Protokoll der Sitzung vom 26.01.2007

Das, was Sie hier tun, ist so, als würde Fortuna Düsseldorf Bayern München erklären, wie man nun tatsächlich die Tabellenspitze erreichen kann.

(Beifall von CDU und FDP)

Ihr heutiges Auftreten finde ich erstaunlich; denn eigentlich – so war das früher einmal – kämpft man in einem Parlament um Konzepte.

(Gisela Walsken [SPD]: Dann mal los!)

Heute erleben wir aber keine Konzepte, sondern nur ein „Höher, Weiter, Schneller“. Sie haben gesehen, dass die CDU auf 20 % kommen will, und gesagt: Verdammt, dann nehmen wir jetzt halt 40 %. Das klingt doch toll.

Wie soll man das finanzieren? Der Kollege Lindner hat Ihnen das ja vorgerechnet – 1 Milliarde €.

(Gisela Walsken [SPD]: Ein toller Fach- mann!)

Wie man das finanzieren möchte, haben Sie nicht gesagt.

(Gisela Walsken [SPD]: 2 Milliarden €!)

Frau Walsken, Sie könnten zum Beispiel die tolle Aussage treffen: Wir geben den Steinkohlesockel auf und schaffen dafür 50.000 U3-Plätze.

(Beifall von der CDU – Gisela Walsken [SPD]: Das brauchen wir gar nicht! 2 Milliarden €!)

Diese Aussage würde an dieser Stelle helfen.

Außerdem suggerieren Sie heute, man könne dieses Thema isoliert betrachten – als hätten Sie eine grüne Wiese hinterlassen, auf der wir neue Politik aufbauen können und uns über überhaupt keine Altlasten zu kümmern brauchen. Sie haben uns aber die höchste Verschuldung von allen deutschen Bundesländern hinterlassen. Die ProKopf-Verschuldung ist drei Mal so hoch wie in Bayern. Frau Kraft hat uns erklärt, jede Milliarde Euro Schulden seien jetzt unsere Schulden.

Wir haben eine jährliche Neuverschuldung von 7,2 Milliarden € übernommen. Jetzt beträgt sie 3,1 Milliarden €. Wir haben sie also halbiert.

Wir haben von Ihnen einen Unterrichtsausfall von 5,7 Millionen Stunden übernommen. Wir haben das in diesem Jahr auf 2,8 Millionen Stunden halbiert.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD: Ah!)

Wir haben von Ihnen 1 Million Arbeitslose übernommen, und wir haben die um 150.000 reduziert. Das sind die Erfolge dieser Regierungspolitik.

(Bodo Wißen [SPD]: Sagen Sie doch mal was zum Thema!)

Die einzige Antwort, die Sie darauf finden, ist, zu sagen: „Aber ihr müsst mehr U3-Plätze schaffen“, weil Sie es nicht ertragen können, uns diese Erfolge zu lassen.

Jetzt sage ich Ihnen noch einmal, wo Sie stehen. Sie haben 2,8 % U3-Betreuungsplätze in Nordrhein-Westfalen hinterlassen. Frau Altenkamp, Sie haben gefragt: Wo sind denn die Zahlen? Ich kann Ihnen das anhand des Ausschussprotokolls 13/1187 aus dem Jahre 2004 belegen. Da hat Ihre Ministerin erklärt: Wir haben 10.600 Plätze in Nordrhein-Westfalen.

(Zuruf von der FDP: Aha!)

Ihre Ministerin Frau Fischer hat damals auch genau erklärt, wie sich das entwickelt hat. Sie hat gesagt: Wir hatten 1992 doch schon 4.852 Plätze. Das bedeutet, dass Sie in den letzten zehn Jahren jedes Jahr 580 Plätze geschaffen haben.

(Zuruf von der FDP: Woher?)

Das kommentiert die „Berliner Zeitung“ in einem süffisanten Kommentar damit, dass Sie, bis Sie an den Bedarf kommen, der besteht, mit der Politik, die Sie an den Tag gelegt haben, 175 Jahre brauchen.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von der FDP: Genau!)

So sieht doch die Wirklichkeit aus. Bei aktiv erwerbstätigen Müttern sind wir das Schlusslicht. In Nordrhein-Westfalen sind im Jahre 2004, also Ihre Regierungsbilanz, nur 46 % der Mütter erwerbstätig gewesen, in Hessen 56 %, in BadenWürttemberg 59 %. Völlig andere Welten, von denen wir hier reden.

