Protokoll der Sitzung vom 07.03.2007

Das ist eine hochkomplexe Angelegenheit.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Ja!)

Deswegen muss ich nachfragen.

Ich hatte die Darstellung im Umweltausschuss so verstanden, dass Sie gesagt haben: Der Bund hat in der konkreten Frage der Genehmigung dieses Giftmülltransports und dieser konkreten Angelegenheit in Herten eigene Zuständigkeiten und Entscheidungsmöglichkeiten. Wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, ist aber an diesem Punkt für die konkrete Genehmigung abschließend die Bezirksregierung als obere Abfallbehörde des Landes zuständig. Können Sie das bitte noch einmal klären?

Frau Abgeordnete Schulze, genau so ist es. Genau so hat Staatssekretär Dr. Schink das Thema dargestellt, das schon ausführlich den Umweltausschuss des Landtags beschäftigt hat.

Der Bund ist immer wieder in diesem Zusammenhang im Gespräch, weil wir als Landesregierung von Nordrhein-Westfalen nicht den direkten Kontakt zu Australien herstellen können. Es ist die Aufgabe des Bundesstaates, den Kontakt zu Australien herzustellen. Darüber laufen dann die entsprechenden Kontakte.

Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Ortgies von der CDU, bitte.

Herr Minister Uhlenberg, angesichts der Dringlichen Anfrage der SPD habe ich eine dringliche Nachfrage: Ist es richtig, dass bereits im Jahr 2004, also unter damaliger rot-grüner Regierung und unter der damals zuständigen Ministerin Höhn, mehrere hunderttausend Tonnen Sonderabfälle nach NordrheinWestfalen zur sachgerechten Entsorgung importiert wurden?

Bei aller Kritik, die wir an diesem Verfahren und auch an den Transportwegen haben, frage ich mich, ob das ein neues Verfahren ist, worüber wir heute diskutieren.

Herr Minister.

Herr Abgeordneter Ortgies, Ihre Frage ist insofern mit Ja zu beantworten, als es in den vergangenen Jahren eine deutliche Steigerung des Imports ge

fährlicher Abfälle nach Nordrhein-Westfalen gegeben hat. Von 2002 bis 2005 ist die Zahl von 395.756 t auf 624.315 t gesteigert worden. Das ist die Situation.

Ich möchte das insofern gern kommentieren, als es auch damit zusammenhängt, dass wir in Nordrhein-Westfalen als Industrieland und als Industriestandort über sehr leistungsfähige Sondermüllverbrennungsanlagen verfügen. Das hat offensichtlich auch dazu geführt, dass es, bevor diese Landesregierung die Geschäfte übernommen hat, schon den Import von gefährlichen Stoffen aus der gesamten Welt nach Nordrhein-Westfalen gegeben hat. Von daher möchte ich das auch nicht näher kommentieren.

Ich wundere mich nur, dass einige Politiker innerhalb des Landtages, aber auch außerhalb des Landtages diese Entwicklung der vergangenen Jahre offensichtlich nicht mehr zur Kenntnis nehmen und den Eindruck erwecken wollen, als wenn der Import gefährlicher Abfälle nach NordrheinWestfalen erst mit dem 22. Mai 2005 eingetreten wäre.

(Beifall von der CDU)

Herr Remmel hat eine Frage. Bitte schön.

Herr Minister, Sie können sicher bestätigen – das ist ja auch nichts Neues –, dass der Giftmüllimport in diesem Umfang aus Übersee in dieser Form bisher noch nicht stattgefunden hat.

Das kann ich nicht bestätigen.

Herr Minister, erst die Frage, dann die Antwort. – Bitte, Herr Remmel.

Dazu können wir uns gerne noch einmal die Zahlen ansehen. Aber danach will ich gar nicht fragen.

Ich stelle fest – auch durch den heutigen Beitrag noch einmal –, dass sich offensichtlich etwas bewegt hat, aber keiner mehr richtig durchblickt. Die erste Aussage des Ministeriums war: Wir sind zwar dagegen, aber wir haben bei der Entscheidung keinen Ermessensspielraum. – Dann gab es die Auskunft der EU-Kommission: Die Landesregierung, die Behörden haben sehr wohl Ermessensspielraum. – In der Ausschusssitzung hat

Herr Staatssekretär erklärt: Ermessensspielraum gibt es für die Landesbehörden nur fachlich. Den politischen Spielraum haben die Bundesbehörden. – Jetzt gibt es die Antwort aus dem Bundesministerium: Das Land kann alles entscheiden.

