Protokoll der Sitzung vom 26.01.2007

Plenarprotokoll 14/51

betreuung entzogen. Das ist die erschreckende bisherige Bilanz. Damit wollen Sie familienfreundlichstes Land in Deutschland werden? Wissen Sie, warum die SPD 39 Jahre an der Regierung war? Wissen Sie das? – Weil man uns vertraut hat.

(Minister Armin Laschet: Wissen Sie, warum Sie nicht mehr an der Regierung sind? – Zu- rufe von der CDU)

Man hat uns vertraut. Sie haben bereits nach zwei Jahren das gesamte Vertrauen verspielt. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Das ging viel schneller!)

Danke schön, Herr Jörg. – Für die CDU-Fraktion spricht Frau Doppmeier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, mit Ihrem Antrag, liebe Kollegen der SPD, sind Sie nun wirklich in der Realität angekommen. Es stimmt, es werden immer weniger Kinder geboren. Trotzdem ist die Betreuungssituation der Kleinkinder unbefriedigend. Es gibt auch zu wenig U3-Betreuungsplätze. Auch das stimmt.

Aber bemühen Sie doch einmal Ihr Gedächtnis: Wer hat denn in den letzten 15 Jahren nichts getan? Wer hat denn völlig andere Schwerpunkte gesetzt? Wer hat denn die dramatisch zurückgehende Kinderzahl negiert? – Das waren doch Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün.

(Beifall von CDU und FDP – Britta Alten- kamp [SPD]: Dramatisch zurückgehende Kinderzahl negiert?)

Sie hatten die Regierungsverantwortung und haben nichts getan. Welche Chancen haben Sie denn genutzt, in unserem Land etwas zu verändern? Frau Kraft, ich erinnere mich gut an Ihre Rede vom Mittwoch. In Ihrer Haushaltsrede haben Sie gesagt: Wir haben wohl häufig nicht rechtzeitig genug beziehungsweise nicht konsequent genug reagiert. – Da können wir Ihnen nur von Herzen zustimmen.

(Hannelore Kraft [SPD]: In der Schulpolitik, Frau Kollegin! Sie müssen einmal zuhören!)

Nicht nur im Schulbereich. Das ist in vielen weiteren Bereichen auch so.

Schauen wir doch einmal, was in NordrheinWestfalen bis 2005 passiert ist. Wir haben von Ih

nen für die U3-Betreuung einen Versorgungsgrad übernommen, der nur bei 2,8 % lag. Jetzt vergleichen Sie das einmal mit den anderen westlichen Bundesländern!

(Britta Altenkamp [SPD]: Da bin ich mal ge- spannt!)

Da liegen wir auf dem Schlussplatz. Wenn Sie im Internet recherchieren, können Sie feststellen: Das Saarland und Hessen beispielsweise haben es geschafft, den Deckungsbedarf zu 4 bis 5 % aufzubringen. Die haben also in den Jahren 1998 bis 2002 einiges an ihrer Versorgungsquote getan. Das heißt, dort hat man diese Entwicklung nicht verschlafen, wie Sie es leider getan haben.

2004 lag die offizielle Zahl der Betreuung bei 11.000 Plätzen.

(Britta Altenkamp [SPD]: Na toll!)

Wir, die Koalition der Erneuerung und besonders Herr Minister Laschet, haben diesen Handlungsbedarf doch erst einmal erkannt. Wir haben darum offensiv die Möglichkeit der Umwandlung der bestehenden und nicht benötigten Kindergartenplätze in U3-Plätze genutzt. Das heißt, hier fangen jetzt erst die messbaren Veränderungen an, Herr Jörg, die Sie nicht sehen. Vielleicht sind Sie blind. In kurzer Zeit haben wir nämlich auf diese Art und Weise zusätzlich 2.000 Plätze geschaffen. Heute, zu Beginn des Jahres 2007, gibt es inzwischen 16.000 Plätze für U3. Dazu kommen noch 17.000 Plätze in Spielgruppen und 10.000 Plätze bei den Tagesmüttern. Das heißt, wir werden das offensiv voranbringen.

(Britta Altenkamp [SPD]: Bei den Tagesmüt- tern, ja, ja!)

Wir haben Ihnen gesagt, unser Ziel ist, im Jahre 2010 einen Deckungsgrad von 20 % erreicht zu haben. Mit dem neuen GTK leiten wir hierfür nämlich entscheidende Schritte ein. Sie haben das gestern schon gehört:

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Wir bauen die Tagespflege weiter aus, wir erweitern die Betreuungsangebote im U3-Bereich, das heißt, wir stellen das System auf die heutigen und vor allem auf die zukünftigen Ansprüche der Gesellschaft um.

(Zuruf von Norbert Killewald [SPD])

Es wird ein flexibles System sein, das den Bedürfnissen der berufstätigen Eltern, der Väter und Mütter, gerecht wird. Das ist längst überfällig. Darüber sind wir uns alle klar. Wenn Sie das

wussten, warum haben Sie es nie in Angriff genommen?

