige zu schaffen. Erinnern wir uns einmal daran, was in der Koalitionsvereinbarung von SPD und Grünen im Jahre 2000 dazu gesagt

worden ist. Wenn ich das einmal zitieren darf, Seite 73:

Durch die kostenneutrale Umwandlung von Kindergartenplätzen sollen Plätze für Kinder unter drei Jahren entstehen.

Sie haben nichts Zusätzliches getan. Sie haben ausschließlich frei werdende Kapazitäten neu genutzt. Das Ergebnis waren 2,8 % Bedarfsdeckungsquote, Schlusslicht unter den Bundesländern. Und das war geplant, meine Damen und Herren!

(Beifall von der FDP – Zuruf von Wolfgang Jörg [SPD])

Was hat denn die rot-grüne Bundesregierung gemacht? Sie hat ein Tagesbetreuungsausbaugesetz beschlossen mit dem Ziel, bis zum Jahre 2010 für 230.000 Kinder unter drei Jahren Plätze anzubieten. Dann ist den Kommunen versprochen worden, dass ihnen aus den sogenannten Einsparungen aus der Hartz-Gesetzgebung 1,5 Milliarden € bundesweit zur Verfügung gestellt werden. In Nordrhein-Westfalen wurde prognostiziert, dass das 450 Millionen € sein werden.

Die Gemeindeprüfungsanstalt hat für das Jahr 2005 aber festgestellt, dass die nordrheinwestfälischen Kommunen mit 300 Millionen € durch die Hartz-Gesetzgebung belastet worden sind. Sie haben also nicht Ihr Versprechen eingehalten, die Kommunen zu entlasten, damit Plätze für unter Dreijährige finanziert werden können. Ihre Gesetzgebung auf Bundesebene hat das Gegenteil bewirkt.

(Bodo Wißen [SPD]: Was machen Sie denn mit den Kommunen?)

Deshalb ist das, was Sie hier machen, S für Showeffekte, P für Populismus und D für Desinformation: SPD-Politik!

(Beifall von der FDP)

Jetzt geht Frau Kraft am 11.01. vor die Presse. Frau Kraft sagt: In Nordrhein-Westfalen stagniere das Angebot für unter Dreijährige bei 15.000 Plätzen. Dann besitzt sie die Dreistigkeit, dem staunenden Publikum anzukündigen, die NRW SPD wolle eine Quote von 40 % bei den unter Dreijährigen erreichen, nebenbei gesagt, natürlich alles ohne Elternbeitrag.