Ich frage Sie: Wenn Sie diesen Müll nicht in Nordrhein-Westfalen wollen, was Sie immer erklärt haben, warum entscheiden Sie das dann nicht, und warum ziehen Sie die Entscheidung, die Sie an die Bezirksregierungen delegiert haben, nicht an sich?

Herr Abgeordneter Remmel, ich muss zunächst Ihrer Behauptung widersprechen, dass es in früheren Jahren, als Sie noch die Regierung in Nordrhein-Westfalen unterstützt haben, keinen Import von gefährlichem Müll gegeben hätte. Es gibt unterschiedliche Friktionen auch beim Sondermüll. Aber schon immer waren 20 % des damaligen Sondermülls, der nach Nordrhein-Westfalen transportiert worden ist, sehr gefährlich. Das ist also unabhängig von der Frage, wer die jeweilige Landesregierung stellt.

Zweitens möchte ich Ihnen mitteilen, dass es im Umweltministerium keine unterschiedlichen Auffassungen über den Sachverhalt gibt, sondern dass wir von Anfang an das Gleiche gesagt haben: dass die Entscheidung über die Frage, ob der Sondermüll bei uns verbrannt werden muss, im Ermessen der Bezirksregierung als Genehmigungsbehörde liegt. In diesem Fall geht es in Nordrhein-Westfalen um drei Bezirksregierungen. Dabei muss natürlich auch die Frage geklärt werden – dieser Klärungsprozess ist noch nicht abgeschlossen –, ob dieser Sondermüll nicht doch in Australien selbst verbrannt werden kann.

Eine weitere Fragestellerin ist Frau Abgeordnete Gottschlich von der SPD. Bitte schön.

Herr Minister, Sie haben eben ausgeführt, dass ein Teil des Verfahrens bei der Bezirksregierung die Erklärung der australischen Behörden ist, dass dort keine adäquate Verbrennung oder Entsorgung stattfinden kann. Meine Frage ist: Gibt es eine Frist im Verfahren, bis wann die australischen Behörden diese Erklärung abgeben müssen? Zweite Frage: Ruht das Verfahren so lange, bis diese Erklärung vorliegt, oder wird das Verfahren irgendwann negativ beschieden, wenn die australischen Behörden diese Erklärung nicht abgeben?

Liebe Kollegin, ich habe die herzliche Bitte, immer nur eine Frage zu stellen. – Herr Minister.

Frau Abgeordnete, das ist der Teil des Verfahrens, den die australische Regierung erbringen muss. Weil dies so ist, ruht das Verfahren auch nicht, sondern wir warten jetzt auf die Stellungnahme der australischen Regierung.

Zweite Frage der Frau Abgeordneten Schulze, SPD.

Herr Minister, wir können hier also erst einmal festhalten, dass Sie – anders, als Sie es uns in dem schriftlichen Bericht aufgezeigt haben, der gerade in unsere Fächer verteilt worden ist, und anders, als es in der Diskussion im Ausschuss dargestellt worden ist – die Verantwortung weder nach Berlin noch nach Brüssel abschieben können, sondern dass ganz eindeutig das Land in der Frage der Genehmigung zuständig ist. Wenn das Land zuständig ist – ich verstehe das hier jetzt so –, dann müssen Sie ja prüfen, ob es in Australien Möglichkeiten gibt, das Hexachlorbenzol dort zu entsorgen.

Bitte die Frage.

Das ist ja dann mit die Aufgabe der Regierung hier. Deswegen frage ich Sie: Ist die Bezirksregierung in diesem Sinne schon tätig, und prüfen Sie, ob eine Entsorgung in Australien rechtlich und technisch möglich ist?

Auch diese Frage, Frau Abgeordnete, ist bereits im Umweltausschuss des Landtages beantwortet worden: dass sich unsere Landesregierung an die Bundesregierung gewandt hat, den Kontakt nach Australien herzustellen, damit diese Prüfung vorangetrieben wird. Von daher ist der Bund immer wieder im Spiel.

