Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph. – Für die Fraktion der FDP hat jetzt der Kollege Dr. Orth das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Düker, Sie haben eine „flammende Rede“ gegen das gehalten, was hier in der Diskussion ist und von der Landesregierung in Eckpunkten verabschiedet wurde. Sie haben für die Grünen erklärt, auch für sie gebe es keine Tabuthemen. Sie haben aber in ihrer gesamten Rede nicht eine einzige Sekunde darauf verwendet, zu sagen, was Sie wollen. Was ist denn für Sie die Veränderungsnotwendigkeit in diesem Land? Wo haben Sie denn all die Jahre geschlafen? Was müsste man denn aus Ihrer Sicht ändern?
Von der SPD, die hier von Kronjuwelen und Ähnlichem redet und immer wieder meinen Fraktionsvorsitzenden zitiert, ist in dem Sinne nichts Neues zu erwarten. Ich kann an Ihre Adresse, Herr Rudolph, nur sagen: Den Staub, der sich absetzen konnte, den haben Sie zu verantworten. Sie haben über Jahre hinweg nichts getan. Rot-Grün hat auch im Bund nichts getan. Sie hätten doch Ihre Vorstellungen, die Sie hier in Nordrhein-Westfalen als so wertvoll betrachten, doch auf Bundesebene umsetzen können. Wo sind denn Ihre Initiativen zusammen mit der CDU im Bund? Dort könnten Sie auch einmal vorfühlen und Ihre dortige Fraktion treiben, um das einzuführen, was Sie sich
doch im Kern selber nicht getraut haben abzuschaffen in all den Jahren, in denen Sie hier regiert haben. Sie müssen auch dazu stehen, dass Sie Fehler gemacht haben. Sie könnten Ihre Oppositionszeit dazu nutzen, einen Schlussstrich unter Ihre eigene verfehlte Politik zu ziehen.
Zu der immer wieder gemachten Äußerung: „Privat vor Staat“ – das vertrete doch nur die FDP! Das ist einerseits vielleicht ein Punkt, wo ich sagen kann: Schön, dass Sie sagen, die FDP bewirkt hier viel. Auf der anderen Seite muss man aber auch sagen, dass auch der Ministerpräsident dieses Wort des Öfteren in den Mund genommen hat. Sie sollten dann beim Zitieren korrekt sein und dahinter setzen: auch Jürgen Rüttgers.
Wenn Sie ansprechen, Frau Düker, wir würden jetzt darangehen, Führungspositionen nur noch nach Parteibuch zu besetzen, dann negieren Sie das Bundesverfassungsgericht. Sie haben doch jüngst erst in diesem Parlament davon gesprochen, man müsse zu dem einen oder anderen Gesetzgebungsverfahren der Landesregierung unbedingt das Verfassungsgericht anrufen. Sie setzen darauf, dass Karlsruhe oder auch Münster Entscheidungen treffen und diese Entscheidungen dann auch zu Konsequenzen hier führen.
Ja, wenn Karlsruhe oder Münster zum Beispiel zum Verfassungsschutzgesetz NRW eine Entscheidung trifft, werden wir im Parlament diese analysieren und sehen, ob wir einen Umsetzungsbedarf haben oder nicht. Genauso erwarte ich aber von Ihnen, dass Sie die Entscheidung des Verfassungsgerichts von 1995 nicht weiter im Schrank liegen lassen, sondern auch dazu beitragen, dass wir das Letztentscheidungsrecht der Verwaltung in die Gesetzgebung einbeziehen. Es kann nicht sein, dass wir nur eine Verfassungsrechtsprechung de luxe machen nach dem Motto: Das eine, was mir passt, setze ich um. Das andere, was ich nicht will, vergesse ich ganz schnell. – Meine Damen und Herren, damit entkommen Sie uns jedenfalls nicht.
Wenn ich dann das Geschrei – wir waren ja alle zusammen, Herr Preuß und Frau Düker, auf einer Veranstaltung – über den Wegfall des Erörterungsgesprächs höre, dann ist das doch letztendlich eine Alibiveranstaltung gewesen.
