Protokoll der Sitzung vom 09.03.2007

Bei all den Möglichkeiten, die wir in der Ferne sehen – Stichworte: CO2-frei, CO2-Speicherung –, dürfen wir aber nicht auf die konkreten Schritte hier und jetzt verzichten. Deshalb möchte ich Sie alle bitten, egal wo Sie gerade stehen und liegen: Bitte helfen Sie, dass wir die Kraftwerkserneuerung …

(Ralf Jäger [SPD]: Wollen Sie wirklich wis- sen, wo wir liegen?)

Entschuldigung. Nein, ich will es nicht wissen. Ich möchte aber an Sie appellieren, mitzuhelfen, damit wir die Kraftwerkserneuerung wirklich hinbekommen.

Wenn Sie jetzt nicht ganz konkret mit dafür sorgen, dass wir – anders als es manche andere Bundesländer wollen – beim nationalen Allokationsplan II nicht eine eigene Benchmark je Primärenergieträger bekommen, vergessen Sie die Äußerungen zum Energiemix; denn dann bevorzugen Sie eine einzige Versorgungsquelle sehr stark. Das wirkt sich zulasten des Industrielandes Nordrhein-Westfalen aus. Ich bitte Sie, das nicht zu unterschätzen. Wenn man für ein Industrieland ehrgeizige Ziele formuliert, bedeutet das im Ergebnis nach meiner Einschätzung immer etwas anderes als bei einem rein agrarischen Land. Man wird zu anderen Ergebnissen kommen.

Wir wollen weder die Entwicklung hin zu modernen Kraftstoffen noch hin zu modernen Antriebstechniken verpassen. Wir wollen auch gerne alle Einsparmöglichkeiten aufnehmen, die Ihnen über das im Förder- und Informationsprogramm Enthaltene hinaus noch zusätzlich einfallen sollten, Herr Priggen. Helfen Sie aber bitte mit, dass wir mit einer rationalen Debatte an die Dinge herangehen!

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Römer, Sie wissen doch, dass ich das EEG nicht ändern kann. In der Koalitionsvereinbarung in Berlin haben wir aber durchgesetzt, dass die Evaluierung 2007 stattfindet. Dann schaut man noch einmal, welche Arten der Energieerzeugung im Moment so vergütet werden, dass es sich dabei eigentlich nicht mehr um eine Förderung mit

dem Ziel der Hinführung zur Wirtschaftlichkeit handelt, sondern um eine Verschwendung von finanziellen Mitteln. Diese Frage muss man aushalten. Ich finde das auch nicht schlimm.

Allerletzte Anmerkung: Herr Priggen, Sie haben so argumentiert, als ob Sie der Preis für die Energie nicht mehr interessiert; denn Sie haben gesagt: Man muss aufpassen, dass wir die Kapazitäten hier nicht erhöhen. – Ich höre die Debatte im Land anders. Wir freuen uns über zusätzliche Anbieter, weil die oligopolistischen Strukturen nach unserer Ansicht zu Preisentwicklungen beitragen, die dem Industriestandort schaden. An dieser Stelle müssen Sie sich schon entscheiden. Ich will zusätzliche Anbieter.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich halte die jetzt in Krefeld getroffene Entscheidung für nachteilig. Deshalb freue ich mich, dass sich bereits ein anderer Standort für diese Investition interessiert.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Stinka das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren! Wie Herr Römer bin auch ich froh darüber, dass wir uns in den letzten Wochen hier häufig über den Klimaschutz unterhalten haben, dass dieses Thema Einfluss auf die Tagesordnung genommen hat und auch die Regierungsfraktionen des Öfteren deutlich gemacht haben, dass ihnen dieses Thema am Herzen liegt. Dies zeigt uns allen doch, dass dieses Thema dringlich ist und in unser Bewusstsein hineindringen muss.

Herr Weisbrich, ich glaube auch, dass das Thema Klimaschutz kein Spielfeld für Partei- und Klientelpolitik ist. Die Sache ist zu ernst und die Herausforderung für die nachkommende Generation zu groß. Wir müssen dieses Thema gemeinsam meistern.

Dennoch würde ich gerne beobachten, wie sich die Fraktionen der Regierungskoalition von einem vorurteilsbelasteten Saulus zu einem umwelt- und klimapolitischen Paulus entwickeln würden. Wir haben heute Morgen ja schon einmal Kirchenthemen angesprochen. Als Abgeordneter sehe ich meine Aufgabe darin, diese Wandlungen nicht nur zu beobachten, sondern sie auch konstruktiv und

kritisch zu begleiten; denn das ist Aufgabe der Opposition.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, bei einer Handlungsoffensive muss ich genau hinschauen. Sonst würde man das Wort „Offensive“ nicht verwenden. Ich sehe bei dieser Offensive drei Perspektiven für mich.