Nächster Fragesteller: Abgeordneter Gatter von der SPD.

Herr Minister, wenn Sie aus Australien die Bestätigung bekommen, dass das in Australien nicht zu entsorgen ist, werden Sie dann konkrete Nachfragen stellen? In der Presse ist ja sehr deutlich gemacht worden: Es gibt australische Stimmen, die sagen, dass es in

Australien deswegen keine Entsorgungsanlage geben wird, weil die australische Bevölkerung nicht akzeptiert, dass dies auf australischem Boden gemacht wird. – Meine Frage ist: Werden Sie ganz konkret nachfragen, ob diese Aussagen aus Australien, die man in der Presse NordrheinWestfalens nachlesen kann, stimmen?

Herr Minister.

Diese Frage kann ich mit Ja beantworten, Herr Abgeordneter. Wenn die Erklärung der australischen Regierung vorliegt, wird sie nicht einfach übernommen, sondern es wird geprüft, ob sie wirklich standhält.

Herr Abgeordneter Kuschke von der SPD hat die nächste Frage.

Herr Minister, vorab der Hinweis: Ich gehöre zu denen, die nicht nur zur Kenntnis genommen haben, sondern auch deutlich sagen, dass wir diese Importe in den vergangenen Jahren gehabt haben. Ich würde allerdings hinzufügen, aus welchen – überwiegend europäischen – Ländern diese Importe gekommen sind. Ich würde auch hinzufügen, dass ich es bedauert habe, dass wir in den letzten Jahren keinen Sonderabfallwirtschaftsplan gehabt haben.

Nun zu meiner eigentlichen Frage. Nach dem, was Sie dargestellt haben, ist ja nicht zu verhindern, dass wir in wenigen Monaten erneut in der Situation sind, dass vergleichbares Material aus einem vergleichbar entfernt liegenden Land von einem anderen Kontinent importiert werden soll. Ich habe das Gefühl, dass wir, wenn wir nichts ändern, in eine genauso schwierige Situation hineinkommen. Von daher die Frage an die Landesregierung, an Sie: Wäre es nicht sinnvoll, durch eigenes Handeln, möglicherweise durch eine Bundesratsinitiative, für eine Veränderung der Verhältnisse zu sorgen?

Herr Minister.

Das ist eine Initiative, die auf Bundesebene ergriffen werden muss. Herr Abgeordneter Kuschke, Sie wissen aus Ihrer früheren Tätigkeit als Regierungspräsident in Nordrhein-Westfalen, dass ein solches Prüfverfahren immer nach Recht und Gesetz durchgeführt wird. Daran halten wir uns natürlich auch bei diesem Verfahren sehr streng. Im

Moment findet ja kein Vorgang statt, den es vorher, auch als Sie die politische Verantwortung hatten, nicht gegeben hat. Das ist kein besonderer Vorgang, der jetzt hier stattfindet. Er wird nur politisch hochgespielt. Aber ich warte das Genehmigungsverfahren jetzt ab und werde hinterher prüfen, inwieweit bundespolitische Aktivitäten über den Bundesrat notwendig sind.

Nächster Fragesteller ist Herr Ellerbrock von der FDP.

Aus Ihren Äußerungen, Herr Minister, ging hervor, dass die importierten Sonderabfallmengen unter Rot-Grün gestiegen sind und wir seit Jahren Importland waren. Jetzt wird ja eine Emotionalisierung dieses Themas hervorgerufen. Die Kollegen haben das ja früher zu verantworten gehabt. Meine Frage zielt darauf ab: Hat sich denn die Rechtslage seit dem 22. Mai 2005 irgendwie geändert, dass wir jetzt andere Steuerungsmöglichkeiten haben?

Meine zweite Frage schließe ich direkt an. – Nein, ich melde mich noch einmal.

Okay, das ist mir sehr sympathisch, weil das unseren Richtlinien entspricht. – Bitte, Herr Minister.

Herr Abgeordneter, die Rechtslage hat sich nicht geändert.

Die Frage ist beantwortet. – Dann Frau Löhrmann von den Grünen.