Protokoll der Sitzung vom 07.02.2007

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Kollegin Kraft erzählt öffentlich das Gegenteil.

(Hannelore Kraft [SPD] verlässt ihren Sitz- platz.)

Es ist zum Weglaufen, Frau Kollegin Kraft; das kann ich verstehen. Ich möchte Sie dennoch bitten, sich dieser Debatte jetzt doch noch zu stellen – wenn Sie offenbar schon nicht vorhaben, hier zu sprechen, was ich bemerkenswert finde.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Von der Landes- regierung ist ja nichts berichtet worden! Die Tagesordnung ist ja ad absurdum geführt worden! – Hannelore Kraft [SPD] bleibt ste- hen und wendet sich dem Redner zu.)

Ich hätte eigentlich erwartet, dass Sie das, was Sie vor dem Landtag erzählen, auch einmal im Landtag selber darlegen und rechtfertigen, Frau Kollegin.

(Beifall von der FDP)

Mit Genehmigung der hochverehrten Frau Präsidentin möchte ich gerne Frau Kraft zitieren. Sie hat letzte Woche vor den Bergarbeitern gesagt

(Zurufe von der SPD: Wo waren Sie denn da?)

hören Sie bitte gut zu, meine Kolleginnen und Kollegen; das ist interessant –:

„Die wollen euch in Auffanggesellschaften packen. Sie wollen betriebsbedingte Kündigungen zulassen.“

(Demonstrativer Beifall von der SPD)

So Frau Kollegin Kraft draußen vor den Bergleuten!

(Zuruf von der FDP: Lüge!)

Frau Kollegin Kraft, das Wort Lüge geht mir in der politischen Debatte nicht so leicht über die Lippen. Ich habe heute Morgen aber in der Tat einige Zeit darüber nachgedacht, als was man es bezeichnen soll,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Als die Wahrheit!)

wenn Sie draußen wider besseres Wissen solche Unwahrheiten verbreiten. Ich muss es wie folgt zusammenfassen: Sie haben in unverantwortlicher Art und Weise die Menschen und die Bergleute draußen belogen,

(Beifall von FDP und CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Was Sie hier veranstal- ten, ist eine Unverschämtheit!)

indem Sie die Bergleute, die in Sorge um ihre Zukunft sind, in unverantwortlicher Art und Weise belügen und aufhetzen. Das haben Sie getan. Das ist unverantwortlich.

(Beifall von FDP und CDU)

Und das tun Sie bei einer Zielgruppe – das darf man ja einmal erwähnen –, die privilegiert ist wie kaum eine andere.

(Frank Sichau [SPD]: Hört, hört!)

Wir haben 8,5 Millionen Erwerbstätige in Nordrhein-Westfalen. Die meisten davon sind abhängig beschäftigt, Herr Kollege Groschek. Wie viele von denen haben eine vergleichbare Garantie der öffentlichen Hand, dass betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sind? Nur die Beamten! Die anderen haben so etwas nicht.

(Frank Sichau [SPD]: Die Landesbedienste- ten! Das wissen Sie doch!)

In einer solchen Situation sind die Bergleute. Dazu stehen wir ja auch. Und dann tun Sie so, als müssten Sie sich zur Heiligen Johanna der Bergleute aufschwingen, um diese Menschen vor dem Absturz ins Elend zu bewahren! Das ist eine bizarre Verdrehung der Tatsachen, meine Damen und Herren.

(Beifall von FDP und CDU)

Als Gipfel dieser unrühmlichen Vorstellung, die Sie dort geboten haben, haben sich SPDAbgeordnete auch noch in Bergmannskluft geworfen.

(Edgar Moron [SPD]: Was verstehen Sie un- ter Bergmannskluft?)

Der Kollege Sören Link – er ist jetzt aber auch nicht hier – ist mit Kluft und Helm durch die Gegend gelaufen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das ist ein Zei- chen dafür, dass Sie noch nie einen Arbeits- anzug aus der Nähe gesehen haben!)

Das ist der Gipfel der Unverschämtheit. Wir haben nur noch darauf gewartet, dass Sie sich als Solidaritätserklärung auch noch Kohlenstaub ins Gesicht reiben.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Schwarz steht uns nicht! Das ist Ihre Farbe!)

Finden Sie, dass das Ihrer Verantwortung für das Land Nordrhein-Westfalen, die Sie auch als Op

positionspolitikerin haben, gerecht wird? Ich fand es einfach nur schlimm.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Schlimm ist Ihr Auftritt hier!)