Erstens. Als Mitglied der Enquetekommission I muss ich überprüfen, wie sich die Offensive auf die Entwicklung der Energiemärkte und -preise auswirkt. Das schmälert in keinster Weise die Bedeutung des Klimaschutzes. In einem bevölkerungsreichen Land muss ich dies im Auge behalten. Klimaschutzanstrengungen erfordern einen gezielten Einsatz vor Ort; denn es gibt keine Pauschallösungen – weder im privaten Bereich noch in der Wirtschaft.

Kosten und Wirtschaftlichkeit müssen zu einer breiten Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern geführt werden, damit die Bürgerinnen und Bürger in eine nachhaltige Wirtschaftsweise mitgenommen werden. Schließlich müssen wir auch über den Tag hinaus denken. Irgendwann sind die Schlagzeilen zum Thema Klimaschutz vorbei. Die Politik hat die Verpflichtung, Nachhaltigkeit mit Leben zu erfüllen. So will das die SPDLandtagsfraktion auch durchführen.

Kolleginnen und Kollegen, was verbirgt sich nun hinter Ihrer Handlungsoffensive? Sie schreiben viel über Energieeffizienz, über das „NRW Konzept Erneuerbare Energien“, über die „Biomassestrategie NRW“ und das „Konzept Energieforschung NRW“ – Etiketten, die sich wunderbar lesen lassen. Dahinter verbirgt sich aber nichts Wesentliches und auch nichts wesentlich Neues.

(Beifall von der SPD)

Auch bei mehrmaliger Durchsicht der Punkte am gestrigen Abend hat sich mir keine Perspektive aufgezeigt, wie sich nach Ihrem Konzept beispielsweise die Energiepreise entwickeln – zumal Ihr Konzept durch konkretes Regierungshandeln konterkariert wird.

Sie verabschieden sich heute nämlich – ich erinnere an die letzten Wochen – von einer sicheren Ressource, begeben sich langfristig in die Abhängigkeit von internationalen Lieferanten, beobachten dabei die Kostenentwicklung nicht und wollen dennoch die Abhängigkeit von Brennstoffimporten reduzieren und die Clean-Coal-Technologie erforschen. In der Schule würde ich sagen: Setzen, fünf! Denn so kann man die Zusammenhänge

nicht darstellen, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition.

(Beifall von Frank Sichau [SPD])

Die zweite Perspektive ist die eines Umweltpolitikers. Ich habe ernstliche Zweifel, ob Sie diesbezüglich wirklich dazugelernt haben. Denn in der ganzen politischen Diskussion im Umweltausschuss werden alle umweltpolitischen Ansätze von uns immer als Spielwiese der rot-grünen alten Landesregierung hingestellt, Kolleginnen und Kollegen. Sie begreifen erneut nicht die Chance von erneuerbaren Energien und sehen nicht die ökonomischen und ökologischen Bedeutungen, die es für Beschäftigung und Wirtschaft in NordrheinWestfalen hat.

(Beifall von Frank Sichau [SPD])

Ich erinnere nur an Diskussionen um Fotovoltaik im Umweltausschuss. Sie sind in diesem Schritt keinen Schritt weiter.

Über Ihr eigenes „NRW Konzept Erneuerbare Energien“ verlieren Sie in diesem Antrag vier spröde Zeilen. Ich kann dem Kollegen Pflüger von der CDU nur beipflichten, der viel mehr von der Partei erwartet. Deswegen ist er auch an der CDUProgrammdiskussion beteiligt, kümmert sich hier um die Bereiche Umweltschutz und sagt, dass viel mutigere Schritte notwendig sind.

Schlagworte, nichts als Schlagworte! Regierungshandeln spricht auch hier eine andere Sprache. Seit 2005 – Kollege Römer hat darauf hingewiesen – haben Sie nichts unversucht gelassen, erneuerbare Energien zu behindern. Repowering hat keinen Einfluss in Ihr Handeln gefunden. Biomassestrategie wird gesagt, Biomassehandeln vor Ort wird wenig mit Leben erfüllt. Biomassestrategie wird im Antrag ausgeführt, die Tage dazu werden kaum genutzt.

In Baden-Württemberg ist bereits vor einem Jahr ein nationaler Plan zur Biomassenutzung verabschiedet worden, ein Jahr, nachdem die EU uns aufgefordert hat. In NRW: Fehlanzeige!

