Protokoll der Sitzung vom 07.02.2007

Verhinderungspolitik bezüglich der Endlagerung, die sicherlich eine wichtige Voraussetzung ist, aufzugeben. Darüber müssen wir uns klar sein, sonst kommen wir nicht weiter.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt, um den wir nicht herumkommen, der ganz elementar ist, für den wir auf Landes- wie auf Bundes- und europäischer Ebene eintreten, ist, die Techniken dort einzusetzen, wo sie am wirksamsten sind – sprich: effizienter Mitteleinsatz. Deswegen noch einmal: Joint Implementation oder Clean Development Mechanism sind in den Bereich Emissionshandel, in den Bereich Kyoto-Protokoll einzubeziehen. Die Kollegin Fasse hat völlig Recht, wenn sie sagt: Das müssen wir auf europäischer oder weltweiter Ebene sehen. Das ist doch klar.

Sie sollten Ihr Feindbild hinterfragen. Zum sachlichen Argumentationsaustausch bin ich gerne bereit. Das setzt allerdings bei Ihnen, Frau Schulze, voraus, dass Sie entweder zuhören

(Svenja Schulze [SPD]: Gott sei Dank steht es im Protokoll!)

oder es zumindest verstehen. Da habe ich große Bedenken. Mit dem Kollegen Priggen bin ich gerne bereit, in eine Fachdiskussion einzutreten. – Schönen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ellerbrock. – Für die Landesregierung erhält Frau Wirtschaftsministerin Thoben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Schlussfolgerung des Berichts: Wir sollten uns nicht gegenseitig unterstellen, dass wir die Dringlichkeit für eine internationale Einigung über weltweite Maßnahmen zum Schutz des Klimas nicht alle sehen würden. Ihr Antrag erweckt allerdings den Eindruck – das ist auch in den Wortbeiträgen zum Ausdruck gekommen –, als ob die Landesregierung dieses Thema in der tatsächlichen Politik nicht ernst nähme. Deshalb nur ein paar Punkte:

Es stimmt ja, Frau Schulze: Es gab im März 2005 einen Umsetzungsbericht der Landesregierung. Wollen Sie den jetzt alle sechs Wochen haben? Man muss das doch miteinander bereden können. Der Umsetzungsbericht damals besagte, dass die Nutzung des Grubengases im Steinkohlenbergbau zu einer Reduzierung von 4 Millionen t, Wind-

und Wasserkraft zu einem Minus von 3,6 Millionen t, das REN-Programm in seiner ganzen Breite zu einer Reduzierung von 1,9 Millionen t geführt haben.

Wir haben eine Evaluierung der Fördermaßnahmen vorgenommen. Muss ich denn, wenn etwas wirtschaftlich erfolgreich ist, tatsächlich noch subventionieren? Der Gedanke, dies dann nicht mehr zu tun, ist Ihnen so fremd, dass Sie selbst eine Evaluierung schon für überflüssig halten. Das sehen wir anders.

(Beifall von CDU und FDP)

Mit der Einführung des europaweiten Emissionshandels – das ist damals anders gewesen – hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Wir müssen uns jetzt in die Debatte einschalten, indem wir fragen: Halten wir diese marktwirtschaftlichen Instrumente für sinnvoll? Wir sagen eindeutig: Ja. Weiterhin müssen wir fragen: Wie soll die Ausgestaltung aussehen, damit wir beim Tempo und bei den Zielen, von denen ich hoffe, dass wir sie gemeinsam haben, Augenmaß bewahren? Darüber muss man reden.

Wo ist Ihre Bereitschaft, Herr Priggen, die Sachverhalte zur Kenntnis zu nehmen, beispielsweise, dass, würden die Chinesen bei all dem Ausbau ihrer Kraftwerkskapazitäten auf Steinkohlebasis unsere Technologie anwenden, die CO2-Emissionen um null steigen würden? Da liegt eine Herausforderung. Wie bekommen wir die Anwendung von Joint Implementation und Clean Development Mechanism so hin, dass dort, wo die Klimaschutzeffekte am größten sind, der größte Teil der Investitionen stattfindet, weil man dann wirtschaftlich vernünftig vorgeht? Das ist unsere Aufgabe.

(Beifall von CDU und FDP)

Deshalb nehmen wir jetzt die Debatte auf europäischer Ebene zum Anlass zu sagen: In Bezug auf diese Instrumente suchen wir Wege und reden mit den Unternehmen bei uns im Land, die auf diesem Felde möglicherweise enorme Exportchancen haben, aber gleichzeitig mehr zum Klimaschutz beitragen als viele andere Schritte.