Wenn doch im Moment ein Mechanismus existiert, bei dem einfach alles durchgewunken wird, dann ist es auch legitim, darüber nachzudenken, ob wir uns das Durchwinken nicht sparen können und nur noch die kritischen Punkte in einer Einigungsstelle besprechen, anstatt uns alle mit uns selbst zu verwalten. Das jedenfalls ist keine schnelle und schlanke Verwaltung, und es bringt den Beschäftigungen überhaupt nichts, meine Damen und Herren.
Wir jedenfalls wollen uns den Änderungsanforderungen stellen. Der Landesrechnungshof, der mehrfach angesprochen wurden ist, hat einige Vorgaben gemacht. Wir wollen die Freistellungsstaffeln restriktiver fassen, aber wir schaffen die Freistellung nicht ab.
In diesem Sinne bin ich sehr zuversichtlich, dass die Personalvertretungsrechte auch in Zukunft das Ausmaß haben werden, das nötig ist, um Mitwirkung zu ermöglichen. Aber wir wollen nicht das, was Sie hier als Kronjuwelen bezeichnet haben. Das hat in Wirklichkeit keine historische Dimension gehabt, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Orth. – Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Kollege Herr Peschkes.
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Strukturen und Verwaltungen zerschlagen, Personal zur Verfügungsmasse degradieren, Abschaffung der Mitbestimmung – das ist das ganz große Reformkonzert dieses Innenministers.
Wenn wir das kritisieren, Herr Dr. Wolf, dann beklagen wir nicht den Untergang des Abendlandes, wie Sie meinen, sondern die fehlende Zukunft von NRW. Denn mit dieser Reformpolitik hat NRW keine Zukunft.
In Ihrem Reformkonzert werden die Dissonanzen und die Misstöne immer schriller, und ein ganz schriller Misston ist das sogenannte Personaleinsatzmanagement, unter den Bediensteten des Landes als Schreckgespenst PEM bekannt.
Doch, darum geht es, Herr Kollege. Die Abschaffung der Mitbestimmung soll nämlich den Einsatz von PEM erleichtern. Deshalb werden wir heute auch über PEM reden und reden müssen. Denn dieses PEM ist für die Landesregierung offenbar die Krönung in ihrer Beschneidungswut von Rechten der Beschäftigten.
Seit Monaten geistert PEM über die Flure der Verwaltungen, seit Monaten haben die Beschäftigten Angst, in die PEM-Gesellschaft versetzt zu werden. PEM ist für die Landesbediensteten ein Synonym der Sorge geworden. Denn eines steht fest: PEM hat einzig die Funktion, Personal abzubauen – allen anderen Beteuerungen zum Trotz. Die Koalition scheut sich nicht, einen althergebrachten Vertrauensschutz auszuhebeln.
Ich sage zur Erinnerung an den Innenminister: Grundsätzlich ist die Begründung eines Beamtenverhältnisses auf ein gesamtes Arbeitsleben angelegt. Das wissen und das wollen die Leute, die in ein Beamtenverhältnis eintreten. Diese Unkündbarkeit ist den Leuten auch einiges wert: Sie nehmen dafür die Abkoppelung von der allgemeinen Einkommensentwicklung in Kauf – wie wir dies in den letzten Jahren beklagen müssen –, sie nehmen Abschläge bei der Altersversorgung hin, aber im Vertrauen darauf, dass ihr besonderes Treueverhältnis zum Staat von diesem auch entsprechend gewürdigt wird.
Ich muss feststellen: Von diesem auf Lebenszeit angelegten Treueverhältnis verabschiedet sich die Landesregierung im Moment für einen Teil der Beschäftigten. Es geht um knapp 20.000 Leute. Herr Minister Wolf, die Landesregierung kündigt dieses Verhältnis einseitig auf, ohne dass die Betroffenen auch nur einen Funken Mitspracherecht haben. Auch hier wird die Mitbestimmung beschnitten und sogar ins Gesetz hineingeschrieben. Aus der Mitbestimmung wird eine Mitwirkung, und ein Widerspruchsrecht ist auch nicht mehr vorgesehen. So geht man nicht mit Beschäftigten um. Das ist Politik nach Gutsherrenart, und ich prophezeie Ihnen: Das wird nicht funktionieren.
