Protokoll der Sitzung vom 29.03.2007

Durch den Sozialkatalog, der jetzt an PEM angedockt wird, entscheidet sich, dass vor allem jüngere und mobilere Personen zu PEM gehen sollen. Die jungen und mobilen sind diejenigen, die innerhalb der Karriereleiter aufsteigen wollen und somit natürlich eher freiwillig neue Stellen in der

Verwaltung suchen. Die Jungen und Mobilen müssen also nicht durch die Tretmühle PEM gehen, sondern würden sich eher über die Personalagentur selbst auf die Suche machen.

Die Pressesprecherin des Finanzministeriums hat ausgeführt, dass freundlicherweise – ich zitiere – niemand gegen seinen Willen nach PEM versetzt wird. Wo, meine Damen und Herren, ist dann der Unterschied zur Personalagentur, und wofür wird eine neue Behörde mit 180 Stellen geschaffen?

(Beifall von der SPD)

Wenn man sich also die Begründung für PEM – auch im Gesetz – ansieht, dann muss man leider feststellen, dass PEM weder wirkliche Personaleinsparungen noch zusätzliche Effizienzgewinne bringen wird. Warum aber will unser Finanzminister trotz allem PEM einführen? – Weil er damit – so vermuten wir – seine eigene Ressortbilanz und die der anderen Minister beschönigen kann, um nicht zu sagen: zu fälschen.

(Widerspruch von der CDU)

Was will der Finanzminister mit PEM in seinem Haushalt? – Ist das nicht eine Situation wie bei einem Gebrauchtwagenhändler, Herr Kollege, der die Kilometerzahl seiner Autos zurückdreht, sich aber später die manipulierten Autos wieder selbst verkauft? – Meine Damen und Herren, das PEM bietet dem Minister eine bequeme Möglichkeit, nicht nur die Bilanz, sondern auch die Entlassungen zu verfälschen und zu verschleiern.

(Zuruf von der CDU)

Deshalb ist es nichts anderes, als eine Auffanggesellschaft zu etablieren, die wir auch von Privaten kennen. Sie kennen ja das Motto dieser Regierung „Privat vor Staat“, wie wir es heute bei der Gemeindeordnung, beim Sparkassengesetz, bei der Landesentwicklungsgesellschaft und anderen Themen sehen.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP] – Ralf Witzel [FDP]: Gutes Gedächtnis!)

Das Motto ist die Ideologie, und die soll hier umgesetzt werden.

Meine Damen und Herren, der Finanzminister hat sich mit PEM eine Behörde geschaffen, die ihm den Zugriff auf die Mitarbeiter seiner Kabinettskollegen ermöglicht. Eigentlich wäre eine solche Behörde in den Bereich des Innenministers gefallen. Aber diese Kompetenz hat der Finanzminister ihm abgeluchst – Kompliment. Linssen als Wilderer in Wolfs Revier – vielleicht auch ein Hinweis darauf,

wie der Innenminister zurzeit in diesem Lande eingeschätzt wird.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich will deutlich machen, dass wir den Finanzminister auch als durchaus vernünftigen und kompetenten Mann kennen, dem ich allen Unkenrufen zum Trotz unterstelle, dass ihm das Wohl des Landes und seiner Beschäftigten mehr am Herzen liegt als parteipolitische, ideologische Überlegungen, Ressortpolitik und auch insbesondere die Ideologie des kleinen Koalitionspartners.

(Zuruf von der CDU)

Deshalb, Herr Minister, haben Sie jetzt noch zwei Möglichkeiten, und zwar erstens, PEM wider besseren Wissens durchzuziehen, viele Beamtinnen und Beamte abzustempeln, eine neue Behörde mit noch mehr unübersichtlicher Bürokratie zu schaffen und einige Posten im Haushalt zu verschieben, um nicht einzugestehen, dass es eigentlich auch ohne geht, oder – zweitens – Größe zu zeigen, die positiven Maßnahmen des Gesetzes, die ich betont habe, wie die Altersteilzeit, die Regelungen zum vorgezogenen Ruhestand und die angebotenen Abfindungen auf alle – ich betone: alle – Beschäftigten im Land auszuweiten und so die Einzelmaßnahmen im PEM wirklich auf breiter Ebene in diesem Land wirksam werden zu lassen.