„Erneuerbare Energien“ wird in Ihrem Antrag als dritter Baustein eingestuft. Das ist der falsche Weg, und es macht die Gewichtung deutlich, die Sie dem geben. Ohne erneuerbare Energien geht es nicht.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wer echten Klimaschutz will, muss Maßnahmen und konkrete Ziele deutlich darstellen. Das gibt auch Sicherheit für die Wirtschaft. Es ist nicht nur

aus umweltpolitischer Sicht, sondern auch aus wirtschaftspolitischer Sicht wichtig.

Beim genauen Lesen wird deutlich, wo Sie das Heil suchen, nämlich in der Kernenergie. Das einzige Mal, bei dem Sie in Ihrem Antrag konkret werden, ist: NRW soll Energieland Nummer eins bei der Fusionsforschung und bei der Entwicklung inhärent sicherer Kernkraftwerke werden. Lassen Sie sich sagen: Es gibt keine sicheren Kraftwerke. Das sehen wir am Beispiel Schweden deutlich. Es wird nun international kontrolliert, was in deren Kernkraftwerken passiert ist.

Meine dritte Messlatte für Politik sind die Bürgerinnen und Bürger, und die Bürgerinnen und Bürger wollen keine Kernkraft, Kolleginnen und Kollegen von der Regierungsfraktion.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie wollen keine Atomenergie in NordrheinWestfalen und auch nicht in Deutschland. Ich zitiere gerne unsere Kanzlerin aus der WAZ vom 8. März mit Erlaubnis des Präsidenten:

„Die Atomkraftwerke jenseits der aktuellen Diskussion über Laufzeiten sind langfristig keine Lösung zur Rettung des Weltklimas.“

(Beifall von Norbert Römer [SPD])

Die Zahlen kennen Sie alle. Mit einem so niedrigen Anteil an der Stromproduktion weltweit lässt sich durch Kernenergie kein signifikanter Beitrag zum Klimaschutz leisten. Damit ist für uns die Debatte zu Ende. Es bleibt beim Ausstieg, es gibt keine Verlängerung der Laufzeiten. Das ist ein Signal in die Wirtschaft, um umzusteuern.

(Beifall von Frank Sichau [SPD])

Deshalb setzen wir uns vehement für die erneuerbaren Energien ein. Das ist wichtig und richtig. Dabei unterstützen wir auch Ihre Kanzlerin. Das werden wir in der SPD-Landtagsfraktion deutlich wieder und wieder sagen: Kernenergie ist keine Lösung, sie ist ein Auslaufmodell. Machen Sie ernst mit dem Klimaschutz! Die Kinder werden es uns danken. Wir können nicht warten – das geht in Richtung FDP-Fraktion –, bis die Börse in Frankfurt voll Wasser gelaufen ist. Das ist ein Problem, dem wir uns jetzt und heute stellen müssen. – Danke.

(Beifall von der SPD – Ralf Witzel [FDP]: Sachlich!)

Vielen Dank, Herr Kollege Stinka. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Fasse das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Stinka, wie seitens der Landesregierung durch Frau Thoben in der Aktuellen Stunde angekündigt worden ist, liegt inzwischen das energiepolitische Konzept der Regierung vom 13. Februar vor. Darin sind die Beiträge – und ich finde aller Fachministerien – in einer einzigartigen Weise gebündelt.

Sie stellen nach dem bisherigen Wissens- und Sachstand die Weichen für einen finanzierbaren Beitrag unseres Landes zur Lösung der Klimaproblematik dar. Ein detailliertes Programm zur Energieeinsparung, zum Klimaschutz, zum Stellenwert erneuerbarer Energien, zur Energieforschung und zur Nutzung von Biomasse soll die Vorgaben der EU und des Bundes in unserem Land konsequent umsetzen. Der Energieverbrauch soll bis zum Jahr 2020 um mindestens 20 % abgesenkt werden.

Dies soll in erster Linie durch die Steigerung – ich bin dankbar, dass Frau Ministerin Thoben das gerade noch einmal ausgeführt hat – der Energieeffizienz geschehen. Die Energie-Effizienzoffensive „NRW spart Energie“ soll Produktionsverfahren verbessern und die Entwicklung innovativer und effizienter Technologien und Verfahren fördern. Besonders mit der Aktion „Mein Haus spart“ wird konkrete Beratung zur Energieeinsparung in Gebäuden gegeben. Die neue Energieagentur NRW übernimmt diese Beratung.