Denn solch gravierende Änderungen, wie die Landesregierung sie plant, können niemals gegen die Beschäftigten durchgesetzt werden. Wenn die Landesregierung dieses trotz aller gegenteiliger Ratschläge und Empfehlungen versucht, dann
werden die jetzt noch gut motivierten Leute – meistens sind das im Übrigen junge und hochqualifizierte – in die innere Emigration gehen.
Ich sage Ihnen: Wir halten PEM für den falschen Weg. PEM verunsichert die Verwaltung, PEM fördert die Demotivation der Beschäftigten. Deshalb wird die SPD auch im Rahmen der Änderung des LPVG in diesem Haus und auch draußen Widerstand leisten, um PEM zu verhindern. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Peschkes. – Für die Landesregierung hat noch einmal das Wort Herr Minister Dr. Wolf.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Eingehen auf Herrn Peschkes erübrigt sich, da PEM heute nicht auf der Tagesordnung steht, ebenso wenig wie das Betriebsverfassungsgesetz, das angeblich geändert werden soll. Es ist schon erstaunlich, was man alles hört.
Ich bin nur deswegen noch einmal ans Pult gegangen, weil die rabulistischen Sprechblasen von Herrn Kollegen Dr. Rudolph an einigen Punkten – jedenfalls aus meiner Sicht – einer Erwiderung bedürfen. Nur zum Vokabular: Leben in der Steinzeit. – Herzlich willkommen, alle Bundesbeamten leben in der Steinzeit. Es ist prima, wie Sie die Menschen dort bezeichnen.
Ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen, damit Sie nicht mit falschen Meldungen durch das Land laufen: Es hat – Herr Rudolph, wenn Sie das zur Kenntnis nehmen mögen – vor den Eckpunkten, die wir beschlossen haben, Einzelgespräche mit allen Gewerkschaften gegeben. Die Behauptung, es sei nicht gesprochen worden, ist schlicht unwahr.
Ich meine auch: Wenn Sie sich hinter einem unanständigen Zitat eines Dritten verstecken, dann sollten Sie sich trotzdem hüten, das zu tun.
schaften geführt, in denen wir die Grundzüge des jetzt vorliegenden Gesetzentwurfes ganz frühzeitig außerhalb der Notwendigkeit des Verfahrens zur Kenntnis gegeben haben und mit denen auch intensiv diskutiert haben.
In der Tat ist es so, dass die Gesetzgebungskompetenz beim Landtag und die Vorbereitung bei der Regierung liegt. Das hat sich noch nicht geändert.
Der Referentenentwurf ist nach einer intensiven Diskussion entstanden. Es hat übrigens zwischen den Eckpunkten und dem Referentenentwurf noch einmal Gespräche mit den Gewerkschaften gegeben, die von meinen beiden Staatssekretären geführt worden sind. Bitte verbreiten Sie hier keine Mär. Es ist permanent und pausenlos gesprochen worden.
Aber es gibt einen Dissens. Und richtig ist: Wenn es am Ende nicht zu einer Einigung kommt, dann wird das im parlamentarischen Verfahren entschieden. Das war zu Ihrer Regierungszeit nicht anders.
Ziel des Ganzen ist die Beschleunigung, eine Erhöhung des Veränderungstempos auch bei verwaltungsinternen Entscheidungen, und dies im Einklang mit Organisationsentscheidungen auf anderen Ebenen, sprich im Bund oder in anderen Bundesländern. Auch Verantwortungsträger der SPD, Herr Rudolph, sehen durchaus mit einer gewissen Freude, dass wir uns an ein Thema heranbegeben, was Sie haben liegen lassen.
Dass Frau Düker mit ihrer Mannschaft es nicht geschafft hat, ein Bundesverfassungsgerichtsurteil umzusetzen, hat der Kollege Dr. Orth gerade richtig gesagt.