Meine Damen und Herren, wenn Sie bei PEM in der gegenwärtigen Form eine Verabschiedung von Personal durch diese Landesregierung sehen, dann werden vor allem die Beschäftigten in Regierung und Verwaltung als überflüssig abgestempelt, die einen kw-Vermerk haben. Ich könnte mir vorstellen, mit diesem Stempel auch den einen oder anderen in diesem Kabinett zu versehen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Frau Walsken. – Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Kollege Weisbrich.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Walsken, das war eben Opposition um der Opposition willen. Das hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut. Ich habe Sie eigentlich so eingeschätzt, dass Sie, wenn es um finanzielle Dinge geht, zwar häufig anderer Meinung sind als wir, sich unter dem Strich aber doch an der Sache entlang orientieren.

Wir stehen vor der Situation – das muss ich ganz deutlich sagen –, dass sich die Personalsteuerquote mittlerweile auf mehr als 60 % beläuft. Das ist für die Zukunft unerträglich. Der Grund dafür ist die exzessive Einstellungspolitik, die Ihre Fraktion in den Jahren ab Ende 1960 bis Anfang der 80erJahre betrieben hat. Dieses Handeln holt uns jetzt ein.

(Beifall von der CDU)

Da müssen wir für eine Korrektur sorgen. Auch Ihr früherer Ministerpräsident Steinbrück hat ja schon massiv versucht, im Personalbereich zu korrigieren. Er ist damit grandios gescheitert. Deswegen müssen wir nun andere Wege finden. Wenn Sie das nicht verstehen, kann ich nur frei nach Schiller zitieren: „Wenn ihr’s nicht fühlt, ihr werdet’s nicht erjagen.“ – Ich kann es also nicht begreifen, dass Ihnen diese Problematik nicht klar ist.

(Beifall von Angela Freimuth [FDP])

Ich will an das Thema jetzt von einer anderen Seite herangehen. – Der Ausgangspunkt für das Personaleinsatzmanagement ist abgesehen von dem, was ich eben an kostenmäßigen Grundproblemen skizziert habe, der Abschlussbericht der „Kommission zu Situation und Perspektive des Landeshaushalts“ Nordrhein-Westfalen. Wir alle wollen in Zukunft eine nachhaltige Haushaltswirtschaft.

Diese hochrangig besetzte Kommission stellt fest, dass das strukturelle Defizit des Landeshaushalts ohne Gegenmaßnahmen bis 2010 auf rund 10 Milliarden € ansteigen wird und NordrheinWestfalen an der Grenze seiner finanziellen Leistungsfähigkeit angekommen ist. Die Kommission weist völlig zu Recht darauf hin, dass eine solche Entwicklung für unser Gemeinwesen nicht durchzuhalten ist, weil die Lasten der Vergangenheit jede Zukunftschance blockieren. Und ein Haushaltsausgleich ist – auch nach Auffassung der Kommission – bei Hebung aller Effizienzreserven ohne Personalmaßnahmen nicht erreichbar, weil die Personalausgaben derzeit den Steuereinnahmen und den Gesamtausgaben deutlich davonlaufen, und zwar von Jahr zu Jahr mehr.

Dann ist man zu dem Ergebnis gekommen, dass der zentrale Stellhebel nicht die Höhe der jeweiligen Beamten- oder Mitarbeitergehälter sein kann, sondern nur die Zahl der Mitarbeiter. Wer gute Arbeit leistet, muss selbstverständlich auch angemessen und ordentlich honoriert werden.

Auf die Zahl kommt es also an. Und diese haben Sie künstlich in die Höhe getrieben. Sie haben es nicht geschafft, diese Zahl wieder zurückzuführen.

Deshalb müssen wir es nun mit neuen Methoden versuchen. Und wir sind nicht die Einzigen, die das tun. Diese Methoden hat das Land Berlin angewandt – mit relativ gutem Erfolg, soweit man bei Berlin überhaupt davon sprechen kann. Diese Methoden sind aber auch bei großen Staatsunternehmen, die privatisiert werden, üblich. Bei der Telekom und der Bahn ist es auch so gelaufen. Selbst bei der Commerzbank ist es so gelaufen. Es gibt also reichlich Erfahrung damit.

Wir wollen im Endergebnis die Anzahl der Mitarbeiter um rund 10 % reduzieren. Und wir sollten diesem Instrumentarium erst einmal die Chance einräumen, zu beweisen, ob es funktioniert oder – wie Sie unterstellen – nicht funktioniert und überflüssig ist.

Die Personalfluktuation fällt typischerweise nicht dort an, wo Einsparungen operativ möglich oder wünschenswert sind. Von daher müssen wir den Abbauprozess aktiv steuern, wenn wir keine schwerwiegenden Nachteile für Mitarbeiter in Kauf nehmen wollen. Das beste Instrument dafür ist eben ein separates Personalüberhangmanagement. Ich sagte eben schon, dass es sich in Berlin, bei der Commerzbank, bei der Bahn und der Telekom bestens bewährt hat.