Wir haben 2005 die Verantwortung übernommen und werden Ihnen nun ein durchdachtes und umfassendes Konzept vorlegen, sobald der moderierte Prozess beendet ist.

Die Methoden, die Sie ansprechen, führen nur zur Verunsicherung aller Beteiligten.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir rufen Sie auf: Beteiligen Sie sich konstruktiv an dieser Diskussion! Wir sind dazu gesprächsbereit. Mit einem solchen Ansatz wie zur heutigen Aktuellen Stunde disqualifizieren Sie Ihre eigene Arbeit und leider auch sich selber als ernstzunehmende Gesprächspartner.

(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von der SPD: Oh!)

Uns allen liegt doch am Herzen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für alle Mütter und Väter voranzubringen.

(Heike Gebhard [SPD]: Dazu haben Sie 20 Jahre gebraucht!)

Wir möchten, dass Mütter und Väter aus einem qualifizierten Angebot entsprechend der Bedarfe, die sie vor Ort haben, auswählen können. Dabei ist uns ganz wichtig, dass die frühkindliche Bildung im Vordergrund steht, das heißt, dass wir entsprechende Qualitätsstandards sichern. Dafür werden wir Ihnen ein schlüssiges, tragfähiges und finanzierbares Konzept vorlegen, das vor allen Dingen für alle verlässlich ist. Das heißt: Sie werden sehen, dass wir nicht im Stillstand von RotGrün verharren, sondern dass wir vorangehen. Wir handeln, und die Eltern in NordrheinWestfalen werden es uns danken.

(Beifall von CDU und FDP – Britta Alten- kamp [SPD]: Abwarten!)

Danke schön, Frau Doppmeier. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Frau Asch.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Tat ist richtig: Das Thema der Betreuungssituation für die Kinder unter drei Jahren beschäftigt uns schon seit Langem.

Aber, Frau Doppmeier, es hilft überhaupt nicht, wenn Sie zum wiederholten Male die Verantwortung auf die Vorgängerregierung schieben. Sie sind jetzt dran!

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Minister Armin Laschet: Wir machen ja auch!)

Sie müssen jetzt endlich einmal Ihre Verantwortung übernehmen und sich nicht nach mehr als anderthalb Jahren immer noch hinter der Vorgängerregierung verstecken. Das zieht nicht mehr.

(Minister Armin Laschet: Wir beseitigen Ihr Chaos! – Weitere Zurufe)

Ich befürchte, dass diese Debatte, die wir schon seit Langem führen, uns noch weiter beschäftigen wird. Denn von dieser Landesregierung ist in der Tat kein Quantensprung zu erwarten. Der Grund für meine Befürchtung ist recht einfach.

Wir brauchen eine Maßnahme, die wir Grünen vorschlagen. Damit würden wir den U3-Bereich sofort bedarfsdeckend ausbauen. Das ist der Rechtsanspruch für Kinder ab dem ersten Lebensjahr, meine Damen und Herren. Das ist überfällig.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie haben bei der Schaffung von Kindergartenplätzen gesehen, dass nur dieser Weg zielführend war. Jetzt haben wir die Bedarfsdeckung für die Kinder von drei bis sechs Jahren. Genau das Gleiche wollen wir für die unter Dreijährigen.

Wir müssen jetzt leider feststellen, Herr Laschet, dass dieser Rechtsanspruch für Kinder ab einem Jahr in den Beratungen über das Kindergartengesetz überhaupt keine Rolle spielt. Nicht einmal ein stufenweiser Einstieg in diesen Rechtsanspruch steht zur Debatte. Dabei brauchen wir nur ein paar Kilometer nach Süden zu schauen, nämlich nach Rheinland-Pfalz. Der dortige Landtag hat sich entschlossen, genau diesen Rechtsanspruch zumindest für die Zweijährigen einzuführen. In Rheinland-Pfalz ist zum Beispiel auch die Beitragsfreiheit im Kindergarten möglich,

(Minister Armin Laschet: Wer bezahlt die denn?)

während es in Nordrhein-Westfalen Beitragserhöhungen im Kindergarten gibt. Warum geht das woanders? Warum geht das in den ostdeutschen Bundesländern? Das ginge in NordrheinWestfalen genauso, wenn Sie sich entscheiden würden, wirklich Maßnahmen zu ergreifen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Was es gibt, ist eine schöne Rhetorik: Alle wollen einen 20-prozentigen Ausbau bis zum Jahr 2010. Aber wenn es um den Rechtsanspruch geht, sagt die CDU-Fraktion konsequent als einzige Fraktion, dass sie das nicht will.

Wir haben das bei den Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene gesehen. Im Koalitionsvertrag steht nun eine ganz schwammige Formulierung: Man müsse schauen, ob sich bis zum Jahr 2008 die Situation in den Kommunen verbessert hat. Die SPD wollte den Rechtsanspruch; die CDUFraktion hat sich geweigert, das in die Koalitionsvereinbarung aufzunehmen. Übrigens hat für Nordrhein-Westfalen Herr Ministerpräsident Rüttgers an den Verhandlungen teilgenommen.