Frau Kollegin Kraft, genauso schlimm wie das, was Sie dort getan haben, ist der Effekt, den Sie in den Bergbaurevieren auslösen. Das Signal an die Bergbaureviere muss jetzt doch sein: Der Steinkohlebergbau gehört zur großen Vergangenheit Nordrhein-Westfalens. Er ist jetzt aber auch Vergangenheit. Wir müssen uns ab sofort verlässlich auf die Zukunft ohne Steinkohle einstellen können. Das wäre doch ein Signal der gemeinsamen politischen Verantwortung:

(Beifall von FDP und CDU)

Lasst uns alle die Ärmel hochkrempeln, jetzt beginnt der Tag x nach dem Bergbau! Und Sie erzählen noch: Es kann noch eine Zukunft des Bergbaus geben. Das haben Sie heute wieder getan. Nach 2012 geht es vielleicht weiter. Meinen Sie, dass Fidel Castro die Seewege vermint, damit Steinkohle, die in Nordrhein-Westfalen mehr als dreimal so teuer ist wie Importkohle, wettbewerbsfähig wird? Haben Sie denn überhaupt keine Scheu, die Menschen so zu beschwindeln, nur um Ihr saures parteipolitisches Süppchen zu kochen, Frau Kollegin Kraft? Ich finde das schlimm.

(Beifall von der FDP – Rainer Schmeltzer [SPD]: Gehen Sie doch einmal zu den Berg- leuten!)

Zu all dem, was Sie hier geboten haben, kommt noch eins hinzu: Während die Landesregierung mit ihrem Ministerpräsidenten jetzt in harten Auseinandersetzungen in Berlin steht, um für Nordrhein-Westfalen möglichst viel zu erreichen, fallen Sie dieser Landesregierung in den Rücken, Frau Kollegin Kraft.

(Beifall von FDP und CDU)

Das ist leider – wir haben uns das über mehrere Wochen sehr aufmerksam angeschaut – die klare Erkenntnis aus Ihrer Strategie. Sie haben erkennbar gar kein Interesse an einem Erfolg für Nordrhein-Westfalen, weil Sie in der Opposition sind und meinen, ein Erfolg für die Interessen Nordrhein-Westfalens würde Ihnen nicht weiterhelfen. Deshalb betreiben Sie in diesen Tagen und Wochen, Frau Kollegin Kraft – das sage ich Ihnen in aller Ernsthaftigkeit –, eine Politik der verbrannten Erde zulasten Nordrhein-Westfalens, wie ich das in der jüngeren Landesgeschichte noch nicht erlebt habe.

(Beifall von FDP und CDU)

Dieser Verantwortung werden Sie sich stellen müssen. Ich hätte mich sehr gefreut, wenn Sie das in der heutigen Debatte getan hätten. Vielleicht haben Sie noch etwas Redezeit von Herrn Römer übrig, um dazu Stellung zu beziehen. Ansonsten wird es morgen oder später kommen. Sie werden sich Ihrer Verantwortung für diese verheerende Strategie gegen die Interessen NordrheinWestfalens, die Sie hier eingeschlagen haben, nicht entziehen können. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von FDP und CDU – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Das war eine Zumutung, Herr Kol- lege, eine absolute Zumutung!)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Papke. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der SPD die Fraktionsvorsitzende, Frau Kraft, das Wort.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Wir müssen die Rede von Herrn Papke erst einmal bei den Bergleuten verbreiten!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind in der Tat darüber unterschiedlicher Meinung, was ein Erfolg für das Land NRW wäre. Das hat diese Debatte nochmals gezeigt. Herr Kollege Papke, dass Sie eine selektive Wahrnehmung haben, was die Interessen des Landes angeht, ist nicht neu.

(Beifall von der SPD – Dietmar Brockes [FDP]: Das müssen gerade Sie sagen!)

Aber dass Sie sagen, wir würden 12 Milliarden € einsparen, ohne dabei im Blick zu haben, dass wir die Lasten einer nicht sozialverträglichen Lösung tragen und gegenrechnen müssten, ist typisch für die FDP, Herr Kollege Papke.

(Beifall von der SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Mit Rechnen hat es der Papke noch nie gehabt!)

Dass auch die Zulieferbetriebe mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie die Bergbautechnologiefirmen betroffen sind, blenden Sie aus und wählen nur die Zahlen, die für Sie die richtigen sind, um den Menschen draußen zu erzählen, warum Sie eine Position einnehmen, die Sie keinem mehr erklären können. Das ist typisch für die FDP, Herr Kollege Papke.