Wenn wir über die aktuelle Ausgestaltung diskutieren, wollen wir von Ihnen hören: Sind Sie auch dafür, dass wir die Rechte nach Primärenergien staffeln, oder wollen Sie alles über einen Kamm scheren? – Wir glauben, es ist sinnvoll, die verschiedenen Pfade rationeller zu organisieren. Also brauchen wir sogenannte Benchmarks für jeden Primärenergiefaktor.

(Beifall von CDU und FDP)

In der letzten Aktuellen Stunde haben wir darüber geredet: Brauchen wir die Einbeziehung des Luftverkehrs in den Zertifikatehandel? – Wir sind der Auffassung, es würde schneller etwas und mehr bewirken, wenn wir „Single European Sky“ hinbekommen, weil dann all die Warteschleifen, die dafür sorgen, dass sehr viel CO2 emittiert wird, zu vermeiden wären. Darüber lohnt es sich doch zu reden.

Nehmen Sie den Automobilverkehr. Ich bin ja einverstanden, auch beim Auto stärkere Maßnahmen zu ergreifen, noch einmal zu prüfen und sich zu fragen, ob es nicht ein bisschen enttäuschend ist, dass die freiwilligen Vereinbarungen nicht so gut funktioniert haben, wenigstens bisher nicht? Wenn man das verändern will, muss man aber doch die Wirklichkeit in unserem Land zur Kenntnis nehmen.

Ich könnte mir viel eher vorstellen, auch für diesen Teil marktwirtschaftliche Anreize so zu organisieren, dass kraftstoffsparende Autos Vorteile genießen, während die, die sehr viel in Anspruch nehmen, dann mit Zertifikaten dafür sorgen müssen, dass ein Ausgleich organisiert wird. Es muss schon der Anreiz bestehen – damit bin ich bei den extremsten Forderungen, die man dazu hören kann –, nicht die letzte zusätzliche Effizienzsteigerung, die bei einem dicken Sportwagen möglich ist, auf die Weise umzusetzen, dass dieser statt 400 km/h 450 km/h schnell fahren kann. Da wäre mir ein Umdenken in die Richtung lieber, ob man Effizienzsteigerung auch dazu nutzen kann, geringere Emissionswerte zu organisieren. Diese Debatte werden wir in naher Zukunft führen.

Zu dem Vorwurf, was die Landesregierung alles nicht tue – kann ja sein, dass Sie das ärgert –, darf ich ankündigen, dass wir in Kürze die ersten Bausteine des Energieprogramms vorlegen, das aus vier Teilen bestehen wird: das Energieeffizienzkonzept „NRW spart Energie“, das NRWKonzept zu den erneuerbaren Energien, das NRW-Biomasse-Konzept und das Konzept zur Energieforschung. Sollten Sie danach noch eine Lücke bemerken, stehen wir gerne zur Diskussion bereit.

Sobald die Vorgaben der EU-Kommission zum Emissionshandel – das ist klimapolitisch wohl das wichtigste Instrument – für die Periode 2008 bis 2012 in nationales Recht umgesetzt sind, wird die Landesregierung ein umfassendes Klimaschutzprogramm daraus ableiten, das dann – so unsere Vorstellung – in Übereinstimmung mit dem Energieprogramm steht.

Letzte Anmerkung: Viele halten ja für andere immer Vorschläge bereit, was Sie alles tun könnten, damit den Klimaschutzzielen entsprochen wird. Ich habe heute dafür gesorgt, dass alle Abgeordneten in ihrem Postfach einen kleinen Kompass finden. Da der Ministerpräsident nicht anwesend ist, durfte ich das ausnahmsweise auch auf Englisch erläutern. Dieser kleine Kompass wird uns bei internationalen Konferenzen begleiten. Er gibt jedem einzelnen Abgeordneten und vielen anderen die Möglichkeit, bei der Nutzung der Elektrizität, bei seinem persönlichen Mobilitätsverhalten, bei der Art und Weise, wie er zu Hause lebt und wohnt und wie er in die Ferien kommt, genau zu ermessen, ob er das Kyoto-Protokoll durch sein Verhalten einhält. Ich wünsche Ihnen viel Freude dabei.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Dann kann ja jeder sein Verhalten nun selber überprüfen. Mal schauen, was dabei herauskommt.