Das schönste Fundstück in dieser Angelegenheit kommt für mich von Herrn Groschek. Gibt es den eigentlich noch? Der war, glaube ich, mal Generalsekretär bei Ihnen. Der hat im April 2005 – Internet sei Dank – publiziert, wie die Strategie von Rot-Grün aussieht, mit diesem Thema umzugehen. Da sagt er: Wir schaffen im Jahr 2005 12.000 Betreuungsplätze. Das kann ja nicht funktioniert haben. Wenn man überhaupt nur 11.000 Betreuungsplätze hatte, kann man keine 12.000 zusätzlichen haben. Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erhöhen, war es sein Konzept, erstmals langzeitarbeitslose Mütter und Väter mit Angeboten in Höhe von 7.000 Plätzen zu bestücken. – Ich glaube, da hat man einfach keine Fragen mehr.

Sie haben Ihren Anspruch an der Stelle komplett verwirkt, bei diesem Thema mitzudiskutieren. Warten Sie es ab. Der Minister hat es erklärt. Wir

werden die Anzahl der U3-Plätze im nächsten Jahr verdoppeln. Dann sprechen wir uns hier wieder, und Sie werden uns sagen müssen: Auch in diesem Themenfeld Erfolg für die Koalition der Erneuerung.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Jarzombek. – Frau Asch für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist noch einmal dran.

Frau Präsidentin! ;eine Damen und Herren! Die Debatte hat eins sehr deutlich gezeigt: Es gibt mitnichten eine klare Zahl und eine klare Feststellung darüber, dass wir mehr U3-Plätze hätten. Es geistern hier alle möglichen Zahlen durch den Raum.

(Minister Armin Laschet: Sie geistern!)

Gestern waren es 4.000, in den Haushaltsberatungen waren es 2.000. Herr Lindner hat es heute noch einmal getoppt: Heute sind es 6.000. Ja, was ist es denn nun? Darf es ein bisschen mehr sein?

Das kommt davon, wenn man nichts Schriftliches hat, wenn die Fakten nicht auf dem Tisch liegen. Dann können Sie behaupten, soviel Sie wollen – wir nehmen es Ihnen nicht ab.

Herr Minister, ich muss Ihnen ein Kompliment machen. Das muss auch mal sein. Sie reden sehr viel besser, als Sie regieren. Das sieht man auch an dem Schenkelklopfen der Kollegen in der Regel aus der CDU-Fraktion. Ich finde es interessant, auf wie viel Beifall Ihre zum Teil auch sehr einfache Rhetorik stößt.

(Zurufe von der CDU)

Das sind die gleichen Kollegen, die in Veranstaltungen draußen – wir haben das von Herrn Lehne aus Düsseldorf vorletzte Woche wieder gehört – überhaupt infrage stellen, dass U3-Betreuung im Kindergarten nötig ist, die immer noch diesem alten Familienbild anhängen – auch das zeigen die Beratungen im Fachausschuss aus der letzten Legislaturperiode –, bei dem immer noch die Frage gestellt wird, ob es nicht doch besser für das Kind wäre, zu Hause bei der Mutter zu bleiben. Das sind doch die Hemmnisse, die dazu geführt haben, dass wir heute noch bei der Quote von 2,8 % herumkrebsen.

(Beifall von der SPD)

Umsetzen müssen es die Kommunen. Viele von Ihnen, die kommunalpolitische Erfahrung haben, wissen, dass, immer wenn Grüne oder die SPD

U3-Plätze fordern, die CDU-Kollegen argumentieren: Das brauchen wir nicht. Wir haben die Mütter. Die sollen zu Hause bleiben und sich um ihre Kinder sorgen. – Das ist der Punkt, und das sind die Probleme.

(Beifall von der SPD)

Herr Minister, Sie konnten das nicht wirklich entkräften. Sie haben es auch gar nicht versucht. Sie haben diese zwei Programme nicht weitergeführt. Das ist eben sehr deutlich geworden. Das ist ein Fakt. Und – auch das finde ich interessant – Sie haben sich ganz offensichtlich von dem Ziel verabschiedet, das im Koalitionsvertrag vereinbart ist, nämlich dass Sie eine 20%ige Betreuungsquote von U3 wollen.

(Minister Armin Laschet: Wieso denn?)

Ja, weil Sie eben gesagt haben – das habe nicht nur ich gehört; Frau Altenkamp hat es auch zitiert –: Wir wollen die Quote verdoppeln.

(Minister Armin Laschet: Wieso das denn? Wir haben über 2008 geredet!)

Bis 2008.

(Minister Armin Laschet: In 2008! Nur in 2008! Sie lügen! Sie müssen zuhören) ! – Na ja, auch das ist wieder so eine Unschärfe. Das wollen wir dann mal sehen. (Minister Armin Laschet: 2001 ist vom 1. Ja- nuar bis Silvester! Das ist ganz einfach!)

Herr Minister, wir trauen Ihren Ankündigungen einfach nicht mehr. 2006 haben wir gesehen: „Jahr des Kindes“. Was ist passiert? 190 Millionen Kürzung.

(Minister Armin Laschet: Das war es ja auch! Sie lügen schon wieder!)

Ja, das werden wir mal sehen. Herr Minister, mäßigen Sie sich ein bisschen.