Der Bewältigung dieser Aufgabenstellung dient das heute von der Landesregierung eingebrachte PEM-Gesetz. Grundgedanke ist – das hat Herr Dr. Linssen zutreffend ausgeführt –, künftig jeden kw-Vermerk zu personalisieren, ihm also ein Gesicht zu verleihen. Das heißt aber nicht, dass deswegen der entsprechende Mitarbeiter ausgemustert wird oder nichts wert ist, sondern nur, dass er in der Gesamtsituation der Landesverwaltung an der falschen Stelle eingesetzt ist. Er muss in Zukunft an einer anderen Stelle seinen Fähigkeiten entsprechend eingesetzt werden.

(Rüdiger Sagel [GRÜNE]: Interessant!)

Die Landesregierung wird mit dem PEM eine dem Finanzministerium nachgeordnete Landesoberbehörde einrichten. Das haben Sie kritisiert, aber meines Erachtens muss es sein.

Das PEM soll den notwendigen Umbau der Verwaltung durch Gestaltung eines ressortübergreifenden internen Arbeitsmarktes begleiten. Es soll sich um Vermittlung und Qualifizierung der zugeordneten Beschäftigten kümmern. Und es soll vor allem durch gesteuerte Nutzung der Fluktuation die interne Besetzung freiwerdender Stellen ermöglichen, damit nicht immer wieder von außen Personal nachgezogen werden muss. Damit es das besonders gut kann, wird es in regionalen Servicestellen individuelle Beratung vor Ort anbie

ten. Denn – wie gesagt – die Mitarbeiter, die auf einer kw-Stelle sitzen, sind in der Landesverwaltung nicht überflüssig; sie müssen in Zukunft nur andere Tätigkeiten wahrnehmen.

Es wird nunmehr Aufgabe der Ressorts sein, die Beschäftigten auszuwählen, die dem PEM zugeordnet sein sollen. Dazu müssen sie eine umfassende Organisations- und Aufgabenkritik im eigenen Hause durchführen. Das ist nicht mal eben so aus der Lamäng leistbar, sondern muss schon sehr fundiert passieren. Die Ressorts müssen anschließend die kw-Stellen an das PEM melden.

Aufgabe des PEM wird es sein, die übernommenen Mitarbeiter so zu qualifizieren, dass sie in neue Aufgabenfelder wirklich erfolgreich vermittelt werden können und dann auch wieder Spaß an der Arbeit und ihren beruflichen Aufgaben haben.

Ich bin froh, dass das Personaleinsatzmanagement zum 1. Juli seine Arbeit aufnehmen kann. Sein Erfolg wird davon abhängen, ob es gelingt, alle Ressorts in den PEM-Prozess einzubinden. Und der Erfolg wird auch davon abhängen, ob durch die Ausgestaltung von Anreizfunktionen genügend kritische Masse für den Qualifizierungs- und Vermittlungsprozess zu erzeugen ist.

Ich meine, dieses Instrument hat jede Chance verdient. Sie versündigen sich an der nächsten Generation, wenn Sie uns nicht helfen, den Personalüberhang, den Sie aufgebaut haben, in angemessener Zeit wieder abzubauen. NordrheinWestfalen hat zu der Zeit, als Sie die Regierung übernommen haben, 16 Millionen Einwohner und 200.000 Mitarbeiter gehabt; Sie haben es uns mit 18 Millionen Einwohnern und 352.000 Mitarbeitern hinterlassen. Sie müssen sich doch selbst einmal an den Kopf greifen und sich fragen, ob diese Entwicklung so weitergehen kann. – Schönen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Weisbrich. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Herr Sagel das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Es ist ein ungeheures Wortgeklingel, was man vonseiten der CDU zu diesem Thema gehört hat.

Zunächst einmal möchte ich für die GrünenFraktion deutlich machen, dass es richtig ist, sich mit einer sozialverträglichen Personalpolitik, auch aus Kostengründen, auseinanderzusetzen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Eigentlich heißt PEM aber nicht Personaleinsatzmanagement, sondern Personalentfernungsmanagement.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wohin die Reise gehen soll, bleibt weitgehend unklar. Der Eindruck ist, hier wird vor allem Geld verschwendet, Bürokratie aufgebaut, und Mitarbeiter und vor allen Dingen bestimmte Mitarbeiter bekommen Probleme. Denn es sollen Tausende von Stellen abgebaut werden,

(Christian Weisbrich [CDU]: Müssen!)

ohne dass die Betreffenden wissen, wo sie landen werden. Sie wissen auch nicht, ob es nicht eine unsanfte Landung für sie werden wird.