Jetzt hat das Wort der Abgeordnete Stinka für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren! Herr Ellerbrock, es bleibt Ihnen nicht erspart: Vor zwei Wochen haben Sie uns hier für die FDP-Fraktion eine Aufführung geliefert, in der sie den menschlichen Einfluss auf den Klimawandel kaltschnäuzig und fast rundweg abgestritten haben. Das fanden wir unglaublich.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Heute stellen Sie sich hierhin und zitieren den „Fokus“. Der „Fokus“ ist zwar ein interessantes Blatt, aber beim Klimawandel sollte man sich schon besserer Quellen bedienen, Herr Kollege Ellerbrock.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Gleichzeitig sprach Herr Kemper von Betroffenheit und Emotionalisierung und empfand die Reden über Klimaschutz als heiße Luft. Die beiden Kollegen müssten doch am 2. Februar, als der internationale Wissenschaftsrat sein Gutachten vorgestellt hat, vor Scham rot geworden sein –

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Schwarz!)

so war meine Überlegung, als ich mein Redekonzept für heute ausformulierte. Ich dachte mir, dass

nach diesem Gutachten doch allmählich ein bisschen mehr Erkenntnis wachsen müsse.

Frau Fasse spricht davon, dass wir gesicherte Erkenntnisse brauchen. Ich lese in der Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, in der sie den Stern-Bericht zitiert und schon im Jahr 2006 zu deutlichem Handeln anmahnt. Fakten haben wir zu dem Thema wirklich reichlich gesammelt.

Wissen Sie, was für unsere Fraktion wichtig ist? Die SPD-Fraktion im Landtag NordrheinWestfalen streitet nicht mehr darüber, ob Kyrill nun ein brachialer Bote des Klimawandels ist oder nicht. Der Klimawandel ist für uns Fakt. Und objektive Gremien belegen das deutlich. Wer hiervor Augen und Ohren verschließt, dem ist kaum mehr zu helfen.

(Beifall von der SPD)

Gestern konnten wir auf der E-World in Essen vom Klimainstitut hören, dass die Klimamodelle aller Kontinente deutliche Temperaturanstiege aufzeigen. Wer gegen so viele Modelle noch etwas vorbringen möchte, bitte, der muss es ja wissen.

Wir erleben seit knapp 400.000 Jahren eine gleichbleibende CO2-Konzentration in der Atmosphäre. Erst in den letzten hundert Jahren, Kolleginnen und Kollegen, hat es einen enormen menschengemachten Anstieg gegeben.

(Christian Weisbrich [CDU]: Man hat das auch ganz genau gemessen!)

Das hat man genau gemessen durch Eiskernbohrungen, Herr Weisbrich. Sie wären gut beraten gewesen, auf der E-World dabei gewesen zu sein. Das ist kein Hokuspokus, sondern das sind wirtschaftlich belegte Fakten.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich würde es gerne dabei belassen, aber, Kolleginnen und Kollegen, wir alle, die hier sind, tragen Verantwortung, und die Zeit drängt. Aus diesem Grunde zitiere ich den Beschluss der Evangelischen Kirche von Westfalen:

„Angesichts des immer schneller verlaufenden Klimawandels und der andauernden klimapolitischen Blockaden hat das ‚Kirchenparlament’ am 17. November 2006 seine Selbstverpflichtung zum biblischen Auftrag bekräftigt, die Schöpfung zu bewahren.“

Von der Deutschen Bischofskonferenz – für die Katholischen unter uns – lesen wir im Dezember 2006:

„Der globale Klimawandel ist bereits Realität. Dieser Herausforderung müssen wir aktiv begegnen.“

Die beiden großen Kirchen machen also auch deutlich, welche Aufgaben wir haben.

Wir werden uns, Kolleginnen und Kollegen, gegenüber der nächsten und übernächsten Generation im Rückblick auf den Jahrtausendwechsel nicht mehr damit herausreden können, wir hätten davon nichts gewusst und wir hätten nicht handeln können. Wir müssen jetzt handeln und nicht in dem Schneckentempo wie in den letzten Jahren. Ich komme mir häufig vor, als säßen wir auf der Titanic, blickten auf den Eisberg, drosselten aber nur die Fahrt, ohne das Ruder umzuwerfen. Das zeigt gerade auch die aktuelle Debatte über die Kfz-Emissionen.

Deshalb müssen wir jetzt handeln; die Instrumente dafür haben wir. Wir brauchen mehr Energieeffizienz, und mehr erneuerbare Energien sind einzusetzen.